Von Arn Strohmeyer, 08./09.05.2015
Da kündigt der israelische Verteidigungsminister Moshe Yaalon weitere Angriffe auf Zivilisten im Gazastreifen und im Libanon an und schließt auch einen atomaren Schlag gegen den Iran nicht aus. In gewissen Fällen, sagte der Minister jetzt, wenn chirurgische Operationen nicht ausreichten, könnte Israel Maßnahmen ergreifen, wie sie die Amerikaner in Nagasaki und Hiroshima unternommen hätten.
Das sind ungeheure Äußerungen – wo bleiben die empörten Aufschreie in der Welt, die Israel in die Schranken weisen?
Und noch empörender: Yaalons Äußerungen sind westlichen Medien nicht einmal eine Kurzmeldung wert. Als Günter Grass 2012 in seinem Gedicht Was gesagt werden muss darauf hinwies, dass Israel mit seiner atomaren Rüstung und seiner aggressive Politik den Weltfrieden gefährde, löste das einen Skandal aus. Die Wellen der Empörung schwappten vom Weißen Haus in Washington bis in die Regierungszentrale in Jerusalem. Nun spricht ein Minister in Jerusalem genau das aus, wovor Grass gewarnt hat, und niemand nimmt es zur Kenntnis. Es ist schlicht der Erwähnung nicht wert!
Hätte es noch eine Beweises bedurft, wie illusionär, realitätsfremd und absurd die Politik der sogenannten internationalen Gemeinschaft über das iranische Atomprogramm ist, Minister Yaalon hat ihn mit seiner Rede geliefert.
Da verhandeln die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates plus Deutschland seit Jahren mit dem Iran, um die Gefahr des Baus einer iranischen Atom-Bombe zu bannen – und Israel darf offen und ohne Widerspruch zu ernten mit ihrem Einsatz gegen eben diesen Iran drohen. Die Sicherheit ist oberste Maxime für den israelischen Staat, aber kann dieses Bedürfnis so weit gehen, alle Nachbarn konventionell oder sogar atomar auszuschalten, die irgendwann einmal für Israel zur Gefahr werden könnten?
Das israelische Establishment spielt sich zum Herrn über Leben und Tod in der ganzen Region auf. Es maßt sich an, zuschlagen zu dürfen, wann und wo immer es will. Es gibt nur die militärische „Lösung“, politische Verständigung und Kompromisse gibt es im zionistischen Denken nicht.
Moshe Yaalon spielt mit dem Feuer, denn Drohungen wie diese werden die Staaten der Region nicht einschüchtern, sie werden sich die Mittel beschaffen, um sich gegen solche – noch verbalen – Anschläge gegen ihre Existenz verteidigen zu können. Wettrüsten und eine Eskalation der Gewalt werden die Folgen sein. Die zionistische Utopie, dass der Staat Israel ein sicherer Hort für alle Juden der Welt sein sollte, wird immer mehr zur leeren Worthülse. Israels Politiker sind dabei, jeden Kontakt zur Wirklichkeit zu verlieren. Sie folgen nur noch ihren paranoischen Bedrohungsängsten – eine Strategie, die nur ins Verderben führen kann.