Von
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 09./10.12.2015
Ohne Konsultation der syrischen Regierung Deutsche Militärs in Syrien wie Gangster und Vandalen
Was geht eigentlich vor? Nach den erbärmlichen Erklärungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschuss Dr. Norbert Röttgen stellt die Akklamation von CDU/CSU- und SPD-Abgeordneten im Bundestag (4.12.15) die ultimative Verlogenheitsperformance vor der Öffentlichkeit dar: Ein völlig schräges Theater mit einem Beschluss, der den Terror nach Deutschland bringen kann und mit elementaren Vorschriften des Grundgesetzes bricht. Ein militärischer Einsatz unter der USA-Führung ist eine verfehlte Koalition, die zum Scheitern verurteilt ist, weil sie falsch und destabilisierend für Syrien ist. Anstatt sich mit der legitimen syrischen Regierung zu koordinieren, will Deutschland auf syrischem Territorium und seinem Luftraum eingreifen, also in einem souveränen Land, ohne Konsultation, wie Gangster und Vandalen es tun, die sich vor einem Überfall nicht scheuen. Diese CDU/CSU- und SPD-Kriegsherren lassen zumal alle erfolgreichen zugestimmten politischen Vereinbarungen (in Wien und Genf) beiseite und ordnen sich der US-Terror-Paten-Führung unter, die ihre kriminelle Regime-Change-Agenda mit ihren „moderaten“ Terroristen vorantreiben will.
Verbrechen lohnt sich nicht
Der Propagandakrieg in europäischen Medien versucht, in der Öffentlichkeit die Lüge zu verbreiten, dass Moskau den Friedensprozess in Syrien verhindert. Das Gegenteil ist wahr. Jeder UN-Friedensplan ist seit der ersten Friedenskonferenz zu Syrien 2012 von der Kreml-Diplomatie gefördert und unterstützt worden. Die USA mit ihren westlichen und arabischen reaktionären Alliierten haben mit ihrer Aggression in Syrien ein ungeheuerliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Auslöschung von Dörfern und über 250.000 zivilen Toten in Syrien begangen, plus mehr als 12 Millionen Flüchtlingen. Verbrechen lohnt sich nicht. Niemals und nirgendwo. Doppeltes Unrecht schafft auch kein Recht. Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren nicht.
USA als Stolperstein für Friedensanstrengungen
Kein einziger UN-Friedensplan erwähnt mit irgendeinem Wort den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad als Hindernis für die Verständigung der Regierung und Opposition. Vielmehr bezeichnete Kofi Annan schon 2012 die USA als Stolperstein für seine Friedensanstrengungen. Washington setzte Kofi Annan unter Druck, bis er zurücktreten musste. So benimmt sich nur ein gewaltsamer Mafia-Pate. Menschen einzuschüchtern, sie zu bedrohen und mit Sanktionen zu belegen, sie in Angst und Schrecken zu versetzen, kennzeichnet die Außenpolitik der USA gegenüber Ländern, die sich dem US-Gangsterverhalten widersetzen.
Von eigenständiger Rolle Europas keine Spur
Die US-Regierung scheiterte allerdings im UN-Sicherheitsrat damit, immer wieder eine Resolution verabschiedet zu bekommen, die dem UN-Friedensplan für Syrien nicht entsprach. Dagegen hat Russland den genauen Plan im Wortlaut als Resolutionsentwurf in New York präsentiert. Darüber schweigen deutsche Medien. Von eigenständiger europäischer Politik und eigenständiger Rolle Europas keine Spur. Europa ist unter der US-Herrschaft und Führung null und nichtig, einfach verloren und verkommen.
Verantwortungslose Parteinahme der deutschen Regierung für die USA, eines verbrecherischen Aggressors in Syrien, aber Russen nicht von gestern
Offener konnte eine klar pro- US- amerikanische und anti-russische Parteinahme kaum verkündet werden. Die Torheit und Naivität von deutschen Spitzen-Politikern kennt keine Grenze: Einige Machtzirkel wagen daran zu denken, dass sich die EU-NATO nach alledem noch als Hilfe erweisen könnte und reden über den Kampf gegen den IS, als ob die Russen erst gestern geboren worden wären, um die verantwortungslose Parteinahme der deutschen Regierung an der Seite eines verbrecherischen Aggressors nicht wahrzunehmen. Im konkreten Fall wollen Mitglieder der Union und SPD offensichtlich nicht erkennen, dass die Weltmachtpolitik der USA der verhängnisvolle aggressive Faktor ist, der ein Brandherd nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Syrien und im Irak angezündet hat.
USA ohne Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen von Moskau
Die US- geführte NATO war bei argwöhnischer Beobachtung aus dem Kreml mit den neuen Mitgliedern Polen 1997 sowie 2004 mit den baltischen Staaten, Estland, Lettland und Litauen schließlich bis an die Grenzen Russlands gewachsen. Zusätzlich verärgern Russland seit langem US-Pläne für ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien. Die NATO-Aggressivität geht weiter mit dem Angebot an Georgien und Montenegro, ihr beizutreten, ohne Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen von Moskau. Europa hat die Wahrnehmung Russlands nicht beachtet und den Ärger Moskaus über das wachsende Engagement der NATO an Russlands Grenznähe völlig unterschätzt.
Erdogan- Regierung keine Glaubwürdigkeit als Partner für Russland
Nach der Aggression der Türkei gegen eine russische Militärmaschine (24.11.) hat die Erdogan- Regierung keine Glaubwürdigkeit als Partner weder für Russland, noch für die USA und auch nicht für die von ihm überfallenen Kurden in Syrien. Die Türkei hätte niemals der NATO beitreten dürfen (1952). Aber vor allem nach der Kuba-Krise 1962 hätten die EU-NATO-Staaten die türkische Regierung zwingen müssen, aus der NATO auszutreten oder jede US-Basis auf ihrem Territorium nicht mehr zu dulden. Dies war und bleibt das Gebot der praktischen Vernunft. Gerade profiliert sich ein Anzeichen, ein Indiz der praktischen Vernunft im US-amerikanischen Kongress. Dana Rohrabacher, Vorsitzender des Unterausschusses im Kongress für auswärtige politische Angelegenheiten mit dem Schwerpunkt Europa, Eurasien und neue Bedrohungen erkannte öffentlich: „Die USA und die Türkei können nicht länger gemeinsam in der NATO sein.“ Nicht nur die Obama- Administration und die Falken seiner eigenen Partei hat er heftig kritisiert, sondern er stellte sich auch noch bei der Einschätzung der Türkei völlig auf die Seite Russlands: <Die Türkei unterstützte den Terror … der US-Abgeordnete zeigte volles Verständnis für Russlands Vorgehen, selbst wenn es alles dafür tue, „um Syrien autoritäres Assad-Regime zu schützen,… Ja und? Wie zuvor bei Iraks Saddam Hussein stellt Assad keine Bedrohung für die Vereinigten Staaten oder die westliche Welt dar. … Völliges Unverständnis zeigt der US-Politiker dagegen für den Beistand aus beiden großen US-Parteien „für das türkische Regime, das immer stärker die radikalislamistische Bewegung unterstützt“. Er beschuldigt namentlich den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan „der Komplizenschaft mit dem IS“, wofür es reichlich Beweise gibt. Warum ignoriert das außenpolitische US-Establishment die feindlichen, pro-terroristischen Manöver des türkischen Machthabers Erdogan? Wenn in dieser Situation die Mitgliedschaft in der NATO bedeutet, Erdogan zu schützen, dann sollte entweder er nicht mehr in der NATO sein oder wir“.> („IS-Komplize Erdogan – US-Abgeordneter über Türkei und Russland“ von Rainer Rupp, Junge Welt, 5.12.)
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte während seines Besuchs in Bagdad (8.12.) Verständnis für die irakischen Proteste gegen die Verlegung türkischer Truppen. Der Aufenthalt fremder Soldaten im Land müsse selbstverständlich mit der Regierung abgestimmt werden, erklärte er, mahnte aber, keinen neuen Konflikt entstehen zu lassen: „Und ich kann nur hoffen und dafür plädieren, das wir in dieser spannungsreichen Region des Mittleren Ostens nicht noch zusätzliche Spannungen durch den Aufenthalt türkischer Soldaten im Irak erfahren werden.“ Diese wichtige Mahnung des deutschen Außenminister wurde in allen ARD-Fernseh-/ZDF-Nachrichten-Sendungen und natürlich auch in der SZ verschwiegen. Der SZ-Artikel (9.12.) über den Besuch Steinmeiers in Bagdad „Das Scheitern studieren – Außenminister Steinmeier besucht den Irak“ von Stefan Braun widmet sich lediglich Banalitäten.
Regelung von Konflikten: Russland und China versus USA und EU
Die Öffentlichkeit ist nicht genügend darüber informiert, dass Russland und China, beide Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, in Bezug auf die Regelung von Konflikten einen völlig anderen Standpunkt als der Westen einnehmen, nämlich einen, der völkerrechtlich begründet ist im Kontext der UN-Charta und sich an belegbaren Tatsachen orientiert, im Gegensatz zu den USA und der EU.
UN-Charta Kapitel 7 und Kapitel 6
Während die EU und die USA Kapitel 7 der UN-Charta weiterhin gelten lassen wollen, gilt Kapitel 6 eindeutig für die Regelung von Konflikten. Das heißt, nicht Sanktionen, nicht Gewaltanwendung, nicht der Fall von Bedrohung des Weltfriedens oder ein bevorstehender Angriff, sondern die friedliche Beilegung von Streitigkeiten (Kapitel 6) findet Anwendung. Gegen Terror-Akte ist lediglich die Polizei zuständig. Nicht das Militär, und vor allem nicht außerhalb des Tatortes.
Das muss für Fachleute und Redakteure der Außenpolitik klar sein: An den Tatsachen gemessen und nicht an einseitiger skrupelloser Interessenpolitik der US-Falken greift nur Kapitel 6. Durch sein unverblümtes Plädoyer für Kapitel 7 wissen wir, unter welchem Einfluss der ehemalige Grünen-Außenminister steht, nämlich dem der verheerenden kriegstreiberischen US-Falken.
Kapitel 7 ist überschrieben mit Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen, eine Absurdität hinsichtlich des Irak und Syrien, die niemanden bedrohen, den Frieden nicht brechen und keine Angriffsplanungen besitzen. Kapitel 7 ist die Vorstufe eines kollektiven Kriegs von allen gegen einen. Somit widersetzt sich dieses Kapitel dem Zweck der Vereinten Nationen, den Frieden zu bewahren.
Zur Revision der deutschen Position nie zu spät
Eine völkerrechtlich einwandfreie Position wie die von Russland und China ist nicht zu ändern. Im Gegenteil, sie ist beispielhaft besonders für eine Bundeskanzlerin, die ihre eigene Position offensichtlich aus falscher Rücksichtnahme nicht konsequent vertreten will.
China und Russland haben ihre friedvolle Position gemäß der UN-Charta letztendlich durchgesetzt. Die BRICS-Staaten und die überwältigende Mehrheit der Weltvölkergemeinschaft vertreten dieselbe völkerrechtmäßige Position bei Regelung von Konflikten. Trotzdem ist es nie zu spät, dass Deutschland seine Position revidiert und sich vom Weg der Sanktionen und der Schritte in Richtung Krieg eindeutig distanziert. Vorausgesetzt CDU/CSU- und SPD-Abgeordnete hätten die Courage, sich zu ändern und die Kompetenz, sich den Herausforderungen und ihren Verfehlungen ernsthaft und ehrlich zu stellen.
Skandal: CDU/CSU und SPD im Bundestag nicht bereit, mit Stopp der Waffenexporte IS-Terror zu schwächen
CDU-Abgeordnete veranstalteten ein groteskes Theater im Bundestag am 4.12.!
Als die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Sahra Wagenknecht sie mit ihren Kriegen konfrontierte, verloren sie jede Contenance und rasteten völlig aus. Sie wollten ihre Verfehlungen nicht anerkennen und merkten gar nicht, wie töricht und irrational sie argumentieren und reagieren. „Das ist doch die traurige Wahrheit: Es war der Westen, und es waren vor allem die Vereinigten Staaten, die das Monster geschaffen haben.“ Wieso finden sie keinen Ausweg aus dem Labyrinth? „Hören Sie auf, Waffen an Saudi Arabien und Katar zu liefern! Wir legen heute einen Entschließungsantrag zum sofortigen Stopp der Waffenexporte an Saudi-Arabien, Katar, die Türkei und die Kriegsregion vor. Wer diesem Entschließungsantrag seine Stimme verweigert, der soll bitte nie wieder von sich behaupten, er wolle den islamischen Terror schwächen.“ So klipp und klar Sahra Wagenknecht im Bundestag am 4.12. Die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD lehnten den Antrag ab, Waffenexporte in den Nahen Osten, namentlich an die IS-Freunde Saudi-Arabien, Katar und Türkei, zu stoppen. So demaskieren sie selbst ihre Verlogenheit, den IS-Terror bekämpfen zu wollen. Weil es darum im Bundestag am 4.12. ging, ist der SZ-Kommentar zum Terror vom 9.12. völlig daneben. Selbstverständlich werden Gewaltakte weiter geschehen, auch wenn der Geldfluss für den IS-Terror gestoppt wird, aber für Gewaltdelikte ist das Strafgesetzbuch in allen Rechtsstaaten anwendbar. Bei dem Antrag zum Stopp der Waffenexporte geht es darum, den IS-Terror zu schwächen und ihn nicht weiter mit Rüstungsgütern zu versehen. Auch sollten alle Geldflüsse Richtung IS gekappt werden. Aber dazu sind CDU/CSU- und SPD-Abgeordnete nicht bereit. Den Überblick haben sie völlig verloren: Sie sehen alles, was sie sehen wollen, aber übersehen, was ihnen nicht in ihren Kram passt.
Das ist der Skandal, der zeigt wie kaputt CDU/CSU- und SPD-Abgeordnete sind!
Freundschaft verpflichtet nicht zur Torheit
Der Publizist Jakob Augstein, Herausgeber der Wochenzeitung „Freitag“ warnt zu recht: »Die Deutschen werden nun endgültig zur Kriegspartei in diesem Konflikt ohne Hoffnung. Bisher hatte Deutschland sich weitgehend herausgehalten. Nicht aus Feigheit, sondern aus Vernunft. …
Freundschaft verpflichtet nicht zur Torheit. Und dieser Krieg ist töricht. Was wir in Syrien bekämpfen wollen, erzeugen wir selbst: Flüchtlinge und Terror. Krieg erzeugt nur Krieg. … Und natürlich erhöht diese Beteiligung am Krieg in Syrien die Terrorgefahr in Deutschland. (Sicherlich) wären die Angehörigen der Toten von Paris froh, wenn ihr Land sich nicht in diesen sinnlosen syrischen Krieg gemischt hätte.«
Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt
Der Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE, Sahra Wagenknecht, ist völlig zuzustimmen. Sie erklärte im Bundestag, Krieg mache immer alles nur schlimmer. Es sei ein „Wahnsinn“ als Antwort auf den Terror von Paris noch mehr Menschen durch Bombardierungen in Syrien zu töten. „Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt.“
Die Bundesregierung hat im Syrien-Einsatz nicht die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hinter sich. Am deutlichsten fällt eine Umfrage des Nachrichtenkanals n-tv aus. Der Privatsender fragte auf seiner Webseite: »Sollte sich Deutschland militärisch in Syrien engagieren?« Mehr als zwei Drittel, 69 Prozent, antworteten mit Nein.
<Der ehemalige US-Oberkommandierende der NATO in Europa, General Wesley Clark, warnte vor dem Engagement der USA in Syrien: „Der IS ist nicht nur eine Terrororganisation, er ist eine sunnitische Terrororganisation. Das bedeutet, dass er auf Schiiten zielt. Und das bedeutet, dass er den Interessen der Türkei und Saudi Arabiens dient“. Langsam mehren sich auch in den USA die kritischen Stimmen.> („US-Abgeordneter über Türkei und Russland – IS-Komplize Erdogan“ von Rainer Rupp, Junge Welt, 5.12.)
Kern-Auftrag der Vereinten Nationen bewahren
Abgesehen von der momentanen Peinlichkeit deutscher Außenpolitik und aktueller außenpolitischer Probleme ist grundsätzlich Klarheit darüber zu gewinnen, dass Kapitel 7 der UN-Charta seit dem Korea-Krieg und aller folgenden Aggressionen der letzten Jahrzehnten verheerende Wirkung hatte und deshalb schon lange obsolet geworden ist. Ein solches Kapitel, das schon zu oft als Instrument für Krieg und militärische Eroberung diente, ist aus der UN-Charta dringend zu streichen, um den Kern-Auftrag der Vereinten Nationen zu bewahren. Hier ist der primäre Reformbedarf, auch wenn das der Rüstungsindustrie, den Militaristen und ihren Schreiberlingen in Deutschland und anderswo nicht passt.