In der Literaturzeitschrift „Allmende“ warnen Autoren, die Israels Politik befürworten, vor dem „Neuen Antisemitismus“ / Mirna Funk umstrittener Roman „Winternähe“
Von Arn Strohmeyer, 23.02.2017
Der britisch-jüdische Philosoph Brian Klug behandelt in einem Essay mit dem Titel „Eine jüdische Herangehensweise an die Menschenrechte und Israel/Palästina“ das Dilemma des gegenwärtigen Judentums. Er spricht dort von einer „binären Spaltung“, die nichts mit der Unterscheidung von religiös und säkular zu tun habe, sie laufe in ihrer Prioritätensetzung auf ein „entweder oder“ hinaus: Entweder ständen Gruppen oder ethnische Interessen an erster Stelle oder die universellen Menschenrechte. Die beiden Sichtweisen seien nicht nur unterschiedlich, sie schlössen sich gegenseitig aus. Und doch beanspruchten beide dieselbe Tradition für sich: das Judentum oder die Jiddischkeit. Der Gegensatz zwischen beiden Richtungen sei so groß, dass er von einer ernsthaften Krise im Judentum spricht – eine Krise, bei der sich der Staat Israel als Fels herausstellen könnte, an dem das Judentum auseinanderbrechen könne.
Klug nennt die Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der universalen Menschenrechte und den Anhängern Israels (also im Wesentlichen die Gefolgsleute des Zionismus) im metaphorischen Sinn eine „Schlacht“, die mit allen Mitteln ausgetragen werde. In den Augen der Verteidiger des Zionismus (Partikularisten) sind die Universalisten „Verräter“ oder „Feiglinge“ (Klug) oder eben „Antisemiten“. Wenn man von einem „neuen Antisemitismus“ spricht, gilt es also zu unterscheiden zwischen dem „alten“ Antisemitismus, der sich vorrangig auf die „Rasse“ gründete und Juden wegen angeblich angeborener negativer Eigenschaften ablehnte, den es natürlich auch noch gibt, und einem vermeintlich „neuen“, der jede Kritik an Israels Politik als „Antisemitismus“ anprangert, weil hier „die Juden“ als Kollektiv (oder eben als jüdischer Staat) attackiert würden.
Wenn eine angesehene deutsche Literaturzeitschrift wie „Allmende“ eine ganze Ausgabe dem „neuen Antisemitismus“ widmet, müsste man eigentlich davon ausgehen, dass sie die Spaltung und die Krise, in der sich das Judentum gegenwärtig befindet, in den veröffentlichten Beiträgen zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt. Aber nichts dergleichen – mit keinem Satz wird das Dilemma des Judentums erwähnt. Es existiert offensichtlich gar nicht. Zu Wort kommen – sieht man von den Aufsätzen von Esther Dischereit und Rafael Seligmann ab – nur überzeugte jüdische Anhänger der israelischen Politik, was vermutlich mit der typisch deutschen Angst der Redaktion vor dem Antisemitismus-Vorwurf zu tun hat, womit Klugs oben angeführte Analyse sich auch in diesem Fall bestens bestätigt. “Allmende“ schlägt sich (von den beiden kleinen Ausnahmen abgesehen) vollständig auf die eine Seite – die partikularistisch-zionistische. Im Jahr 2004 hatte der Suhrkamp-Verlag schonen einen Band mit dem Titel „Neuer Antisemitismus?“ herausgegeben, aber immerhin mit Fragezeichen. In dem Buch stammen von 17 Beiträgen wenigstens drei von kritisch, also universalistisch eingestellten Juden: Judith Butler, Dan Diner und Tony Judt.
Nur ein Interview-Beitrag in dem „Allmende“-Heft hebt sich (wie schon erwähnt) von der zum Teil blinden Israel-Loyalität der anderen Autoren/innen ab. Obwohl die an Esther Dischereit gerichteten Fragen die deutsch-jüdische Schriftstellerin immer wieder auf die Klischees und Stereotypen der Vorwürfe des „neuen Antisemitismus“ festlegen wollen, lässt sie sich nicht beirren. Sie sieht die größte Gefahr zur Zeit viel mehr im „neuen“ Hass auf die Muslime, der sich strukturell aus dem immer noch existierenden Antisemitismus der NS-Vergangenheit herleite. (Eine These, die auch der Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz vertritt.) Scharf kritisiert sie deshalb den Zentralrat der Juden in Deutschland, der vor einer Verschärfung des Antisemitismus durch Flüchtlinge aus arabischen Ländern warnt und eine Begrenzung der Zuwanderung fordert, weil diese Staaten „antisemitisch“ seien. Diese Art von Vorurteil sei völlig unakzeptabel, es handle sich dabei um Projizierung oder Verlagerung des heimischen Antisemitismus, sagt Esther Dischereit. Die Flüchtlinge seien vor Hass und Gewalt geflohen und hätten damit zu tun, hier zurechtzukommen und nicht Feindschaft gegen Juden zu verbreiten. Mit Blick auf den Zentralrat fragt sie: Gibt es nicht auch eine Verpflichtung den Anderen gegenüber?
Esther Dischereit spricht in ihrem Beitrag aus, was in der Debatte um einen vermeintlichen „neuen Antisemitismus“ keiner der anderen „Allmende“-Autoren ausspricht, was aber unbedingt gesagt werden muss: Der „neue Antisemitismus“ hat seine Ursache nicht zuletzt in der menschenrechts- und völkerrechtswidrigen Politik Israels: „Falls am neuen Antisemitismus etwas neu ist, dann sicher nicht seine Verschmelzung mit Antizionismus. Dieses Problem gibt es seit langem schon. Israel bietet seit Jahrzehnten allen Grund dafür, Kritiker und Feinde nicht nur anzuziehen, sondern geradezu zu sammeln. Das israelische Interesse an einem Frieden in der Region ist unübersehbar ausgesprochen gering, währenddessen die illegale Siedlungspolitik weitergeführt wird. Religiöse Fanatiker nehmen zunehmend Einfluss auf die Politik, auf der Seite der Palästinenser/innen bilden sich solche Kräfte ebenfalls heraus. Die israelische Regierungspolitik nimmt keine Rücksicht auf die palästinensische Zivilbevölkerung. Wenn Siedler und Armeeangehörige schreckliche Verbrechen begehen, bleibt die Tat in der Regel ungesühnt. Und sie begehen sie.“
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Eine solche Aussage muss für den britischen Rabbi Lord Jonathan Sacks und Henryk M. Broder als fanatische Israel-Unterstützer pure Ketzerei sein, eben übelster „Antisemitismus“. Beide definieren in ihren Allmende“-Beiträgen den Antisemitismus als „Seuche“, als „ewige Krankheit“, die immer wieder ausbricht. Heute tritt er den beiden zufolge als „Antizionismus“ auf. Broder sieht das so: „Nach Auschwitz kann es keinen klassischen Antisemitismus mehr geben. Es wäre ein Bekenntnis zum Holocaust. Der neue Antisemitismus maskiert sich als Antizionismus. Israel ist der Jude unter den Staaten. Der Antizionist will nicht, dass Israel seine Politik ändert, er will, dass Israel von der Landkarte verschwindet. Die wenigen ‚echten Antisemiten’, die es noch gibt, leugnen den letzten Holocaust, die vielen authentischen Antizionisten, die sich in Organisationen wie dem BDS betätigen, bereiten die nächste Endlösung der Judenfrage vor, diesmal im Nahen Osten.“ An anderer Stelle merkt er an: „Egal wie er [der Antisemitismus] sich deklariert oder verleugnet, er hat immer ein Ziel: eine judenfreie Welt.“
Rabbi Sacks argumentiert ganz ähnlich wie Broder, gibt sich aber großmütig und tolerant: Kritik an Israel zu üben, auch Juden nicht zu mögen sei kein Antisemitismus. Der heutige Antisemitismus trete als „Antizionismus“ auf und bedeute: „den Juden das Recht abzusprechen, mit den gleichen Rechten wie alle anderen Menschen als Juden zu existieren.“ Den Antisemiten wirft er folgende Argumentation vor: „Wir [die Antisemiten] sind unschuldig, sie [die Juden] sind schuldig. Um frei zu sein, müssen wir sie, die Juden oder den Staat Israel, zerstören. So beginnen die schweren Verbrechen.“ Das sind ungeheure Unterstellungen für alle diejenigen, die Israels Politik aus der Sicht des Völkerrechts und der Menschenrechte kritisieren. Wer das genau ist – die Antisemiten und Antizionisten, die die Juden eliminieren und den Staat Israel zerstören wollen – , sagt der Rabbi im Gegensatz zu Broder nicht. Aber da Antisemiten dem Rabbi zufolge „davon überzeugt sind, nicht antisemitisch zu sein“, kann mit diesem Vorwurf eigentlich jeder konfrontiert werden.
Und gerade die Aktivisten, die sich für Menschenrechte und Humanität in Israels Politik gegenüber den Palästinensern und eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen, sind offenbar die gefährlichsten Antisemiten. Der Rabbi schreibt: „Heute sind Menschenrechte die oberste Autoritätsquelle der Welt. Daher wird Israel – die einzige uneingeschränkt funktionierende Demokratie mit einer freien Presse und unabhängigen Justiz im Nahen Osten – regelmäßig einer der fünf Todsünden des Menschenrechts bezichtigt: Rassismus, Apartheid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ethnische Säuberung und versuchter Völkermord.“ Der Rabbi vermeidet es natürlich tunlichst, auf diese Vorwürfe im Einzelnen einzugehen, dann müsste er ja belegen, dass sie unberechtigt sind, was er gar nicht kann. Für ihn sind sie aber ein Beleg für den infamen und verleumderischen Antisemitismus der Kritiker der israelischen Politik.
Fazit: Broder und Sacks sprechen die einseitig partikulare Sprache der Zionisten. Ihre Sicht ist menschenrechts- und völkerrechtsfeindlich und völlig ahistorisch. Ihr ungeschichtliches Erklärungsmuster des Palästina-Konflikts verleugnet vollständig, dass der Machtanspruch des Zionismus in diesem Land überhaupt erst die Auseinandersetzung mit den Arabern herausgefordert hat. Erst der zionistische Siedlerkolonialismus in einem arabischen Palästina und sein gewaltsam durchgesetzter Anspruch, dieses Land zu besitzen, machen das Wesen und den Kern des Nahost-Konfliktes aus – mit allen seinen Folgeerscheinungen. Und dazu gehört auch der Antizionismus, der ja gar nicht die Existenz der Juden oder des Staates Israel in Abrede stellt, sondern den Zustand beenden will, dass Israel auf Kosten eines anderen Volkes existiert. Denn auch die Palästinenser habe ein Recht auf Selbstbestimmung und politische Souveränität. Da die Aufarbeitung der Entstehungsgeschichte Israels ein Tabu ist und alles getan wird, jede rationale Kritik an diesem Staat und seiner Politik a priori unmöglich zu machen, es gegen Kritik sozusagen zu immunisieren, werden Kritiker automatisch als Antisemiten angeprangert. Was auch bedeutet, jede Kritik durch irrationale Vorhaltungen als illegitim zu erweisen. Dafür sind die Ausführungen Broders und Sacks gute Beispiele.
Es war oben auf den Gegensatz von zionistisch-ethnischem Partikularismus und Universalismus hingewiesen worden, der heute die Krise des Judentums ausmacht. Deshalb soll der Behauptung des Rabbi Sacks, dass die Antisemiten auch heute noch den Juden das Recht bestritten, „als freie und gleichwertige Menschen zu existieren“, und dass der Antisemitismus in Europa zunehme, eine israelisch-jüdische Stimme entgegenhalten werden, die universalistisch argumentiert. Der Literaturwissenschaftler Ran HaCohen schreibt: „Es wird höchste Zeit laut zu sagen: Im gesamten Verlauf der jüdischen Geschichte seit dem Babylonischen Exil im 6. Jahrhundert v. u. Z. gab es nie eine Epoche, die mit weniger Antisemitismus gesegnet war als unsere. Es gab nie eine bessere Zeit, als Jude zu leben als unsere. Gerade einmal vor zwei Generationen war Antisemitismus eine legitime politische und kulturelle Haltung in den meisten führenden Staaten der Welt. Antisemitismus konnte man offen aussprechen, sogar stolz darauf sein. Juden nicht zu mögen war so natürlich wie heute der Abscheu vor Kakerlaken. Heute ist Antisemitismus ein Tabu und gesetzwidrig in jedem entwickelten Land der Erde. Selbst wirklich antisemitische Gruppen leugnen ihre antisemitischen Züge, weil sie wissen, dass das politisch inakzeptabel ist.“
Weiter schreibt Ran Ha Cohen: „Vor wenigen Generationen – lassen wir den Holocaust zunächst beiseite – wurden Juden in allen größeren Ansammlungen als Bürger zweiter Klasse behandelt. Ihnen waren bürgerliche und religiöse Rechte fast überall verwehrt. Es gab Zugangsbeschränkungen zu Universitäten und vielen Berufen, zum öffentlichen Dienst und zu jeglicher Machtstellung. Manchmal unterlagen sogar Heirat und Zeugung Quoten und Genehmigungen. Solche institutionalisierte Diskriminierung und Unterdrückung ist heute nicht nur völlig erloschen, sie ist schlicht unvorstellbar. (…) Juden genießen völlige religiöse Freiheit wo auch immer. Sie sind voll gültige Staatsbürger, wo immer sie leben mit allen politischen, bürgerlichen und humanitären Rechten wie jeder andere Bürger. (…) Juden haben freien und unbegrenzten Zugang zu jeder Einrichtung des Landes, in dem sie leben.“(Ran Ha Cohen: Missbrauch von Antisemitismus, Palästina Portal 8. 01. 2008)
Sacks spricht auch viel von „Verantwortung“. Antisemiten sind Menschen, so der Rabbi, die keine Verantwortung übernehmen wollen und anderen die Schuld geben. An anderer Stelle sagt er: „Hauptsächlich geht es um die Unfähigkeit einer Gruppe, Verantwortung für ihre eigenen Fehler zu übernehmen, und ihre eigene Zukunft aus eigener Anstrengung zu gestalten.“ Auch hier meint er die Antisemiten, Antizionisten, Israel-Kritiker und sicher auch die Palästinenser, denn für ihn ist das ja alles eins. Seiner Aussage über den Begriff „Verantwortung“ seien zwei Äußerungen von universalistisch denkenden Juden gegenüber gestellt.
Die erste kommt von Iosef Bikermann, einem jüdischen Emigranten aus Russland, der in den dreißiger Jahren ins Exil nach Berlin geflohen war und mit anderen Emigranten das Buch „Russland und die Juden herausgab“. Natürlich bezieht sich seine Anmerkung auf die damalige Situation der Juden in der Stalin-Zeit. Aber da viele Zionisten in Palästina aus dem russisch-polnischen Raum stammen und dort auch großen politischen Einfluss bis heute ausübten und ausüben, weil sie die ashkenasische Führungsschicht stellen, ist die Aussage dieses Emigranten über „Verantwortung“ immer noch interessant und kann durchaus auf die israelische Politik von heute angewandt werden, denn Israel sieht die Schuld für den Nahost-Konflikt mit den Palästinensern wegen des „ewigen arabischen Antisemitismus“ ausschließlich bei den Palästinensern und ist nicht bereit, seinen Anteil an den Ursachen der Auseinandersetzung kritisch zu hinterfragen.
Bikermann schrieb: „Das Böse, so glauben Juden, geht immer von anderen aus und richtet sich immer gegen die Juden: Der Jude ist von Geburt an gut, nur die schlechte Umgebung und die Unterdrückung hindern ihn daran, seine guten Eigenschaften zu zeigen. Aus der ewigen Beschuldigung ziehen sie den Schluss ihrer ewigen eigenen Unschuld. Die Juden verzichten darauf, mit ihrem eigenen Verhalten ins Gericht zu gehen. Und vollkommen fehlt ihnen, was noch schlimmer ist, das Gefühl und das Bewusstsein für die eigene Verantwortung. Diese Eigenschaften erklären, warum Juden sich so leichtsinnig in den bolschewistischen Wahn hineinziehen lassen, warum sie im Rausch der ‚Gleichberechtigung‘ jegliches Maß verlieren und sich zu Verbrechen verführen lassen.“ (zitiert nach Sonja Margolina) Sätze, die in ihrer Verallgemeinerung fast antisemitisch klingen, aber sie stammen von einem sehr politisch denkenden Juden.
Die jüdisch-deutsche Historikerin Sonja Margolina, die ebenfalls aus Russland stammt und heute in Berlin lebt, schreibt in ihrem Buch „Das Ende der Lügen. Russland und die Juden im 20. Jahrhundert“ (1992): „Das solide moralische Kapital, das die Juden nach Auschwitz bekommen haben, scheint erschöpft zu sein. Sowohl für die Juden, die in Israel leben, aös auch für diejenigen, die sich aus Not für die Juden bekennen, bedeutet das, dass sie nicht mehr auf der alten Bahn ihrer Ansprüche an die Welt fortfahren können. Die Welt hat jetzt auch das Recht, mit den Juden wie mit allen anderen zu sprechen. Die Zeit ist gekommen, das Ghetto der Gleichgültigkeit gegenüber der übrigen Welt und gegenüber dem Schicksal anderer Völker zu verlassen. Die jüdische Sache lässt sich nicht von der Sache anderer trennen, der Kampf für die Rechte der Juden ist nicht fortschrittlicher als der Kampf für die Rechte anderer Völker. Es ist Zeit, den Spiegel zu zerbrechen und sich umzusehen: Wir sind nicht allein auf der Welt. ‚Weltfremdheit, o weh!‘ schrieb Hannah Arendt‘, ist immer eine Form der Barbarei.‘ Der Begriff ‚Verantwortung‘ wird zum kategorischen Imperativ der Gegenwart. Nur die wachsende Verantwortung der solidarischen Einzelnen gegenüber der Verantwortungslosigkeit der Vielen kann den mit dem neuen Jahrtausend auf uns zukommenden Problemen etwas entgegensetzen.“
Die Rolle der Juden in der Geschichte beurteilt die Historikerin – natürlich mit Blick auf die Rolle der Juden bei und nach der bolschewistischen Revolution in Russland, aber auch ganz allgemein und sicher auch mit Blick auf den Palästina-Konflikt – auch sehr kritisch: „Natürlich war diese Geschichte wie bei anderen Völkern auch nicht nur eine der Frommen, sondern auch eine der Schamlosen, nicht nur eine von Schutzlosen und in den Mord Getriebenen, sondern auch eine von Bewaffneten und den Tod Bringenden, nicht nur eine der Verfolgten, sondern auch eine der Verfolgenden. Es gibt darin Seiten, die man nicht aufschlägt, ohne zu erbeben. Und es sind Seiten, die systematisch und gezielt aus dem Bewusstsein der Juden verdrängt worden sind.“ Henryk M. Broder hat sich ja vor einigen Jahren in ähnlicher Weise – wenn auch in ganz anderem Zusammenhang und in anderer Absicht – geäußert: „Es stimmt, Israel ist heute mehr Täter als Opfer. Das ist auch gut und richtig so, nachdem es die Juden fast 2000 Jahre lang mit der Rolle der ewigen Opfer versucht und dabei nur schlechte Erfahrungen gemacht haben. Täter haben meistens eine längere Lebenserwartung als Opfer und es macht mehr Spaß, Täter als Opfer zu sein.“(Jüdische Allgemeine, 17. März 2005, S. 3, Freispruch für Israel; Artikel zum gleichnamigen Buch von Alan Derschowitz)
Rafael Seligmann schreibt in „Allmende“ „Über sein Leben als Musterjude in Deutschland“. Der Autor ist sicherlich kein zionistischer Fundamentalist. Er hat mit seiner These völlig Recht, dass immer dann, wenn eine politische Zeiterscheinung brisant ist, weil ein jüdisches Thema oder ein mit Israel zusammenhängendes Problem in den Medien zur Diskussion steht, die „Musterjuden“ ins Gefecht geschickt werden. Dann müssen Juden wie Henryk M. Broder, Micha Brumlik, Michel Friedman und Michael Wolffsohn „ran“, um die jüdische beziehungsweise israelische Position zu erläutern. Seligmann schreibt: „Die Juden werden als authentische moralische Quelle ausgestellt. Tatsächlich besitzen sie lediglich eine Alibi- bzw. eine Propagandafunktion. Sie haben schreibend und TV-palavernd zu bestätigen, was die Redakteure und das Publikum gerne sagen oder hören würden, doch sich ob eines Antisemitismusvorwurfs nicht mehr unter ihrem Namen zu äußern trauen.“
Dem kann man nur zustimmen. Merkwürdig ist nur, dass Seligmann hier ausschließlich jüdische Intellektuelle anführt, die – mit Differenzierungen – die israelische Position teilen und auch verteidigen, aber jüdische Autoren, die der israelischen Politik kritisch gegenüber stehen, überhaupt nicht nennt: etwa Judith und Reiner Bernstein, Alfred Grosser, Evelyn Hecht-Galinsky, Iris Hefets (von der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“), Felicia Langer, Abraham Melzer und Rolf Verleger sowie den in deutscher Sprache schreibenden Israeli Moshe Zuckermann. Sie sind alles andere als „Musterjuden“ und deshalb sind sie in den deutschen Medien (sieht man einmal von dem populären Alfred Grosser ab, wenn er sich zu Frankreich äußert) so gut wie nicht gegenwärtig. Da ist die Angst in deutschen Redaktionsstuben doch zu groß. Seligmann fordert die Deutschen auf, ohne Hemmungen ihre Meinung zu sagen: Die deutschen „Hintermänner“ und „-frauen sollten offen zu ihren Standpunkten stehen und die Konsequenzen tragen. Ansonsten beschädigten sie die Freiheit. Und weiter: „Mehr als 70 Jahre nach Hitler und seinen Nazis hat der Musterjude ausgedient. Er gehört auf den Misthaufen einer bösen Geschichte. Gefragt sind stattdessen Offenheit und Ehrlichkeit.“
Mirna Funk hat einen weitgehend autobiographischen Roman mit dem Titel „Winternähe“ geschrieben, der im sehr renommierten S. Fischer Verlag erschienen ist. Über seine literarischen Qualitäten lässt sich sicher streiten, aber die stehen hier nicht zur Debatte. Es geht um die politischen Aussagen des Buches, vor allem darum, auf welcher Seite des jüdischen Spektrums und mit welchem moralischen Anspruch – Partikularismus oder Universalismus – sie sich positioniert. Dazu macht sie klare Aussagen in ihrem Buch, in etlichen Zeitungsartikeln und Interviews.
Die Autorin ist 1981 in Ost-Berlin geboren und dort auch aufgewachsen. Sie hat einen jüdischen Vater und eine nicht-jüdische Mutter, die sie früh verlässt. Der Vater setzt sich noch zu DDR-Zeiten nach West-Berlin ab, weshalb die Großeltern das Kind aufnehmen. So beschreibt sie in dem Roman ihre Kindheit und Jugend. Ein sicherlich schwieriger und widersprüchlicher Lebensbeginn, der Identitätsprobleme für ihre Zukunft vorprogrammiert. So schreibt sie denn in dem Roman über ihre Hauptperson Lola, mit der sie sicher identisch ist: „Lola fühlte sich wie ein Oxymoron [Zusammenstellung zweier sich widersprechende Begriffe in einem Begriff), nicht nur weil sie deutsche Jüdin war, sondern weil sie Jüdin und Nichtjüdin war. Meistens hatte Lola ein positives Gefühl zu ihrem Oxymoron-Dasein. In ihr verband sich die Geschichte der Deutschen und der Juden, aber auch die Auseinandersetzung mit dieser Geschichte, in ihr hausten das Vergessen und das Erinnern gleichermaßen. Etwas, das in der Realität schier unmöglich war, dem war sie täglich ausgesetzt. Aber wenn sie ein negatives Gefühl zu ihrem Oxymoron-Dasein hatte, hielt sie es in ihrem Körper nicht aus, die Spannung, die Gegensätzlichkeit, die Wut und den Schmerz. Dann wollte Lola aus sich herausspringen oder eben nur noch eins von beidem sein: Jude oder Nichtjude.“
Der Roman schildert das Suchen Lolas nach Identität. In Berlin erlebt sie einige in der Tat schlimme und abschreckende antisemitische Attacken (wenn sie denn nicht Fiktion sind): So hatten etwa Arbeitskollegen während einer Betriebsfeier auf ein großes Foto von ihr auf ihre Oberlippe einen Hitlerbart gemalt und auch im Internet verbreitet. Lola geht wegen dieses Vorfalls vor Gericht, kommt aber mit ihrer Klage nicht durch. Es kommt zu anderen antisemitischen Erlebnissen. Selbst Leute in ihrem Umfeld, die sich politisch als „links“ oder „grün“ bezeichnen, geben Lola gegenüber Sätze von sich, die man eher in rechtextremistischen Kreisen und der NPD vermutet wie: „Was da in Gaza und hinter der Mauer passiert, ist nicht besser als Auschwitz.“ Oder: „Ich glaube, dass sechs Millionen tote Juden vielleicht doch ein bisschen übertrieben sind. (…) Irgendwann muss es doch auch mal gut sein. Immer wieder diese Leier. Die armen und die bösen Deutschen. Kommt Ihr Euch selbst nicht ein bisschen bescheuert vor, immer diese Opferrolle einzunehmen? Mir wäre das unangenehm. Mir wäre es peinlich, einem ganzen Volk 70 Jahre Theater zu machen.“ Sätze, die für deutsche Linke oder Grüne eigentlich sehr untypisch sind. Hat die Autorin hier nicht doch über das Maß ihre Fantasie bemüht?
Lola sieht nur noch Antisemiten um sie herum, kündigt sogar ihre Arbeitsstelle, weil sie nicht mit Antisemiten zusammen arbeiten will und kann. Langsam aber stetig verfestigt sich bei ihr der Eindruck, dass die Deutschen nichts dazu gelernt haben, und Antisemitismus im Land der Täter wieder fröhliche Urstand feiert: „Und weil sich in den letzten zwanzig Jahren die Zungen gelockert hatten, konnte man endlich laut hören, was alle leise dachten. Mittlerweile durfte jeder sagen, was er in den Jahren des aufgezwungenen Schweigens nur bei sich gedacht hatte. Nämlich: Dass jetzt Schluss sein müsse mit dem Schweigen, dass den Juden die Banken gehörten, die einem das Geld wegnehmen, dass die Israelis die neuen Nazis seien und dass der Holocaust nun wirklich der Vergangenheit angehöre. Diese Sätze konnte man in den Kommentarspalten auf den Onlineportalen der großen deutschen Tageszeitungen lesen. Diese Sätze konnte man offen auf Abendessen hören, ohne dass sich derjenige, der diese Sätze formulierte, dafür schämen musste.“
Es wäre interessant zu erfahren, auf welchem Onlineportal einer deutschen Tageszeitung sie Derartiges gelesen hat. Hier wird die Autorin unglaubwürdig, ihr Deutschlandbild ist sehr einseitig und fragwürdig. Haben wirklich alle Deutschen aus der Vergangenheit nichts gelernt? Deutsche Medien sind eher – wie die deutsche Politik – philosemitisch und Israel-freundlich ausgerichtet. Die nicht verarbeitete Schuld und die Angst vor dem Antisemitismusvorwurf (und ist er auch noch so unberechtigt) sitzen tief. Eine scharfe und gut fundierte Kritik an der israelischen Politik, orientiert an Völkerrecht und Menschenrechten, ist eher die Ausnahme – siehe die Ausführungen von Rafael Seligmann. Aber die Autorin braucht dieses Feindbild, um sich davon abzusetzen und ihre innere Wandlung zu rechtfertigen, die das eigentliche Thema des Buches ist.
Diese Wandlung tritt endgültig ein, als Lola sich während des Gaza-Krieges 2014 in Tel Aviv aufhält und sie Raketen der Hamas anfliegen sieht, die aber so gut wie alle von dem Abwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen werden. Die Bewohner der Stadt flüchten in Unterstände, aber die Schäden, die die Geschosse aus dem Gazastreifen anrichten, sind so gut wie nicht der Rede wert. Vor allem aber erschrecken Lola die Demonstrationen in Deutschland gegen Israels Krieg. Die von einigen durchgeknallten Jugendlichen herausgebrüllten Parolen wie „Juden ins Gas!“ sind für Lola sozusagen der letzte Beweis, dass in Deutschland wieder der Antisemitismus Besitz von den Köpfen ergriffen hat.
Sie schreibt: „Lolas Vermutung und auch die Vermutung vieler anderer – , dass sich hinter vielen israelkritischen Äußerungen Antisemitismus verstecke, schien sich zu bestätigen. Dieser Krieg ließ sie alle aus ihren Ecken und Verstecken hervorkommen: Diejenigen, die sich selbst niemals als Antisemiten bezeichnet hätten, konnten dem Drang, sich eine entschiedene Meinung zum Konflikt zu bilden, nicht widerstehen. Waren sie doch meistens völlig unpolitisch, wenn es um all die anderen Kriegsgebiete in dieser Welt ging, aber Israel bewegte sie über alle Maßen. Und Israel bewegt sie nicht deshalb, weil sie sich mit dem Leid der Palästinenser aus rein objektiven Beweggründen identifizierten, sondern weil ihre tief vergrabene Wut auf die Juden, die Wut darauf, dass diese Schuldgefühle in ihnen auslösten, ein Ventil finden konnte. Es war eine Erlösung für den gemeinen Antisemiten in Europa.“
Diese Unterstellungen machen sprachlos, weil sie den meisten Deutschen jedes politisch-humane Engagement bestreitet und zugleich Israels brutalen Überfall auf ein wehrloses Volk rechtfertigt. Aber Lola ist in den Tagen dieses Krieges klar geworden, dass der Antisemitismus nicht einfach nur zurückgekommen ist, sozusagen in der Mitte der Gesellschaft, sondern dass er nie abwesend war. Und weil das so ist, spannen die deutschen Medien „linke“ kritische israelische Journalisten „vor ihren ideologischen Karren“, denn wenn selbst Juden Israel scharf kritisieren, dürften die Deutschen das natürlich auch. „Antisemitismus mit jüdischem Schutzschild“ nennt die Autorin das. Diese Juden, die die Besatzung verurteilten, habe man, schreibt die Autorin, während des Gaza-Krieges ausfindig gemacht und in die Talkshows und auf die Bühnen gezerrt. Wenn man Israel schon nicht kritisch sehen dürfe, dann hole man sich einfach ein paar Juden, die das erledigten. Das erinnert Lola oder die Autorin daran, wie man in den KZ’s jüdische Aufseher (Kapos) hatte, und die Juden die Gräber ausheben mussten.
Abgesehen davon, dass der Vergleich der kritischen Juden in den deutschen Medien mit den Kapos in den KZ’s völlig absurd und geschmacklos ist, hat hier wohl der Realitätsbezug der Autorin völlig ausgesetzt und ist die Fantasie endgültig mit ihr durchgegangen. Denn es wurden nirgendwo in deutschen Medien oder Talkshows kritische Juden gesichtet, die Israels Krieg gegen den Gazastreifen scharf verurteilt hätten, da hätte der Zentralrat schon früh genug erfolgreich Einspruch erhoben und das zu verhindern gewusst. (Es sei nur an einen Vorfall aus der letzten Zeit erinnert: Es gab in der Tagesschau einen kurzen Bericht, in dem der ausgewiesene Experte Clemens Messerschmidt erläuterte, wie die israelischen Besatzer die Palästinenser mit Wasser unterversorgen. Es gab einen Sturm der Entrüstung auf der Seite der Israel-Verteidiger, der Bericht wurde sofort als „antisemitisch“ angeprangert. Dabei hatte Messerschmidt, der als Ingenieur für das Wasserwesen viele Jahre vor Ort gearbeitet hat und die Verhältnisse bestens kennt, nur ein paar Wahrheiten ausgesprochen: Weil die jüdischen Siedler im Wasser schwelgen, gehen die Palästinenser so gut wie leer aus. Die ARD entschuldigte sich sofort für den Bericht und kündigte an, dem Thema noch einmal „objektiv“ nachzugehen.)
Am Ende des Buches, das eigentlich ein Entwicklungsroman ist, kann Lola Bilanz ziehen: Der Krieg hat sie grundlegend verändert und sie überlegt nun, wie sie mit dieser Erfahrung ihr zukünftiges Leben gestalten will. Denn für sie ist nichts mehr so, wie es einmal war. Sie hat ihre Wahl getroffen, auch wenn sie das so deutlich nicht ausspricht: Sie ist ein gläubige Zionistin geworden. Im Text, den sie für „Allmende“ geschrieben hat, spricht sie ihre neue Weltsicht deutlich aus: Antisemitismus trete heute als Antizionismus und Israel-Feindlichkeit – gepaart mit Verschwörungstheorien – auf, die die Täter-Opfer-Achse stabilisieren sollen. Der „neue Antisemitismus“ sei geprägt von Unwissenheit, dem Wiederholen aufgenommener Informationen aus den Medien und dem „völligen Fehlen eigenen Denkens“. Und damit sei der deutsche Antisemitismus absolut identisch mit dem europäischen.
Die Autorin bekennt in dem „Allmende“-Text, dass sie so genervt vom Antisemitismus in Deutschland sei, dass sie nun unter Deutschen die Klappe halte. Sie sei die Konfrontation mit [mit den antisemitischen Deutschen, muss man ergänzen] einfach leid, sie sei am Ende, sie habe vorläufig alle Lesungen, Podiumsdiskussionen, Vorträge und Interviews abgesagt. „Ich bin fertig mit meinem Scheißroman“, schreibt sie. Dabei habe sie doch aufklären wollen, die Augen öffnen, die Menschen zum Hinterfragen bringen. Sie gesteht ihr Scheitern ein, vermutlich deswegen ist sie inzwischen nach Tel Aviv verzogen und will dort heiraten.
Man muss sich fragen, in welcher Welt Mirna Funk lebt und ob sie noch Beziehungen zur Realität hat. Geht man von der Ausgangsthese aus – die Spaltung des Judentums in zionistische Partikularisten und jüdische Universalisten – , dann hat die Autorin sich eindeutig für den ethnisch-partikularistischen Zionismus entschieden, für den alles, was gegen seine Interessen verstößt „Antisemitismus“ ist. Das ist im Grunde die Definition des „neuen Antisemitismus“. Diese Botschaft wollte die Autorin unter die Leute bringen, aber kaum jemand hat es ihr abgenommen. Wenn das bedeutet, dass die Mehrheit der Deutschen inzwischen eher zum Universalismus neigt, wäre das ja nur zu begrüßen. Es gibt viele Juden, die die Deutschen in dieser Sicht unterstützen. So hat etwa der israelische Philosoph Omri Boehm geschrieben, dass Zionismus und Humanismus unvereinbar seien. In seinem Aufsatz „Das deutsche Schweigen über Israel und der Preis dafür“ leitet er aus dem Kantschen Begriff der Aufklärung (der Aufforderung, aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszutreten und sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen) gerade für die Deutschen die Pflicht ab, nicht zu schweigen und Israels Politik zu kritisieren. Ja, er hält das für den endgültigen Test des aufgeklärten Denkens selbst.
Er schreibt: Wenn man sich einem universalen Humanismus unterstützend verpflichtet fühle, dann müsse man Israels Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte verurteilen, damit unterstütze man auch die Juden und Israel. Wenn Deutschland es aber versäume, die Verbrechen Israels beim Namen zu nennen, werde es seiner Verantwortung nicht gerecht und würde obendrein den Holocaust als politisch signifikante Vergangenheit unterminieren. Boehm schließt: „Wenn aufklärerisches Denken als eine politische Antwort auf Deutschlands Vergangenheit einen Sinn haben soll, dann muss es den Mut aufbringen, diese Angst zu überwinden. Zu Israels Politik zu schweigen, ist der falsche Weg – er ist auch nicht effektiv, weil er der Geschichte des Holocaust keine Gerechtigkeit widerfahren lässt.“
Wenn man diese Zeilen von Omri Boehm liest, hat man den Eindruck, dass Mirna Funk gar nicht weiß, was Aufklärung bedeutet und dass sie den Begriff eher in seiner populären Alltagsbedeutung gebraucht. Aber die ist in diesem Zusammenhang wenig nützlich. Wenn hier schon wieder mit Omri Boehm ein israelischer Autor zu Wort kam, dann nicht um einen „Musterjuden“ (Rafael Seligmann) vorzuschicken, sondern weil es gerade im Judentum so großartige universalistische Denker und Autoren gibt, die die Dinge exakt auf den Punkt bringen können. In Deutschland haben lntellektuelle leider kaum den Mut dazu.
Mirna Funk argumentiert in ihrem Buch rein zionistisch, auch wenn der Begriff gar nicht vorkommt, und das heißt auch völlig unhistorisch: Das ist im Zionismus das bewährte Muster, weil man damit die wirklichen Ursachen des Nahost-Konfliktes vertuschen kann. Das Ziel dieser Ideologie war von Anfang an, inmitten eines anderen Volkes einen jüdischen Staat zu errichten, ohne zuerst die Zustimmung und Zusammenarbeit dieses Volkes zu erlangen. Aus diesem Vorgehen ergaben sich die Unterdrückung der Palästinenser und die Gewalt gegen sie ganz von selbst. Shimon Peres, einer der Gründungsväter Israels, antwortet in seinen Lebenserinnerungen auf die Frage, wie die zionistischen Einwanderer mit den Palästinensern umgegangen seien: „Wir haben sie gar nicht gesehen, es gab sie für uns gar nicht!“
In den langen Passagen, die Mirna Funk über den Gaza-Krieg 2014 schreibt, erwähnt sie nicht an einer einzigen Stelle die Vorgeschichte dieses Krieges, der nicht die Hamas-Raketen als Ursache hatte, sondern lange vorher geplant war, wie Ehud Barak später zugegeben hat. Mirna Funk erwähnt nur die drei israelischen Religionsschüler, die im Westjordanland ermordet wurden. Aber sie waren nur der Vorwand für den Angriff, nicht der eigentliche Grund. Wenn die Autorin schon auf den Krieg eingeht, wo bleiben die Informationen, die man über Gaza wissen muss: Dass Israel die Hamas als Konkurrenz zur damals verhassten PLO mit aufgebaut hat; dass die Hamas 2006 freie Wahlen im Westjordanland und im Gazastreifen gewann, Israel und der Westen das Ergebnis aber nicht anerkannten, die dann gebildete „Regierung der nationalen Einheit“ gar nicht regieren konnte, weil der Westen alle Hilfsgelder sperrte; dass Israel sogar einen Großteil der frei gewählten Abgeordneten verhaftete, zum Teil sitzen sie heute noch im Gefängnis; dass Israel zusammen mit der PLO und den USA 2007 die im Gazastreifen regierende Hamas mit einem militärischen Angriff stürzen wollte, was aber misslang; dass der Gazastreifen seit 2007 vollständig von der Außenwelt abgeriegelt ist; dass es nicht nur zwei Kriege gegen das Gebiet gegeben hat, sondern auch etliche kleinere Militäraktionen der Israelis, die auf palästinensischer Seite Hunderte von Toten forderten; dass Israel in Selbstjustiz mit seinen zielgenauen Raketen alle Hamas-Führer eliminierte, die ihm unbequem waren. Heute ist der Gazastreifen ein eingezäuntes Elendsquartier, in dem die Menschen nur noch verzweifelt und hoffnungslos dahinvegetieren.
Und weiter: Dass die beiden Kriege 2008/09 und 2014 Massaker waren, 2014 gab es 2100 Tote, davon waren die meisten Zivilisten, 490 Kinder kamen um, 11 000 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen werden ihr Leben lang verkrüppelt bleiben, 540 000 Menschen wurden vertrieben und 120 000 obdachlos; außerdem wurden zehntausende von Häusern zerstört und so gut wie die ganze Infrastruktur. Auf israelischer Seite kamen 64 Soldaten ums Leben und 3 bzw. – je nach Quelle – 7 Zivilisten. (Angaben der Heinrich-Böll-Stiftung vom 2. 10. 2014 und Zeitonline 20. 8. 2014) Dass Israel dabei furchtbare Waffen einsetzte, die zum Teil verboten und geächtet sind: weißen Phosphor, Dime, Flechettes-Munition, Mini-Würfel-Schrappnell-Geschosse. (Man schaue im Internet nach, was diese Waffen bewirken oder lese es in Jeff Halpers Buch „Ein Israeli in Palästina“ (S. 226f) nach.
Halper schreibt auch, dass ein wichtiger Grund für Israels Invasionen (nicht nur in Gaza) Feldversuche mit neuen Waffen und -strategien am lebenden Objekt – eben den Palästinensern – seien. Von diesen Versuchen profitiere Israels Sicherheitspolitik und Rüstungsindustrie gleichermaßen (S. 225). Israel kann dann beim Export seiner Waffen sagen, sie seien im Krieg getestet und erprobt worden. Der israelische Filmemacher Yotam Feldman hat über diese Thema eine Dokumentation („Das Labor“) erstellt, in der Militärs diesen Sachverhalt bestätigen.
Man könnte das Sündenregister des Zionismus erweitern und bis zur Nakba 1948 zurückgehen: die Vertreibung von 750 000 Palästinenser zusammen mit der Zerstörung von elf Städten und 500 Dörfern. Von dem weiß Mirna Funk nichts oder sie will es nicht wissen. Sie hat keinerlei Empathie für die Menschen auf der „anderen Seite“. Sie existieren für sie offenbar gar nicht, wie auch Shimon Peres geschrieben hat. Dass Israels Politik ein einziger Bruch des Völkerrechts und der Menschenrechte ist, erwähnt sie nicht. Die beiden Begriffe kennt sie nur im Zusammenhang mit ihrem Antisemitismus-Vorwurf: Wer sich darauf beruft, ist offensichtlich ein Antisemit. Sie kann während des Krieges ruhig in ihrem Liegestuhl am Strand von Tel Aviv liegen, während der weiße Phosphor auf Gaza regnet und die Menschen dort keine Fluchtmöglichkeit haben.
Die Demonstrationen in Deutschland gegen den Überfall Israels auf den Gazastreifen 2014 haben sie in der Überzeugung bestärkt, dass Deutschland ein durch und durch antisemitisches Land sei. Nicht zuletzt deshalb ist sie nach Israel ausgewandert, wie sie schreibt. Man kann diese Demonstrationen, bei denen es vielleicht einige unschöne Ausfälle gegeben hat, aber auch ganz anders beurteilen: als berechtigte Kritik an einem Massaker, das eine übermächtige Militärmacht mit den modernsten verfügbaren Waffen an einem im Grunde wehrlosen Volk begangen hat, das weder über eine Armee noch über irgendwelche Waffen verfügt. Die Raketen der Hamas sind selbst gebastelte Sprengkörper, die vielleicht eine verheerende psychologische Wirkung haben mögen, Zerstörungs- und Vernichtungskraft haben sie nicht. Es hat unter der israelischen Zivilbevölkerung – siehe die Zahlen oben – so gut wie keine Opfer gegeben. Israels Kriege im Gazastreifen 2008/09 und 2014 waren in vieler Hinsicht Kriegsverbrechen (siehe den UNO-Bericht) – und deswegen waren die Proteste in Deutschland politisch-moralisch gar nicht zu beanstanden. Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Raketenangriffe der Hamas ein Kriegsverbrechen sind, wenn sie auf zivile Ziele gerichtet sind. Nur ist die Dimension des Verbrechens verglichen mit den israelischen Übermacht eine ganz andere.
Mirna Funk schreibt in hysterischer Übertreibung über die Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg: „Seit die Bodentruppen in Gaza einmarschiert waren, schrie der Durchschnittsdeutsche laut: Genozid. Das Wort Genozid fand sich in jedem Post. Israel begehe Völkermord. Kindermörder Israel. Die Juden seien längst wie Hitler. Haben die denn nichts aus ihrer eigenen Vergangenheit gelernt, wurde gefragt. Siebzig Jahre hatten die Deutschen darauf gewartet, den Juden endlich einmal einen Völkermord vorwerfen zu können. Ejakulat, wohin man sah.“
Mirna Funk irrt, wenn sie meint, dass der Genozid-Vorwurf nur von vermeintlichen deutschen Antisemiten kommt. Ob Israel einen Genozid an den Palästinensern begeht, wird im Zusammenhang mit dem Siedlerkolonialismus in der internationalen Wissenschaft intensiv diskutiert. (Siehe Petra Wild: Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina. Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat, Wien 2013, S.183f, 204f) Und auch unter den Juden in den USA ist der Genozid ein Thema. So antwortete der Schriftsteller Ben Ehrenreich, der Autor von „The Way to the Spring“, im Februar 2017 bei einer Veranstaltung in New York auf die Frage, ob es in Israel/Palästina einen Genozid gebe, mit einem eindeutigen „ja“ Er sagte: „Die Frage zum Genozid – ja, es ist ein zunehmender Genozid. Ich meine, das ist ein Wort, das vielen Leuten zu denken gibt, und das sollte es auch. Wir sehen nicht den massenhaften Mord, obwohl ich denke, dass wir in Gaza etwas ganz Ähnliches gesehen haben, etwas, das wir normalerweise mit Genozid assoziieren. Aber – die Versuche ein Volk auszulöschen, sie richtig auszulöschen, ihre Geschichte auszulöschen, können wenn ich logisch denke, nur als Genozid bezeichnet werden.“
Weiter sagte er: „Ich meine, ständig sagt jemand – zum Beispiel in den Internetmedien – ‚So etwas wie einen Palästinenser gibt es nicht‘ oder ‚Es gab dort niemanden, als die Zionisten kamen‘ – das sind genozidale Statements, das sind Versuche, eine Kultur auszulöschen, eine Geschichte auszulöschen, ein Volk zu dezimieren, und ich denke, diese Statements sollten als solche erkannt werden. (…) Israel ist eine siedlerkolonialistische Gesellschaft, und das Eine, das alle siedlerkolonialistischen Gesellschaften gemeinsam haben, ist, dass sie einer genozidalen Logik folgen. Die, in der wir jetzt gerade leben: Jeder einzelne von ihnen – Südafrika, Kanada, die USA, Australien und Israel: Überall, wohin die Siedler kamen und das Land zu ihrem erklärten und alles taten, was sie konnten, um entweder die Menschen zu entfernen, die noch dort waren, oder deren Geschichte auszulöschen, dass sie behaupten können, es hätte sie dort nie gegeben.“ Ehrenreich fügte hinzu, dass es ihm als Juden mit dem Hintergrund des Holocaust extrem schmerzlich sei, das Wort Genozid zu benutzen. Wörtlich sagte er dann: „Es ist noch schmerzlicher, diese Realitäten zu sehen, und diese historische Ironie ist brutal.“
Die Wirklichkeit der Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg in Deutschland sah ganz anders aus. Der einen Seite – den Verteidigern und Unterstützern Israels – kamen der Krieg und die Proteste offenbar gar nicht so ungelegen, konnte man nun doch wieder eine große Kampagne in den Medien starten mit der immer wiederholten warnenden Feststellung, der Antisemitismus sei wieder auf dem Vormarsch und nehme beängstigende Ausmaße an. In Wirklichkeit hatte diese Kampagne vor allem die Funktion, von Israel grausamer Kriegsführung abzulenken. Natürlich nimmt in Zeiten wenn Israel seine Nachbarn mit Krieg überzieht, die Kritik an diesem Staat zu, nur hat das mit wirklichem Antisemitismus in den meisten Fällen gar nichts zu tun. Wenn in den sechziger Jahren Hunderttausende auf die Straße gingen und gegen den Vietnam-Krieg der USA protestierten, war das Motiv auch nicht Anti-Amerikanismus. Es könnte ja auch sein, dass sehr viele Deutsche aus den Verbrechen der Nazis ihre Folgerungen gezogen haben und sagen: Die beste Lehre aus dem Holocaust ist, für Menschenrechte und Völkerrecht einzutreten, wo immer es nötig ist – auch oder gerade dann, wenn der Kriegführende Israel ist.
Wie sehr diese Demonstrationen politisch instrumentalisiert wurden, belegt die journalistische Kommentierung etwa in Bremen. Am 23. 07. 2014 protestierten dort zwischen 6 000 und 7 000 Menschen gegen Israels Krieg – darunter auch viele Muslime. Es gab keinerlei Zwischenfälle bei dieser Großdemonstration und der anschließenden Kundgebung. Die Einsatzleitung der Polizei hat sich ausdrücklich bei den Organisatoren für die gute Zusammenarbeit und den friedlichen Ablauf bedankt.
Ganz im Stil der BILD-Zeitung, die einen Tag vor der Demonstration in ihrer Bremer Ausgabe eine „Hass-Demo“ angekündigt hatte, behauptete der Radio-Bremen-Journalist Jochen Grabler in einem Kommentar vor der Demonstration in Bremen, dass die Veranstalter hier „zündelten“. Er schildert dann Zustände, wie sie im „Dritten Reich“ bei der sogenannten „Kristallnacht“ 1938 von den Nazis in Szene gesetzt wurden. Weitere Zitate aus dem Kommentar: „Um es mal auf den Punkt zu bringen: Wenn sich jetzt Andersdenkende nicht vor die Tür wagen, wenn – was Allah, der Christengott und Jahwe am besten gemeinsam verhüten mögen – Bremer Juden auf offener Straße angegriffen und gejagt werden, wenn Geschäfte gestürmt werden, weil irgendwer behauptet, sie seien in jüdischer Hand, wenn der Holocaust geleugnet, Fahnen des Heiligen Krieges hoch gehalten werden, Hitler gepriesen, die Juden ins Gas gewünscht, wenn Hakenkreuze in Davidsternen vorgezeigt werden, dann wissen wir heute schon, wer diese Giftspritze angesetzt hat: Frau Krafft-Schöning und ihre Friedensfreunde.“ (Die Journalistin Beate Krafft-Schöning war eine der Organisatoren/innen der Demonstration.)
Weiter heißte es in dem Kommentar von Jochen Grabler: „Immer vorneweg: Testosteron gepeitschte junge Männer, verhetzt, aus jeder Pore dampfend vor Hass. Aber selbstredend demonstrieren sie nur für Frieden und Gerechtigkeit. Denn stets kommen die Aufrufe zu solchen Demonstrationen mit dem gleichen naiv-doofen Augenaufschlag daher. Wie jetzt in dem Bremer Aufruf: ‚Die Veranstalter sind ausdrücklich daran interessiert, dass Menschen aller Nationalitäten und Religionen an dieser Demonstration für den Frieden teilnehmen.‘“ Nach einer grundsätzlichen Rechtfertigung des Demonstrationsrechts heißt es weiter: „Aber wenn nun der Krieg um Gaza so in unsere Städte getragen wird, dass sich Menschen anderer Meinung nicht mehr an die Öffentlichkeit wagen, und dass Angehörige einer Religion um Leib und Leben fürchten müssen, dann ist die Grenze der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit weit überschritten. Weil die Menschenwürde unantastbar ist. Das sind die hohen, höchsten Güter, mit denen auch die Bremer Friedensfreunde gerade spielen. Sie zündeln in vollem Bewusstsein. Dafür gibt es keine mildernden Umstände.“ Eine Beschwerde über diesen üblen und unverantwortlichen Hetzartikel beim Rundfunkrat des Senders hatte keinen Erfolg. Die Begründung lautete: Der Kommentar läge im Bereich des journalistisch Zulässigen und Erlaubten. Jochen Grabler war einmal Wahlkampfleiter der Grünen in der Hansestadt und ist heute Leiter der Recherche-Redaktion des Senders.
Ähnliche Panik schürte der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas Handelsman. Er verstieg sich zu der Äußerung, in den Straßen Berlins seien Juden verfolgt worden wie 1938. Wenn es so weiter gehe, fürchte er, dass unschuldiges Blut vergossen werde. (FAZnet 20.07.2014) Besonnene Köpfe reagierten denn auch viel zurückhaltender auf die Demonstrationen. Der renommierte Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz meinte: „Ich sehe überhaupt keine neue Qualität. Ich würde auch gern die Wortwahl ‚antisemitische Ausschreitungen‘ hinterfragen. Es haben sich zum Teil seltsame Leute zusammen gerottet. Einige haben blödsinnige Parolen gerufen. Das wird von Interessenten mit großem Widerhall als Wiederaufflammen des Antisemitismus dargestellt. Ich beobachte die Szene seit 30 Jahren. Seit 30 Jahren wird damit Politik und Stimmung gemacht.“ Benz sieht die größere Gefahr heute viel mehr in der Feindschaft gegenüber Muslimen. Die Islamophobie arbeite mit ganz ähnlichen Argumentationsmustern und Stereotypen wie der Antisemitismus. Gemeinsam sei diesen Vorurteilen die Einteilung in Gut und Böse sowie das Phänomen der Ausgrenzung: „Das Feindbild der Juden wird heute durch das Feindbild der Muslime ersetzt. Wieder geht es um die Ausgrenzung einer Minderheit. Es ist höchste Zeit, die Diskriminierungsmechanismen zu verstehen und schließlich zu verhindern.“
Und der frühere israelische Botschafter in Deutschland Avi Primor hatte sich schon vorher zum sogenannten „neuen Antisemitismus“ geäußert: „Es besteht überhaupt kein Konsens darüber, was Antisemitismus eigentlich ist. Antisemitismus genau beschreiben, das konnte ich noch nie. Ich konnte nur sagen, wer kein Antisemit ist. Das ist mir klar. Wenn jemand mit einem Juden eine schlechte Erfahrung gemacht hat und danach nichts verallgemeinert, ist er kein Antisemit. Aber natürlich kann man mit Juden auch schlechte Erfahrungen machen. Unter Juden gibt es genauso schlechte Leute wie in anderen Völkern. Infolgedessen bin ich auch kein begeisterter Freund von Philosemiten, die meinen, dass Juden besser als andere sind. Sie sind weder besser noch schlechter, sie sind genau wie die anderen.“ Primor warnt davor, aus dem Antisemitismus eine Alltagsangelegenheit zu machen, [was wohl heißt: eine Inflationierung des Antisemitismusvorwurfs], weil man ihn dann nicht mehr bekämpfen könne. Die Gefahr eines „neuen Antisemitismus“ schätzt er eher gering ein: „Der Antisemitismus schrumpft regelmäßig seit dem Zweiten Weltkrieg. Er schrumpft überall, in Deutschland wie anderswo, genauso wie in Amerika. (…) Das bedeutet, nicht dass es keinen Antisemitismus gibt. Natürlich gibt es Antisemitismus. Es gibt den religiösen Antisemitismus, es gibt rassistischen Antisemitismus, es gibt Neonazis und Nazis. Das gibt es alles. Aber das wächst nicht. Im Gegenteil: Es geht ständig zurück.“ Avi Primor sagte auch: „Der Hass auf Israel nimmt nicht zu, sondern die Sympathien für Israel nehmen ab.
Für das immer wieder gerade auch von jüdischer Seite sowie in Studien und Umfragen gebrauchte Argument, dass der Antisemitismus zunehme, macht Primor eine erhöhte Sensibilität für das Problem verantwortlich: „Weil die Leute eben dem [Thema] gegenüber sehr empfindlich geworden sind. Erstens berichten die Medien über jeden Fall des Antisemitismus wie nie zuvor. Infolgedessen ist man sich dessen schon sehr bewusst geworden. Außerdem: Weil die Leute eben keine Antisemiten sind, sind sie gegenüber Antisemiten sensibel geworden und wollen es immer wahrnehmen. Je eher also der Antisemitismus schrumpft desto eher meinen die Leute, dass er wächst.“
Die Anschläge in Paris wurden auch sofort als neue Belege für anwachsenden Antisemitismus interpretiert und entsprechend instrumentalisiert. Es sei hier nur die Antwort eines Israeli zitiert, die in ihrer Sachlichkeit viel für sich hat: „All diese Gewalttaten [in Paris und Kopenhagen] wurden von jungen Muslimen begangen, die meistens arabischer Abstammung sind. Sie waren und sind ein Teil des fortwährenden Krieges zwischen Israel und den Arabern. Das hat nichts mit Antisemitismus zu tun. Sie haben nichts mit dem Pogrom in Kishinew [1903] und nichts mit den Weisen von Zion zu tun.“ Er sieht den Grund für die Gewaltbereitschaft junger Muslime im Hass auf ihre Gastländer, weil sie sich dort verachtet, gedemütigt und diskriminiert fühlen. Mangelndes Selbstbewusstsein und soziale Frustration macht auch Wolfgang Benz als Motive des Unmuts junger Muslime in Europa aus.
Mirna Funk hat ihre Folgerungen aus dem Gaza-Krieg 2014 und den Reaktionen darauf in Deutschland gezogen, hat sich für den partikularistisch-zionistischen Weg entschieden und ist nach Israel eingewandert. Das ist ihr gutes Recht, auch wenn ihre Motive mehr als irrational sind. Es sei hier eine Jüdin zitiert, die Historikerin Esther Benbassa, die an der Sorbonne in Paris jüdische Geschichte lehrt. Sie leitet für sich universalistische Schlussfolgerungen aus Israels Politik ab. Sie bezieht sich mit ihrer Aussage zwar auf den Gaza Krieg 2008/09, wird durch den neuen Waffengang 2014 in ihrer Ansicht aber eher bestärkt worden sein. Sie schreibt in ihrem Buch „Jude-Sein nach Gaza“: „Mit dieser Offensive geschah etwas Neues. Es wurde eine Scheidelinie überschritten zwischen dem, was ein Jude mit seinem geschichtlichen Hintergrund zulassen kann und dem, was er zurückweisen muss, wenn er möchte, dass sein Jude-Sein eine von Humanität und somit Universalität geprägte Vision der Welt bleibt.“
Diese Sätze sind ein ethischer Aufschrei für Menschlichkeit, der auch die „Anderen“ sieht und mit einbezieht. Ohne die Einbeziehung des oder der „Anderen“ kann es keine Humanität geben. Ihr Buch ist ein wunderbarer Beleg für jüdisch-universalistische Denken, das sich nicht wie die Ausführungen Mirna Funks im Kreis drehen, um dann da anzukommen, wo Esther Benbassa genau die Unmenschlichkeit sieht.
Dirk Laucke ist ein junger deutscher Autor, der die Ehre hat, in der Literaturzeitschrift „Allmende“ seine Sicht der Dinge im Zusammenhang mit dem „neuen Antisemitismus“ darzulegen. Der Titel seines Aufsatzes klingt etwas nebulös: „Gräben der Freude. Pöbelei“, wie seine Sprache sich überhaupt in ständigen feuilletonistischen Kapriolen und Pirouetten überschlägt. In der Sache ist er aber ein knallharter Vertreter des zionistischen Partikularismus, die besagt: Die Ursache des Nahost-Konflikts ist – wie oben schon ausgeführt – der arabische oder islamische Antisemitismus, der in der Nachfolge des europäischen Antisemitismus (gerade auch des nationalsozialistischen) steht und genozidalen Charakter hat. Dieser moderne Antisemitismus („neuer Antisemitismus“) richtet sich nicht mehr gegen individuelle Juden, sondern gegen das jüdische Kollektiv Israel. Mit dieser Position steht Laucke den „Antideutschen“ sehr nahe.
Laucke wartet mit einer ganzen Reihe von in der Tat erschreckenden und abstoßenden Äußerungen arabischer Politiker auf, die als eindeutig antisemitisch zu werten sind. So will er seine Hauptthese belegen, dass die arabische bzw. palästinensische Feindschaft gegenüber Israel allein auf Antisemitismus zurückzuführen ist. Jeden Zusammenhang dieser Feindschaft mit dem Charakter, den Zielen und Taten des Zionismus – etwa die Entstehungsgeschichte des Staates Israel, seine mit Gewalt ausgeübte Vormachtstellung in der Region und das seit 50 Jahren betriebene brutale Okkupationsregime – erwähnt er mit keinem Wort. Seine Methode ist schon deshalb sehr fragwürdig, weil man auf seine Zitatensammlung mit ebenso erschreckenden und abstoßenden Äußerungen israelischer Politiker oder Militärs antworten kann. Hier nur fünf Beispiele aus einer großen Auswahl: Die gegenwärtige israelische Justizministerin Ajelet Schacked machte sich auf ihrer Webseite einen Satz eines israelischen Journalisten zu eigen: dass man die [palästinensischen] Mütter der Märtyrer töten und ihren Söhnen nachfolgen lassen solle, sonst würden sie „weitere kleine Schlangen produzieren“. (Quelle: Wikipedia) Also ein klare Aufforderung, palästinensische Mütter umzubringen.
Der israelische Ministerpräsident Menachem Begin pflegte Palästinenser „Tiere auf zwei Beinen“ zu nennen (New Statesman 25. 6. 1982) und Yassir Arafat bezeichnete er als „zweibeiniges Raubtier“.(Abraham Burg: Hitler besiegen, S.72) Yitzhak Shamir, ebenfalls israelischer Regierungschef, sagte öffentlich: „Die Palästinenser sollen wie Heuschrecken zermalmt, (…) ihre Köpfe an Felsen und Mauern zerdrückt werden.“ (New York Times 3. 4. 1988) Der frühere Generalstabchef der israelischen Armee Raphael Eitan bekannte: „Wenn wir mit dem Land fertig sind, werden alle Araber in dieser Hinsicht nur noch in der Lage sein, wie Schaben auf Drogen in einer Flasche herumzuwursteln.“ (Yediot Ahronot, 13. 4. 1983; New York Times 14. 4.1983) Der gegenwärtige israelische Außenminister Avigdor Lieberman sagte, als im Jahr 2003 palästinensische Gefangene freigelassen werden sollten, es sei besser, die Gefangenen im Toten Meer zu ertränken, wofür er als damaliger Transportminister Busse zur Verfügung stellen würde. (Tagesspiegel Berlin 2.9.2011; ZNET 26.3. 2009) Die Liste solcher Aussagen lässt sich beliebig verlängern. Diese Äußerungen sind genauso unmenschlich und rassistisch wie die von Laucke angeführten von Arabern.
Diese Methode gibt also nichts her. Sie ist genauso unergiebig wie die enthistorisierte, geschichtslose Methode der zionistischen Geschichtsbetrachtung, die direkt oder indirekt fast alle „Allmende“-Autoren verwenden und die besagt: hier die „guten“ Israelis, dort die „bösen“ Araber. Vertreter dieser Auffassung wie auch der oben aufgeführte Rabbi Sacks sind überzeugt, dass Israel die Macht für die Guten schlechthin ist. Politisch folgt daraus, dass man die bedingungslose Anerkennung des Status quo im Nahen Osten verlangt, ohne nach der Vorgeschichte des heutigen Zustandes zu fragen, sie wird aus gutem Grund vollständig ausgeblendet. Auf diese Weise soll jede Kritik an Israels Politik a priori unmöglich gemacht werden. Wer die wahre Geschichte Israels und des Zionismus aufgreift, wird als „Antisemit“ angeprangert. In dieser Tradition steht auch Laucke.
Der deutsch-israelische Historiker Dan Diner hat schon 1983 in einem Aufsatz, darauf hingewiesen, wie fragwürdig die israelische Sicht auf die eigenen Geschichte ist. Die Inbesitznahme Palästinas und die Unterdrückung seiner Bevölkerung bis heute durch die Zionisten ist – so Diner – ein klassischer kolonialistischer Akt, eben Siedlerkolonialismus. Das offizielle Israel stellt den Konflikt aber als Fortsetzung der Verfolgungsgeschichte der Juden dar – also im Zusammenhang mit dem Antisemitismus und dem Holocaust. Damit werde das wirkliche Geschehen in Palästina aber völlig verleugnet, die Täter würden zum Opfer gemacht und umgekehrt.
Entgegenzuhalten ist Israel-Verteidigern wie Laucke, dass es eine radikale Judophobie (Rassenantisemitismus) im Gegensatz zu Europa im Nahen Osten früher nicht gegeben hat, die Erscheinung ist dort relativ neu. Der Arabist Alexander Flores, auf dessen Aussagen ich mich im Folgenden stütze, geht davon aus, dass die Entstehung eines modernen Antisemitismus in der arabischen Welt angemessen nur verstanden werden kann als Transfer entsprechender Ideen aus Europa – und zwar im Kontext des Umbruchs der arabischen Welt zur Moderne unter europäischer Dominanz (bei dem die Araber durch ihre Rückständigkeit als „looser“) erscheinen, sowie im Zusammenhang der Inbesitznahme Palästinas durch die Zionisten.
Auch Flores sieht den Zionismus als Kolonisierungsbewegung, der sich den imperialen Interessen europäischer Mächte (später der USA) verbunden habe. Ohne deren Protektion hätte das zionistische Projekt – also die Umwandlung Palästinas in einen jüdischen Staat – nie realisiert werden können. Was aber auch heißt, es wurde auf Kosten der Palästinenser verwirklicht. Die heftige Feindschaft der Palästinenser gegen den Staat Israel und seine Politik lasse sich vor allem aus dem immensen Schaden erklären, der den Palästinensern aus dem zionistischen Projekt und der Politik Israels entstanden sei. Flores schreibt. „Die Feindschaft ist an sich nicht antisemitisch. Sie wird es erst, wenn sie als Feindschaft gegen Juden ‚als Juden‘ artikuliert wird oder wenn Israel bzw. israelische Politiker, Institutionen oder Aktionen so dargestellt werden, dass sie dem Klischee ‚des‘ Juden entsprechen.“
Die arabischen Nachbarstaaten Palästinas herum hätten mit den Juden während der britischen Mandatszeit (1922 – 1948) eher friedlich und ungestört zusammen gelebt. Erst im Gefolge der Staatsgründung Israels, des ersten arabischen-israelischen Krieges (1948/49) und der damit einhergehenden palästinensischen Katastrophe (Nakba) hätte sich in der arabischen Welt eine scharf antiisraelische und oft auch antisemitische Haltung verbreitet, schreibt Flores. Durch den Krieg 1967, der weiteren Landraub und weitere Vertreibungen durch die Israelis brachte, wurde dieser Hass sicherlich noch verstärkt.
Flores führt folgende Gründe an, warum die Feindschaft der Araber gegenüber Israel oft antisemitische Formen annahm: 1. Die Größe und Intensität des Schadens, die der Zionismus und die Staatsgründung Israels den Palästinensern zugefügt hat. 2. Die Foertdauer des Denkens in kommunitären Kategorien („die Juden“) bei der Beschreibung der Entwicklungen. Dadurch sei in den arabischen Gemeinschaften die Differenzierung vernachlässigt worden. 3. Der immer wieder mit Nachdruck vorgetragene Anspruch der Zionisten bzw. der israelischen Führung, für alle Juden weltweit zu sprechen und zu handeln. Juden, die andere Positionen vertraten, wurden marginalisiert. Das hat dazu geführt, dass der Unterschied zwischen Zionismus und Judentum in einem gr0ßen Teil der öffentlichen Wahrnehmung verschwommen ist.
Flores führt 4. an: Die Art und Weise, wie das zionistische Projekt in die Weltpolitik eingeordnet war und ist. Israel hat es immer wieder verstanden, sich als Vorposten der führenden Weltmächte in der Auseinandersetzung mit seinen Gegnern darzustellen und hat damit auch deren Unterstützung gewonnen. Der Rückhalt der Weltmächte [besonders des Westens] erscheint stabil. Noch die schreiendsten Kriegsverbrechen und Menschrechtsverletzungen kann Israel sich leisten, ohne dass man ihm in den Arm fällt. Diese enorme Erfolgsstory können sich viele Palästinenser und Araber nur als eine große Verschwörung vorstellen, in der (siehe Punkt 3) Juden in der ganzen Welt eine große Rolle spielen. Flores folgert aus diesen Kriterien: „Alle diese Punkte führen dazu, dass der Unterschied zwischen Zionismus und Judentum in den Augen vieler Araber verwischt wird und ihre heftige Feindschaft gegen Israel in Antisemitismus umschlägt. In diesem Prozess werden alle möglichen Quellen herangezogen, um die so entstandene Judenfeindschaft zu bebildern, vor allem eine ganze Reihe von Versatzstücken aus dem Antisemitismus europäischer Provenienz.“
Die Ausführungen des Literaten Dirk Laucke, sich bei seinem Antisemitismus-Vorwurf nur auf ein paar Zitate von bösen Arabern zu stützen, greifen viel zu kurz und tragen wenig bis nichts zum Verständnis der Problematik bei. Rafael Seligmann fordert in seinem „Allmende“-Aufsatz ja gerade die Deutschen auf, offen zu ihren Standpunkten zu stehen. Deshalb sei es hier klar ausgesprochen: Das, was die angeführten „Allmende“-Autoren (außer Esther Dischereit und Rafael Seligmann selbst) „neuen Antisemitismus“ nennen, ist lediglich alter Wein in neuen Schläuchen. Der „neue Antisemitismus“ ist nicht die neue Erscheinungsform einer „ewigen Seuche“, sondern vom universalistischen Standpunkt aus gesehen eine Abwehrstrategie gegen jede kritische Auseinandersetzung mit der israelischen Politik. Dass die eigentliche Zielscheibe des „neuen Antisemitismus“ gerade die Universalisten sind, die sich für Menschenrechte und Völkerrecht einsetzen (also ganz offensichtlich aus den Schrecken der Vergangenheit gelernt haben), ist nicht nur eine Ironie der Geschichte, es ist abartig, weil hier alle moralisch-ethischen Kriterien auf den Kopf gestellt werden. Das nicht zuletzt deshalb, weil ausgerechnet der moralisch so in die Defensive geratene Zionismus – und in Deutschland die Enkelkinder der Täter (etwa in Gestalt der „Antideutschen“) – bestimmen wollen, was heute Antisemitismus ist und wer ein Antisemit ist. Wenn man einen ehrlichen und aufrichtigen Diskurs führen will, kommt man nicht umhin, die Begriffe Judentum, Zionismus und Israel bzw. Antisemitismus, Antizionismus und Kritik an Israel fein säuberlich auseinanderzuhalten. Wenn man sie in eins setzt, läuft das auf falsche Schlussfolgerungen und eine interessengeleitete Manipulation hinaus (Moshe Zuckermann) und genau das ist dann die Beschwörung eines „neuen Antisemitismus“.
Ein Argument muss man denen, die den Vorwurf des „neuen Antisemitismus“ erheben, unbedingt entgegenhalten: Wenn man irgendwo auf der Welt Juden das antun würde, was Israel in der Vergangenheit den Palästinensern angetan hat und täglich noch antut, könnte man nur von allerschlimmsten Antisemitismus sprechen.
Bei diesen Gedanken über Juden, Israel und Palästinenser muss ich an Erlebnis denken, das mich sehr bewegt, ja schockiert hat. Ich bin vor einigen Jahren von Frankfurt nach Buenos Aires geflogen. Während des Fluges kam ich mit meinem Nachbarn ins Gespräch, einem israelischen Architekten aus Jerusalem. Er wollte in Uruguay von ihm gestaltete Bauprojekte besuchen. Wir hatten ein sehr angeregtes und interessantes Gespräch, das uns die Flugzeit verkürzte. Er stammte aus einer deutschen Familie und sprach deshalb sehr gut Deutsch. In Rio de Janeiro kamen wir in der Nacht an. Wir mussten dort in dasselbe Flugzeug umsteigen, das ihn nach Montevideo und mich nach Buenos Aires bringen sollte. Wir hatten vier oder fünf Stunden Aufenthalt und setzten uns deshalb zusammen in eine Longue.
Plötzlich tauchte dort eine Gruppe von orthodoxen Juden auf – mit Locken, Kippa, Gebetsriemen und Überhang. Sie gingen direkt auf ein Fenster zu, von dem aus sie den Sonnenaufgang sehen konnten, um dort ihr Gebet zu verrichten. Als der israelische Architekt die Gruppe sah, war er nicht mehr zu halten, er explodierte regelrecht und schrie die Vorbeigehenden an: „Diese Lumpen, dieses Dreckpack, dieses Gesindel, diese widerlichen Schmarotzer! Für die muss ich arbeiten und Steuern bezahlen, damit sie sich ein faules Leben machen und beten können!“ Ich rutschte in meinem Sessel zusammen, machte mich ganz klein und wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken, so geschockt war ich. Nach diesem Wutausbruch wandte sich der Architekt sehr freundlich mir wieder zu, und wir setzten unser Gespräch fort, als sei nichts gewesen. Auf den Vorfall ging er nicht weiter ein. Es fällt mir heute noch schwer, diesen Eklat richtig zu verstehen und einzuordnen. Handelte es sich da um Antisemitismus, einen Fall von „jüdischem Selbsthass“ oder um einen ganz „normalen“ Streit unter Juden. Ich bin da völlig ratlos. Vielleicht wissen Mirna Funk oder Rabbi Sacks eine Antwort darauf.
Literatur
Allmende, Zeitschrift für Literatur, Neuer Antisemitismus, Nr. 98, Dezember 2016
Benbassa, Esther: Jude-Sein nach Gaza, Hamburg 2010
Bunzl, John/ Senfft, Alexandra (Hg.): Zwischen Antisemitismus und Islamophobie. Vorurteile und Projektionen in Europa und Nahost, Hamburg 2008
Burg, Abraham: Hitler besiegen. Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss, Frankfurt/ Main 2009
Deeg, Sofia/ Dierkes, Hermann (Hg.): Bedingungslos für Israel? Positionen und Aktionen jenseits deutscher Befindlichkeiten, Köln/ Karlsruhe 2010
Funk, Mirna: Winternähe, Frankfurt/ Main 2015
Halper, Jeff: Ein Israeli in Palästina. Israel vom Kolonialismus befreien, Berlin 2010
Hollstein, Walter: Kein Frieden um Israel. Zur Sozialgeschichte des Palästina-Konflikts, Frankfurt/ Main 1972
Margolina, Sonja: Das Ende der Lügen. Russland und die Juden im 20. Jahrhundert, Berlin 1992
Peres, Simon: Shalom, Erinnerungen, Stuttgart 1995
Rabinovici, Doron/ Speck, Ulrich/ Sznaider, Natan (Hg.): Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte, Frankfurt/ Main 2004
Strohmeyer, Arn: Antisemitismus – Philosemitismus und der Palästina-Konflikt. Hitlers langer verhängnisvoller Schatten, Herne 2015
ders.: Wer rettet Israel? Ein Staat am Scheideweg, Bremen 2012
Wetzel, Dietrich (Hg.): Die Verlängerung von Geschichte. Deutsche, Juden und der Palästina-Konflikt, Frankfurt 1983
Aufsätze oder Interviews
Avnery, Uri: Anti-Was? Kolumne 21. 02. 2015
Benz, Wolfgang, in: Rossum, Walter von: Medienkolumne – Nahost-Demos: „Neue antisemitische Welle ist ein Ente“, WDR, 28. 07. 2014
Boehm, Omri: Zionismus ist nicht vereinbar mit humanistischen Werten, DLF 8. 02. 2015
ders.: Das deutsche Schweigen, Palästina Portal 9. 03. 2015
Cohen, RanHa: Missbrauchter Antisemitismus, Kolumne 29. 9-09. 2003, Steinberg Recherche 22. 11. 203
Diner, Dan: Israel und das Trauma der Massenvernichtung. Über Elemente jüdischer Deutungsmuster im Palästina-Konflikt, in: Wetzel, Dietrich
Flores, Alexander: Arabischer Antisemitismus in westlicher Perspektive, in: Bunzl, John/ Senfft, Alexandra
Klug, Brian: Eine jüdische Herangehensweise an die Menschenrechte und Israel/ Palästina, in: Deeg/ Dierkes
Primor, Avi: Juden haben alle Möglichkeiten, Interview DLF 28. 08. 2008
Sacks, Rabbi Lord Jonathan: Das mutierende Virus: Antisemitismus verstehen; Rede – gehalten am 27. 9. 2016 im Europäischen Parlament in Brüssel anlässlich der Konferenz „The Future of the Jewish Communities in Europe“, abgedruckt In „Allmende“ Nr. 98
Weiss, Philipp: Israels Bemühungen, die palästinensische Geschichte auszulöschen, spiegle einen wachsenden Genozid wider, sagt Ehrenreich, 9.02.2017
Zuckermann, Moshe: Deutsche Befindlichkeiten. Wie ein vorgebliche Antisemitismusbekämpfung zur ideologischen Farce gerät, Junge Welt, 10. 02. 2017