Von Arn Strohmeyer, 04.09.2017
Als es im TV-Duell mit Kanzlerin Angela Merkel um Terrorismus und Sicherheit ging, machte Kandidat Martin Schulz eine äußerst dumme Bemerkung. Er sagte: „Es gibt zum Beispiel junge Palästinenser, Männer, die zu uns kommen, die mit einem tief verwurzelten Antisemitismus erzogen worden sind, denen muss man in klaren Sätzen sagen: ‚In diesem Land hast Du nur dann einen Platz, wenn Du akzeptierst, dass Deutschland ein Land ist, das Israel schützt, dass das unsere Staatsräson ist.‘“ Was hat den Herausforderer der Bundeskanzlerin veranlasst, ein so völlig überflüssiges Bekenntnis abzulegen? Sind die Palästinenser in Deutschland eine Problemgruppe? Sind sie, was Terroranschläge angeht, Gefährder? Und schließlich: Haben Palästinenser keinen Grund, Israel zu hassen – einen Staat, der sie mit seiner siedlerkolonialistischen Politik vertrieben, enteignet und eliminiert hat und eine solche Politik bis zum heutigen Tag weiter betreibt? Und was hat ein solcher Hass mit Antisemitismus zu tun?
4,5 Millionen Palästinenser müssen im israelischen Herrschaftsbereich (Westjordanland und Gazastreifen) hinter Mauern weggesperrt ohne politische und bürgerliche Rechte leben. Das von der israelischen Blockade abgeriegelte Elendsgetto Gaza ist gerade von der UNO als im Grunde „unbewohnbar“ erklärt worden. Die Apartheid ist in diesen Gebieten längst furchtbare Realität. Dass der Kandidat das alles nicht zur Kenntnis nimmt und sich blind hinter diesen Unterdrücker-Staat stellt, der Menschenrechte und Völkerrecht mit Füßen tritt, ist schon eine tragische Verkennung der Realität. Aber sie hat in der SPD eine lange Tradition.
Dazu kommt, dass Martin Schulz es besser weiß. 2014 hielt er als Präsident des Europäischen Parlaments in der Knesset in Jerusalem eine Rede, die für einen Eklat sorgte, weil er die schlechte Wasserversorgung der Palästinenser durch Israel angesprochen hatte. Wütende Reaktionen der Abgeordneten waren die Folge: Wie kann ein Deutscher (also einer aus dem Tätervolk) sich eine solche Dreistigkeit erlauben? Ob Schulz Vorwürfe berechtigt waren, spielte da keine Rolle. Da wurde gleich wieder das in der Tat monströse Verbrechen Holocaust instrumentalisiert, um Kritik an Israels inhumaner Politik abzuwehren.
Die Palästinenser mussten und müssen, obwohl sie mit dem Holocaust gar nichts zu tun hatten, den Preis für dieses Mega-Verbrechen zahlen, indem sie ihr Land, ihre Heimat und ihre Kultur verloren haben. Deutschland, das hätte Martin Schulz sagen müssen, hat deshalb auch für dieses Volk eine Verantwortung. Seine Bemerkung über die Palästinenser war überflüssig wie ein Kropf. Sie bringt Menschen in Verdacht, die in diesem Land sehr friedlich leben, aber jeden Grund und jedes Recht haben, Israel für das zu kritisieren, was dieser Staat ihnen angetan hat. Auch Hass ist da verständlich.
Aber offenbar glaubte der Kandidat, einen tiefen Kotau vor der Israel-Lobby machen zu müssen, um seine Wahlchancen zu verbessern. Nützen wird es ihm dennoch nicht viel. Fazit der dummen Bemerkung: Si tacuisses philosophus mansisses! (Wenn Du geschwiegen hättest, wärest Du ein Philosoph gewesen!)