Verhandlungen mit Iran: Paris Handlanger von Tel Aviv. Auch zukünftig? Und Berlin und London?

Nahostpolitik

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D.

23.11.13

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 19.11.: „Frankreich – Der Hahn spielt den Falken“ von Christian Wernicke,

Junge Welt (JW) vom 18.11.: „Hoffnung für Genf?“ von Knut Mellenthin,SZ- Leitartikel vom 11.11.: „Iran – Potenzial als Partner“ von Tomas Avenarius,JW vom 29.10.: „Votum gegen Blockade“ von Volker Hermsdorf

Verhandlungen mit Iran: Paris Handlanger von Tel Aviv. Auch zukünftig? Und Berlin und London?

Israel zeigt sich immer weiter als ein Stör-Staat innerhalb der Völker- und Staatengemeinschaft, Stör-Staat gegen den Frieden im Nahen Osten, Stör-Staat gegen die Fairness und Gerechtigkeit gegenüber dem Iran, der für die USA und Europa als Regionalmacht im Mittleren Osten unentbehrlich geworden ist. An seine Seite stellen sich auch reaktionäre arabische Staaten, an erster Stelle Saudi-Arabien, die gegen die Stabilität der Region ein Abkommen mit Iran scheitern sehen wollen. Verräterisch handeln solche arabischen Reaktionäre gegen den Islam und lassen sich von Israel manipulieren und steuern.“Entscheidend ist, dass die uralte Kulturnation Iran sich in einer Führungsrolle sieht für Teile der Region, politisch, wirtschaftlich und kulturell. ..Könige und Emire verfügen über wenig Legitimation, … Die arabische Welt ist aus den Fugen geraten. Sie wird in den kommenden Jahren keine Stabilität finden. Das bedroht die Regime, das schadet deren strategischen Partnern USA oder Europa. Die könnten sich nach einem neuen Partner umsehen – als Ersatz böte sich Iran an. Teheran war zu Zeiten des Schahs Dreh- und Angelpunkt westlicher Regionalpolitik. Diese Rolle könnte Iran wieder zufallen – Lage, Größe und Gewicht des Landes sprechen dafür. … Leichter vielleicht als mit Saudis und Kataris: Die rüsten in Syrien die Islamisten auf und gehen auch sonst andere Wege als die USA. “ Die Bemerkungen von Tomas Avenarius sind in großen Zügen zutreffend (SZ-Leitartikel Iran – Potenzial als Partner“ von Tomas Avenarius,11.11.), aber der Journalist muss auch wissen, dass der Bruch mit dem Iran eigentlich mit der verheerenden britisch-amerikanischen Putsch-Intervention begann, die auf Initiative der Briten gegen den iranischen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh 1953 stattfand. Der Schah wurde dann von Washington als Marionette eingesetzt. Mit ihm begann ein verheerender Despotismus.

Diese aggressive gewalttätige westliche Außenpolitik, die nicht davor zurückschreckt, Unruhe zu stiften und Terror zu verbreiten, ist zu stoppen und nie mehr zu wiederholen. Der erste Schritt ist die Aufhebung der Sanktionen, ohne wenn und aber.

Vor der UN-Vollversammlung in New York (25.9.) beklagte der Schweizer Bundespräsident eine Rückkehr zur Machtpolitik: Große Staaten würden ihre Stärke rücksichtslos ausspielen. Der Schweizer Bundespräsident Uli Maurer kritisiert die großen Nationen, die ihre Interessen immer öfter ohne Rücksicht auf das Völkerrecht durchsetzten. „Immer häufiger machen größere Staaten, aber auch international nicht legitimierte Zusammenschlüsse Vorschriften. Das ist ein Rückschritt. Es ist ein grundsätzliches Problem der Rechtsstaatlichkeit zwischen Staaten… Wir müssen überlegen, wie wir mit dieser Situation umgehen. Im Vordergrund muss der Respekt vor dem einzelnen Staat stehen. Er hat grundsätzlich das Recht, selbstständig zu entscheiden.“ („Vom Unbehagen des Kleinstaats“, Interview mit dem Schweizer Bundespräsidenten Uli Maurer. Von Wolfgang Koydl, SZ, 16./17.11.)

Der amerikanische US-Präsident Barack Obama seinerseits scheint sich auf diese vernünftige respektvolle Haltung gegenüber anderen Staaten besonnen zu haben, als er seine Erkenntnis darüber öffentlich bei seinem Besuch in Berlin im vergangenen Juni manifestierte: „Verschiedene Völker und verschiedene Kulturen werden ihren eigenen Weg gehen…“ (Aus der Rede des US-Präsidenten vor dem Brandenburger Tor am 19.6.). Anstatt sich weiter anmaßend, unverschämt und inkompetent zu zeigen, sollten westliche Länder ihre Außenpolitik auf einen legitimierten zivilisierten Grundsatz stellen und ihre Interessen mit legalen Mitteln verfolgen, ohne psychologischen oder realen Terror, ohne unmenschliche Sanktionen gegen die Völker, illegale Maßnahmen, die für die Weltstaatengemeinschaft inakzeptabel sind.

Besonders Israel greift fortwährend zu solchen inakzeptablen Mitteln. Dabei hat Israels Regierung „im Laufe der Verhandlungs-Jahrzehnte das System der Ablenkungen und Blockaden perfektioniert.“ Peter Münch beobachtet und beurteilt richtig die ständige Obstruktion seitens Israels. „Der Friedensprozess wird nicht nur mit Worten, sondern mit Taten unterminiert. Ein neues und unverschämt ausgedehntes Siedlungsbau-Programm (ist) verkündet worden. Die aktuellen Verhandlungen… haben angesichts solcher Obstruktion von oben keine Chance.“ („Israel: Der gefangene Frieden“ von Peter Münch, SZ, 31.10.)

Was die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran betrifft, spielt Israel dasselbe miese Spiel wie gegen Kuba. Die Politik der Sanktionen, die die normale Entwicklung der betroffenen Länder verhindert, bedeutet eine gravierende Verletzung der Menschenrechte der betroffenen Völker. Es handelt sich um einen ökonomischen Vernichtungsfeldzug, dessen erklärtes Ziel die Beseitigung des länderspezifischen Gesellschaftsmodells ist. Seine Opfer sind vor allem die Schwachen. Sie alle haben Gesichter und Namen.

Am 29.10. stimmten 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in New York zum 22. Mal eine kubanische Resolution zur Beendigung der US-Blockade gegen Kuba. Israel neben den USA, die einzige Staaten, die dagegen stimmten, waren isolierter denn je. „In den USA selbst nimmt die Ablehnung der Blockade zu. Zu langjährigen Kritikern wie Altpräsident Jimmy Carter gesellten sich inzwischen unter anderem Kongressabgeordnete … sowie prominente Kirchen- und Wirtschaftsvertreter. Viele sehen in der Blockade ein <anachronistisches >Relikt aus dem <Kalten Krieg>, das dem Ansehen der USA nicht nütze. Die einzigen, die noch dafür sind, seien eine kleine, isolierte, aber gewaltbereite Minderheit, die seit 50 Jahren fanatisch gegen die Realität kämpft. Der Präsident Barack Obama ist aufgefordert, nicht länger an etwas festzuhalten, <was den eigenen Interessen schadet und von der übrigen Welt abgelehnt wird>“. (Aus dem Artikel „Votum gegen Blockade“ von Volker Hermsdorf, Junge Welt vom 29.10.)

Dasselbe verheerende Muster der ökonomischen Blockade wird gegen den Iran eingesetzt. Die US-Regierung von Barack Obama hat aber erkannt, dass die USA ihre Beziehungen mit dem Iran normalisieren müssen und ist imstande, es zu tun. Aber Obama sieht sich notorischen Hardlinern und Vertretern der Pro-Israel-Lobby im US-Kongress ausgesetzt, vor allem im Senat, aber auch in Europa, gegen die er anzukämpfen hat. Die dreitägigen Gespräche zwischen Iran und der westlichen Verhandlungsgruppe wurden am 9.11. ergebnislos vertagt. Die schon ausgearbeitete und gebilligte Vereinbarung wurde von Frankreich in letzter Minute verhindert. Außenminister Laurent Fabius wirkte als Handlanger von Israel, um das gewünschte Abkommen zwischen dem Iran und dem Westen zu torpedieren. „Die Regierung in Paris ist derzeit Israels <bestes Pferd im Stall>, wenn es um Störmanöver gegen eine Verständigung mit dem Iran geht. … Dagegen sind im US-Kongress, der jahrelang Motor einer aggressiven Iran-Politik war, die Meinungen gegenwärtig geteilt. Viele wichtige Parlamentarier aus beiden großen Parteien scheinen geneigt… in der nächsten Zeit auf eine Zuspitzung der Konfrontation durch neue Sanktionen zu verzichten. Die größte Überraschung ist, dass der republikanische Senator John McCain, der meist als Oberscharfmacher agiert, sich öffentlich auf die Seite der Abwarter gestellt hat… Der Kampf gegen ein Abkommen mit dem Iran könnte für Israel und seine Lobby die zweite große Niederlage in kurzer Zeit werden, nachdem es ihnen (im August/September) nicht gelang, die US-Regierung zu Kriegshandlungen gegen Syrien zu treiben.“ (Aus dem Artikel „Hoffnung für Genf?“ von Knut Mellenthin, Junge Welt, 18.11)

Die französische Regierung hat sich gegen die Außenpolitik Obamas im Mittleren Osten als dreister Kriegstreiber gebrandmarkt. Glücklicherweise scheiterten Paris und auch London mit ihrem wahnsinnigen Aktionismus gegen Syrien. Berlin zeigte, wie üblich, keine eindeutige Linie. Sich vollkommen im Klaren darüber bevorzugten „amerikanische und iranische Experten unter sich – ohne London, Berlin und Paris -“ die Vereinbarung zum Iran zustande zu bringen. Die Sabotage Frankreichs verhinderte die Unterzeichnung der schon fertigen Vereinbarung am 9.11. Nicht zufällig reiste an diesem Tag der Außenminister Russlands, Sergej Lawrow, nach Genf. Er stellte sich eindeutig an die Seite der USA und des Iran für die schon zugestimmte Vereinbarung. Russland hoffe auf ein Ergebnis, auf das die ganze Welt warte, sagte Vizeminister Sergej Rjabkow (8.11.) Zunächst hatte das Außenministerium in Moskau mitgeteilt, eine Teilnahme Lawrows sei nicht geplant. Dass der russische Außenminister Sergej Lawrow am 9.11. nun doch zu den Verhandlungen nach Genf flog, versteht sich. Es ging darum, dem miesen Pariser Störmanöver entgegenzuwirken.

Aus London und Berlin war keine einzige laute offizielle Kritik an Frankreichs diskreditierter Sabotage-Rolle zu hören. Dagegen waren „Barack Obamas Emissäre sauer, nannten Fabius einen eitlen Wichtigtuer. Voilà, da war er wieder – der alte, allen voran in Washington und Berlin kultivierte Verdacht, die Grande Nation wolle sich aufplustern, eine Machtrolle ausfüllen, die sie längst verloren hat. Einzig Israels Netanjahu und Obamas neokonservative Kritiker riefen <Vive la France!>“ So sachlich schildert Christian Wernicke Amerikas Empörung und Ablehnung der inakzeptablen Haltung Frankreichs. Weiter schreibt er: „Am Mittwoch (20.11.) beginnt die nächste Gesprächsrunde zwischen westlichen Ländern und dem Iran. Der Westen hofft dabei auf einen Durchbruch. Wird Frankreich nun wieder den Spielverderber geben?“ („Frankreich: Der Hahn spielt den Falken“ von Christian Wernicke, SZ, 19.11.).

Washington und Berlin sind aufgerufen, die Boykotteure zu isolieren. Die extreme Ungerechtigkeit und die Exzesse der westlichen Politik, jetzt besonders gegenüber Syrien und dem Iran, verursachen den allgemeinen zunehmenden Misskredit des Westens. Solche Exzesse und Ungerechtigkeit müssen definitiv aufhören; erst recht die Sanktionen, die Irans Wirtschaft erdrosseln. Alles andere wäre auch schlecht für den Westen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait