Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 30.04.2020
Betr.: EU-Ratssitzung als Videokonferenz auf Ministerebene „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 22.2.2020 und Erklärung des Hohen Vertreters der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell (Meldung vom 23.4.20)
Plumpe Fortsetzung einer tradierten räuberischen israelischen Politik
Einem Staat zu drohen ist keine legitime politische Handlung. Die Europäische Union droht keiner anderen Regierung. Dies wäre auch keine seriöse legitime Außenpolitik. Aber was tut die EU hinsichtlich Israel? Die Koalitionsvereinbarung für die angetretene neue israelische Regierung enthält die Zusage, dass die israelische Regierung und das israelische Parlament ab kommenden Juli mit Abstimmungen fortfahren werden, um große Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Das ist nichts Neues von Netanjahu, sondern die plumpe Fortsetzung einer tradierten räuberischen israelischen Politik, die auf unbegrenzte Expansion in Palästina zielt.
Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, mit schwacher Sprache zu Israels Annexionsabsichten
Am Donnerstag (23.4.20) bekräftigte der Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, die Position des 27-Nationen-Blocks, dass „jede Annexion eine ernsthafte Verletzung des Völkerrechts darstellen würde“. „Die Europäische Union wird die Situation und ihre weiteren Auswirkungen weiterhin genau beobachten und entsprechend handeln“, fügte Borrell hinzu. Das ist sicherlich eine schwache Sprache, eine unangemessene Ausdrucksweise, denn Israel muss für sein völkerrechtswidriges Verhalten mit Konsequenzen rechnen. Das ist selbstverständlich. Schritte zur Annexion sollten, wenn sie umgesetzt würden, nicht unangefochten geschehen. Das ist sonnenklar für alle EU-Regierungen, die es jahrelang unterlassen haben, auf Israel erfolgreich einzuwirken und tatsächlich Israels Regierung nicht länger bedingungslos unterstützen dürfen, da sie eine Rechtsverletzung nach der anderen, ein Verbrechen nach dem anderen begeht. Bereits 1967 annektierte Israel das besetzte Ostjerusalem und 1981 die Golanhöhen Syriens – beides grobe Verstöße gegen das Völkerrecht. Die EU hat nicht darauf konsequent reagiert: Keine Sanktionen, sondern jahrzehntelang weitere Kollaboration durch militärische Zusammenarbeit mit Israel, um seine Kriegsindustrie zu stärken!
Prompte Schritte der EU erforderlich gegen US-Unterstützung Israels für illegale Handlungen
Die Trump-Administration hat inzwischen ganz klar grünes Licht für die illegale Annexion gegeben. Am Mittwoch 22.4.20. bestätigte Außenminister Mike Pompeo, dass die USA die Angelegenheit als eine „israelische Entscheidung“ betrachten. Das erfordert prompte Schritte der EU gegen die inakzeptable US-Unterstützung für illegale Handlungen Israels. Die USA unterlaufen die Funktion der Vereinten Nationen, einer Welt-Institution, indem sie sich unkritisch und skrupellos an die Seite eines wiederholten Aggressors in Nahost stellen, nämlich Israel.
Fehlt der EU, Israels größtem Handelspartner, der Wille und die Glaubwürdigkeit zum Handeln? Ein solcher Mangel wäre skandalös, gravierend verantwortungslos und würde die EU erneut als völlig überflüssiges, korruptes und dekadentes Konglomerat diskreditieren.
Frage des Umgangs mit Hamas
Es ist höchste Zeit, sich mit Palästina zu beschäftigen und mit den Palästinensern enge Beziehungen zu pflegen. Es ist schon über elf Jahr her, dass Paris ein gut konzipiertes Abschlussdokument der EU-Außenminister in Brüssel vorlegte (27.1.2009), worin sich die EU darauf verständigen würde, die Palästinenserorganisation und Partei “Hamas” als Gesprächspartner der Palästinenser anzuerkennen. Deutschland fügte sich dem Druck aus Israel und ließ die französische Initiative scheitern. Zu Recht zog dann der britische Außenminister in Erwägung, Hamas anzuerkennen. Schließlich geht es um die Befreiung Palästinas, und Hamas ist in diesem Zusammenhang als eine Befreiungsbewegung anzusehen, wie die PLO 1964. Schon die Tatsache, dass Washington mehr als ein Jahrzehnt lang Gespräche mit der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO ausgeschlossen hatte, verzögerte auf verantwortungslose Weise den Friedensprozess in Palästina. Über ein Jahrzehnt später geht Washington hinsichtlich Hamas genauso unverantwortlich dasselbe Risiko ein. Politische Kontakte mit Hamas sind auf Dauer unvermeidlich. Großbritannien hat es verstanden, genauso wie Frankreich, Russland, die Schweiz und andere europäischen Länder. Die Frage des Umgangs mit Hamas ist nicht länger zu vertagen.
CDU/CSU-SPD-Bundesregierung steigert Ausmaß an EU-Inkompetenz gegenüber Israel
Im selben Jahr 2009 kam die CDU/CSU-SPD-Bundesregierung ein zweites Mal dazwischen, um eine angemessene starke EU-Haltung gegen die rechtsradikale israelische Regierung zu torpedieren. Dadurch steigerte sich das Ausmaß an Inkompetenz der EU gegenüber Israel von schlimm zu schlimmer, wie sich in Brüssel am 9.7.2009 bloßstellte: In der Tat machte die EU-Kommission eine völlig unangebrachte unbegründete Kehrtwende, indem sie eine scharf formulierte Stellungnahme zur völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungspolitik zurückzog und sich vor der rechtsextremen Regierung Tel-Avivs wieder unsouverän verbeugte.
Wachsende internationale Kritik am verbrecherischen israelischen Vorgehen
Deutliche Kritik an Israel war zum ersten Mal in der EU vom belgischen EU-Kommissar Louis Michel zu hören (13.1.2009) zusammen mit der wachsenden internationalen Kritik an dem verbrecherischen israelischen Vorgehen. Auch die tschechische EU-Ratspräsidentschaft kritisierte eindeutig die inhumanen Handlungen Israels in Gaza. Die Maghreb-Staaten, Mauretanien, Tunesien, Algerien und Marokko brachen diplomatische Beziehungen mit Tel Aviv ab und distanzierten sich von der EU.
Deutschland ist längst kein Akteur in der Weltpolitik mehr, vor allem nicht im Nahost-Konflikt, aber es wirkt hinderlich. Diese unangebrachte Haltung hat Berlin dringend zu ändern.
Zwei US-Staatspersönlichkeiten zeigen richtigen Umgang mit Israel: Präsident Dwight Eisenhower und Außenministerin Hillary Clinton
In Bezug auf den Umgang mit Israel müssen Außenpolitiker und Kanzleien vom Verhalten zweier US-Staatspersönlichkeiten lernen: US-Präsident Dwight Eisenhower, der Israel nur durch massiven Druck zwingen konnte, sich im Jahr 1956 aus dem Sinai zurückzuziehen. Und dann Hillary Clinton, die ein halbes Jahrhundert später auch den erforderlichen harter Zwang dezidiert ausübte, um Israel zum richtigen Kurs zu bewegen. Es war ihre erfolgreiche Mission in Tel Aviv am 21.11.2012, die den wirksamen Hebel schon vorzeichnete. Deutsche, europäische Außenpolitiker sollten endlich diese Lektion lernen, nämlich die Art und Weise, wie wirkungsvoll gegenüber Israel zu handeln ist.
Schwäche vor Israel ein kapitaler Fehler
Härte ist angesagt gegen eine willkürliche, widerwillige Regierung. Schwäche vor Israel ist ein kapitaler Fehler. Im Gegensatz zum gegenwärtigen US-Außenminister und im Gegensatz zu seinen europäischen Kollegen spielte die damalige Außenministerin Hillary Clinton eine wirksame Rolle gegenüber dem Täter der Luftangriffe auf Gaza im November 2012. Sie erreichte mit Härte und Entschlossenheit vor dem israelischen Premier, die israelischen Angriffe auf Gaza zu stoppen. Da war „Druck, massiver Druck“ nötig, hieß es später in der internationaler Presse. Diese Lektion ist nicht zu ignorieren, selbst wenn Zionisten daran interessiert bleiben, den bedeutsamen Erfolg von Clinton gegen Israel weiterhin zu verschleiern und herunter zu spielen. Nur durch Härte und Druck konnte die US-Außenministerin auf die gewalttätige widerwillige israelische Regierung einwirken, um prompt ein akzeptables Einlenken von Tel Aviv zu erlangen. Der US-Präsident Donald Trump, sein Außenminister Mike Pompeo und alle europäischen Außenminister machen sich selbstverständlich schuldig, wenn sie keinen Druck auf Israel ausüben. Deutschland hat den unverschämten sogenannten „Friedensplan“ von Trump und Netanjahu als völkerrechtswidrig verurteilt, aber keine Konsequenzen gegen Israel gemeldet. Berlin darf nicht länger gemeinsame Sache mit dem heutigen aggressiven Kriegsverbrecher Israel machen, sondern muss harte Sanktionen gegen ihn ergreifen, will es mit seinen Erklärungen glaubwürdig vor der internationalen Weltöffentlichkeit erscheinen.