Von
Evelyn Hecht- Galinski, 31.10.2013
„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt.“ Dieses bekannte Lied wurde schon einmal zu Propagandazwecken gesungen und missbraucht. Was machen heutige Politiker? Sie sprechen von freundschaftlichen Beziehungen zu anderen „befreundeten“ Ländern und Politikern, von Wertegemeinschaften. Der Deutsche an sich will geliebt werden und Freunde gewinnen, aber die Politik sollte frei von diesen Floskeln sein und sich auf das Wesentliche besinnen, nämlich: wem nützt es?
Was machen die Politiker stattdessen? Sie treffen sich fernab von den Bürgern in zu Hochsicherungstrakten abgeschirmten Luxusreservaten und Schlössern, sie lassen ganze Städte und Stadtteile absperren, schweißen Gullys ein, sperren und überwachen Lufträume, um sich dann ungestört vom Volk auszutauschen. Die Ergebnisse die sie nach Hause bringen, sind mehr als mager, aber mehr als kostspielig. Sie küssen sich vor den Fotografen, sie duzen sich („You can say you to me!“) und laden sich als Steigerung in ihre jeweiligen privaten Domizile ein. Angekommen in der schönen neuen Blackberry/Apple-Welt – ist das noch eine ernstzunehmende Politik?
Mitnichten, es ist nur noch ein Zurschaustellen der eigenen Person, für welche Zwecke auch immer, natürlich besonders für die eigenen. Nehmen wir Kanzlerin Merkel, eine Politikern pragmatisch und uncharmant, aber mehr als machtbewusst. Doch sie hat eine politische Vergangenheit, die sie darüber hinwegsehen ließ, vom „Freund“ abgehört zu werden. Sie sah immer nur Feinde in Staaten wie China und Russland. Datenschutz schien ihr – wie es scheint – auch mehr als Nebensache. Besaß sie zwar ein vermeintlich abhörsicheres Handy und eine noch sicherere Festnetzleitung, benutzte aber meistens ihr Parteihandy, wie berichtet wird.
Ist eine Kanzlerin, die zwar meint Ausspähen unter Freunden geht gar nicht, die aber trotzdem die amerikanischen und israelischen Freunde so fest in ihr Herz geschlossen und an die dekorierte Brust gepresst hat, dass diese eigentlich nichts mehr verkehrt machen können, noch in der Lage effektiv zu regieren? Wohl kaum. Inzwischen hört man, dass „Freund“ Hollande, mit dem sie zusammen die NSA-Affäre aufklären wollte, selbst im Rahmen des „Five Eye“-Abkommens (USA, Großbritannien, Neuseeland, Australien und Kanada) Informationen lieferte. Unter dem Codenamen „Lustre“ schloss Frankreich ein sogenanntes Drittparteiabkommen mit diesen „Five Eyes“. Diesen Berichten zufolge sind sie alle mit im Boot, auch Schweden und Italien und – man staune (eigentlich nicht!) – Israel mit dem Codenamen „Ruffle“ („Rüsche“)! Wahrlich eine delikate Angelegenheit, wenn man von so vielen Freunden ausspioniert wird.
Ein Angriff auf Merkels Lieblingshandy – konnte es eigentlich schlimmer kommen? Ein „Drohnenkönig“ und Friedensnobelpreisträger der besonderen Art, der Merkel so interessant fand, dass er sie schon seit Jahren ausspionierte und sich die Berichte von der NSA sogar wie es scheint direkt ins Weiß Haus liefern ließ. Eine simsende Kanzlerin, so kennt man sie, wenn sie nicht gerade küsst, geküsst wird, oder einen Preis empfängt.
Hier sind wir nun bei einem gravierenden Punkt, werden durch Preisverleihungen und Ehrendoktorwürden nicht alle führenden Politiker in einer unerträglichen Art und Weise aufgewertet und fügsam gemacht? Sehen wir uns nur anhand von Frau Merkel dieses Phänomen an – am Beispiel von ein paar ausgesuchten Preisen und Ehrendoktorwürden an die „mächtigste Frau der Welt“:
– Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik, verliehen am 21. März 2006
– König-Abdulaziz-Orden, der höchste Orden Saudi-Arabiens für ausländische
Regierungschefs, verliehen im Jahr 2007
– Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, erhalten von Bundespräsident Horst Köhler am 11. Januar 2008
– Großkreuz des Ordens El Sol del Peru verliehen vom peruanischen Präsidenten Alan Garcia am 17. Mai 2008
– Großkreuz des Ordens des Infanten Dom Henrique, verliehen am 2. März 2009
– Stara Planina, der höchste bulgarische Orden, erhalten am 11. Oktober 2010
– Presidential Medal of Freedom, die gleichrangig mit der Congressional Gold Medal höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten von Amerika, verliehen von Barack Obama(!) am 7. Juni 2011
– Karlspreis für ihre Verdienste um die Weiterentwicklung der Europäischen Union, erhalten am 1. Mai 2008, mit Laudatio von Staatspräsident Sarkozy
– Eric-M.-Warburg Preis der Atlantik Brücke, verliehen am 25. Juni 2009 in der Library of Congress in Washington
– Deutscher Medienpreis2009, verliehen am 9. Februar 2010 in Baden Baden. Dazu hatte die Jury eine rührende Begründung der Entscheidung, die ich den Lesern nicht vorenthalten möchte. „Im Mittelpunkt ihres politischen Denkens und Handelns… stets der Mensch (stehe). Die Würde und die Rechte des Individuums leiten Angela Merkel bei ihren politischen Entscheidungen, die geprägt sind von der Berechenbarkeit und Verlässlichkeit. Weiter verfolgt die Kanzlerin einen Kurs, der die Partnerschaft in den Vordergrund stellt, ohne dass sie manchmal notwendige Konfrontationen scheut“.
Kommen wir jetzt noch explizit zu ein paar jüdischen und israelischen Preisen und Ehrungen:
– Leo Baeck-Medaille für ihr Engagement für die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, erhalten am 21. September 2010 in New York
– Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums in Berlin, verliehen am 24.Oktober 2011 in Berlin
– Heinz Galinski Preis, verliehen am 28. November 2012
– Ehrendoktorwürde in Philosophie der Hebräischen Universität Jerusalem, verliehen im Jahr 2007
– Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv, verliehen am 1. Februar 2011
– Preis des Europäischen Judentums, der Rabbi-Lord-Jacobovits Preis, verliehen am 22.Mai 2013 in Brüssel
Nach dieser kleinen Auswahl der vielen Preise und Ehrungen hier nun ein paar pikante Auszüge aus Merkels Äußerungen in puncto Israel:
„Im Fall einer Krise wegen iranischer Kernwaffen wird Deutschland Israel unterstützen. Das heißt, dass wir nie neutral sind, sondern dass Israel sich unserer Unterstützung für seine Sicherheit sicher sein kann. Deshalb habe ich auch gesagt, das Eintreten für Israels Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson.“ Auch Antizionismus ist für Kanzlerin Merkel nicht legitim, denn „für diejenigen, die wie ich der Auffassung sind, dass die Juden als Volk ein Recht auf Selbstbestimmung haben, ist der Zionismus als nationale Bewegung des jüdischen Volkes Ausdruck genau dieses Rechts, das ihm von seinen Gegnern abgesprochen wird“. Diese Aussagen machte Merkel während eines Interviews, das sie der „Jewish Voice from Germany“, Herausgeber der „Musterjude“ Rafael Seligmann, gab. Natürlich kein Wort über die völkerrechtswidrige Politik des „jüdischen Staates“. Immer wieder das besondere oder freundschaftliche Verhältnis zu Israel oder zu den USA. Nochmals: Politik bedeutet Zweckbündnisse, Interessenvertretungen.
Tatsächlich ist das Ganze auch ein Musterbeispiel dafür, was Preise bewirken, ein Beispiel dafür, wie man Politiker mit Preisen kauft und für sich gewinnt. Darf Politik so gemacht werden? Nein, natürlich nicht, aber gerade Politiker sind eitel und daher besonders anfällig für Lob und Preise.
Damit sind wir dann auch wieder beim Thema Ausspähen und Aushorchen, und da hat auch die SPD nicht anders gehandelt, als andere Regierungen, wenn sie an der Macht waren. Ich las schon durch Zufall im Jahr 2012 in der Badischen Zeitung ein sehr interessantes Interview mit dem Freiburger Historiker Josef Foschepoth. Was dieser Professor offenlegte, war für mich erschreckend und zum Teil neu. Dass die Alliierten quasi bis heute alle Rechte haben und auch nutzen. Heute noch vereinfachter, da keine Briefe mehr geöffnet werden müssen, sondern nur noch E-Mails zu knacken sind, so Foschepoht. Siehe
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-10/nsa-uerberwachung-merkel-interview-foschepoth. Ich empfehle auch unbedingt sein Buch „Überwachtes Deutschland“.
Auch die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD machen wenig Hoffnung auf eine Änderung der Verhältnisse. Der SPD scheint es inzwischen mehr auf die Zahl der Ministerposten anzukommen, als auf die Substanz. Sie sind so scharf auf die dazu gehörenden Vergünstigungen, Personal und Dienstwagen und Posten. Sie umarmen und lieben sich, „dass die Schwarte kracht“. Dazu fällt mir der alte Witz ein: Was ist der Unterschied zwischen dem Hausfreund und dem Freund des Hauses? Der Freund des Hauses kommt wenn er will, der Hausfreund will wenn er kommt. Also beide wollen….
Zwar ist die SPD jetzt auch für einen Untersuchungsausschuss in Sachen NSA und Lauschangriff, aber eine wirkliche Opposition gegenüber der CDU ist momentan nicht zu erwarten. Hört man Hans-Ulrich Klose, den Atlantikspezialisten der SPD im DLF-Iinterview, sind das ganz andere Töne, die so gar nicht zur SPD passen, oder doch? Siehe
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/2300149/.
Es ist kaum zu erwarten, dass Thomas Oppermann oder andere bei den Koalitionsverhandlungen Führende und sich auf kommende Posten freuende Verhandelnde noch einen Rücktritt dieser „Freunde“ fordern werden, weder den von Friedrich noch den von Pofalla, wo man doch jetzt einträglich in den Koalitionsgruppen beisammen sitzt und um die Posten ringt.
Ach ja Kurt Beck – man erinnert sich – der ehemalige langjährige Ministerpräsident von Rheinland Pfalz, der aus Gesundheitsgründen vorzeitig abtrat. Er ist jetzt außer Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung zusätzlich Berater für den Pharma-Konzern Boehringer Ingelheim. Nach dem „Gasverkäufer“ Schröder, jetzt der „Pillendreher“ Beck. Auch da verstehen sich die Politiker aller Couleur wieder sehr gut, wenn die Lobbyisten mit einem lukrativen Posten winken. Und wie zu hören ist, will die SPD jetzt 7 Ministerposten, 2 Vizes für den Bundestag hat sie sich ja schon erkämpft. Das wird also ein „Riesenkabinett“, größer als je zuvor.
Was wären meiner Meinung nach die wichtigen Punkte, die es anzupacken gäbe? Eine vernünftige Nahost-Politik, nicht einseitig zu Gunsten Israels. Da ist auch die SPD gefragt, gerade nach der glücklicherweise missglückten Baumpflanzaktion für den Jüdischen Nationalfonds (JNF/KKL). Eine Aussetzung der Verhandlungen über das Freihandels- und Swift-Abkommen mit den USA und der Schutz vor Industrie-Spionage. Endlich die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die uns allen, nicht nur der Kanzlerin mehr Sicherheit geben, nicht mehr von „Freunden“ so dreist bespitzelt zu werden. Naiv, natürlich, aber besser naiv als käuflich!
Aber auch die Linke in Gestalt von Sarah Wagenknecht lässt mich nachdenklich werden. Las ich doch im neuen Spiegel, dass sie sich ausgerechnet für den Hedgefond-Finanzjongleur Florian Homm, den Neckermann-Großneffen einsetzt, der seit März in Italien in Auslieferungshaft sitzt. Er soll Anleger um mehr als 200 Millionen Dollar geprellt haben. Siehe
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/mutmasslicher-anlagebetrueger-florian-homm-schon-okay-wenn-man-mich-aasgeier-nennt-1.1622193. Interessant dass sich gerade Frau Wagenknecht, die sich als Finanzmarktkritikerin einen Namen gemacht hat, nun als Vize der Bundestagsfraktion der Linken für diesen mehr als schillernden Börsenspekulanten und Nachkommen des „Herrenreiters für Deutschland“ und Arisierungsgewinners einsetzt. War er vielleicht ein Freund von Oskar Lafontaine?
Fazit: Es sieht nicht gut aus, im Parteienland Deutschland. Wer denkt eigentlich noch an uns normale Bürger?
Evelyn Hecht- Galinski