Deutsche Medien mit Brandmarke: Fehlende Nachrichten, unterlassene Aufklärung

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 22.06.2019

Betr.: Meldung zum Rücktritt des US-Verteidungsministers (18.6.) und das folgende zwei Tage dauernde Nachrichten-Blackout zur Gefahr in der Golf-Region,  Meldungen zur Golf-Krise und Iran (ARD-Tagesschau, ZDF-heute, DLF, DW, u.a.), Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 22.6.19: „Kartenlesen im Krisenmodus“ von Anna Reuss und „In letzter Minute“ von Hubert Wetzel

US-Militärverstärkung am Golf – gleichzeitig Rückritt des US-Verteidigungsministers

Im Zusammenhang mit der US-Militärverstärkung am Golf, also inmitten der wachsenden Spannungen mit dem Iran, tritt am 18.6.19 der US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan zurück. Der US-Präsident Trump nominiert als neuen Verteidigungsminister den bisherigen Verwaltungschef im Pentagon, Mark Esper. Dann herrschte ein merkwürdiges Blackout während der zwei nächsten Tage in deutschen Medien über die besorgniserregende Lage in der Golf-Region.

Eine tiefsitzende Widersprüchlichkeit in der US-Außenpolitik ergab sich schon vor Donald Trump aus dem fatalen dominanten Einfluss des US-Militärindustriekomplexes. US-Präsident Donald Trump scheint entschlossen zu sein, diesen verheerenden Einfluss und Dominanz des Pentagons zu bremsen und zu beenden, um das Militär definitiv unter das Primat der Politik unterzuordnen. Eine große Herausforderung für Donald Trump, die den Weltfrieden tangiert. Im Interesse der US-amerikanischen Nation und im Interesse der gesamten Welt sind zwei gewichtige Kriegstreiber von US-Präsident Donald Trump umgehend zu entlassen: Die Falken John Bolton und Mike Pompeo, damit die US-Regierung den gesunden Menschenverstand bewahrt, weitere Provokationen unterlässt und somit eine unkalkulierbare Konfrontation und Drohkulisse am Golf zurücknimmt. Wieso schweigen deutsche Redaktionen darüber? Sind deutsche Falken so sehr enttäuscht über das Ausbleiben ihres wahnsinnigen Kriegsprojektes am Golf?

Entlassung Schaden anrichtender Minister einfacher in den USA als in Deutschland

Solche deutschen Kriegstreiber und Lobbyisten der Rüstungsindustrie haben in Deutschland freie Bahn, sogar in Ministerien. Das präsidentielle System wie in den USA hat diesbezüglich einen bemerkenswerten Vorteil gegenüber dem parlamentarischen Parteiensystem, das in Deutschland herrscht. Der US-Präsident kann seine Autorität gelten lassen, um unerwünschten Schaden anrichtende Minister sofort zu entlassen. Im Parteiensystem ist die Autorität des Regierungsoberhauptes von den Ansprüchen der Regierungsparteien eingeschränkt. Ein Lakaie Washingtons wie Heiko Maas bleibt als unwürdiger SPD-Außenminister Deutschlands im Amt, obwohl andere Politiker wie Thomas de Mazière oder die Ko-SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hervorragende Persönlichkeiten dafür sind, den hoch repräsentativen, wichtigen Außenamtsposten im Interesse eines friedliebenden Deutschlands zu vertreten.

US-Regierung nicht zu trauen

Bei Betrachtungen über wechselnde Personen auf US-Ministerposten ist allerdings eine bedrohliche Konstante in US-Regierungen feststellbar: Die US-Regierung hält sich nicht an Abkommen. Weder an das Wiener Atomabkommen mit dem Iran noch an kein anderes. Sie verstößt beliebig gegen jede Abmachung. Neben dem Atomabkommensbruch ist auch der INF-Vertragsbruch höchst gravierend. Deshalb ist der US-Administration partout nicht zu trauen. Die EU, die den USA folgt, ist ebenso perdue.

Seit der UN-Überprüfungskonferenz der Vereinten Nationen (UN) der 189 Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags in New York vor neun Jahren (3.5.2010) stehen die USA und die EU am Scheideweg. Ihre Falschheit ist offenkundig, was ihren erklärten Willen betrifft, die Atombomben abzuschaffen. Weiterhin falsche Anschuldigungen gegen ein Mitglied der Weltstaatengemeinschaft wie den Iran zu verbreiten, offenkundigt, wie heuchlerisch und unverschämt sie handeln. Damit machen sie sich weiter unbeliebt und verlieren weiter an Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der Familie der Nationen. Vertrauen und Ehrlichkeit sind die Grundlage für jede Beziehung, sowohl zwischen Menschen als auch zwischen Staaten. Gerade diese Grundlage ist aber bei den USA und der EU verloren gegangen.

Quittung für verlogenes Spiel der USA und ihrer EU-Anhängsel

Schon damals vor neun Jahren haben die 189 Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags den USA und ihren EU-Anhängsel auf der Überprüfungskonferenz der Vereinten Nationen (UN) in New York (3.5.2010) die Quittung für deren verlogenes Spiel geliefert, das mindestens seitdem verloren war. Der damalige iranische Präsident, Mahmud Ahmadinedschad, war nicht nur der einzige anwesende Staatschef, sondern er war der einzige Teilnehmer, der zum Hauptthema konkrete substantielle Vorschläge für eine bindende Resolution präsentierte. Ein hysterischer Machtdiskurs der westlichen industrialisierten Länder versuchte vergebens, die Debatte lediglich gegen den Iran zu begrenzen.

Iran für Zeitplan zur Vernichtung sämtlicher Atomwaffenarsenale in der Welt

Die ganze nukleare Abrüstungsdebatte einseitig auf den Iran fokussieren zu wollen, ein Staat, der keine Kernwaffen besitzt und solche auch nicht besitzen will, zeigt wie unaufrichtig, ja wie unzulässig die USA selbst und die EU das UN-Ziel einer atomwaffenfreien Welt in Wirklichkeit nehmen. Dagegen sprach der iranische Präsident in seiner Rede die Wahrheit aus, als er vor der Weltöffentlichkeit den Vereinigten Staaten vorwarf, sein Land mit Atomwaffen zu bedrohen. Er bezeichnete Atomwaffen als „widerlich und beschämend“ und forderte einen Zeitplan für die Vernichtung sämtlicher Atomwaffenarsenale in der Welt.

Die USA seien der „Hauptverdächtige“ für die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen. Davon zeugten die zahlreichen US-Basen mit Atombomben in vielen Ländern der Welt. Als erstes gelte es, diese nuklearen Stützpunkte abzubauen. Der Iran werde viel kritisiert, aber wenn die USA den Iran mit einem atomaren Erstschlag bedrohen, rege sich niemand auf. So weit die Rede des Präsidenten Irans. Vor dieser hässlichen Wahrheit, die die Diplomaten der betroffenen Staaten ins Gesicht gesagt bekamen, flüchteten sie wie feige Hasen und verließen den UNO-Sitzungssaal. Sollte das Bundeskanzleramt wirklich alles dafür tun wollen, dass sich die Situation am Golf nicht verschärfe, muss die Bundeskanzlerin nicht auf Iran sondern auf die USA und deren Kollaborateure in der EU einwirken.

Feigheit und Unvermögen des Westens, sich der internationalen Realität und ihren Problemen zu stellen – elf konkrete Vorschläge Irans auf die Tagesordnung setzen

Das skandalöse Verhalten von US/EU Staaten zeigt vor den Augen der ganzen Welt nicht nur die Feigheit, sondern auch das Unvermögen des Westens, sich der internationalen Realität und ihren Problemen zu stellen. Vor allem hinsichtlich der Diplomaten aus Ländern, die ein Atomarsenal beherbergen, wie Deutschland, Italien, Japan und die Niederlande ist ihre Hasen-Flucht (UN-Vollversammlung 2010) ein Skandal. Der amtierende UN-Generalsekretär, Antonio Guterres, ist heute aufgerufen, die elf konkreten Vorschläge Irans, die sein Vorgänger Ban Ki Moon beiseite ließ, auf die Tagesordnung zu setzen, um mit ersten Ergebnissen Schritt für Schritt das Ziel einer atomwaffenfreien Welt tatsächlich eines Tages zu erreichen. Irans Präsidentenvorschläge auf der Konferenz zum Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen (Non-Proliferation Treaty NPT) und vor der UN-Vollversammlung streben nach einem völkerrechtlich bindenden Dokument, da der Washingtoner Atomgipfel zur nuklearen Sicherheit (12.-13. April 2010) keines hervorbrachte. Es war auch ein Fehler, den Iran und Nordkorea nicht einzuladen.

Gemeinsam mit den arabischen Staaten erhebt der Iran die Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten, die allerdings auch Israel einschließen muss.

Es dürfte eigentlich niemanden mehr erstaunen, dass die USA und die EU immer weiter ihren Einfluss in Zentralasien und dem Nahen/Mittleren Osten verlieren. Und in den Vereinten Nationen. Sie scheren selbst aus, während der Iran den Vereinten Nationen und der überwältigend großen Mehrheit ihrer Mitgliedsstaaten verbunden bleibt und von ihnen Applaus bekommt.

Deutschland als Mitglied im UN-Sicherheitsrat: Große Fehlentscheidung

Anders sieht es mit Deutschland aus. Es war eine große Fehlentscheidung der Weltstaatengemeinschaft, es als Mitglied in den UN-Sicherheitsrat zu wählen. Als Vasall Washingtons oder unter der Regie Frankreichs und Großbritanniens verstärkt Berlin peinlicherweise das Trio Infernale, das immer wieder durch Aggression und Krieg den UN-Sicherheitsrat verdreht und missbraucht.

Abrüstungsverpflichtungen von USA und NATO-Staaten zu erfüllen

Es sind die USA und NATO-Staaten an erster Stelle, die verpflichtet sind, einen Abrüstungsprozess in Gang zu setzen, um ihre Abrüstungsverpflichtungen zu erfüllen. Aber im Club der westlichen Großmächte weigert sich der deutsche Außenminister Heiko Maas, den nuklearen Abrüstungsvertrag zu unterzeichnen, der seit dem 7. Juli 2018 bei den Vereinten Nationen fertig bereitliegt und von der großen Mehrheit der Weltstaatengemeinschaft (=122 Staaten) unterzeichnet ist. Mit welchem Recht verlangen dann die USA und EU von anderen Staaten den einseitigen Verzicht auf atomare Kapazitäten?

Beginn der Eskalation am Golf mit ungerechtfertigter US-militärischen Inkursion

Deutsche Medien informieren wieder falsch nach dem Abschuss einer US-Drohne in der Straße von Hormus am Donnerstag 20.6. Die Eskalation der Lage am Golf begann schon viel früher, nämlich mit der ungerechtfertigten militärischen US-Inkursion im Persischen Golf. Die steigende US-Militärpräsenz am Persischen Golf nimmt selbstverständlich das betroffene Land, der Iran, als eine geplante Invasion wahr, denn was sollte es sonst bedeuten. Zugunsten einer konstruktiven und entspannenden Außenpolitik ist allerdings auf solche US-Provokationen und Militär-Operationen zu verzichten. Durch unbedachte kriegerische Rhetorik und in Gang gesetzte US-Kriegsmaschinerie am Golf ist der essentielle Dialog mit Syrien und dem Iran präjudiziert und der Friedensprozess im Nahen Osten selbstverständlich erschwert. Das Hin und Her im Weißen Haus erfolgt wegen des verheerenden Aktionismus einer abscheulichen Kriegsclique um die Falken John Bolton und Mike Pompeo und im Pentagon, die über den Kopf des Präsidenten hinweg verschwenderische wie irrsinnige Militär-Entscheidungen treffen. Der Rücktritt des Verteidigungsministers Patrick Shanahan, unmittelbar nachdem er eine weitere höchst abenteuerliche US-Militärverstärkung am Golf anordnete (18.6.), wirkte offensichtlich für die notwendige Entspannung und Deeskalation am Golf im Sinne des US-Präsidenten. Es war der zurückgetretene US-Verteidigungsminister Shanahan, der für die unsinnige militärische Verstärkung am Golf verantwortlich war. Selbstverständlich schoss das iranische Militär eine US-Drohne ab, die in der Straße von Hormus inkursionierte (20.6.) und auf zwei Warnungen des iranischen Militärs nicht reagierte. Es war kein Versehen, sondern ein unmissverständlicher militärischer Verteidigungsakt, wie der Außenminister Irans, Mohammed Dschawad Sarif, eindeutig erklärte und auf das schärfste gegen die Inkursion der US-Drohne in der Straße von Hormus protestierte. Nach den Angriffen auf Öl-Tanker im Golf von Oman (12.5. und 13.6.), die auf die ominöse militärische US-Präsenz am Golf hindeuten, ist das iranische Militär in höchster Alarmbereitschaft und reagiert sofort auf jede verdächtige Erscheinung. Was hatte eine US-Drohne im Golf von Oman zu suchen? Der Abschuss der US-Spionagedrohne war eine entschlossene, klare Reaktion des Irans auf unerwünschte und verdächtige Inkursionen. Iran hat nicht vor, mit irgendeinem Land Krieg zu führen, aber ist vollkommen auf einen Krieg vorbereitet, wie der Kommandeur der Revolutionsgarde, Hussein Salami, mitteilte (SZ 21.6.19). Der US-Präsident wurde von den Falken gedrängt, Vergeltungsmaßnahmen anzuordnen, aber er ließ sich nicht beeinflussen und stoppte nach gesundem Menschenverstand im Moment der klaren Erkenntnis der unermesslichen Gefahr die vorgesehenen Militärschläge des Pentagons, deren Folgen unverhältnismäßig gewesen wären. (ZDF-Heute und ARD-Tagesschau 21.6.19) Die Kriegsclique und Iran-Falken in Washington sind sofort aus der Trump-Administration zu entfernen. Sie sind verantwortlich für die Zuspitzung der Lage am Golf. Hubert Wetzel berichtet sachlich und richtig (SZ 22.6.19): <Der Präsident hat kein Interesse, die USA in einen größeren Krieg in Nahost zu verwickeln. Im Gegenteil: Er will die US-Einsätze in der Region beenden… Dass Trump mit Teheran reden will ist bekannt… Allerdings bleibt auch jetzt wieder unklar, worüber er eigentlich genau verhandeln will. Schließlich war es Trump, der vor einem Janr einseitig das bestehende Atomabkommen gekündigt hat … und der versucht, Iran wirtschaftlich zu strangulieren. … aus Teheran heißt es kategorisch, es gebe derzeit mit Donald Trump nichts zu besprechen.> („In letzter Minute“ von Hubert Wetzel, SZ 22.6.19)

Militärische Drohungen und harte Sanktionen führen zur Eskalation

Aus der „Islamic Consultative Assembly“ vom Iran hatte der Präsident des iranischen Parlaments, Ali Larijani, vor Jahren vor Versuchen der USA und des zionistischen Westens gewarnt, das Libyen-Model in Syrien zu wiederholen. Frankreich, Großbritannien und Falken aus Washington erwägen diesen Wahnsinn. („Stunde der Falken“ von Nicolas Richter, SZ 7.5.2013) Militärische Drohungen und harte Sanktionen führen zur Eskalation und Zuspitzung der Lage, die jede vernünftige Außenpolitik stören oder verhindern. <Über einen Brief an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, rief der iranische Botschafter bei den Vereinten Nationen die USA auf, ihre „illegalen und destabilisierenden Maßnahmen“ am Golf zu beenden.> („Kartenlesen im Krisenmodus“ von Anna Reuss, SZ 22.6.19).

Blockade gegen den Iran und militärisches Drohpotenzial am Golf beenden

Sanktionen müssen allerdings aufgehoben werden, um die Entspannung mit dem Iran wirklich zu fördern und eine vertrauenswürdige Basis für Normalisierung der Beziehungen mit Teheran zu schaffen. Taten haben mehr Gewicht und Überzeugungskraft als Worte. Der US-Präsident sollte sich von dem fanatischen hässlichen Einfluß zweier Falken in seiner Umgebung befreien: John Bolton und Mike Pompeo, die entlassen werden müssen. Somit muss Donald Trump selbst entscheiden, die unmenschliche wirtschaftliche Blockade gegen den Iran und das militärische Drohpotenzial am Golf zu beenden. Das wären vertrauenswürdige Maßnahmen, um eine glaubwürdige Basis zu schaffen für ernste Gespräche mit dem Iran. Nur Dialog und direkte Beziehungen helfen dabei. Direkte Gespräche und diplomatische Beziehungen mit Syrien, dem Iran und Nordkorea sind unentbehrlich als besonnene Haltungen und konstruktive Schritte, die in der Tat zur Deeskalation und zu vertrauensbildenden Maßnahmen führen werden, um sinnlosen Terror und Drohung beiseite zu lassen.

Rechtswidrige Ansicht gegenüber Iran richtigstellen

Die EU-Politik gegenüber dem Iran ist richtig zu stellen. Tatsächlich haben die EU-Regierungen eine Reihe von Forderungen, die als illegitim und illegal inakzeptabel sind. Im Zentrum stand dabei von Anfang an die rechtswidrige Ansicht, Iran müsse auf wesentliche Teile seines zivilen Atomprogramms verzichten. Außerdem solle sich Iran Kontrollen unterwerfen, die weit über seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) hinausgehen. Zudem stellten die USA an den Iran zusätzliche Forderungen, die nicht das geringste mit dem Atomprogramm zu tun haben, sondern unter anderem die Unterstützung von Hisbollah und Hamas betreffen. Mit anderen Worten, es sind völlig inakzeptable alte Forderungen, die aus dem Jahr 2010 datieren. Die Krise ist nicht erst seit der Atomabkommenskündigung am 8.5.2018 ausgebrochen, sondern besteht schon lange wegen der verfehlten US/EU-Außenpolitik im Nahen/Mittleren Osten.