Betr.: Süddeutsche Zeitung vom 25.11.: Leitartikel „Iran – Mehr als nur Pingpong“ von Rudolph Chimelli
Von
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D.,25./26.11.2013
Der Genfer Kompromiss vom 24.11. mit dem Iran gegen drei Uhr morgens am 14.11. ist noch kein „Durchbruch“. Diese Erkenntnis von Rudolph Chimelli in seinem Leitartikel „Iran – Mehr als nur Pingpong“ (SZ vom 25.11.) ist absolut zutreffend. Dass nach unerhörten langen, unterbrochenen und wiederholten Verhandlungen nach mehr als zehn Jahre ergebnislose Gespräche die Aufhebung der Sanktionen noch nicht geschafft wurde, ist eine Blamage für die USA und EU- Staaten, die ihren fehlenden guten Willen und Bosheit bloßstellen, da sie weiter mit einem konstruierten „Atomstreit“, ein von Israel lanciertes Täuschungsmanöver, spielen. Plump, feige und böswillig.
Mit Amerika ins Gespräch zu kommen hat nur Sinn, wenn Amerika die Rechte seiner Kontrahenten respektiert und Fairness demonstriert. Die Genfer Verhandlungen zeigen aber das Gegenteil. Sollte für die USA und die EU der Verzicht auf atomare Aufrüstung wichtig sein, müssten sie sich dem Vorschlag Syriens und Irans einer atomwaffenfreien Zone im Nahen- und Mittleren Osten anschließen und auf den Konferenztisch legen. Diese Forderung muss jetzt der Iran wiederholen und auf die Tagesordnung bringen. Dazu ist eine neue Konferenz der blockfreien Staaten zu organisieren, wo der Iran für dieses Vorhaben vollkommen unterstützt wird, was es der Welt zu zeigen gilt.
Alles andere ist eine willkürliche unglaubwürdige Charade für die Öffentlichkeit, eine Charade, die die Konstruktion der israelischen Extremisten der Netanjahu-Regierung als bare Münze reproduziert. Israelis zusammen mit den Saudis und einigen kleineren Golfstaaten gehen kalkuliert auf kriegerische Konfrontation, weil sie die Hegemonie Irans und neue Machtverhältnisse im Mittleren Osten fürchten. Im Kampf gegen den Iran schießt Israel so weit übers Ziel hinaus, dass dies nicht nur allgemein kontraproduktiv, sondern auch längst zu einer ernsten Belastung mit den USA geworden ist. Fachpolitiker in den USA raten deshalb schon lange dazu, Israel definitiv in die Schranken zu weisen.
Die letzte Konferenz der blockfreien Staaten im August 2012 in Teheran konnte der Iran als großen diplomatischen Erfolg verbuchen. Israel benahm sich schon damals wie außer Rand und Band, um diesen Erfolg mit weltweit lancierten Lügen, Desinformation und Propaganda gegen den Iran zu überdecken. SZ-Journalisten gaben sich damals als Vehikel für jene israelische Täuschung her, ohne darauf zu achten, dass ein Täuschungsdelikt kein Kavalierdelikt ist. Die Lüge arbeitet mit der Ignoranz, mit der Unaufmerksamkeit oder mit der Gleichgültigkeit des Lesers.
Die blockfreien Staaten beziehen ihre Existenzberechtigung aus der Tatsache, dass immer noch ein ungeheuer gefährlicher Militär-Block besteht: Die NATO. Sie bildet eine tragende Säule der US-Hegemonialpolitik, verankert in Bedrohung aller Art, Androhung von Gewalt und Gewaltanwendung, Erpressung und Verhängung von Sanktionen. Dabei verstößt sie ständig gegen die Charta der Vereinten Nationen (UN) und missachtet eine einstimmige Resolution des Internationalen Gerichtshof in Den Haag (8.7.1996). Die NATO hat sich sogar am Rand internationaler Verträge erweitert, gegen alle Abmachungen und unter Missachtung des Völkerrechts, ohne auf die legitime autorisierte Interpretation des Völkerrechts durch den einstimmigen Beschluss des UN-Gerichtshofs in Den Haag vom 8. Juli 1996 strikt zu achten. Demgemäß sind nukleare Waffen seitdem als völkerrechtswidrig zu betrachten, ihr Besitz und ihre Androhung als Verbrechen gegen die elementarsten humanitären Gesetze. Eine erhebliche Majorität der Völker in der UN-Vollversammlung begrüßte den Beschluss des UN-Gerichtshofes von Den Haag (8.7.96) und stellte sich hinter die angestrebte totale nukleare Abrüstung (10.12.96). Seit April 1997 liegt ein Atomwaffen-Abrüstungsabkommen fertig auf dem Tisch der Vollversammlung. Warum ist es bisher nicht unterzeichnet worden? Warum wissen die Medien nicht, sich dieser ernsten Angelegenheit anzunehmen? Diese defizitäre Realität klagt den Westen scharf an. Gegen alles tendenziöse und desinformative propagandistische Geschrei weiß die Weltstaatengemeinschaft heute: Der Westen ist im Unrecht, nicht der Iran. Die Konstruktion eines Atomstreits ist plump, ignorant und realitätsfern.
Wenn es ein Atomstreit gibt, dann besteht dieser Streit der Weltstaatengemeinschaft gegenüber Westen, der sich als Besitzer von Atomwaffen und mittels einer völkerrechtwidrigen illegitimen Militärorganisation überall als unzurechnungsfähig zeigt. Hier befindet sich das erklärte Unrecht, nicht beim Iran. Mit anderen Worten, das Problem muss dort angegangen werden, wo es seinen Ursprung hat. Nicht in Teheran, sondern in den USA. Es sind die USA, die als Demokratie dieses zerstörerische ungeheuerliche Potential einmal skrupellos benutzten und wiederholt damit drohten.
Die blockfreien Staaten sind heute als nicht-Pakt-gebundene Staaten bekannt, funktionieren glücklicherweise weiterhin als Gruppe und können gegen einen unberechenbaren NATO-Block als Widerstandszentrum wirken, also gegen einen brutalen Aggressionsblock, der ohne Gegengewicht, ohne Gegenpole, den ungeheuerlichen Anspruch erhebt, die ganze Welt zu beherrschen.
Die Sicherheit der Welt ist durch das Vorherrschen dieser Militärmacht, alliiert mit einigen wenigen reichen Industriestaaten, tatsächlich in größter Gefahr. Dieser enge Kreis, dieser Block westlicher Mächte bestimmt die internationalen Beziehungen gemäß seiner Interessen und behält sich vor, UN-Sicherheitsrats-Resolutionen entsprechend auszulegen. Seit dem Irak-Krieg 1991 gestaltet sich dieses Unrecht des Westens mit allen mörderischen katastrophalen Folgen und humanitären Katastrophen, wie die jetzige in Syrien, die auf das Konto des Westens geht, denn gerade dieser Block betätigt sich als Aufhetzer zum Bürgerkrieg und starker Unterstützer von Terrorbanden. Der Westblock ist als Friedenshindernis im Syrien-Konflikt zu identifizieren und anzuklagen.
Das Unrecht und der andauernde Verstoß des Westens gegen die UN-Charta, UN-Resolutionen und Abkommen sind bewiesen. Der Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen, auch Atomwaffensperrvertrag genannt, ist seit 1970 in Kraft getreten. Er verpflichtet die Vertragspartner zu umfassender Abrüstung aller Atomwaffen und Einstellung ihrer Produktion, was bisher nicht geschehen ist. Auch über vierzig Jahre später ist nichts geschehen! Im Gegenteil setzt man eine Modernisierung von Atomwaffen fort, die die US-Regierung trotz des von ihr unterzeichneten Vertrags weiter betreibt. Haben sich die westlichen Verhandlungsdelegationen in Genf mit diesem Problem befasst?
Verträge sind international bindendes Recht. Missachtung von internationalem Recht und Gesetz hat zu Katastrophen geführt, wie die jüngste deutsche Geschichte belegt. Die Epoche des Dritten Reichs zeigt, wie weit Deutschland mit seiner Missachtung von internationalem Recht und Gesetz gegangen ist, mit so tragischen, nie zuvor dagewesenen Folgen.
Heute ist es aber eine geduldete Missachtung des Völkerrechts noch gefährlicher, weil es keine Diktatur ist, sondern eine Demokratie, die das Recht bricht, und dann noch mit ihrem Besitz von atomaren Waffen, die Hitler glücklicherweise nicht besaß. Da, wo eine Regierung sich über Gesetz und Recht hinwegsetzt, herrscht der Faschismus als Überlegenheitsmacht ohne jede Rechtfertigung. Für die faschistische Weltanschauung gilt das Recht des Stärkeren. Für diese barbarische Ideologie ist jede Androhung von militärischer Gewalt ein ganz normaler Vorgang, denn für den Faschisten setzt Macht Recht. Allgemeingültige Rechtsnormen und rechtliche Vertragsbindungen existieren für eine faschistische Regierung nur solange, wie es ihrer Interessenlage passt. Medien in Deutschland, die Süddeutsche Zeitung eingeschlossen, vernachlässigen, die berechtigte aktuelle Frage zu stellen: Leben wir unter der Herrschaft des Rechts oder unter dem Unrecht der Herrschenden und militärisch Überlegenen? Die Antwort erübrigt sich angesichts der wiederholten Kalamitäten, die Deutschland an der Seite des größten Aggressors dieses Jahrhunderts nicht verhindert, sondern eher ermöglicht und verschlimmert hat.
Frieden ist das normale wünschenswerte Ziel einer menschlichen völkerrechtlichen Ordnung, deren Grundsätze in der Charta der Vereinten Nationen schon festgelegt sind. Alle Journalisten, alle Redakteure sollten sich von diesen Grundsätzen leiten lassen, gerade deutsche Journalisten und Redakteure. So erkennen sie unbeirrt, wo das Unrecht und wo das Recht ist, wo Brutalität und unmenschliche Untaten nach besten Wissen und Gewissen von jedem Journalist und Redakteur zu verurteilen sind.
Eines sollte auch klar sein: Das Gewissen der Menschheit hat sich trotz allem weiter entwickelt: Nach dem Aus für die deutsche Verbrecherregierung 1945, die jedes Recht missachtete, und nach den Nürnberger Prozessen gegen sie hat die Zivilisation eine völkerrechtliche Weltordnung errichtet, die Vereinten Nationen mit ihrer Charta und ihren Institutionen.
Das Treffen der blockfreien Staaten in Teheran (30. August 2012) war in diesem Zusammenhang nicht nur ein Teheraner Triumph, sondern auch eine Hoffnung und einen Triumph für die ganze Menschheit, die sich nach Frieden und Gerechtigkeit sehnt und die Gewalt, Vernichtung und Auslöschung verabscheut. Der Westen darf sich der Vernunft nicht weiter verschließen, sondern muss sich ihr öffnen, anstatt sich gegen diese legitime Sehnsucht der Menschheit zu verbarrikadieren.
Der Iran muss sich an die Weltstaatengemeinschaft richten, ihre weltweite Solidarität und Unterstützung sichern und unabhängig von den USA entwickeln. Dasselbe gilt für alle souveränen Länder, die die unermessliche Gefahr einer faschistischen Weltdiktatur erkennen. Kuba statuiert ein Exempel von Courage und Selbstbestimmung dafür gegenüber der jahrzehntelangen Schikane der faschistischen US-Mafia-Regierungen. Finanzerpressung ist ein Attentat gegen die Menschenrechte der Völker. Blockfreie Staaten suchen Wege, das finanzielle zerstörerische Diktat der USA/EU zu brechen. Amerikanische Banken sind zu vermeiden und vor allem die großen von den USA dirigierten Finanzinstitutionen Weltbank und der Internationale Währungsfond, die, die Länder nicht nur ruinieren, sondern abhängig und erpressbar machen.
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait