Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 17.05.2018
Betr.: Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 16.5.: „Nahostkonflikt – Gandhi als Modell für Gaza“ von Tomas Avenarius, SZ-Spalte auf erster Seite: „Aufruf zur Mäßigung“ aus der Bundesregierung und SZ-Kolumne: „Scharfe Kritik an Gewalt in Gaza – Türkei verweist israelischen Botschafter des Landes“
Gewalttätige Aktionen der israelischen Regierung ein déjà-vu eines illegitimen Besatzers von Palästina
Die wiederholten gewalttätigen Aktionen der israelischen Regierung sind ein déjà-vu der Aggressionspolitik eines illegitimen Besatzers von Palästina. Jeder Aufruf zur Mäßigung zeigt sich angesichts eines solchen Okkupanten als naiv und völlig deplatziert, vor einem Besatzer, der sich in unverhältnismäßiger Art und Weise über Recht und Gesetz stellt, und zwar seit der Gründung des Pseudostaates Israel.
Nach ständigen grausamen Aggressionen ist die Regierung Netanjahu als Kriegsverbrecher verurteilt und ständig von den Vereinten Nationen zum Rückzug aus den besetzten Gebieten ermahnt worden, die Israel nicht gehören und bisher illegitimerweise okkupiert.
Verfahrensfehler oder Willensmangel bei Anerkennung des Pseudostaates Israel
Das Problem der illegitimen Besatzung erklärt die ständige Gewalt. „Die einen haben weitere Teile des Landes 1967 genommen, die anderen fordern es zurück. Derzeit haben die Palästinenser keine Chance, ihre Ziele zu erreichen…“ Tomas Avenarius Sicht der Lage ist sachlich (SZ 16.5.18 „Nahostkonflikt – Gandhi als Modell für Gaza“). Die unverhohlene Parteilichkeit der USA für Israel führt gewiss zu neuer Gewalt. Washington hat sich immer wieder auf die Seite Israels geschlagen, bis hin zur Blockadehaltung im UN-Sicherheitsrat. Deshalb ist in den letzten Jahrzehnten die internationale Politik vom Unrecht der USA/Israels geprägt. Die internationale Diplomatie hat von Anfang an immer versagt, und zwar seit dem Verfahrensfehler oder dem Willensmangel bei der Anerkennung des Pseudostaates Israel. Die Umstände, unter denen die Staatsgründung Israels in New York zustande kam, waren sehr dubios. Die offiziellen Akten belegen Indizien von Bestechungen einiger Delegationen. Viele Länder enthielten sich der Stimme. Daher kann die Welt mit Recht von Israel erwarten, dass die Defizite bei seiner Staatsgründung jetzt endlich durch folgerichtige Handlungen, durch folgerichtige Politik beseitigt werden. „Die Zeit für eine internationale Nahost-Konferenz ist reif, um die Zukunft der Region zu sichern.“ (Guido de Marco, Präsident der UN-Vollversammlung, 7. Januar 1991).
Deutsche Politiker aus allen Parteien sowie Journalisten sind hoch traumatisiert gegenüber dem tradierten Problem Israels. Von Staatsraison Deutschlands zu sprechen in Bezug auf einen Aggressor und illegitimen Okkupanten ist nicht nur unverantwortlich, sondern reine Ignoranz, was die Sache betrifft und was Staatsraison bedeutet, nämlich die primären Interessen der deutschen Bevölkerung, ihre Sicherheit und ihren Wohlstand zu bewahren. Solidarität mit einem Aggressor verstößt gegen die Staatsraison jedes Staatsrechts.
Problem Palästina/Israel in die UN-Vollversammlung
Es ist erbärmlich, dass der Generalsekretär Antonio Guterres der Vereinten Nationen (UN) keine Alternative zur jetzigen irrsinnigen Lage sieht, ein Irrsinn, der auf die Fehlentscheidung der Vereinten Nationen 1947, nämlich auf die Teilung eines Landes, zurückgeht. Anstatt an einem gescheiterten Plan von gestern festzuhalten, der keine Legitimationsbasis hat, sollte der UN-Generalsekretär die UN-Vollversammlung beauftragen, sich mit dem Problem Palästina zu befassen. Hiermit würde er an die korrekte Entscheidung der Truman-US-Administration anknüpfen, die schon damals die Teilung als Fehlentscheidung zu erkennen wusste.
Lage Palästinas konsequent richtigstellen
Die USA zogen am 19.3.1948 ihre Zustimmung zum Teilungsplan Palästinas zurück. US-Präsident Harry Truman schlug vor, Palästina unter den Schutz der Vereinten Nationen (UN) zu stellen, sollte Großbritannien abziehen. Schlimmerweise kam Israel den USA zuvor und setzte sich über den Willen der Weltstaatengemeinschaft hinweg: Israel wurde als unabhängiger und souveräner Staat (14. Mai 1948) ausgerufen trotz der speziellen Démarche der UN, die Unabhängigkeitserklärung zu verschieben. Diese historische Realität darf kein UN-Generalsekretär, kein Außenpolitiker ignorieren. Die Lage ist konsequent richtigzustellen, um einen gerechten Frieden in Palästina zu erreichen.
Sich gegen die hegemoniale Kontrolle des Judentums durch den Zionismus wehren
Die jüdische Soziologin Judith Butler warnt vor den zionistischen Kolonialisten, wie Evelyn Hecht-Galinski informiert: <„Ebenso, wie man sich gegen die hegemoniale Kontrolle des Judentums durch den Zionismus wehren muss, muss man sich auch gegen die koloniale Unterdrückung wehren, die der Zionismus dem palästinensischen Volk gebracht hat.“ Hecht-Galinski weiter: <Die „Demontage des politischen Zionismus“ wird so die Voraussetzung für Koexistenz. Eine neue postzionistische Ethik könnte die Grundlage für eine Zeit nach der Besetzung bilden – als besetzt gilt für Butler ganz Israel, da sie bereits die Staatsgründung für unrechtmäßig hält.> („Existenzrecht für ein freies Palästina“ von E. Hecht-Galinski)
Neue Wege beschreiten
In ihrem Abschlusskommuniqué von Januar 2017 stellte die Katholische Bischofskonferenz fest, dass ein gerechter Friede für Palästina immer noch nicht gefunden sei und auf der Suche nach Gerechtigkeit und Frieden neue Wege beschritten werden müssten. (DBK-Pressemeldung: 17. Internationales Bischofstreffen für Solidarität mit der Kirche im Heiligen Land, 14-19 Januar 2017. Abschlusskommuniqué „Fünfzig Jahre Besatzung fordern zum Handeln auf.“)
Macron verurteilt Gewalt der israelischen Streitkräfte – aber Erklärung aus dem Bundeskanzleramt unangemessen und deplatziert
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte am Dienstag 15.5. „die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten“. Bei den friedlichen Protesten (14.5.18) starben etwa 60 Menschen, mehr als 2200 wurden verletzt. Angesichts friedlichen Massendemonstrationen an der Grenze, unbewaffneten marschierenden Frauen und Kinder hat Israels Regierung ein wirkliches Legitimationsproblem. Scharfschützen gegen gewaltfrei auftretende Protestierer ist erschreckend unverhältnismäßig. Gerade in Anbetracht dieser eklatanten Unverhältnismäßigkeit zeigt das Bundeskanzleramt mit seiner unangemessenen, deplatzierten Erklärung Unsicherheit und Schwäche gegenüber der menschenverachtend agierenden israelischen Regierung.
Beziehungen zu Israel auf den Prüfstand
Dagegen zeigt sich die Reaktion der Türkei auf die hässlichen unmenschlichen Aggressivität der israelischen Regierung als angemessen, eine israelische Aggressivität, die erneut einem Kriegsverbrechen entspricht. Die Türkei verwies den israelischen Botschafter vorübergehend des Landes. Bereits am Montagabend 14.5., als die Aggression und Gewalttaten Israels bekannt wurden, hatte die Türkei laut Vize-Regierungschef Bekir Bozdag ihren Botschafter in Israel und den USA zu Beratungen zurückbeordert. Der türkische Regierungschef Binali Yildirim forderte derweil die islamischen Staaten auf, ihre Beziehungen zu Israel auf den Prüfstand zu stellen. (SZ 16.5.18)
Palästina/Israel mit höchster Prioriät zurück in den Rahmen der Vereinten Nationen
Eine klärende Diskussion über Israel versus Palästina gehört mit höchster Priorität zurück in den Rahmen der Vereinten Nationen (UN). Der ehemalige SPD-deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hatte diesbezüglich vollkommen Recht. Die zutreffende Ansicht des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel ist von allen Außenpolitiker zu bekräftigen. Leider wirkt der neue deutsche Außenminister Heiko Maas offen gegenüber der Zionisten-Lobby und von ihr beeinflusst. Ist das einer der Gründe dafür, dass er Sigmar Gabriel als Außenminister ersetzen konnte?
Sich weiterhin ernsthaft mit der Sache Palästina befassen
Die UN-Vollversammlung sollte sich weiterhin ernsthaft mit der Sache Palästina befassen, so wie sie es damals nach dem 30.3.1948 auf ausdrücklichen Wunsch der damaligen US-Regierung gleich hätte tun müssen.
Israel von Anfang an ein Pseudo-Staat, da ohne definierte Grenzen
Israel definierte nie seine Grenzen, es wollte sie auch nicht definieren. Gerade weil Israel von Anfang an über kein definiertes Territorium verfügte, war Israel von Anfang an ein Pseudo-Staat und bleibt es bis auf weiteres.
Palästina international rechtmäßig ungeteilt integer auf dem Gebiet des britischen Mandats verbleibend
Im Mai 1948 ignorierte David Ben-Gurion alle Empfehlungen des UN-Teilungsplanes. Dadurch verbleibt Palästina gemäß internationalem Recht, also de jure, ungeteilt integer auf dem Gebiet des britischen Mandats bestehen, wo Israel keine Existenz hatte und bis heute in Frage steht.
Land zurück an Palästina
Die US-Regierung von Harry Truman kapitulierte vor dem zionistischen Fait-Accompli und erkannte den Staat Israels am 14.Mai 1948 an. Loy Wesley Henderson, ein hoher US-Diplomat im State Department war gegen Trumans Anerkennung Israels. Als Israel nun vorwärts ging, wollte er auch sicher gehen, dass Israel seine Grenzen definiert. Epstein gab einen detaillierteren Bericht diesbezüglich: Henderson hatte gefragt, ob der jüdische Staat noch mehr Land haben wolle, als die UN-Resolution gewährte. Epstein erwiderte: „Nein, und jedes weggenommene Land, das vor dem Frieden genommen wird – so wurde durchgesetzt – werde an den arabischen Staat zurückgegeben.“
- Offizielle Akten der 2.Sitzung der UN-Vollversammlung, New York, 27.11.1947
- US Congressional Record, 18.12.1947
- Chicago Daily Tribune, 9.2.1948
- „What Price Israel?“ – A. Lilienthal – Chicago, 1953