Von Kopf bis Fuß auf Krieg eingestellt

Nahostpolitik

Von
Evelyn Hecht- Galinski, 30.04.2014

Es gibt einen wundervollen Chanson von der großen Marlene Dietrich: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Dieses Lied bietet sich geradezu an, neu vorgetragen zu werden. Selbstverständlich in etwas veränderter Textform, umgeschrieben für diesen speziellen Washington-Besuch von Merkel, der am 1. Mai beginnt. Als Willkommens-Ständchen für den Drohnen-Bomber Obama. Der würdige Ort dafür wäre das Kirmeszelt, das extra vom deutschen Botschafter Peter Ammon wieder eröffnet wurde. Nahe am Weißen Haus gelegen, im deutsch-amerikanischen Freundschaftsgarten, der 1983 von den Amerikanern gestiftet wurde. Der Botschafter nannte diese Wiedereröffnung „hochgradig symbolisch.“

In der Tat, ich meine dieses Lied mit neuem Text wäre „hochgradig symbolisch“ für den Friedensnobelpreisträger und seine vielen Freunde, von Israel bis zur Ukraine und so weiter, eben ein unendliches Lied, wie die unendliche Kriegsgeschichte dieser „Wertegemeinschaft.“ Wie ich im Spiegel las, wird die Kanzlerin auch die leidliche NSA-Abhöraffäre nicht wirklich zum Thema machen. Kommt das vielleicht daher, dass ihr Abhören und Abgehört-werden auf Grund von Erfahrungen aus ihrer DDR-Vergangenheit nicht fremd sind? Ihr „charmant-pragmatischer-Uckermark-Charme“ und die Ukraine-Krise kommen da gerade recht. „Es gibt jetzt wirklich Wichtigeres als die NSA-Geschichten“, hört man aus Regierungskreisen. Klar, Merkel hängt an ihrem „Baby“ Freihandelsabkommen (TTIP), für das sie vor sieben Jahren die Idee hatte und die Grundlagen schuf.

Für mich als deutsche Bürgerin steht fest: wir haben eine Regierung und eine Kanzlerin, die sich lieber demütigen und abhören lassen, als konkrete Zusagen und Offenlegungen von der US-Regierung zu verlangen. Alles um die „teure Freundschaft“ mit den USA nicht zu gefährden. – Feigheit vor dem Freund!

Ein ganz wichtiges Anliegen von Merkel ist, zusammen mit Obama die transatlantische Geschlossenheit gegen Putin zu demonstrieren. Hoffentlich rutscht sie auf der Schleimspur dieser Unterwürfigkeit nicht allzu schmerzhaft aus.
Denn die Kanzlerin mag ja verzeihen, aber das abgehörte deutsche Wahlvolk wird das nicht tun! Merkel sollte ihren geleisteten Amtseid nicht vergessen: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widme, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden….“ Obama wird dann vermutlich, nachdem er Merkel zu Härte gegen Russland und für mehr „Kriegsausgaben“ auf Kurs gebracht hat, seine „teure“ Charme-Offensive starten und die Kanzlerin vermutlich wegen ihrer „beeindruckenden Führungspersönlichkeit“ loben und sie „enge Freundin“ nennen. (Spiegel)

Ist ja auch irgendwie verständlich finde ich, denn eine Beziehung, die so „Handy-verbunden“ ist, dass man alles über eine Person abgehört hat, die muss doch einfach eng sein. Da kommt für beide die Ukraine-Krise und das Feindbild Putin/Russland gerade recht. Die US-Rüstungsindustrie läuft schon auf Hochtouren, Schäuble sollte sich schon mal warm anziehen. Schulden machen für die Rüstungsausgaben ist gefragt. Und die „Kriegszeche“ bezahlen dann wir Steuerzahler! Sollte die Kanzlerin aber erneut fallen oder gar ausfallen, gäbe es nur eine Frau als Ersatz, die lächelnde „Heeres-Amazone“, die neue „Truppenbetreuerin“ der Bundeswehr, die Mutter der Kompanie Ursula von der Leyen. Sie hat bewiesen, wie man Krieg und Truppenbetreuung verkauft. Zeigte sie sich doch so rundumerneuert, dass sie sich nicht nur optisch und rhetorisch auf neuesten Stand gecoacht hat, sondern dass sie es auch meisterhaft versteht, für Homestories an der Front zu posieren. Sie stellt sogar den „gegelten Lügenbaron“, ihren Vor-Vorgänger im Verteidigungsministerium Karl-Theodor von und zu Guttenberg in den Schatten. Während ihres letzten „Auslandseinsatzes“, der sie nach Somalia und in den Libanon führte, waren interessanterweise dieses Mal nur ausgesuchte Boulevardblätter, vorzugsweise von der Springer Presse, wie Bild und BZ, sowie viele Frauenmagazine, grüne Blätter und TV-Stationen mit von der Partie. Das nennt man ausgewogen! Klar, dass diese „Verteidigungsmutter“ sich gut macht an Bord des Schnellboots S79 „Wiesel“, wenn sie „Spaghetti al Mare“ genießt und für jedes Fotoshooting, (allemal besser als Gewehrshooting!) wie der mitreisende, dem Charme von „Ursel Jeanne d`Arc“ erliegende Reporter schrieb: „Ich hoffe dass diese Ministerin noch ganz lange lächeln wird.“ Hierzu auch die mitreißende Reportage der BZ, die ich den Lesern nicht vorenthalten möchte.

Schluss mit lustig! Diese traurige Politgeschichte passt genau zur aktuellen Situation. Große Teile der Medien versuchen, uns Leser, Hörer und Viewer für dumm zu verkaufen und wollen uns – anstatt zu informieren – in eine schreckliche Feindbildrichtung hinein treiben. Tatsächlich fehlt es an sachlicher objektiver Grundversorgung durch die Medien, da diese sich immer mehr zu eingebetteten Politik-Lobbyisten entwickelt haben. Klar, dass aus diesem Grund auch versucht wird, gerade gegen erfolgreiche, weil fundierte und unabhängige Journalisten, die nicht in dieses Schema passen, vorzugehen. Tatsächlich las ich doch in einer Zusammenfassung der DLF-Sendung über die Montagsdemos, dass ich dort, wegen meiner israelkritischen Haltung als umstritten bezeichnet werde. So einfach ist das also im DLF: Wenn man Israel kritisiert, ist man umstritten! Ein mehr als ärmliches Weltbild, das aber absolut in das Programmschema dieses Senders und anderer deutscher meinungsbildender „Regierungsmedien“ passt. Ich betrachte diese Titulierung natürlich als Anerkennung, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde!

Aufgrund der neuen Nachrichten aus Palästina und Israel fühle ich mich wegen all meiner früheren Prognosen voll bestätigt. Seit Jahren schreibe ich, dass Israel alles will, nur keinen Frieden, und das hat es jetzt erneut bewiesen. Das israelische Regime hat alles hintertrieben, was jemals in Richtung eines Palästinenser-Staates geführt hätte. Seit Beginn der Friedens-Farce zwischen Israel und der Palästinenserbehörde wurde mehr gesiedelt und Land geraubt als jemals zuvor. Diese „Friedensgespräche“ waren von Beginn an eine Totgeburt, dienten sie doch der Netanjahu-Regierung nur dazu, scheinbar zu verhandeln, in Wirklichkeit aber dazu, massiv die Besiedlung und den Raub palästinensischen Landes voran zu treiben und immer mehr Fakten zu schaffen, denen die Palästinenser nichts entgegen zu setzen hatten. Hat man ihnen doch so gut wie alles genommen. Endlich ist diese Farce vorbei, kann man da nur sagen. Mit einem amerikanischen Partner, der voll in der Hand Israels war und sich jetzt wundert, dass das alles doch nicht so reibungslos geklappt hat und die Verhandlungen in Scherben liegen. Auf zu neuen Ufern, kann man deshalb den beiden palästinensischen Parteien wünschen: Nur gemeinsam seid ihr stark! Allerdings nur mit unserer Hilfe, die diesmal aber nicht Israel, sondern allein dem Friedensinteresse dienen sollte.

Mit einer der letzten Landkonfiszierungen beraubte man die Beduinen ihres Wüstenlandes, um dort in etwa eineinhalb Jahren unter dem nichtssagenden Begriff „1000046“ einen Militärstützpunkt von 250 Hektar aufzubauen. Dieses gigantische Großprojekt wird das Verteidigungsministerium zu Beginn etwa eine halbe Milliarde Euro kosten, und dort sollen dann zunächst nach Fertigstellung mehr als 10.000 IDF-Soldaten leben und helfen, die furchtbare zionistische Idee auch in der Wüste wahr werden zu lassen. Allerdings sind diese Soldaten nur eine Vorhut, denn das israelische Regime plant, in den nächsten Jahren 300.000 zivile Bewohner dort anzusiedeln. Insgesamt sollen für diese Besiedlung in der Wüste 10 Milliarden Euro ausgegeben werden, damit alles schön und fruchtbar wird für die neuen jüdischen Bürger. Die Hälfte der Ausgaben ist allerdings für militärische Infrastrukturen bestimmt.

Besiedeln, militärisch nutzen und Land rauben auf Kosten der einheimischen Urbevölkerung – dieses zionistische Meisterwerk soll dann auch den angemessenen Namen des „Schlächters von Beirut“ und Kriegsverbrechers Ariel Scharon erhalten. So stellt sich das zionistische Regime sein Werk vor: erst die Wüste rauben und dann zum Blühen bringen, ganz im Geist der jüdischen und israelisch/zionistischen „Nakba-Helden!“ Die Begehrlichkeiten der zionistischen Regierung werden immer größer, verlangen nach immer mehr Land und machen auch vor der Wüste nicht halt. Im Kernland von Israel wurden nicht genug Wohnungen für die Bevölkerung gebaut. Deshalb spekuliert man jetzt also immer mehr auf die frei werdenden Militärstützpunkte, um sie für etwa 80.000 neue Wohnungen nutzen zu können. Dieser Gedanke verschleiert nur das eigentliche Ziel, die zionistische Idee von Groß-Israel und dass die Wüste dafür „judaisiert“ werden und militarisiert blühen soll.

Ich schrieb auch schon seit vielen Jahren, dass es für die Palästinenser nur eine Chance gibt, um als eine wirksame Kraft gegen das israelische Besatzer-Regime zu bestehen, nämlich dass sich Fatah und Hamas aussöhnen und vereinen sollen und es zu Neuwahlen kommen muss. Endlich scheint die Zeit gekommen, wo dieser wichtige Punkt Realität werden könnte. Die beiden verfeindeten Palästinenserparteien haben ein Versöhnungsabkommen geschlossen. Man will innerhalb der nächsten 5 Wochen eine gemeinsame Interimsregierung aus Technokraten und anerkannten Fachleuten zusammenstellen, mit dem Ziel, noch in diesem Jahr (endlich!) Neuwahlen für das Präsidentenamt und das Parlament durchzuführen. Es ist zu hoffen, dass es diesmal im dritten Anlauf gelingt, die rivalisierenden Partner zusammenzuführen und dauerhaft zu einen. Denn, machen wir uns nichts vor, Fatah und Hamas stecken so tief im Dreck, dass ihnen eigentlich nur noch dieser Zusammenschluss helfen kann. Dies ist wirklich eine mehr als erfreuliche Nachricht in schlimmen Zeiten, die uns von den Verhandlungen erreichte.

Ägypten, das die graue Eminenz im Hintergrund war und eine mehr als schreckliche Willkür-Politik im eigenen Land betreibt, ist insofern wichtig, da es versprochen hat, nach einer Einigung den Grenzübergang Rafah wieder zu öffnen, das „Tor zur Welt“ für die Eingeschlossenen im Freiluftgefängnis von Gaza. Zumal Ägypten zuvor alle Schmugglertunnel von und nach Gaza zerstört hatte und damit eine wichtige Warenquelle für die Bevölkerung in Gaza versiegt war. Gerade für die armen Menschen in Gaza wäre diese Grenzöffnung ein Segen.

Wie waren die Reaktionen auf diese Vereinigung? Die Vereinten Nationen und die europäische Union begrüßten die Bemühungen zur Aussöhnungen zwischen Fatah und Hamas. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bezeichnete die Aussöhnung als wichtigen Schritt in Richtung Zwei-Staaten-Lösung. Nur, Frau Ashton, wo soll der Palästinenserstaat dann existieren? Im Bantustan von Israels Gnaden? Da sind Sie und die EU und das Quartett gefragt, diesen Staat in den Grenzen von 1967 mit einer Hauptstadt Ost-Jerusalem zur Existenz zu bringen. Sonst bleibt nur die realistische Ein-Staatenlösung – ein demokratischer Staat – auch mit Ihrer Hilfe! Die Zeit ist reif dafür!

Auch der UN-Nahost-Gesandte Robert Serry betonte, die Vereinten Nationen würden die Vereinigung des (besetzten!) Westjordanlandes und des (abgeriegelten!) Gazastreifens unter einer einheitlichen und rechtmäßigen Einheitsregierung weiter unterstützen. Palästinenserpräsident Abbas habe ihm versichert, dass die PLO bei der Aussöhnung ihren Grundsätzen treu bleiben wolle: Anerkennung Israels (nicht des jüdischen Staates!), Gewaltverzicht (gilt das auch für Israel?) und Einhaltung früherer Abkommen. Eben die Bedingungen des Nahost-Quartetts, USA, UN, EU und Russland! Schön, dass Präsident Abbas dem Gesandten Serry das versichert hat. Aber was hat Israel dem UN-Gesandten versichert? Immer nur Forderungen an die eine nackte Seite sind mehr als einfach, aber auch mehr als zynisch und ungerecht! Greifen sie mal einem nackten Mann in die Tasche! Vergessen wir auch nicht, dass die Hamas unter dem Dach der PLO Israel längst anerkannt hat, aber eben NUR in den Grenzen von 1967!

Betrachten wir nun die israelischen und US-Reaktionen auf dieses Versöhnungsabkommen. Wie nicht anders zu erwarten, kam die Antwort der israelischen Regierung prompt. Die Friedensgespräche wurden von Israel einseitig ausgesetzt, weil man keinen Friedenspartner mehr habe. Dabei hatte man doch in der Vergangenheit immer behauptet, ein Frieden mit den Palästinensern sei unmöglich, solange die Spaltung zwischen dem Westjordanland und Gaza andauere. Nur, wer hat denn diese Eskalation in Wirklichkeit angezettelt und die Trennung gefördert? Und wer hat das „Friedenstheater“ und dessen Beendigung wirklich verschuldet? Das israelische Regime, das wie schon so oft zuvor, Abmachungen nicht einhielt und sich z.B. weigerte, die letzten der 26 Gefangenen, wie versprochen, im Rahmen der Friedens-Farce freizulassen. Stattdessen immer neue unannehmbare Forderungen und Baupläne auf besetztem Land! Netanjahu kommentierte die Entscheidung nur lakonisch mit: „Wer die Hamas wählt, will keinen Frieden“ und hatte nichts Eiligeres zu tun, als das israelische Sicherheitskabinett einzuberufen, um über neue Sanktionen gegen die Palästinenser im besetzten Ramallah zu beraten.

Übrigens schien diesmal selbst Shin Beth, der israelische Geheimdienst, nicht genug Informationen gesammelt zu haben und wurde kalt von der Versöhnung PLO-Hamas erwischt. Deshalb müssen die Besatzer erst einmal über neue Untaten nachdenken. Auf die schnelle war es erst einmal der Abbruch aller Kontakte zur Palästinenserbehörde – die Einbehaltung der Zolleinnahmen für die Palästinenser hatte man ja bereits vorher beschlossen. Diese Beratungen werden auch immer schwieriger, denn was bleibt noch groß an Repressalien gegen die Besetzten? Aber dafür gibt es ja die israelischen Think-Tanks, die sich jeden Morgen nach dem Aufwachen eine neue Schikane gegen die Palästinenser ausdenken und nur darauf warten, sie in die Tat umzusetzen. Außenminister Avigdor Lieberman wollte da nicht nachstehen und warf Präsident Abbas „diplomatischen Terror“ vor, dem sich Israel jetzt ausgesetzt sehe.

Wirklich grinsen musste ich aber, als ich in deutschen Medien tatsächlich las, dass im israelischen „Friedenslager“ die Meinungen auseinander gingen, denn zu diesem vermeintlichen Friedenslager wurde auch Tzipi Livni, die „Taube“ aus der Regierung Netanjahu gerechnet. Auch sie nannte die Einigung von Hamas und Fatah „sehr problematisch“. Da hat sie wohl recht, die „Taube mit dem blutigen Schnabel“, die Frau mit Blut an den Händen. Denn seit ihrer Kabinettszugehörigkeit in der Regierungszeit des ehemaligen Ministerpräsidenten Olmert, der gerade wegen Korruption verurteilt wurde und dem nun 6 Jahre Gefängnis blühen, war Livni mitbeteiligt an dem Gaza-Angriff und -Massaker. Diese „Friedensvermittlerin und Friedenstaube“ findet die Einigung folgerichtig also auch sehr problematisch. Ja, natürlich, Frau Livni, allerdings nur für das israelische Regime!

Wie das israelische Regime weiter agieren wird, können wir uns denken. Man wird versuchen, die Einigung mit aller Gewalt und allen Mitteln zu hintertreiben. Ich bin auch sehr besorgt darüber, wie das israelische Regime auf die kommenden so wichtigen Wahlen in Palästina reagieren wird. Ich befürchte die schlimmsten Reaktionen gegen Ramallah und Gaza. Ist es doch mehr als scheinheilig, wie das israelische Regime reagiert, denn schließlich hatte die Regierung Netanjahu doch über Mittelsmänner mit der Hamas den Waffenstillstand von 2012 ausgehandelt und sich über die Freilassung und den Gefangenenaustausch im Fall Gilad Schalit geeinigt. Die Hamas behandelte Schalit allerdings wesentlich besser als das Besatzer-Regime dies mit den palästinensischen Häftlingen in israelischer Willkürhaft tut.

In Zukunft müssen sich die EU und eigentlich auch die USA auf ein neues Denken einstellen, da man den Vorwurf „Terrororganisation“ gegen die Hamas nicht mehr ernsthaft aufrechterhalten kann. Die USA aber meldeten sich sofort und bezeichneten die Aussöhnung und das Abkommen als „beunruhigend und enttäuschend“. Welche Friedensgespräche dadurch kompliziert werden könnten, bleibt Washingtons Geheimnis. Man überlegt sich dort sogar, die Gelder an die Palästinenserbehörde zu stoppen. Die Scheinheiligkeit der USA zeigt sich vor allem an der Tatsache, dass die Hamas nun als „Terrororganisation“ konsequent boykottiert werden soll, die USA aber selbst Beziehungen zur libanesischen Regierung inklusive Hisbollah unterhalten und auch mit den afghanischen Taliban verhandeln. Alles auch Terroristen und Terrororganisationen nach der Weltordnung der USA! Aber wenn wir im Schlepptau der USA parieren und Pfötchen geben, sind wir die Guten. Diese Doppelstandards müssen endlich aufhören. Die Hamas ist keine Terrororganisation, sondern eine Widerstandsorganisation, ein ernstzunehmender Verhandlungspartner und wird demnächst hoffentlich als palästinensischer Regierungspartner, wie die Hisbollah im Libanon, mit am Tisch sitzen.

Die deutsche Bundesregierung sollte diesen Versöhnungsprozess wohlwollend begleiten und endlich einmal Härte gegenüber dem israelischen Regime zeigen. Gegenüber Russland zeigt man diese Härte doch auch, allerdings unberechtigter- und ungerechterweise! Die ganzen Worte und Sanktionsdrohungen, die jetzt so propagandistisch gegen Putin und Russland ausgesprochen werden, wären schon längst nötig gewesen gegen das israelische Regime, um dessen schreckliche Besatzung zu beenden.

 

Der Spiegel berichtet aber auch über mehrere positive Beispiele, die zeigen, wie wichtig und wirksam Härte ist, z.B. die BDS-Kampagne, die ja vom israelischen Regime und der Israel-Lobby so vehement bekämpft wird! Nehmen wir als Beispiel den staatlichen norwegischen Pensionsfonds GPFG, der etwa 600 Milliarden Euro verwaltet und wegen des Ausbaus der jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem und auf palästinensischem Gebiet seinen Fondsmanagern empfahl, die israelische Holding Africa Israel Investments Ltd. und ihr Tochterunternehmen Danya Cebus von der Liste möglicher Vermögensanlagen zu streichen. Das ist gelebte norwegische Ethik und Einhaltung des Völkerrechts! Auch der niederländische Fondsverwalter PGGM zog seine Gelder von israelischen Banken ab, die mit ihren Geldern Siedlungsprojekte finanzieren. Ebenso beendete der niederländische Wasserversorger Vitens aus diesen Gründen die Zusammenarbeit mit dem israelischen Wasseranbieter Mekorot. Auch die britische Sicherheitsfirma G4S, die israelische Siedlungen und Checkpoints mit Überwachungstechnik versorgt, kündigte erfreulicherweise nach Beschwerden gegen sie bei der OECD an, dass sie die 2015 auslaufenden Verträge nicht verlängern werde. Und der französische Veolia-Konzern verkaufte ein Tochterunternehmen, dessen Busse auf der „Siedler Route 443“ verkehren. Und dies war nur eine kleine Auswahl.

Immer mehr Nichtregierungsorganisationen schließen sich zusammen, um gegen die Siedlungs- und Besatzungspolitik zu protestieren. Sogar in Tel Aviv gibt es inzwischen Restaurants, die keine Siedlerprodukte und keine Weine aus den besetzen Gebieten auf den Tisch bringen. In den USA arbeiten Spezialisten an einer APP für Smartphones, die sofort beim Einkauf über Siedlungsprodukte informieren. Ich hoffe sehr, dass wir diese Techniken auch bald über den Teich bekommen. Wäre endlich einmal etwas Positives aus den USA. Ansonsten vermeide ich selbst es tunlichst, israelische Produkte generell zu kaufen. Darunter fällt für mich auch Tchibo, seit dieser trotz unserer Proteste weiter Soda Stream-Artikel verkauft. Auch andere Mütter haben schöne Töchter, es gibt so viele Angebote auf dem Markt, dass die Wahl nicht schwer fällt. Sogar die USA haben wegen der Diskriminierung von „arabisch-stämmigen“ Amerikanern Israel verweigert sich am sogenannten Waiver- (Visa-) Abkommen zu beteiligen. Ein guter Anfang!

Merkel und die deutsche Bundesregierung sollten sich daran ein Beispiel nehmen, anstatt die konsularischen Aufgaben für das israelische Regime weltweit zu übernehmen! Die EU hat bis dato Israel immer nur angedroht Konsequenzen zu ziehen, aber eben ohne wirklichen Druck. Es ist Zeit dies zu ändern. BDS ist das wirksamste Mittel im Kampf gegen die Besatzung, um die Völkerrechts- und Menschenrechtsverbrechen des israelischen Regimes zu beenden. Den endlosen Friedensverhandlungen, die dank Israel nur ins Nirgendwo führen, müssen endlich Taten folgen.

Am Sonntag, dem 27. April, wurde der Holocaust-Erinnerungstag in Israel begangen. Pünktlich zu diesem Tag verkündete das israelische Regime nochmals neue „Strafmaßnahmen“ gegen die Palästinenser: Baustopp im Westjordanland, die Besatzer verbieten den Besetzten den Bau von mehr als 600 Wohnungen, sogar internationale Entwicklungsprojekte sind betroffen!
Just aus diesem Anlass startete das israelische Erziehungsministerium auch eine große Propagandaaktion, die eine „Shoah-Erziehung“ schon im Kindergarten starten soll. Was will man damit erreichen? Noch mehr traumatisierte jüdische Menschen? Ich denke da an traurige Beispiele wie H.M. Broder, Leon de Winter, Michel Friedman oder Dieter Graumann. Erinnerung und Gedenken selbstverständlich, aber Instrumentalisierung von Kindheit an…? In Wirklichkeit leben laut Haaretz im heutigen „jüdischen Staat“ noch 50.000 Holocaust-Überlebende in Armut, davon sterben jeden Monat statistisch 1.000 Menschen. Dieses Problem gibt es schon seit Jahrzehnten: die Toten werden instrumentalisiert und die Lebenden werden in Armut gelassen. Wohin sind denn die ganzen deutschen Zahlungen gegangen? In die Rüstung, in die Besatzung oder wo sonst sind sie versickert? Es ist eine Schande, dass die alten, noch letzten Überlebenden in Israel in Armut leben. So einen Lebensabend haben sie nicht verdient. Für sie ist Israel bestimmt kein Sonnenstaat und kein gelobtes Land! Was muss eigentlich noch passieren, bis die Weltgemeinschaft aufwacht und Israel die Stirn bietet? Sogar US Außenminister Kerry sieht Israel inzwischen auf den Weg in die Apartheid. Hört, hört! Hoffentlich nicht nur leere Worte! Tatsächlich ist Israel ein Apartheidstaat, eingemauert im jüdischen Ghetto.

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas veröffentlichte eine Erklärung zu diesem Holocaust-Gedenktag und bezeichnete die Schoah als „abscheulichstes Verbrechen der Neuzeit“. Zudem drückte er seine „Sympathie mit den Familien der Opfer und vieler anderer unschuldiger Menschen, die von den Nazis ermordet wurden“ aus. Prompt kam die Reaktion von Netanjahu! Er wies die Anteilnahme von Abbas an der Schoah zurück und meinte, dieser wolle mit seiner Stellungnahme zum Holocaust nur die internationale Gemeinschaft beschwichtigen. In einem CNN-Interview legte Netanjahu nochmals nach und scheute sich doch tatsächlich nicht folgendes zu sagen: „Abbas tut sich mit der terroristischen Hamas-Organisation zusammen, die den Holocaust leugnet und zu einer Vernichtung der sechs Millionen Juden in Israel aufruft. Abbas kann nicht beides haben. Einerseits sagen, der Holocaust war schrecklich und sich andererseits mit Holocaust-Leugnern zusammenschließen, die nach einer weiteren Zerstörung des jüdischen Volkes streben.“ Eine schlimmere Instrumentalisierung des Holocaust, als solche Verleumdungen und unwahren Verdrehungen gegenüber Abbas und der Hamas ist eigentlich unvorstellbar. Diese schrecklichen Entgleisungen sollten nicht unbeantwortet bleiben. Der israelische Ministerpräsident ist eine Schande für jeden anständigen und nachdenkenden jüdischen Bürger.

Israel und seinen Regierungen wünsche ich endlich die Größe von Abbas und seinen Aussagen. Wann wird Israel endlich seine Verbrechen und Schuld wegen der Nakba, der größten Katastrophe für das palästinensische Volk bei der Staatsgründung, eingestehen und auch der Nakba von 1948 gedenken. Anstatt das Gedenken daran in Israel unter Strafe zu stellen und die Nakba-Austellung überall wo sie stattfindet massiv zu bekämpfen? Wie groß muss das schlechte Gewissen des „jüdischen Staates“ sein, wenn man den Anblick dieser schrecklichen Fakten und Bilder nicht ertragen kann.
Eine „Nakba Erziehung“ wäre sinnvoll – vom Kindergarten an beginnend -, um endlich Bewusstsein und Empathie für die Leiden der Vertriebenen, Besetzten und Unterdrückten auch bei jüdischen Israelis zu erzeugen. Dies würde den gerechten Frieden endlich auch für die Palästinenser ein Stück näher bringen.
Evelyn Hecht- Galinski