„Bremen – Stadt der Menschrechte 2018“ – aber nicht für Palästinenser?

Nahostpolitik

Bremen ist die Stadt der Menschenrechte 2018“ heißt es in einem Artikel des Weser-Kurier (Stadtteil-Kurier vom 18.1.2018). Da wird an die fast zeitgleich erlassene UN-Menschenrechtskonvention (1948) und das deutsche Grundgesetz (1949) erinnert. In Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN heißt es in Artikel 1: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

In dem Artikel des Weser-Kurier wird eine Reihe von Veranstaltungen und Vorträgen genannt, die im Lauf des Jahres zum Thema Menschenrechte stattfinden werden. Alle diese „hochkarätigen“ Vorträge sind äußerst wichtig und kommen zum richtigen Zeitpunkt. Die Zivilgesellschaft kann dieses Thema gar nicht oft genug ansprechen und für die Durchsetzung der Menschenrechte überall in der Welt werben. Nur einen Themenbereich wagen die Veranstalter in diesem Zusammenhang nicht anzusprechen: die verheerende Menschenrechtslage in den von Israel besetzten Gebieten und auch in Israel selbst. Im Umgang Israels mit den Palästinensern gelten die von deutschen Politikern ständig beschworenen „gemeinsamen“ Werte in keiner Weise, was israelische Politiker auch gar nicht bestreiten. So hat Israels Justizministerin Ayelet Shaked kürzlich erklärt, dass sich die Politik ihres Landes nicht an die universal gültigen Menschenrechte gebunden fühle. Der Zionismus, sagte sie, habe seine eigene Moral.

Die Realität in den besetzten Gebieten stellt sich für Millionen Menschen ohne alle bürgerlichen und politischen Rechte so dar: Totale Unterdrückung und Kontrolle in so gut wie jeder Beziehung, Raub ihres Landes durch Enteignungen ihres Besitzes, Häuserzerstörungen, Verwüstungen ihrer Lebensgrundlagen (Felder, Olivenbäume und Brunnen), Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch Checkpoints, Verbannung in Reservate oder Enklaven hinter Mauern und Zäunen, Plünderung ihrer Ressourcen, bürokratische Schikanen, permanente Razzien und Verhaftungen, jahrelange Administrativhaft ohne Prozess (rund 7000 Palästinenser sitzen in israelischen Gefängnissen, darunter viele Kinder), Folter – mit einem Wort: hier herrscht die Willkür von Kolonialherren über ein unterworfenes und wehrloses Volk. Nachzulesen sind diese Fakten auch in dem neuen UN-Bericht über die Lage in den besetzten Gebieten vom 23. 10. 2017.

Über solche Fakten darf in Bremen nicht öffentlich diskutiert werden. Es wird dann sofort der Antisemitismus-Vorwurf erhoben. Menschenrechtsaktivisten fordern deshalb eine öffentliche Diskussion auch der Menschenrechtsverletzungen durch Israel. Dieses Thema muss auch in das Programm von „Bremen ist die Stadt der Menschenrechte 2018“ aufgenommen werden. Wenn dies unterlassen wird, machen sich die Veranstalter aus Angst vor dem Antisemitismus-Vorwurf unglaubwürdig und setzen sich dem Vorwurf der Einseitigkeit aus. Denn: Die Menschenrechte sind unteilbar und gelten auch für Palästinenser!

V.i.S.d.P. Arn Strohmeyer, Bremen