Avigdor Liebermanns gefährliches Zündeln

Nahostpolitik

Von Arn Strohmeyer, 01.03.2017

Wenn es nicht so ernst wäre, müsste man es eigentlich nur komisch finden: Der politisch „gemäßigte“ Staat Israel bietet dem „gemäßigten“ arabischen Staat Saudi-Arabien ein militärisches „Sicherheitsbündnis“ an, das sich gegen den Iran richten soll. Gemeinsam müsse man den „Kampf gegen den Terrorismus“ führen, sagt Lieberman. Nun weiß man, dass Lieberman ein äußerst radikaler Zionist ist und ständig unselige Äußerungen macht. Aber diesen Vorschlag kann er sicher nicht ohne Absprache mit dem Regierungschef und dem Kabinett gemacht haben, denn er ist außenpolitisch von zu großer Bedeutung. Ausgerechnet der Militärstaat Israel, der im Westjordanland und im Gazastreifen über vier Millionen Palästinenser unter seiner Besatzungsknute hält und ihnen jedes bürgerliche und politische Recht verweigert, bezeichnet sich nach fast 70 Jahren Okkupation und vielen Kriegen gegen seine arabischen Nachbarn als „gemäßigt“.

Natürlich gibt es Terrorismus in der Welt, aber Israel Vorgehen gegen die Palästinenser hat nichts mit dem Kampf gegen diesen Terrorismus zu tun. Es reiht sich ganz zu Unrecht in diese Front ein. Der Judenstaat schafft seinen Terrorismus selbst durch seine gewaltsame Unterdrückung eines ganzen Volkes. Die repressive Gewalt gegen diese Menschen, die Staatsterrorismus gleichkommt, ergibt sich ganz automatisch aus dem landraubenden Siedlerkolonialismus, den Israel praktiziert. Israel hat es selbst in der Hand, das, was es „Terrorismus“ nennt, durch eine gerechte Friedenslösung umgehend zu beenden.

Das Wort „gemäßigt“ lässt sich auch ganz und gar nicht auf Saudi-Arabien anwenden, ein diktatorisch geführte islamistische Monarchie, die mit Demokratie, Menschenrechten und Völkerrecht nichts im Sinn hat und politische oder religiöse Gegner köpfen lässt. Es soll aber seit langem inoffizielle Kontakte zwischen Israel und dem Königreich geben, die vor allem wirtschaftlicher Natur und sicher für beide Seiten von Vorteil sind. Die Saudis haben 2002 einen sehr vernünftigen Friedensplan für den Palästina-Konflikt vorgelegt, den Israel verächtlich nicht einmal zur Kenntnis genommen hat. Ein Eingehen auf Liebermans Vorschlag wäre – bei aller gemeinsamen Feindschaft gegen den Iran – ein Verrat an der arabischen Sache, vor allem an den Palästinensern. Insofern kann man sich eine Realisierung des Plans nicht vorstellen.

Der Iran – mag seine rigide islamische Theokratie uns auch sehr unsympathisch sein – verhält sich außenpolitisch und militärisch eher zurückhaltend und friedlich. Dass er in seinem Vorhof – in Syrien, im Irak und im Libanon – mitmischt, kann man ihm aus seinen strategischen Sicherheitsinteressen heraus nicht verdenken. Der Iran hat zudem mit dem Atomvertrag mit dem Westen und Russland ganz im Gegensatz zu Israel seine Nuklearanlagen unter internationale Kontrolle gestellt und sich verpflichtet, keine Atomwaffen zu bauen. Der Vorschlag Liebermans hat denn auch vor allem die Absicht, im angestrebten Bündnis mit den hoch gerüsteten Saudis – unter Mithilfe von Trumps Amerika – diesen Vertrag wieder auszuhebeln, wobei sicher ein Angriffskrieg gegen den verhassten Mullah-Staat nicht ausgeschlossen wird. Netanjahu fordert ihn seit langem. Das ist ein sehr gefährliches Zündeln – dritter Weltkrieg nicht ausgeschlossen.