Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 22.08.2022
Prinzip der unteilbaren Sicherheit in Phoenix-Sendung „Inside NATO“ unerwähnt
Die Phoenix-Sendung „Inside NATO“ (19.8.22) stellt richtig fest, dass die USA mit ihrer mächtigen Militärorganisation das westliche Versprechen gebrochen hatten, sich nicht auf die Territorien der Staaten des vormaligen Warschauer Paktes auszudehnen, wie sich auch Außenminister Genscher geäußert hatte. Eine Zusage, die im Einverständnis mit dem damaligen US-Außenminister James Baker erfolgte, wie inzwischen veröffentlichte Gesprächsprotokolle belegen. Es fehlte bei Phoenix den grundsätzlichen und wichtigen Hinweis, dass die NATO-Eingliederung von Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes und damit die NATO-Expansion bis an die Grenze Russlands gegen das Prinzip der unteilbaren Sicherheit verstößt, ein Prinzip, das in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE und anderen Abkommen festgelegt war und bedeutet, dass in Europa die Sicherheit eines Staates nicht auf Kosten der Sicherheit eines Nachbarstaates erfolgen darf. Aber genau diesen Verstoß hat die NATO mit ihrer völkerrechtswidrigen Osterweiterung begangen. Aber weder im Sender Phoenix noch anderswo wird dieser Verstoß gegen das Prinzip der unteilbaren Sicherheit thematisiert, für jeden Beobachter eine auffällige Tatsache.
Phoenix-Sendung „Inside NATO“ legt nahe: Versiegen der Riesengeldquelle für Rüstungsgeschäfte in Sicht
Obwohl die Phoenix-Sendung „Inside NATO“ mehrmals die Einheit innerhalb der NATO herausstellt, ist öffentlich bekannt, dass es eine solche Einheit nicht gibt, vor allem jetzt, während ein verdeckter US-Krieg gegen Russland auf dem Schlachtfeld der Ukraine stattfindet.
Merkwürdig ist auch, dass Phoenix die Sendung „Inside NATO“ mindestens zweimal wiederholte. „Die NATO wird nicht verschwinden“ heißt es am Anfang der besagten Phoenix-Sendung. Diese Besessenheit, die fortwährende Existenz der NATO zu beschwören, macht es sehr plausibel, genau das Gegenteil zu vermuten, und gerade das ist es, was die NATO-Kriegsclique befürchtet, nämlich das Ende der NATO und damit den Schluss mit dem Versiegen der Riesengeldquelle für Rüstungsgeschäfte – deshalb die Obsession mit der NATO, die sich in dem Riesenaufwand zum Thema bei Phoenix zeigt.
Vertrauen in eine „friedliche“ NATO-Rolle verschwunden. Zurecht.
Aber ist der Führungsmacht der NATO, ist den USA noch zu trauen? Nach so vielen Krisen und kolossalen Schlamassel, die die NATO-Gewalt verursacht hat – im Irak zweimal, Serbien, Afghanistan, Libyen, Syrien – ist das Vertrauen in eine „friedliche“ NATO-Rolle zurecht verschwunden. Eine Friedenstaube ist die NATO sicherlich nicht. Im Gegenteil. Ewiger Krieg ist ihre Rolle, diktiert von Washington, mit nicht endenden Verbrechen und Grausamkeiten. Washington und seine NATO handeln kriminell, ohne jede Hemmung. Ohne dass öffentlich-rechtliche Medien es groß aufgreifen, verwenden sie sogar Uranmunition, die ganze Regionen radioaktiv verseuchen und Menschen frühzeitig in den Krebstod treiben. Die USA und ihre Alliierten setzten diese radioaktiven Urangeschosse wiederholt ein, in Bosnien 1995, in Serbien und im Kosovo 1999, im Irak 1991 und 2003 und in Afghanistan seit 2001 zwanzig Jahre lang bis zum Ende 2021! Auch die Bundeswehr war im Kosovo und in Afghanistan im Einsatz. Aber die große Mehrheit in Europa will keinen Krieg und keine Zuspitzung der Kriegsgefahr. Sie wollte auch keinen Krieg gegen Jugoslawien, nicht im Irak, nicht in Afghanistan, nicht in der Ukraine, nicht in Libyen und auch nicht in Syrien.
NATO verhinderte den Aufbau eines gemeinsamen Hauses Europa – Aufgabe bleibt im Interesse des Friedens in Europa – Phoenix-Sendung schweigt dazu
Schon die Bejahung einer Auflösung des Warschauer Paktes bei gleichzeitiger Ablehnung der Auflösung der NATO verhinderte den Aufbau eines gemeinsamen Hauses Europa und damit die Schaffung einer europäischen Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands, nämlich von Lissabon bis Wladiwostok, was Aufgabe im Interesse des Friedens in Europa bleibt. Das Projekt befindet sich seit der Regierung Kohl/Genscher ausgearbeitet im Kanzleramt und Auswärtigen Amt. Die Phoenix-Sendung „Inside NATO“ verschweigt dieses gemeinsame Projekt mit Russland für die Sicherheit Europas.
Nicht-militärische Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in Afghanistan die Alternative zum völkerrechtswidrigen Afghanistan-Krieg
Die deutsche Beteiligung am Afghanistan-Krieg wurde zwar von zwei Dritteln aller Deutschen abgelehnt, aber von der CDU/CSU-FDP-Regierung fortgesetzt. Richtig gewesen wäre, der NATO-USA gegenüber erklärt zu haben, dass die Bundeswehr abziehe und stattdessen eine nicht-militärische Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in Afghanistan angestrebt werde.
Joe Biden mit irrsinnigem außenpolitischen Erbe aus seiner Zeit als Vizepräsident
Der US-Präsident Joe Biden ist mit einem irrsinnigen außenpolitischen Erbe angetreten, das er selber als Vizepräsident unter US-Präsident Obama mitzuverantworten hat, bis auf die Untaten, die seine Vorgänger Bush/Clinton begingen. Dieses Erbe voller ungelöster Probleme bietet jede Menge Konfliktstoff mit dem Militärindustriekomplex, der auch während der Obama-Zeit auf abscheuliche Weise aktiv wurde. Es ist erbärmlich, erkennen zu müssen, dass die Regierung Biden die alarmierende Weltlage nicht entspannt, sondern zuspitzt, wie bereits der verdeckte US-Krieg gegen Russland in der Ukraine zeigt. Biden hat nicht das Format eines John F. Kennedy, der sich der verirrten US-Militärpolitik entgegenzustellen wusste. Daher ist die Forderung von Bidens Vorgänger Donald Trump, Joe Biden müsse von seinem Amt zurücktreten, völlig folgerichtig und zutreffend.
US-Militärindustriekomplex in die Schranken weisen
Auch US-Präsident John F. Kennedy mit seinem Bruder Robert als Justizminister an seiner Seite musste sich mit dem Militär im Weißen Haus konfrontieren. Robert F. Kennedy wusste den penetranten, impertinenten Militärindustriekomplex entschieden in die Schranken zu weisen und das Primat der Politik bei der höchsten Autorität, nämlich dem Präsidentenamt, das damals durch Präsident John F. Kennedy repräsentiert wurde, gelten zu lassen, als Generäle darauf bestanden, nach dem Schweinebucht-Desaster im April 1961 die Kuba-Invasion fortzusetzen.
Biden dem impertinenten Druck, dem seine Vorgänger seitens höchster Ränge des US-Militärs ausgesetzt waren, willenlos ausgeliefert
Barack Obama hatte dasselbe Problem und stand unter Druck, als er sich allein, ohne die Unterstützung eines starken Bruders, im August 2013 weigerte, Syrien militärisch zu attackieren. Präsident Joe Biden hat solchem impertinenten Druck, dem schon seine Vorgänger seitens höchster Ränge des US-Militärs ausgesetzt waren, nichts entgegenzusetzen. Er ist nicht gewillt, um dem Militärindustriekomplex entschlossen die Stirn zu bieten, sondern ist ihm willenlos ausgeliefert. Deshalb hat er die internationale Lage weiter eskalieren lassen und unterstützt sogar ein höchst korruptes Regime in Kiew. Damit lässt sich seine außenpolitische Agenda für den Frieden nicht verwirklichen.
Mehrheit für eine gewaltfreie Richtung der Außenpolitik Europas
Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bevölkerung steht für eine gewaltfreie Richtung der Außenpolitik Europas, ganz im Gegensatz zu ihrer politischen Führung. Allerdings wird die Geschichte über diese Regierungen, vor allem der USA, Großbritanniens und Frankreichs, richten. Aber auch über Kanzler Olaf Scholz, der Kanzler Deutschlands, der Waffenlieferungen an die Ukraine für einen verlängerten Krieg zustimmte, wird die Geschichte richten. Die Absurdität, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, zeigt der ganzen Welt, wie unvernünftig die deutsche Rgierung außenpolitisch agiert.
Gewalt führt zu mehr Gewalt
Sahra Wagenknecht trifft den Nagel auf den Kopf: <Egal wie viel Waffen der Westen der Ukraine noch liefert – am Ende wird ein Sieg gegen die Atommacht Russland nicht erreichbar sein. Gewalt führt zu mehr Gewalt. Nach einem Bericht von Amnesty International wird der ukrainischen Armee vorgeworfen, regelmäßig Zivilisten in Gefahr zu bringen, indem sie Stützpunkte in Wohngebieten, Krankenhäusern oder Schulen errichtet.
Gefahr einer nuklearen Katastrophe verhindern
Wo ist die diplomatische Initiative der Bundesregierung und vor allem von Frau Baerbock, um die Gefahr einer nuklearen Katastrophe zu verhindern? Warum unterstützt die Bundesregierung nicht eine Initiative für einen Waffenstillstand in der Umgebung des Kernkraftwerks? Die erfolgreiche türkische Initiative zu den Weizenexporten hat gezeigt, dass Probleme selbst in Kriegszeiten gelöst werden können – und im Interesse der Menschen auch gelöst werden müssen! … Heute (19.8.22) reist UN-Generalsekretär Guterres übrigens zusammen mit dem türkischen Präsidenten in die Ukraine, um mit Präsident Selenskyi über Möglichkeiten zur Beendigung des Krieges auf diplomatischem Weg zu sprechen.>
NATO mit Riesenauftritt bei Phoenix während UN-Generalsekretär in der Ukraine
Über diese Reise des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (UN) in die Ukraine kein Wort in der Phoenix-Sendung „Inside NATO“ am 19.8.22; dort widmete man sich lieber dem NATO-Generalsekretär. Sehr merkwürdig, dass gerade dann, als sich der UN-Generalsekretär Antonio Guterres mit dem Frieden in der Ukraine beschäftigt und deshalb in die Ukraine gereist ist, gewährt der Sender Phoenix einer Organisation wie die NATO einen Riesenauftritt, eine Organisation, die bekanntermaßen gegen die Charta der Vereinten Nationen handelt, ja, sie einfach ignoriert.
Zur Beendigung des Krieges in der Ukraine diplomatische Lösung suchen, Türkei dafür schon aktiv, aber nicht Berlin
Sahra Wagenknecht weiter: <Wer möchte, dass dieser immer brutaler geführte Krieg ein Ende findet, der muss sich von der militärischen Logik verabschieden und eine diplomatische Lösung suchen. Allerdings ist es ein Trauerspiel, dass die Bundesregierung Initiativen zur Beendigung des Krieges dem türkischen Präsidenten Erdogan überlässt und die deutsche Außenministerin durch undiplomatische Äußerungen ständig Öl ins Feuer gießt.> (Erklärung von Sahra Wagenknecht 19.8.22)
„Transatlantische Beziehung“ reine verbrecherische Komplizenschaft
Die Rede der immer noch amtierenden, aber untragbaren Außenministerin Annalena Baerbock an der New School in New York am 2.8.22 ist eine Schande für Deutschland und Europa und beschmutzt das Denken von Hannah Arendt. Indem die Außenministerin bedenkenlos die transatlantische Beziehung beschwört, ignoriert sie alle Fakten, die diese sogenannte „transatlantische Beziehung“ als reine verbrecherische Komplizenschaft brandmarken.
Der Publizist Gert Ewen Ungar stellt treffend diese peinliche Rede Baerbocks in New York an den Pranger: <Es war ein in seiner Geschichtsvergessenheit beklemmender Vortrag, den die Grünen-Politikerin in New York gehalten hat. Baerbock ist in tiefer Weise reaktionär. Mit ihrer absolut ahistorischen Sicht auf die Ursachen des Konflikts in der Ukraine, zeigte sie zudem, dass die gesamte Bezugnahme auf Hannah Arendt nur hohle Phrasendrescherei war. Man sollte nicht über Philosophen reden, deren Werk man nicht zur Kenntnis genommen hat. Das fliegt auf und ist peinlich.> („Für eine Außenministerin gefährlich naiv“ von Gert Ewen Ungar, 16.8.22)
Zwei Drittel gegen die Intervention der Bundeswehr im Ausland
Die deutsche Bevölkerung ist unter der friedfertigsten Europas: Zwei Drittel sind gegen jeden Krieg, gegen die Intervention der Bundeswehr im Ausland. So war es im Golf-Krieg und so war es auch gegen den US-Krieg in Zentralasien. Dies allein, nämlich die gewaltfreie Haltung Deutschlands, ist die einzig angemessene Lehre aus dem Afghanistan-Krieg und aus der abscheulichen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die muss von allen Außenpolitikern und Medien mit Mut, Entschlossenheit, Überzeugungs- und Tatkraft wahrgenommen und ausgestaltet werden.