Frieden für Palästina und Israel braucht eine vielseitige Verhandlungsbühne

Nahostpolitik

Meinung, Ranjan Solomon, 02.02.2018

Frieden für Palästina und Israel braucht eine multilaterale Verhandlungsbühne

Allzu lange hat die Welt unter der gedankenlosen Illusion gelebt, dass der Frieden zwischen Israel und Palästina von den USA vermittelt werden könne – und dass die Region innerhalb der Sphäre ihres politischen Einflusses läge. Das hat sich als eine Fiktion erwiesen, und sogar während man sich in den letzten Wochen noch amüsiert hat nach Trumps Erklärung, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels sein würde, sprang die EU in den Ring und verlangte einen gleichen Raum im Friedensprozess.

Die EU und die USA kämpfen um ihren Einfluss und verteilen Millionen Dollars an beide Seiten, vielleicht mit einem nicht ausbalanzierten Vorteil zu Gunsten von Israel. Jetzt sagt die EU: „Nichts ohne die USA – nichts nur mit USA allein.“

Manchem würde das zynisch klingen. Aber man kann auch argumentieren, dass keine dieser Parteien tatsächlich zu einem gerechten Frieden verhelfen kann.

Palästina muss sich auf die Realpolitik einlassen, dass nämlich die westlichen Parteien die einzigen Mediatoren sind. Diese exzessive Abhängigkeit von der Mediation durch die USA prophezeit nichts Gutes. Sie hat nichts Gutes produziert. Mit ihrem Rückhalt bei den Politikern der USA werden die Zionisten keinen Zentimeter ihrer Macht abgeben, und sie werden nur versuchen, ihren bösartigen Zugriff auf palästinensische Territorien zu vergrößern.

Die EU mit ihrem „Holocaust-Komplex“, den sie niemals aus ihrem Leben verdrängen kann, wird nur nach harmonisierenden Maßnahmen ausschauen, die Israel den Vorteil bringen beim Ergebnis von jeglichen Verhandlungen. Das wird nicht in die Forderungen nach Gerechtigkeit passen, die die endgültigen Statusfragen lösen sollen.

Friedensgespräche gehen um Versöhnung.

Und Versöhnung ist undenkbar, solange man den Palästinensern keine bona fide Gerechtigkeit entgegenbringt. Mit Geld kann man Gerechtigkeit nicht kaufen und die EU mag versucht sein, mehr Hilfe in den politischen Mix zu werfen, als ob zugeführte Hilfsgüter Gerechtigkeit erzeugen könnten für die verwundete Bevölkerung von Palästina. Weder die EU noch die USA können glaubhaft machen, dass ihre Absichten und Interessen an einer Lösung integer sind. Beide mögen das Problem aus dem Wege wünschen, aber sie wollen sich nicht einmal in ein sauberes Gespräch einlassen, das zu dauerhaften und haltbaren Lösungen führt.

Es gibt einfach keine politische Investition der Art, wie der Westen sie besitzt. Alles, was sie anzubieten haben, ist eine „kein-Krieg-kein-Konflikt-Friedenszone“, eine Art von Friedhofs-Frieden. Für sie ist Gerechtigkeit das Ideal, das sie verkleiden möchten mit einer Augenauswischerei, die die Welt gegenüber der Gerechtigkeit blind macht. Sie mögen Oslo wieder aufwecken unter einem anderen Kleid und dann die Palästinenser als unvernünftig etikettieren, weil sie die Formeln, die sie fabrizieren, ablehnen müssen.

Bei den Vereinten Nationen hat Palästina überlebt und ist fast nur durch die Unterstützung der Länder der sogenannten „Dritten Welt“ gewachsen. Europa und die USA haben dazu tendiert, negative Voten einzubringen oder einfach mit alarmierender Häufigkeit fern zu bleiben. Die Lobbys in diesen Ländern kontrollieren, was ihre Regierungen sagen wollen oder nicht sagen wollen zu Gunsten Palästinas. In einem solchen Kontext ist es für die EU arrogant, einen Platz am Vermittlungstisch nur mit den USA zu verlangen.

Seit die Non Aligned Movement (NAM = Gruppe von Staaten, die nicht formell für oder gegen einen großen Machtblock stehen – 2012 gehörten 120 Staaten dazu) bis zu dem Punkt schwächer geworden ist, wo sie nicht mehr die Kraft darstellt, die sie einst war, kann sie keine politische Macht mehr sein. Aber es ist dennoch nicht tot und vorbei. Mit mehr als 120 Mitgliedern – nicht mitgezählt sind 11 Beobachterstaaten –  bleibt es der größte Block.

Unter den Mitgliedstaaten sind signifikante Länder: Brasilien, Jordanien, Ägypten, Iran. Indien, Indonesien, Nigeria und Südafrika. Dann ist da die Türkei, außerhalb von NAM, aber von gewichtigem Einfluss im Mittleren Osten. Und wie kann eine ernstzunehmende globale Verhandlung ohne China, Japan und Russland geführt werden? Die Gegenwart dieser zusätzlichen Länder wird ein Gegengewicht zu der Versuchung darstellen, einseitige, sogar rassistische Forderungen von den Palästinensern zu verlangen.

Verzögerungen werden Israel nur befähigen, den Konflikt für eine Zeit am Leben zu erhalten, während der sie sich mehr Land aneignen können und schädliche Fakten am Boden, die schwierig rückgängig zu machen oder umzukehren sind.

Wenn die Leiterin der EU-Außenpolitik, Federica Mogherini, sagt: „Jeder Rahmen für Verhandlungen muss multilateral sein und muss alle Spieler einbeziehen“, so bezieht sie sich nur auf den Club der selbsternannten Führer aus dem Westen.

Israel kam dazu aufgrund der schlimmsten Art von Rassismus in Europa. Die Lösung war ungleich und verkomplizierte die Dinge bis zu dem Punkt, an dem Lösungen schwer durchzuführen waren. Sie war ein Konstrukt des Westens. Der Westen muss jetzt das politische Gefühl beweisen, seiner rassistische Arroganz abzusagen und eine breitere Repräsentanz von Ländern zusammen zu bringen, um in einem vorgegebenen Zeitrahmen eine endgültige Lösung auf den Tisch zu legen.

Europa und die USA wissen nicht, wie sie Israel gegenübertreten sollen

Israel hält alle politischen Würfel in der Hand, und eine vom Westen auferlegte Lösung ist ein Nicht-Starter, weil sie Bedingungen diktieren kann. Europa und die USA mit ihrem Holocaust-Komplex haben auch elendiglich verfehlt, das legitimste gewaltlose Instrument zu unterstützen, das den Palästinensern zugänglich ist: BDS! Die pro-Israel Lobbys wollen mit Praktiken nichts zu tun haben, die Israel isolieren.

Wie ein Haaretz-Leitartikel formuliert: „Mit der EU in relativem Niedergang und mit dem Wachsen verschiedener rechter, nationalistischer oder populistischer Regierungen und Parteien in Europa, von denen viele pro-Israel sind und anti-Muslim, hat es den Anschein, dass die Verpflichtung und Fähigkeit der EU, den Konflikt zu lösen, in der Tat weit geringer ist als sie war, und weit unter den Erwartungen der Palästinenser.“

Der Westen als Ganzes ist einfach seiner Aufgabe nicht gerecht; daher eine breitere Allianz für Verhandlungen.

Beitrag zugesandt von Ellen Rohlfs, 16.02.2018