Friedenspolitik – Staatlicher Handlungsbedarf: Gewaltverzicht und Abrüstung

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 27.04.2020

Aufklärung im Regierungsmilieu dringend erforderlich – Krieg ächten

Im 20. Jahrhundert hat die Menschheit eine Epoche wahnsinniger Gewalt und Mord erlebt, die sich verheerenderweise in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhundert fortsetzen kann. Der Krieg ist deshalb nichts neues im 21. Jahrhundert, sondern ein Krieg wie im 20. Jahrhundert und sicherlich noch grausamer mit sämtlichen alten Lasten blutiger mörderischer Kriege dieser Zeit der Extreme. Die heutigen militärischen Mittel sind vernichtend und ausrottend für alles Leben. Sie sind deshalb von einer menschlichen, das Völkerrecht respektierenden Weltgesellschaft zu ächten. Diese Aufklärung im Regierungsmilieu ist dringend erforderlich, um die perverse Ungeheuerlichkeit zu entlarven, den Einsatz von Gewalt als notwendig und sogar als moralisch zu rechtfertigen. Das Gegenteil ist feststellbar der Fall. Eindeutig ist der Krieg oder ein Einsatz militärischer Gewalt mit der Verantwortungsethik unvereinbar. Er ist als höchste menschliche Torheit und Prima Irratio abzulehnen und auszuschließen. „Kein Heiliger Krieg kann jemals ein gerechter Krieg sein. Es gibt eine Regel, die jeder Weltreligion zugrunde liegt, dass wir andere so behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen.“

Gewalt kann niemals aus humanitären Gründen gerechtfertigt sein

„Gewalt führt nicht zu dauerhaftem Frieden. Sie löst kein soziales Problem, sie erzeugt nur neue und kompliziertere.“ (Martin Luther King anlässlich seiner Ehrung mit dem Friedensnobelpreis). Barack Obama zeigt in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedensnobelspreis (10.12.2009) seinen Glauben an die Kraft der Gewaltlosigkeit. Und erkennt an, dass „die Überzeugung und das Leben von Gandhi und King nichts Schwaches, nichts Passives und nichts Naives hatten.” Gewalt kann niemals aus humanitären Gründen gerechtfertigt sein. Gerade die verheerende NATO-Intervention auf dem Balkan (1999) und an anderen Orten beweisen das Gegenteil. Humanitäre Katastrophen waren die unmittelbare Folge. Militärs dürfen mit keinem Mandat bei Friedenssicherung rechnen. Der damalige US-Präsident sieht allerdings, dass die von Gandhi und King praktizierte Gewaltlosigkeit in das Bewusstsein der europäischen Gesellschaft einzubringen ist.

Der US-Präsident Barack Obama erhielt den Friedensnobelpreis am Anfang (10.12.2009), nicht am Ende seiner Bemühungen auf der Weltbühne. Abgesehen von seiner außenpolitisch sehr kritikwürdigen, dem Friedensnobelpreis zuwiderlaufenden Amtsführung war jedoch seine Vision, sein Vorhaben großartig. Daher der Friedensnobelpreis. Kein Staatschef zuvor, weder Amerikaner noch Europäer, hat je ein solches Vorhaben und eine derartige Vision an die Welt weitergegeben wie er. Seine hervorragende Rede in Oslo ist aber begrenzt und bis zur Zweideutigkeit vernebelt durch das Problem, dass Obama, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte eines Landes war, das sich inmitten von Kriegen befand.

Handelt es sich dabei um Konflikte, die die Vereinigten Staaten nicht gesucht haben? Es ist plausibel, dass Obama nicht alle Dokumente des früheren Kriegspräsidenten Bush zur Verfügung hatte, denn höchst wahrscheinlich zerstörte die frühere Kriegsadministration diese Unterlagen genauso wie die CDU-Kohl-Regierung bei ihrer Übergabe an die SPD-Schröder-Regierung Akten im Bundeskanzleramt verschwinden ließ.

Obama erkennt den unerschütterlichen Glauben an den menschlichen Fortschritt als der Polarstern, der uns auf unserer Reise leiten soll und warnt:.<„Wenn wir diesen Glauben verlieren – wenn wir ihn als dumm oder naiv abtun – dann verlieren wir das, was das Beste am Menschen ist. Wir verlieren unser Gefühl für das Mögliche. Wir verlieren unseren moralischen Kompass… „Wir müssen nicht in einer idealen Welt leben, um nach Idealen zu streben, die sie zu einem besseren Ort machen werden.“>

Gewaltverzicht und Abrüstung sind die Säulen einer zivilisierten Gesellschaft

Gewaltverzicht und Abrüstung sind die Säulen einer zivilisierten Gesellschaft für ganz Europa in vollem Einklang mit der UN-Charta. Hier braucht es eine fortzusetzende Debatte. Hier besteht staatlicher Handlungsbedarf, vor allem, wenn man den Trend zu erneuter Aufrüstung stoppen will. Denn darum geht es. Keine Abwehroption ist nötig, wenn die Abrüstung konsequent und entschieden gefördert wird. Die Friedensbewegung hat sich diesem Thema mit dem Ziel gewidmet, die nukleare Gefahr von Europa abzuwenden und sie verschwinden zu lassen. Die Situation bleibt aber unverändert, denn die CDU-Konservativen und die US-Republikaner beharren immer noch auf Waffengewalt und verbreiten die absurde, ja die abstruse Propaganda, mit Gewalt Frieden stiften zu können. Hier ist die Entwicklung einer Friedenskultur vonnöten. Und der solidarische Zusammenhalt aller fortschrittlichen Kräfte sowohl in Amerika wie in Europa, um sie zu stärken. In seiner zweiten Amtszeit hätte Obama viel mehr tun und erreichen können, sollte die republikanische Reaktion endgültig in die Ecke getrieben werden. Auch in Europa und besonders in Deutschland ist es überfällig, dass die mehrheitlich reaktionäre Kalte-Kriegsclique der CDU abgewählt und ersetzt wird. Der destruktive Einfluss dieser bedrohlich störrischen CDU-Mehrheit ist eine Handicap gegen die aufgeklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die damit begrenzt und behindert wird, die richtige fortschrittliche Richtung für Deutschland und Europa zu festzulegen.

Eine Allianz aller humanistischen Kräfte hätte Nazi-Deutschland verhindert

Zur Rechtfertigung der militärischen Gewaltanwendung dient die generelle einseitige Bemerkung, die der US-Präsident Obama bedauerlicherweise auch wiederholte: „Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht aufhalten können.“ Aber bevor Nazi-Deutschland zum Aggressor wurde, was abzusehen war, hätte dies durch eine breite politische Allianz aller humanistischen Kräfte verhindert werden können. Viel wichtiger und aufklärender ist, diese umfassende politische Überlegung dem Denken in Militär-Kategorien entgegenzusetzen und in den Vordergrund zu stellen.

Eine konzertierte humane Politik im Rahmen der Vereinten Nationen betreiben

Die Weltgesellschaft muss eine konzertierte humane Politik im Rahmen der Vereinten Nationen betreiben, um die Ursachen von Gewalt durch eine gerechtere Weltordnung zu bekämpfen. Das Problem ist über 70 Jahre alt und niemals von den westlichen reichen Ländern gründlich angepackt worden. Schon der Generalsekretär der Vereinten Nationen U-Thant beschäftigte sich während seiner gesamten Amtszeit in den 60iger Jahren mit der Bekämpfung der Ursachen von Gewalt und mahnte die Weltgemeinschaft in unzähligen Dokumenten, sich diesem alten Problem zu stellen. U-Thant identifizierte die Ursachen von Gewalt und Extremismus in Armut, Hunger und Ungerechtigkeit, was unsere eine Welt plagt.

Dialog – Versöhnungsprozess – Lösung von Konflikten auf einer gerechten Basis.

Drei Aufgaben, die miteinander verbunden sind, müssen jetzt erfüllt werden: Dialog – Versöhnungsprozess – Lösung von Konflikten auf einer gerechten Basis. An erster Stelle der Nahost-Konflikt. Nach dem 11.9.2001 erhob der Direktor des Jerusalemer Medien Center auf einer Pressekonferenz in Ramallah seine Stimme: „Eine unverschämte Ausnutzung der New Yorker Tragödie, um das terrorisierte palästinensische Volk unter falschen Verdacht zu stellen und die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit von den Gräueltaten abzulenken, welche die israelische Besatzungsmacht am palästinensischen Volk tagtäglich verübt.“ Die Welt muss endlich die schweren Wunden des israelisch-palästinensischen Konflikts versorgen. Aber auch Afghanistan, Irak, Ex-Jugoslawien, Kuba, Nordkorea, Libyen, Syrien und vielen anderen vernachlässigten Ländern muss dringend geholfen werden.

Überfällige Entspannungspolitik mit Russland einleiten

Die feindselige US-Außenpolitik kennt keine Grenze und erreicht weltweit unmenschliche Dimensionen. In Europa führt diese Feindseligkeit zur Konfrontation der NATO mit Russland, die den gesamten Kontinent mitreißt und ihn der Kriegsgefahr aussetzt. Deshalb ist die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und die Normalisierung der Beziehungen mit Moskau prioritär. Mit einem Wort, eine längst überfällige Entspannungspolitik mit Russland ist einzuleiten und existentiell unentbehrlich. Am irrsinnigen Konfrontationskurs mit Russland ist nicht länger festzuhalten. Die drohende Gefahr eines Angriffskrieges der US-Regierung ist abzuwenden.

US-Machtzirkel mit Willen zum Krieg

Washington hat sich in der Weltpolitik seit Hiroshima und Nagasaki (1945) als eine Hochburg gefährlich geistesgestörter US-Regierungsbediensteter und Politiker bewiesen. Außer Kontrolle geraten, geht es immer wieder und überall auf dem Kriegspfad. So wurde Washington die größte Gefahr für Europa und für die ganze Welt, uneingeschränkt und unberechtigt. Die US-NATO bietet deshalb keinen Schutz, keine Sicherheit. Im Gegenteil. Eines ist klar: Bestimmte diabolische Machtzirkel innerhalb der US-amerikanischen Regierung, im Militärindustriekomplex und an der Wall Street wollen einen Krieg, koste es, was es wolle. Eskalation ist Teil der verheerenden US-Militäragenda, wie die militärische Präsenz im Persischen Golf bezüglich des Iran und US-amerikanisch-südkoreanische Manöver im Gelben Meer bezüglich Nordkorea und China zeigen, ganz zu schweigen von Riesen-US-Manövern in Osteuropa an den den Grenzen zu Russland, in Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres und die US-Präsenz vor der libanesischen und syrischen Küste im Mittelmeer und die US-Bedrohung Venezuelas.

Gangster-Staat USA

Donald Trump und sein Außenminister, der Falke Mike Pompeo, demaskieren am brutalsten genau die uneingeschränkte unermessliche Übermacht des nordamerikanischen übermächtigen Staates, der auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt, als sie den Mord an den iranischen General Soleimani rechtfertigten. Die USA als Gangster-Staat zu bezeichnen, ist völlig zutreffend, erst recht nach ihrem boshaften Angriff auf den Irak und Mord am iranischen General Soleimani (3.1.2020). Der russische Außenminister Sergej Lawrow sah den Mord an General Soleimani als den Gipfel der illegalen mörderischen Aktionen der USA, ein Mord, der mit Hilfe Israels zustande kam. (Meldung 14.1.20). Mike Pompeo und Donald Trump müssen sich dafür vor den Vereinten Nationen verantworten.

Kündigung des Truppenstationierungsvertrages

DIE LINKE im Bundestag hat die Gefahr erkannt, die von den USA ausgeht. Ihre Anträge „Abzug der US-Soldaten aus Deutschland“ und „DEFENDER 2020 stoppen“, in denen die Kündigung des Truppenstationierungsvertrages gefordert wird, sind am 13.2.2020 im Bundestag in die erste Lesung gegangen. Auf dieser Basis und mit dieser Intention hat die Kampagne „NATO raus – raus aus der NATO“ ein Faltblatt entstehen lassen:

<Zwei Weltkriege sind genug! In der Vergangenheit ließ sich Deutschland in den Ersten Weltkrieg hineinziehen und hat im Zweiten Weltkrieg dem russischen Volk unermessliches Leid zugefügt. Wir werden nicht zulassen, dass sich dies noch einmal wiederholt! Wenn die deutsche Vasallen-Regierung in Komplizenschaft mit den Kriegstreibern in Großbritannien und Frankreich unter der Führung der USA und der NATO einen neuen Angriffskrieg gegen Russland plant, dann tut sie das nicht in unserem Namen!> Die Feindschaft gegenüber Russland ist eine konstruierte Stimmung aus bestimmten Machtgipfeln, eine Feindschaft, die die deutsche Bevölkerung grundsätzlich ablehnt, denn beide Völker, das russische und das deutsche sind eng befreundet.

Stationierung neuer konventioneller US-Mittelstreckenraketen in Asien

Aus dem aggressiven bedrohlichen US-Verhalten ergibt sich der willkürliche US-Unilateralismus. Unzurechnungsfähig handelt die Spitze der US-Regierung von Donald Trump, die offensichtlich Balance und Ratio verlor, als der US-Verteidigungsminister Mark Esper die baldige Stationierung neuer konventioneller Mittelstreckenraketen in Asien am 3. August 2019 ankündigte. <Esper ließ offen, wo genau die Raketen stationiert werden sollen…machte aber keinen Hehl daraus, gegen wen sich dieses Vorhaben richtet…Die Volksrepublik war dem INF-Vertrag 1987 über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite nie beigetreten. Entsprechende Forderungen aus Washington hatte Peking stets zurückgewiesen, weil dies de facto auf eine Entwaffnung der Volksrepublik hinausgelaufen wäre. … Am Freitag 2.8.19 hatte Peking mit starken Worten den Ausstieg Washingtons aus dem Abkommen verurteilt. Hua Chunying, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, sagte: „Der Rückzug aus dem INF-Abkommen ist ein weiterer negativer Schritt der USA, sie missachten ihre Verpflichtungen und flüchten sich in Unilateralismus.“ Das wahre Ziel Washingtons bestehe darin, sich aller Beschränkungen zu entledigen und einseitige militärisch-strategische Vorteile zu gewinnen.

China mit Verteidigungsbereitschaft hinsichtlich US-Aggression

China verfügt in der Tat über ein großes Arsenal an landgestützten Kurz- und Mittelstreckenraketen (etwa 1.600). Diese Waffensysteme sind ein wichtiger Teil der chinesischen Verteidigungsstrategie… Die rein defensiv angelegte Strategie… zielt darauf, sowohl den Zugang zu den Küstengewässern zu sperren… als auch Operationen feindlicher Einheiten dort zu blockieren. In jüngster Zeit war es in der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer immer wieder zu Provokationen insbesondere seitens der US-Marine gekommen. Angesichts des aktuellen Eskalationskurs – Verschärfungen im Handelskrieg, neuerliche Waffenlieferungen an Taiwan, indirekte Einflussnahme Washingtons auf die regierungsfeindlichen Proteste in Hongkong – soll die Volksrepublik, erklärter Hauptfeind der USA, nun offenbar weiter herausgefordert und zu neuen Rüstungsanstrengungen gezwungen werden. Die von Esper angekündigte Raketenstationierung fordert die chinesische Abwehr offen heraus, sie muss von Peking als Bedrohung wahrgenommen werden.> („Jetzt also China“ von Stefan Huth, Junge Welt 5.8.19, Subtitel d.A.) Die chinesische Regierung hat sich also militärisch vorbereitet, um eine US-Aggression abzuwehren.

Verdrehte Realität seit 1945

Seit 1945 erlebt die Öffentlichkeit eine gezielte, dumme unnötige Konfrontation mit Russland (damals die Sowjetunion), eine verkehrte Welt unter dem Diktat des Westens, zuerst mittels des von den USA und ihren Vasallenregierungen konstruierten Kalten Kriegs, dann das Trugbild eines aggressiven Russlands nach der kurzen Ära Gorbatschow/Jelzin. Diese verdrehte Realität ist jetzt endlich zu erkennen, gerade deshalb, weil das US-Diktat der aufeinander folgenden US-Regierungen Clinton/Bush/Obama/Trump immer noch rund herum versucht, eine Friedensordnung in Europa, ja eine europäische Sicherheitsordnung zu verhindern, obwohl es eine rein europäische Angelegenheit ist. Die Feindschaft des Westens gegen die Sowjetunion mit der Gefahr eines neuen Krieges hatte spätestens schon 1943 begonnen – eine Kontinuität bis heute.

Die notwendige Aufklärung bezüglich interventionistischer Militäraktionen wird zur unentbehrlichen Schlussfolgerung führen, sie endgültig aus der Außenpolitik auszuschließen.