Günther Jauch – gut genug für ARD-Manipulationsversuch der Öffentlichkeit

Nahostpolitik

Beitrag von

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 29.11.2014

Das kaum noch zu unterbietende Bildzeitungsniveau von Günther Jauch hat seine letzte ARD-Fernsehsendung am 23.11. erneut bloßgestellt. Nur war er damit nicht allein dieses Mal. Die Sensationsmache der Redaktion wollte es so: Ein schwer traumatisierter Lieder-Sänger war mit von der Partie, auch wenn er zu keiner einzigen angesprochenen politischen Überlegung etwas Konstruktives beisteuern konnte. Dann saß bei Jauch noch ein FDP-Mitglied, das sich als Russland-Kenner ausgab, aber zu keiner förderlichen Verbesserung der deutsch-russischen Beziehung beitrug. Warum wurde nicht eine kompetente Person wie Hans-Dietrich Genscher, Willy Wimmer, Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder eingeladen? Weit entfernt von dem ehemaligen FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher ist Alexander Graf Lambsdorff nicht in der Lage, das Haus Europa, d.h. eine gemeinsame Sicherheitsordnung von Lissabon bis Wladiwostok zu konzipieren, auch nicht die Sicherheitsinteressen Russlands einzusehen, zu berücksichtigen und zu respektieren. Gefesselt im verheerenden alten Denken der NATO-Konfrontation sieht er die NATO-USA und nicht Russland als Ansprechpartner für Europa.

Ein und dieselben Herrschenden geben sich wieder einmal als Kämpfer für Demokratie aus und streben die NATO-USA Interventions-Militärpolitik an, die unseren Planeten in unzähligen Kriegen und Ausweitung des globalen Chaos versinken lässt. NATO-Atomwaffen sind für Lambsdorff kein Problem, dafür aber die von Russland. Diese irrationale Dichotomie, diese einseitige Absurdität, die einen großen Denkfehler in sich birgt, hat Gabriele Krone-Schmalz anschaulich entlarvt. Das Gute in Brüssel und das Böse in Moskau zu verorten, blockiert vernünftiges politisches Denken. Damit kommt man nicht weiter. Ein Glück, dass die FDP-Partei mit solchem unverbesserlichen Ungeist nicht mehr im Bundestag vertreten ist, denn die deutsche Bevölkerung hat sie längst als nutzlose Elemente erkannt, als Fossilien, die heute nichts, aber absolut nichts dem Land anzubieten haben. Am wenigsten in der Außenpolitik. Nichtsdestotrotz sollte Lambsdorff von der überragenden FDP-Größe Thomas Dehler aus den fünfziger Jahren lernen. Jener brillante durchblickende FDP-Politiker erkannte den Kalten Krieg als großen Trug, als eine falsche inszenierte Konstruktion, die sich schon damals gegen deutsche und europäische Interessen richtete und eine deutsche und gemeinsame europäische Politik verhinderte. In den siebziger Jahren bildete der KSZE-Prozess den Ausgangspunkt für eine gemeinsame europäische Ordnung, trotz aller Regierungsdifferenzen zwischen der Sowjetunion und dem Westen. Dass dieser Integrationsprozess nach der Öffnung der Ost-West-Grenze nicht weiter ging und sich bisher nicht konsolidierte, ist die größte Vernachlässigung der deutschen, europäischen Außenpolitik.

Traumatisierte Leute, wie jener Jauch-Teilnehmer und sogar im Bundestag aufgetretene Sänger und ein Pastor Gauck sollten aus der politischen Szene ausgeschlossen werden. Mindestens erkennt der Sänger selbst seinen schwachen Verstand an. Dagegen ist Gauck bisher nicht in der Lage, ehrlich mit sich selbst zu werden und seine Schwäche und Begrenztheit ebenso anzuerkennen. Aber man braucht starken Verstand und keinen schwachen, um konstruktiv an einer außenpolitischen Diskussion teilnehmen zu können. Es genügte, dass der ARD-Moderator Günther Jauch der Sache nicht gewachsen war, ignorant und untauglich, präzis Fakten zu erfassen, wie es die Journalistin Gabriele Krone Schmalz ihm vormachte. Der Unfug bei dem Sänger genauso wie früher beim Bundespräsidialamt lässt sich als umso schäbiger erkennen. Da kann man beiden vorwerfen, mit der politischen Rede überhaupt nichts anzufangen zu wissen. In Zukunft sollten sie besser beide den Mund halten. Diese erbärmliche Realität ist im Lichte der Tatsachen für alle erkennbar, die sachlich und präzis von einem Moderator dargestellt werden sollten, damit die Zuhörer selbst zu einer vorurteilsfreien richtigen Bewertung gelangen können. Debatten von gestern sind heute nicht gefragt. Russland ist keine Demokratie. Zur Tradition Russlands gehört die Demokratie auch nicht. Ein Land entwickelt sich nicht abgekoppelt von seiner Geschichte und gesellschaftlichen Gewohnheiten. Die politische Entwicklung eines Landes gehört seinem Volk. Russisches Volk und Führung gehen Hand in Hand. Das russische Volk steht hinter dem Kreml und unterstützt vollkommen die Außenpolitik seines Präsidenten. Daher der tiefe Fall deutschen Ansehens in Russland, nicht nur bei der dortigen Regierung, wie jeder Korrespondent und Beobachter aus Russland bestätigen kann.

Die Ignoranz und daraus folgend das fehlende Urteilsvermögen des Moderators und von Alexander Graf Lambsdorff in Bezug auf die Wiedervereinigung der Krim mit Russland war sehr auffällig. Darauf hat die hoch gebildete Journalistin Gabriele Krone Schmalz professionell reagiert und ausführlich die Lage völkerrechtlich klargestellt. Bezeichnend für die Runde war es, dass sie zuerst auf den Unterschied zwischen Verfassungsrecht und Völkerrecht im Falle der Krim-Angelegenheit hinweisen musste, denn der Graf verwechselte beide Bereiche in seiner tendenziösen Sichtweise. „Annexion“ heißt im Völkerrecht die gewaltsame Aneignung von Land gegen den Willen des Staates, dem es zugehört, durch einen anderen Staat. Das ist bei der Krim gerade nicht der Fall. Im Gegenteil. Die Krim mit ihrem verfassungsmäßigen Status einer autonomen Republik erklärte sich selbst unabhängig von der Ukraine aufgrund eines Referendums in ihrem Staatsbereich. Die Krim-Bevölkerung hatte sich dabei friedlich und selbstständig für eine Sezession ausgesprochen (am 16.März). Dann folgte der Antrag der Regierung der unabhängigen Krim auf Beitritt zur Russischen Föderation, den Moskau prompt annahm. Sezession, Referendum und Beitritt schließen eine Annexion aus. Diese Feststellung reicht über das Referendum auf der Krim hinaus. Auch die Sezessionserklärung selbst verletzt keine völkerrechtliche Norm und könnte dies gar nicht. Sezessionskonflikte sind eine innerstaatliche Angelegenheit, nicht Sache des internationalen Rechts. Diesen Status Quo des Völkerrechts hat der Internationale Gerichtshof (IGH-Resolution von 22.Juli 2010) in seinem Rechtsgutachten für die UN-Generalversammlung zur Sezession des Kosovo bestätigt. Das hat der Präsident Wladimir Putin in seinem NDR-Interview angesprochen und auch der Hamburger Professor Reinhardt Merkel: „Die Krim und das Völkerrecht. Kühle Ironie der Geschichte“ (FAZ, 7.4.2014). Wieso wirkte Günther Jauch so blamabel ignorant darüber? Wieso bestand er penetrant tendenziös auf der falschen Wortwahl hinsichtlich der Krim, indem er von „gewaltsamer Landraub“ der Krim sprach, die aufschlussreiche Erklärung der WDR-Journalistin überhörte und sie unbeachtet ließ ? Es gehört zur Arbeit eines Moderators, die Fakten präzis zu kennen und sie in die Runde einzubringen, wenn sie von anderer Seite nicht kommen. Keine „subjektive“ Sicht, sondern eine objektive Darstellung der Dinge sollte er meistern können, um die Diskussion sachlich zu orientieren, zu korrigieren und die Sache richtigzustellen, wenn es nötig ist. Das ist die Rolle der Medien, hierin sind sie gefordert.

Absurd und grotesk war die Bemerkung von Lambsdorff, die Wahrnehmung Russlands der NATO-Bedrohung sei „subjektiv“. Was bedeuten für Lambsdorff die NATO-Bomben-Angriffe auf Belgrad von März bis Juli 1999? Waren sie Watte-Bällchen auf die Menschen? Die NATO demaskierte dabei, wie grausam ihre ungeheuerliche vernichtende Aggressivität und Gefährlichkeit in Europa ist und zeigte so der ganzen Welt mit abscheulicher Brutalität, worin ihre Abschreckungsstrategie besteht und wohin sie führt. Sind diese Tatsachen „subjektiv“ für die FDP von Lambsdorff? Stimmen kriminelle Handlungen, wie Kriege und Menschen zu bombardieren mit den hoch hinaus posaunten Werten des Westens überein? Tatsache ist jedenfalls auch, dass diese NATO mit ihrer Abschreckungsstrategie für illegitim erklärt wurde durch einen einstimmigen Beschluss des Internationalen Gerichtshof in Den Haag vom 8.7.1996. Ein FDP-Richter aus Stuttgart, Rainer Wolf, bestätigte sogar Monate später die Illegitimität der NATO am 8.12.1996 aufgrund dieses internationalen gerichtlichen Beschlusses. Völlig desinformativ und völkerrechtswidrig wirkte Lambsdorff, als er die Außenpolitik von Genscher auf die NATO-Stufe degradierte, als ob eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur mit einem solchen verheerenden illegitimen US-Fremdkörper nicht grundsätzlich kollidieren würde. Günther Jauch schien hilflos, als er fragte „was machen wir mit diesem unauflösbaren Dilemma, weiter aufrüsten oder abrüsten?“ Er hätte wissen müssen, dass sogar die NATO ausdrücklich verpflichtet ist, sich abzurüsten seit dem NATO-Gipfel in Lissabon 2010. Gerade der damalige FDP-Außenminister Guido Westerwelle hatte diese Verpflichtung in der Schlusserklärung von 20.November 2010 festgelegt. Aber von Lambsdorff war kein Wort darüber zu hören. Er zeigte sich völlig unvorbereitet und desorientiert. Es kam von ihm auch nichts Kritisches zu den Raketen, die die USA demnächst an Polen liefern werden, mit einer Reichweite von bis zu 400 Kilometern bis in das russische Territorium hinein. Auch nichts zu den dort stationierten US-Militärflugzeugen. Ist die NATO-Einkreisung Russland auf diese Weise eine „subjektive“ Bedrohung? Wen glaubt Lambsdorff mit diesem Humbug zu täuschen? Diese Vorstellung ist zu grotesk für alle gut informierten und wachsamen Beobachter, Politiker und Journalisten. Es ist nicht das erste Mal, dass solche „Wahrheit“ medial von wenigen fabriziert wird. Die Aussage in Medien, Russland sei eine „Gefahr“ für Osteuropa, deshalb müsse der Westen seine eigene Militärpräsenz dort ausbauen, ist allerdings eine nicht länger haltbare Fabulation. Ehrliche Redakteure sind verpflichtet, die Wirklichkeit darzustellen. Europa zeigt sich außenpolitisch total verfahren, aber europäische Verantwortungsträger, für die der FDP-Politiker Lambsdorff stellvertretend steht, zeigen sich nicht in der Lage, die Fehlrichtung zu korrigieren, nicht einmal sie einzusehen, wie sich Lambsdorff bei Jauch erbärmlich bloßstellte.

Länder, die keine Demokratien waren, wie die DDR, die Sowjetunion und jetzt Russland haben niemals ein anderes Land militärisch angegriffen. Es ist eine Schande festzustellen, dass die Kriege und die aus ihnen folgenden humanitären Katastrophen seit den 90iger Jahren gerade den westlichen Demokratien anzulasten sind. Und diese westlichen Demokratien sind dieselben Staaten, die den Terror gegen ein anderes Land (Syrien) unterstützen und bis jetzt nicht imstande sind, die UN-Sicherheits-Resolutionen 2170 und 2178 zu erfüllen, die zum Stopp des Terrors verpflichten. Der UN-Sicherheitsrat sollte solche Staaten dazu ermahnen. Einer dieser Staaten ist die USA, die gerade die Funktion des UN-Sicherheitsrats bremst und annulliert. Aber dieses gewaltige Problem übersieht ein NATO-USA-Freund wie Graf Lambsdorff. Für ihn ist ein Staat, der den Terror fördert, Ansprechpartner. Russland dagegen will er nicht würdigen, das sich inständig für die internationalen Regeln, für das geltende Völkerrecht, einsetzt. Das ist besonders skandalös, weil Graf Lambsdorff ein hohes Amt im Europäischen Parlament bekleidet. Dankt er diesen Posten seinem US-Ansprechpartner? Die Diagnose des Präsidenten Wladimir Putin trifft auch hier zu: <Das Zeitalter der Doppellesarten und des Verschweigens hat in der Weltpolitik begonnen. Unter dem Druck eines Rechtsnihilismus hat das internationale Recht Schritt für Schritt seine Vorherrschaft zurückgefahren.> (Rede von Wladimir Putin in Waldai am 24.10.14)

Russland ist nicht allein beim Eintreten für die internationale Rechtsstaatlichkeit. Das überhebliche Denkschema der USA und ihrer Satelliten hat mit den gegenwärtigen Weltverhältnissen gar nichts zu tun, selbst wenn US-EU-Medien ihre Ansichten zum Maß aller Dinge erheben. An der Seite Russlands stehen die BRICS-Staaten, zu denen Russland gehört, und mit denen Russland enge Beziehungen unterhält. Die Bevölkerungszahl dieser Staaten übersteigt die der USA und ihrer Anhänger bei weitem. Hinzu kommen die übrigen Staaten in der Welt, die sich auch vom Diktat des Weltherrschers befreien wollen. Somit isolieren sich die USA und ihre Satelliten in der Welt immer mehr. Politiker wie Lambsdorff, die diese neue sich verstärkende Konstellation nicht sehen wollen, erscheinen derart merkwürdig realitätsfremd, dass man geneigt ist, sie als käuflich oder erpressbar einzustufen, denn die Intelligenz besitzen sie, die politischen Realitäten zu erkennen und sachlich bewerten zu können.

Schon beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Peking am 10.11. wurde Washington an den Rand gedrängt. China stand im Vordergrund. Die Gründung einer Bank der BRICS-Staaten mit Sitz in Schanghai im Sommer dieses Jahres und zudem einer Asiatischen Entwicklungsbank haben schon der US-Dominanz der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds eine Schlappe erteilt. Über kurz oder lang ist die US-Finanzdominanz am Ende.

Redakteure und Politiker sollten es eigentlich wissen: Für die internationalen Beziehungen sind Typ oder Form eines Staates völlig irrelevant. Internationale Beziehungen definieren sich unabhängig davon, ob die Staaten Demokratien, Autokratien, Monarchien oder sonst was sind. Alle Staaten, wie auch immer ihre Staatsform, sind Mitglieder der Weltstaatengemeinschaft. Die Charta der Vereinten Nationen macht keinen Unterschied unter ihnen: Alle sind gleichberechtigt und als gleichberechtigt zu behandeln.

Gorbatschow erwähnte kürzlich ausdrücklich die Rede von Präsident Putin in Waldai am 24.10.14 und mahnte, sie zu beachten. Dort sagte der Präsident der Russischen Föderation:

< Auf unserer Tagesordnung steht die Integration, diese Tagesordnung ist positiv und friedlich, wir arbeiten aktiv mit unseren Kollegen in der Eurasischen Wirtschaftsunion, der Schanghai Organisation für Zusammenarbeit, der BRICS und anderen Partnern zusammen. Diese Tagesordnung zielt auf die Entwicklung von Beziehungen der Staaten untereinander, und nicht auf deren Absonderung. Indem wir die Interessen der anderen achten, möchten wir einfach, dass man auch unsere Interessen berücksichtigt und unsere Position achtet.

Wir haben es geschafft, Regeln für die Zusammenarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu erarbeiten, wir konnten uns auch in den 1970er Jahren in Helsinki einigen. Unsere gemeinsame Verpflichtung besteht nun darin, dass wir diese fundamentale Aufgabe auch in dieser neuen Etappe der Entwicklung meistern.>

Redaktionen wie die von Günther Jauch, Maybrit Illner und Anne Will sollten sich gründlich und ernsthaft mit der substantiellen Kreml-Position befassen, vor allem mit dem vorgelegten Projekt des russischen Außenministers Sergej Lawrow, eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur aufzubauen. Dann würden sie nicht derart wehr- und hilflos vor den wahnsinnigen Machtdemonstrationen um uns herum wirken, die sich nur erklären lassen, wenn diese Machtdemonstranten Kriegsabsichten haben. Das muss in aller Härte an den Pranger gestellt werden, denn darin ist ein objektives Risiko für Europa zu erkennen.

Walter Steinmeier sei ein goldenes Stück für Deutschland im düsteren Wald der Außenpolitik Europas, würdigte Matthias Platzeck die Arbeit des deutschen Außenministers. Intelligent und zutreffend ist der Vorschlag Steinmeiers, Kontakte zwischen der EU und der von Putin vorangetriebenen Eurasischen Wirtschaftsunion anzuregen. Dabei wurde er bei dem letzten EU-Treffen am 17.11. von mehreren europäischen Außenministern unterstützt, besonders von Außenminister Sebastian Kurz aus Österreich. Günther Jauch wusste nicht, daran anzuknüpfen. Monologe und Dämonisierung helfen nicht weiter, mahnte Platzeck. Als sinnlos und völlig kontraproduktiv bezeichnete er die Sanktionen gegen Russland. Lothar de Maizière, Mitglied der CDU und letzter Ministerpräsident der DDR, wich ebenso klar und eindeutig von der Linie der Bundesregierung gegen Russland ab. „Die Wirtschaftssanktionen schwächen Russland, was ja auch die Absicht ist. Wir müssen aber ein Interesse an einem stabilen Russland haben. Wirtschaftssanktionen schwächen die Ukraine und die europäische Wirtschaft. Ich frage mich, in welchem Interesse sie liegen. Nach meinem Eindruck liegen sie im amerikanischen und nicht im europäischen Interesse.“ So der CDU-Politiker Lothar de Mazière. Alle Sanktionen gegen Russland müssen dringend abgebaut werden.

Die konstruktiven seriösen Beiträge der ehemaligen ARD-Korrespondentin in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz, und des Vizepräsidenten des deutsch-russischen Forums, Matthias Platzeck, passten überhaupt nicht in das niedrige Niveau der Jauch-Sendung. Diese intelligenten Teilnehmer verdienen einen besseren, einen angemessenen medialen Rahmen, kein Niveau der Regenbogenpresse.

In extremer Irrationalität endete die Jauch-Sendung, als der traumatisierte Sänger plötzlich Adolf Hitler in Erwägung zog. Diese völlig deplatzierte unerhörte Äußerung war einkalkuliert. Warum erlaubte Jauch einen solchen verabscheuungswürdigen Ex-Abruptes gerade durch einen Mann, der vorher selbst um Nachsicht bat, weil er „nichts Gutes zu liefern“ habe? Da entlarvt sich wieder die ARD als primitives Instrument für die niederträchtige Manipulation der Öffentlichkeit durch die Herrschenden. So ein Vorgang beleidigt die Intelligenz aller Zuschauer. Das haben wir bereits vor dem ersten Irak-Krieg 1991, vor dem zweiten 2003 und auch vor dem NATO-Angriff gegen Belgrad 1999 in beschämender Weise erlebt, als das Manipulationspotential der Medien, ARD eingeschlossen, mit ihrer Bosheit und ihren Diffamierungen unkontrolliert ausgespielt wurde.

Solange die Medien den verfehlten Kurs der deutschen und EU-Politik nicht einsehen, ist eine Normalisierung der deutsch-russischen Beziehungen nicht in Sicht. Deutschland wird in einem solchen Fall hinter der globalen Entwicklung zurückbleiben, Russland aber auf die Entwicklungen der Welt eingehen und an den notwendigen Antworten weiter arbeiten.

In diesem Zusammenhang ist der bevorstehende OSZE-Gipfel in Basel am 4./5.12 von großer Tragweite. Sowohl der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier als auch der russische Außenminister Sergej Lawrow werden daran teilnehmen. Sergej Lawrow rückte schon einige Ansatzpunkte in den Vordergrund: <Vor ein paar Jahren begann die OSZE mit Veranstaltungen gegen die Islamophobie. … Am OSZE-Ministertreffen vom 4.-5. Dezember in Basel werden wir zu den Prozessen, die zu Christophobie führen, diese Gedanken darlegen. Die Mehrheit der EU-Mitglieder möchte sich diesem Thema entziehen, sie schämen sich, darüber zu sprechen. Genauso wie sie sich schämten, den von Valery Giscard d’Estaing verfassten Satz, wonach Europa christliche Wurzeln habe, in die EU-Verfassung aufzunehmen. Wenn man sich seiner eigenen Traditionen und Wurzeln nicht erinnert und sie nicht respektiert, wie soll man Traditionen und Werte anderer Völker respektieren? … Die Idee, einen einheitlichen ökonomischen und humanitären Raum von Lissabon bis Wladiwostok zu schaffen, vernimmt man nun hier und dort und sie gewinnt an Kraft. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat öffentlich ausgesprochen (während wir dies schon lange tun), dass die EU und die EAEU (Eurasische-Ökonomische-Union) in Dialog treten sollten. … All dies ist schon Teil der Diplomatie und der realen Politik geworden. Obschon dies bis jetzt im Diskussionsstadium verharrt, bin ich fest davon überzeugt, dass wir eines Tage das erreichen werden, was die „Integration der Integrationen“ genannt wird. Dies ist eine der Haupttraktanden, welche wir an der Minister-Konferenz der OSZE in Basel zur Sprache bringen werden. Russland wird in Kürze die Präsidentschaft der BRICS und der Schanghai Organisation (SCO) übernehmen. Die zwei Organisationen werden ihren Gipfel in Ufa abhalten. Dies sind sehr vielversprechende Organisationen des neuen Zeitalters. Sie sind keine Blöcke (speziell BRICS), sondern Gruppen mit Mitgliedern, die gleiche Interessen verfolgen, Länder mit einem gemeinsamen Ansatz bezüglich der zukünftigen globalen Ökonomie, Finanzen und Politik.> (Moskau, 22.11.)

So sieht es aus, wenn aktuelle internationale Politik betrieben wird. Und was macht die Kanzlerin Deutschlands? Symptomatisch für ihr Politikunvermögen blieb sie allein im Bundestag zu Beginn der Sitzung am 26.11, allein in der ersten Regierungsreihe wie ein „Hans-guck-in-die Luft“. Die Abwesenheit ihres Außenministers lässt ahnen, dass die SPD zu Recht dem merkwürdigen anti-russischen Konfrontationskurs der Kanzlerin nicht folgen wird. Dieser unvernünftige CDU-Hardliner-Kurs beginnt schon jetzt, den Kontinent ins Unglück und in die Rückständigkeit zu stürzen und lässt keine gute Zukunft erahnen. Angela Merkel muss sich mäßigen. Der Ton macht die Musik. Mit ihren schrillen, gellenden Tönen zerreißt Merkel alle Fäden, die Berlin und Moskau für weitere Gespräche im Interesse Europas verbinden und verspielt die mühsame Arbeit, die Altbundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher für die volle Integration Europas initiierten.

Die dominierenden Berliner Kreise, die im alten Denken verankert bleiben und weiter den USA die Patronage über Europa überlassen wollen, müssen endlich aus dem außenpolitischen Management verschwinden. Genauso wie im Weißen Haus müssen auch in Berlin Beton-Köpfe rollen. Dafür gibt es schon Kräfte, die sich endlich durchzusetzen haben. Auch die Medien sind an der Reihe, zur Vernunft zu kommen. Genug mit der Unbildung, der bloßen Grobheit und intellektuellen Rückständigkeit, die wir täglich in deutschen Medien ertragen müssen, nicht nur bei Jauch! Mentale Verstrickung paralysiert den normalen Verstand. Geteilte Sichten oder unterschiedliche Regierungslinien sind kein Hindernis, um nach vorne zu blicken. Es geht nicht darum, die eigene Sichtweise dem anderen aufzuzwingen. Es geht darum, im Dialog aller Europäer eine gemeinsame Sicherheitsordnung in Europa aufzubauen.