Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 17./18.01.2022
Betr.: Erster Moskau-Besuch der neuen deutschen Außenministerin und Kontext
Kein Grund seitens Russlands für weitere Verhandlungen mit USA
<Russland hat sich unzufrieden über die Ergebnisse der Gespräche mit den USA und der NATO geäußert. Derzeit gebe es keinen Grund für weitere Verhandlungen, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow, der Moskau im NATO-Russland-Rat vertreten hatte (13.1.22).
Schriftliche US-Antworten auf russische Forderungen in Moskau erwartet
Moskau erwarte von der westlichen Seite schriftliche Antworten auf seine Forderungen. Mündliche Zusicherungen reichten nicht, weil der Westen solche in der Vergangenheit nie eingehalten habe. So Außenminister Lawrow am 14.1.22. Lawrow spielte damit auf die mündlichen Versprechungen von NATO-Politikern an, die Auflösung des weltpolitischen Gegners nicht zur Erweiterung der NATO auf ehemalige Staaten des Warschauer Pakts zu nutzen. („Russland unzufrieden mit Ergebnissen der Verhandlungen mit USA in Genf und Brüssel.“ von Reinhard Lauterbach, Junge Welt 15./16.1.22)
Forschergruppe von George-Washington-Universität beweist Existenz mündliche US-Zusage, NATO nicht auszudehnen, aber Auswärtiges Amt ignoriert es
<Russland hat schon im Dezember verlangt, dass die NATO ihre Ostexpansion stoppt und zumindest militärisch ihre Positionen auf den Stand vom Frühjahr 1997 zurücknimmt. Die NATO habe die Sowjetunion und Russland getäuscht, durch das gegebene Versprechen, sich nicht über das Gebiet der damals noch bestehenden DDR hinaus auszudehnen. Eine NATO-Zusage, dass die Organisation keine neuen Mitglieder aus Osteuropa aufnimmt, hat es tatsächlich sehr wohl gegeben, aber nur mündlich. Eine Forschergruppe an der George-Washington-Universität in den USA hat die Belege dafür in zwei Dossiers zusammengestellt, die 2017 und 2018 veröffentlicht wurden. Darin ist nicht nur die berühmte Phrase „keinen Zoll ostwärts“ des damaligen Außenministers James Baker gegenüber dem sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow am 6. Februar 1990 nachzulesen – sondern auch, dass schon wenige Wochen danach der damalige US-Präsident George Bush Senior dem tschechoslowakischen Präsidenten Vaclav Havel bei dessen Antrittsbesuch persönlich die Flause austrieb, man könne jetzt doch vielleicht mit dem Ende des Kalten Kriegs nicht nur den Warschauer Vertrag, sondern auch die NATO auflösen. Wenn Russland jetzt schriftliche Garantien verlangt und sich mit warmen Worten über den Wert des „Dialogs“ nicht mehr zufriedengibt, braucht dies die NATO jedenfalls nicht zu wundern.> („NATO-Aggression geht weiter“ von Reinhard Lauterbach, Junge Welt 17.1.22)
Ignoranz und Inkompetenz im Auswärtigen Amt
Im Licht solcher Belege ist die Mitteilung des Auswärtigen Amt nicht nur höchst peinlich, sich der Verneinung der US/NATO zur versprochenen Nicht-Osterweiterung anzuschießen, sondern eine solche, alle Beweise ignorierende Mitteilung ist auch an Ignoranz und Inkompetenz der außenpolitischen Mitarbeiter nicht zu überbieten.
Hinterhältige betrügerische Mafia-Politik des Westens am Beispiel Kuba-Krise
Eine der größten propagierten Lügen und Fälschungen hinsichtlich der geschichtlichen Ereignisse im Kalten Krieg findet sich zur Kuba-Krise, als ob die Sowjets sie verursacht hätten mit ihren Schiffen voller Raketen mit Atomwaffen für Kuba. Dies war die Folge, nicht die Ursache der Krise. Mutig und selbstsicher konfrontierte sich der damalige Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und Friedensnobelpreisträger, Mohamed El Baradei, mit dieser hinterhältigen, betrügerischen Mafia-Politik des Westens und hob die Tatsachen über die Kuba-Krise hervor.
Im Oktober 1962 gab es in der Tat eine Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der Sowjetunion (UdSSR), die sich aufgrund der Stationierung von US-amerikanischer Mittelstreckenraketen auf einem NATO-Stützpunkt in der Türkei (Incirlik) in Reichweite zur UdSSR und die daraufhin beschlossene Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba entwickelte. Während des Schiffstransports nach Kuba drohte die US-Regierung unter Präsident John F. Kennedy, sie werde nötigenfalls Atomwaffen einsetzen, um die Stationierung auf Kuba zu verhindern. Die eigentliche Krise dauerte 13 Tage. Ihr folgte eine Neuordnung der internationalen Beziehungen. Beide Supermächte kamen während dieser Krise einer direkten militärischen Konfrontation so nahe wie nie zuvor. Einer breiten Öffentlichkeit wurden dadurch erstmals die ungeheuren Gefahren eines möglichen Atomkrieges bewusst.
Auffällig ist nun, dass auch heute der Auslöser der Kuba-Krise 1962 medial vertuscht bleibt: Die Ursache und springender Punkt der Kuba-Krise war die Stationierung von US-Raketen in der Türkei (Incirlik), was die Sowjetunion veranlasste, Raketen in Kuba zu stationieren.
USA aus der damaligen irrsinnigen, fatalen Erfahrung der Kuba-Krise nichts gelernt
Gerade das Aufstellen von US-Raketen in Incirlik, damals sogar mit Atomwaffen, führte 1962 zur Kuba-Krise, die lediglich durch die Vereinbarung gelöst wurde, solche Atomwaffen in Incirlik (Türkei) innerhalb von sechs Monaten abzuziehen. Das vereinbarten damals der Bruder des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, Robert Kennedy und der sowjetische Botschafter Anatoli Dobrynin in Washington, bevor die sowjetischen Atomwaffen in Kuba zurückgezogen wurden, Waffen, die Moskau dort in der Nähe der USA installiert hatte als Reaktion auf die US-amerikanischen in Incirlik. Jetzt zeigt sich, dass die USA aus der damaligen irrsinnigen, fatalen Erfahrung nichts gelernt haben und darauf bestehen, denselben Irrsinn rücksichtslos bei der Ukraine zu wiederholen. Daher die Ukraine-Krise.
US-Sicherheitsberaters Jakob Sullivan: Keine Anzeichen für russische Invasionsvorhaben in die Ukraine, vom Auswärtigen Amt und Medien ignoriert
Die außenpolitischen US-Korrespondenten der Medienkonzerne und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten hätten allerdings mindestens die Forschung der Washingtoner University kennen müssen und darauf aufmerksam machen sollen, ebenso wie die Erklärung des Nationalen US-Sicherheitsberaters, Jakob Sullivan, der betonte, die US-Nachrichtendienste hätten „keine Einschätzung abgegeben, dass Russland „endgültig beschlossen habe, in der Ukraine militärisch vorzugehen“. (Junge Welt 15./16.1. 22)
Russland entschlossen, Kette seiner US/NATO-Einkreisung zu sprengen
<Aber von Quasseln und noch mehr Quasseln, ohne dass die NATO auf die berechtigten Sorgen Russlands auch nur um ein Jota eingeht, davon hat Russland genug. Die Russen sind nach Genf und Brüssel gekommen, um die bedrohliche Kette zu sprengen, die US/NATO mit ihrer militärischen Expansion an die russischen Grenzen mit sturer und uneinsichtiger Entschlossenheit unaufhaltsam immer enger ziehen. Damit wird ein für alle Mal Schluss sein, entweder durch Verhandlungen oder mit anderen Mitteln. Das ist die erklärte Position Moskaus.> („Führte Pippi Langstrumpf die NATO-Verhandlungen mit den Russen?“ von Rainer Rupp, 14.1.22)
USA/EU außerordentlich von Russland verunsichert, daher nur noch fette Lügen, krasse Desinformation und groteske Spekulationen seitens USA/EU
Russland hat dem Block USA/EU Schach angesagt und die Folge ist fast Schach-Matt für die USA und ihre EU-Vasallen nach dem perfekten diplomatischen Auftritt der russischen Vertreter in Genf, Brüssel und Wien und nach der offiziellen Erklärung der russischen Botschaft in den USA gegen die niederträchtigen Unterstellungen des Weißen Hauses und zuletzt nach der Pressekonferenz vom russischen Außenminister Sergej Lawrow (14.1.22 Moskau), der Washington keine Ausflucht lässt. Alles das verunsichert und schwächt den Block USA/EU auf außerordentliche Weise. Ihm bleibt nur, sich in fetten Lügen, krasser Desinformation und grotesken Spekulationen zu ergehen. Verzweifelt droht Washington Präsident Putin, Außenminister Lawrow und ranghohen Militärs mit Sanktionen an. Dazu der russische Außenminister Sergej Lawrow schlagfertig: <Ich denke, das ist eine Art Nervenzusammenbruch“> Treffender kann es niemand sagen.