Rüstungsmafia, gelenkte Medien und der US-Präsident

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 11.06.2021

Betr.: Hintergründe und Medienverhalten vor dem Präsidenten-Treffen Biden/Putin am 16.6.21

Kommission Russland-EU auf Außenministerebene zu Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik bisher nicht zustande gekommen

Die vorgeschlagene Initiative der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Meseberg (Juni 2010), eine Kommission Russland-EU auf Außenministerebene zu Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik zu verwirklichen, wurde von Russland unterstützt, aber die EU hat sie in Brüssel abgelehnt. <Dieser Mechanismus eines ständigen Dialogs hätte es ermöglicht, Probleme unmittelbarer und wirkungsvoller zu lösen sowie wechselseitige Besorgnisse rechtzeitig auszuräumen>, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 8.2.15 hervorhob. Es ist dramatisch zu sehen, wie lange eine destruktive Sabotage im Gang ist, um eine vernünftige, friedliche Außenpolitik der deutschen Bundeskanzlerin zu torpedieren. Seit 2010 oder sogar früher. Zu recht hatte sich schon Bundespräsident Richard von Weizsäcker Sorgen darüber gemacht.

Europäische Hauptaufgabe: Gemeinsame Außenpolitik, gemeinsame Sicherheit

Die treffenden Gedanken vom Alt-Bundespräsidenten zur Außenpolitik Deutschlands müssen in ihrer Wichtigkeit und Tragweite endlich erfasst und begriffen werden: <Es bleibt die Aufgabe, an eine europäische gemeinsame Politik zu denken, an den Ostteil Europas – das ist eine uns Deutschen wirklich zufallende Aufgabe, die auch gelöst werden kann. Wann etwa schaffen wir die Instrumente, die unsere europäische Hauptaufgabe erzwingt, die gemeinsame Außenpolitik, die gemeinsame Sicherheit?> (letztes Interview des Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, Süddeutsche Zeitung, 11.9.2013.) Dieser präzise Hinweis des Alt-Bundespräsidenten verdiente aber kein Kommentar von der SZ-Redaktion.

Rüstungsmafia verhindert wichtige Mahnungen zur Friedens- und Sicherheitsordnung Europas

Richard von Weizsäckers wichtige Mahnung zur Friedens- und Sicherheitsordnung Europas wurde von der Rüstungsmafia unterschlagen. Angesichts der gegenwärtigen höchst gefährlichen Situation und als aktuelle Würdigung des Alt-Bundespräsidenten, der bis zum Schluss für die Außenpolitik engagiert blieb, wäre es erfordelich, das Interview in seiner vollen Länge erneut bekanntzugeben. Es wäre angebracht, die damalige Unterlassung jetzt durch eine vollständige Veröffentlichung zu korrigieren. Richard von Weizsäckers außenpolitische Gedanken sind eine Bereicherung für alle deutschen und europäischen Außenpolitiker – vor allem im Hinblick auf das Gipfeltreffen der Präsidenten der USA und Russlands in Genf am 16.6.21.

Tragweite der Annäherung des US-Präsidenten Joe Biden an den russischen Präsidenten Wladimir Putin begreifen

Die respektlose Geisteshaltung der Medien gegenüber Staatschefs, den Vereinten Nationen und dem Völkerrecht bezeugt auf blamable Weise die peinliche Leere, ja die richtige Null der Außenpolitik Deutschlands unter der CDU/CSU/SPD-Regierung von Angela Merkel. Redaktionen und Außenpolitiker sind nicht einmal tauglich, die Tragweite der Annäherung des US-Präsidenten Joe Biden an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu begreifen und sie zu begrüßen.

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat jetzt seinen Nachfolger Joe Biden vor dem angesetzten Gipfeltreffen (16.6.21) mit Russlands Präsident Wladimir Putin in die Mangel genommen und an sein Treffen mit Putin im Jahr 2018 in Helsinki erinnert, das seiner Ansicht nach trotz aller Bemühungen von US-Agenten und Medien erfolgreich war.

„Viel Glück für Biden im Umgang mit Präsident Putin – schlafen Sie während des Treffens nicht ein, und richten Sie ihm bitte meine wärmsten Grüße aus!“ sagte Trump in einer Erklärung am Donnerstag 10.6.21.(Agenturmeldung 11.6.21)

Moskau skeptisch zu Treffen Biden-Putin: Kein Grund, Fortschritte in den Beziehungen beider Länder zu erwarten
Moskau bezeichnete das Treffen, das in Genf am 16.6. zwischen Putin und Biden stattfinden soll, als „sehr, sehr wichtig“, warnte aber, dass sich niemand große Hoffnungen über den Ausgang des Treffens machen sollte. Es gebe „keinen Grund, einen Fortschritt bei der Erreichung gegenseitigen Verständnisses“ oder einen Neuanfang der Beziehungen zu erwarten, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gegenüber Reportern.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kommentiert das vorgesehene Gipfeltreffen: Moskau erwarte, dass Washington vor dem Gipfeltreffen seine vergangenen Fehler überprüfen werde. Der höchste Diplomat fügte hinzu, dass Russland offen sei für „einen aufrichtigen Dialog“.

Die bilateralen Beziehungen haben sich in letzter Zeit wegen einer Reihe von Anschuldigungen gegen Moskau verschlechtert, darunter Vorwürfe von Cyberangriffen und der angeblichen Einmischung in die US-Wahlen. Russland hat alle Anschuldigungen als unbewiesen zurückgewiesen und gleichzeitig mit entsprechenden gegenseitigen Maßnahmen auf die von Washington verhängten Anti-Russland-Sanktionen reagiert.

Gutes Treffen Trump-Putin Juli 2018 in Helsinki

Donald Trump bezog sich in in seiner Erklärung vom 10.6. auch auf seine eigene Gipfelkonferenz mit Wladimir Putin im Juli 2018 in Helsinki, Finnland, „ein großartiges und sehr produktives Treffen“, bei dem die USA „viel gewonnen haben, einschließlich des Respekts von Präsident Putin und Russland“, trotz der „verspäteten Fake-News-Darstellung“ der Ereignisse. (Agenturmeldung 11.6.21)

Entspannungspolitik mit Russland im Interesse Europas, aber dazu immer Blockadeversuche, auch mit Ablenkungsmanövern

Auffällig ist, dass die EU in Brüssel und große Massenmedien immer wieder die Bundeskanzlerin Deutschlands blockieren und sie ignorieren, wenn sie eine Entspannungspolitik mit Russland im Interesse Europas zu betreiben versucht. Diesem unerhörten Hindernis in Brüssel wie in den Medien ist auf den Grund zu gehen. Auch jetzt werden entsprechende Beobachtungen zu machen sein, was das Treffen Biden/Putin nächste Woche betrifft. Es ist zu befürchten, dass in dieser Zeit Ablenkungsmanöver hochgespielt werden.

Rechtsstaatliche Ordnung bindet Macht an das Recht.

Mit hohlen Phrasen, wiederholten Lügen und Manipulation ist aufzuhören. Man hat sich selbst zu viel vorgelogen. Man darf nicht schweigen, wenn man die Fakten und den Hintergrund weiß. Einflusskraft liegt in der persönlichen Überzeugung. In einer internationalen rechtsstaatlichen Ordnung bindet man die Macht an das Recht. Hat die EU das getan? Die Medien decken und vertuschen die wahre Geschichte der Politik und ihrer Folgen für Deutschland. Die CDU/FDP/SPD-Bundesregierung ist einer der Urheber von alledem. Sie ließ sich von der desaströsen Außenpolitik Bush/Clintons/Obamas jahrzehntelang in Krieg und Überfall manövrieren und lässt sich jetzt von der neokolonialistischen Außenpolitik Frankreichs gegen Syrien dirigieren. Redaktionen reproduzieren diesen destruktiven Kurs anstatt die Hindernisse für den Friedensprozess in Syrien klar und deutlich zu schildern.

NATO-Betrieb nur mit andauerndem Krieg möglich, nicht mit Friedensprojekten

Brüssel gibt den Boden her für ein terroristisches Netz rund um das Hauptquartier der US-NATO. Dieses Netz sabotiert gezielt alle Anstrengungen zum Frieden und fördert Spannungen, Konfrontation und Krieg. Dazu braucht es einen Feind, ein Feindbild. Seit geraumer Zeit dient dazu die perfide Konstruktion vom Krieg gegen den Terrorismus, wobei der Islam der Öffentlichkeit als feindselig suggeriert wird. Damit die islamische Union verhindern zu wollen, erscheint fragwürdig, aber natürlich ist sie die einzige politische Kraft, die der gewalttätigen US-NATO-Außenpolitik im Nahen Osten, aber auch anderswo, den Boden entziehen kann. Der Betrieb der NATO lebt davon, möglichst viel Krieg zu führen und alle Friedensprojekte und -Initiativen scheitern zu lassen. Ein Präsident, der sich für Entspannung setzt, muss als schwacher Präsident diskreditiert werden, denn er ist für die Kriegsmafia ein Risiko, für den Militärindustrie-Komplex, der die US-Politik diktieren will. Nur Krieg alimentiert diesen Komplex. Die Rüstungsindustrie braucht den Krieg zum Überleben.

Hochgefährliches Problem in unmittelbarer Umgebung des US-Präsidenten, Medien im Sinne der Kriegsmafia gelenkt

Russland ist kein Problem für die USA, sondern gerade dieses Schlangen-Nest im Zentrum westlicher Macht, das ist das größte Problem, in der unmittelbaren Umgebung des US-Präsidenten, aber auch innerhalb der europäischen Kanzleien und in Brüssel. Alle sind untereinander verwickelt. Mit anderen Worten handelt es sich um hochgefährliche Kreise, die weltweit Chaos verursachen wollen, um den falschen Eindruck von genereller Unsicherheit zu konstruieren, damit die Öffentlichkeit und Parlamente die Gelder für Aufrüstung und für die Militärapparate locker machen und schließlich die militärischen Interventionen und Aggressionskriege akzeptiert. Gelenkte Medien propagieren diese Falschheit im Sinne der Kriegsmafia.

Joe Biden wollte mit seiner Reihe von Treffen und dem G-7 in England seine Verbundenheit mit den Europäern zeigen, was ihm allerdings nicht gelang, denn die Europäer können keine Verbundenheit mit den USA erkennen, vor allem nicht, wenn US-Verbundenheit Distanz und sogar Feindschaft zu Russland und China bedeuten soll. In Europa hat man längst erkannt, dass die Zukunft den guten Wirtschaftsbeziehungen zu China, Russland und zu vielen anderen Staaten Asiens gehört.

US-Präsident beteiligt sich am falschen Spiel Israels gegen Staat Palästina

Ein akutes Problem, das höchste Priorität hat und die Aufmerksamkeit beider Präsidenten in Genf verdient, ist das Problem Israel und der Nahost-Konflikt, der daraus folgt. <Auch Washington bezeichnet den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten als illegal. (Ungeachtet davon) rangieren Israels angebliche „Sicherheitsinteressen“ und sein Kampf gegen den selbstverursachten Terror auf der westlichen Werteskala weit vor dem Völkerrecht. … Das alles fördert die Einsicht, dass der Kampf um gleiche Rechte in einem gemeinsamen Staat dem Kampf um ein eigenes Territorium vorzuziehen sei.> („Im Nahost nichts Neues“ von Werner Pirker, Junge Welt, 4./5.1.2014) Die Empörung aus dem Weißen Haus und aus dem State Department reichen nicht aus, um die Regierung Israels in Richtung eines gerechten Friedens zu bewegen. Das wissen sowohl der US-Präsident als auch alle Außenpolitiker. Aber sie spielen seit langem das falsche Spiel Israels mit, das darauf abzielt, jede Chance für das Errichten eines Staates Palästina aus dem Weg zu räumen.

Israels Aggressivität weltweit bekannt, aber ohne Konsequenzen

Washington, Brüssel, Berlin und die ganze Welt kennen Israels Aggressivität in Wort und Taten, ein Land, das sich permanent außerhalb des internationalen Rahmens bewegt, andere Staaten mit Krieg angreift und im illegitimen Besitz von Atombomben und Territorium ist. Einbestellungen des Botschafter Israels und als Gegenschlag Einbestellung der europäischen Botschafter seitens Tel Aviv ändern gar nichts an der Lage. Der Rechtsbruch, der klare Verstoß gegen internationales Recht, den Israel jahrzehntelang begeht, hat keine Konsequenzen mit sich gebracht. Weder die USA noch die EU reagieren angemessen darauf. Die Spitze des Eisbergs geschah neulich mit den Gräueltaten in Gaza, als Israel elf Tage lang (10-21.5.21) die Gaza-Bevölkerung bombardierte, und der US-Präsident Joe Biden tatenlos blieb. Israel attackiert erneut Syrien und die USA und EU schweigen. (Israel fliegt Angriffe auf Syrien, AFP/dpa/jW, Junge Welt 10.6.21) Angesichts dieser schuldhaften westlichen Unterlassung, kann Israel ungestört seinen Geschäften mit den USA und EU nachgehen. Den Preis der Isolation hat es längst bezahlt, aber das ist für die israelische Regierung völlig belanglos, solange sie keine wirtschaftliche Sanktionen zu befürchten hat. Solange die Abnormität der israelischen Besatzung weiter besteht, ist kein Friedensprozess im Nahen Osten möglich. Somit ist Israel ein gravierendes Problem, ja eine große Belastung, auch für die US-Regierung, geworden. Aber vorerst benutzen die USA und ihre Klientelstaaten Israel, um Syrien zu schwächen – Israel darf Syrien straffrei bombardieren – ein Spiel mit einer brennenden Lunte am Pulverfass Nahost. Ob sich dabei am Ende Israel kräftig verbrennt, seine Bewohner massiv in Gefahr bringt oder sogar seine staatliche Existenz, scheint keine Rolle zu spielen.

Chaotische deutsche Außenpolitik zu Syrien, aber Medien wie paralysiert

Offensichtlich herrscht eine Verschwörung von Regierungsstellen und ihren folgsamen deutschen Medien, um das Scheitern ihrer chaotischen Außenpolitik zu Syrien zu verstecken. Keine Nachricht, kein Kommentar, keine politische Diskussion darüber nach dem Treffen von Russlands Präsident Wladimir Putin und der Bundeskanzlerin Angela Merkel im Schloss Meseberg am 18./19.8.2018, obwohl gerade Syrien unter anderem Thema ihrer Gespräche war. Schon zuvor wie auch jetzt blieben führende Medien wie paralysiert, wenn es um Syrien geht. Aber auch die Beziehungen USA-Russland und USA-China bleiben weitgehend ausgeblendet. Statt dieser medialen Dürre nachzugehen, palavert man lieber in Talkshows über nebensächlichen Anliegen, die uns diesen Sommer belästigen.