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Evelyn Hecht- Galinski, 13.11.2013
Der Ex-Moldawier und Ex-Türsteher Avigdor Lieberman ist wieder zurück im israelischen Außenministerium. Was man befürchtet hatte ist wahr geworden. Ein Korruptionsprozess mehr in der langen Reihe früherer im „jüdischen Staat“, der auch wieder in einem Freispruch endete. 17 Jahre Arbeit der Staatsanwaltschaft umsonst, verrieselt wie der Sand in der Negev Wüste. Aber ehrlich gesagt, ich hatte nichts anderes erwartet.
Wirkliche Schuldsprüche für israelische Politiker? Eigentlich nur für den ehemaligen Präsidenten Katzav wegen sexueller Vergehen und Vergewaltigung. Der ehemalige Ministerpräsident Olmert wurde wegen Untreue und Korruption verurteilt, aber mehr als löchrig und viele Fragen offen lassend. Ein paar andere führende israelische Politiker waren auch in Korruptionsaffären verstrickt, aber nur in wenigen Fällen mit gravierenden Konsequenzen? Israel ist zu einem Land avanciert, wo persönliche Bereicherung in der Politik immer wichtiger für die Funktionsträger wird. Sie zeigen dabei eben so wenig Schuldbewusstsein, wie bei der Besatzungspolitik.
Aber zurück zum rechten Lieberman. Er war doch im Grunde nie wirklich weg. Er durfte sich trotz des laufenden Korruptionsprozesses in die Knesset (Israelisches Parlament) wiederwählen lassen. Dort konnte er den außenpolitischen Ausschuss weiterleiten. Trotz schwerwiegender Korruptionsvorwürfe, wie Geldwäsche, Betrug und Veruntreuung wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Lieberman wurde verdächtigt Bestechungsgelder angenommen und Zeugen bedrängt zu haben. Er soll über ausländische Firmen und Bankkonten, auch in seiner Kabinetts- und Abgeordnetenzeit mehrere Millionen erhalten haben.
Eine schmutzige Geschichte
Nicht zu beweisen? Was für ein Mazel! Im aktuellen Prozess, ging es laut Lieberman „nur“ um die Kleinigkeit von Amtsmissbrauch und Betrug. Da ist Lieberman jetzt auch fein raus und kann sich über diesen Freispruch freuen. Es war eine schmutzige Geschichte, in der es um eine Verschlusssache ging, die sich – wie der Staatsanwalt feststellte – Lieberman vom israelischen Botschafter in Weissrussland Zeev Ben Arieh besorgt hatte. Worum ging es? Es konnte Lieberman nicht nachgewiesen werden, dass er Ben Arieh gefördert hätte, weil dieser ihm vertrauliche Hinweise über gegen ihn laufende Korruptionsermittlungen zukommen lies. Es kam zu einer unbestrittenen Übergabe eines Umschlags, der aber laut Lieberman nicht von ihm angenommen wurde, sondern er hätte Ben Arieh gesagt, diese Dokumente müssten im WC herunter gespült werden. Wie passend für diese Affäre und für diese Hauptperson!
Die Anklage versuchte leider vergeblich Lieberman zu beweisen, dass er von Ben Arieh dieses Kuvert angenommen hatte. Als Dank für diese (nicht bewiesene!) Geste, machte Lieberman Ben Arieh nach seiner Wahl zum Außenminister erst zu seinem Berater und verschaffte ihm danach den von Ben Arieh gewünschten Posten als Israels Botschafter in Litauen.
Dieser mehr als unerfreuliche Prozess zeigt wieder einmal wie die Wirklichkeit im „jüdischen Staat“ aussieht. Wie schrieb Haaretz? Zeugen vor Gericht schienen so eingeschüchtert, „als ob ihnen einer eine Pistole an den Kopf halte“. Auch war es so gut wie unmöglich ausländische Zeugen vorzuladen. So kam es halt wie es kommen musste, Freispruch für Lieberman. Wie meinte dieser? Er könne sich jetzt endlich wieder neuen Herausforderungen widmen. Israel macht es vor, wie es geht. Lieberman wird weiter, auch mit Hilfe seiner Tochter seine „sauberen“ Geschäfte machen, seine Millionen sammeln und demnächst wieder Israel nach „außen“ in der Welt vertreten und damit erneut Israels „faschistoides“ Gesicht zeigen. Er ist doch nur einer der vielen politischen Vertreter dieser korrupten politischen Elite in Israel.
Lieberman wird schon dafür sorgen, dass die sogenannten Friedensverhandlungen endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Ministerpräsident Netanjahu, der Lieberman sofort beglückwünschte und ihm seinen Außenposten frei gehalten hatte, hat ja selbst schon beste Vorarbeit geleistet. Die Grenzen von 1967? Das war vorgestern! Heute sind es die der Apartheidmauer. Nicht umsonst ist der „jüdische Staat“ bis heute ein zionistischer Staat ohne Grenzen, der hemmungslos willkürlich seine Grenzen zieht und Mauern baut. Lieberman will keinen Frieden, Israel will alles, nur keinen Frieden.
Auch Kerry sollte sich warm anziehen
Der neue und alte Außenminister wird seine Botschafter wieder auf Trab bringen, er wird seine Kollegen das Fürchten lehren. Auch US-Außenminister Kerry sollte sich schon einmal warm anziehen. Kerry kritisierte den Siedlungsbau von Israel zwar, aber wie? Natürlich kündigte er keine Folgen für Israel an, falls es den ungesetzlichen Siedlungsbau doch weiter vorantreibe. Also wieder einmal ein durchschaubares US-Manöver: es muss so aussehen als ob wir kritisieren, aber… Kerry meinte doch tatsächlich, durch diesen (illegalen) Siedlungsbau könnte bei den Palästinensern der Eindruck entstehen, dass es Israel nicht ernst nehme mit seinem Friedenswillen. Nein wirklich Mr. Kerry, Israel und nicht ernst meinen? Das traurige Friedensspiel grenzt schon an eine Satire. Verneinte Kerry nicht schon von Israel gestreute Behauptungen, dass Palästinenserpräsident Abbas den Siedlungsbau stillschweigend dulde, solange Israel palästinensische Häftlinge frei ließe. Entspräche das der Wahrheit, dann hätte sich Abbas erneut von seiner „Vichy“-Seite gezeigt. Wurden ihm aus diesem Grund von Kerry erneut 75 Millionen US-Dollar versprochen?
Den Tod von Arafat gefordert
Es fehlt an allen Ecken und Enden eine charismatische Figur wie Jassir Arafat! Nicht umsonst wurde er mit Polonium vergiftet. Die Frage ist eigentlich nur, von wem, oder besser gesagt in welchem Auftrag, und wer hatte ein wirkliches Interesse daran? Hatten nicht schon 2002 der damalige Regierungschef Scharon und andere Politiker, wie der frühere Kriegsminister Shaul Mofaz den Tod von Arafat gefordert? Israel und seine Politiker haben immer das Recht auf die Ermordung von „Feinden“ für sich beansprucht. So scheinen Gedanken, die auf Israel als Täter hinweisen, mehr als plausibel und sind nicht außer acht zu lassen?. Sie würden sich doch nur in die Liste der vielen gezielten Morde einreihen. Denken wir immer wieder an meinen Spruch „Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision“. Arafats politische Enkel und ehemalige Berater sind ein Desaster für das palästinensische Volk und seine Interessen. Wenn sie für ihr Volk sprechen und verhandeln würden, dann würden sie sofort mit dem Friedenstheater aufhören und damit der Weltgemeinschaft endgültig zeigen, wer das eigentliche Hindernis für den Frieden ist!
Aber wahrscheinlich wird dieses Theater mit Lieberman schneller als wir denken, einen Schlussakkord finden. Vielleicht wird er erneut, wie schon einmal 2009, vom Time Magazin zum einflussreichsten Politiker der Welt gekürt. Er wird sich meisterhaft einreihen in die Politik des „jüdischen Staates“ der nur auf Krieg, Landraub, Besatzung, Erniedrigung und Mord und Totschlag gegen die unterdrückten Palästinenser setzt. Er wird alle übertreffen und als größter Siedlungsbauer alle Zeiten in die Geschichte eingehen, nicht umsonst wohnt er in einer Siedlung bei Bethlehem. Willkommen zurück im Club der Großen! Sicherlich wird er ganz neue Freunde finden in Europa, wie Marie Le Pen vom französichen Front National (FN), Geert Wilders von der Partij voor de Vrijheid (PVV) Niederlande, Jimmie Akesson von den Schweden Demokraten, Filip Dewinter und Gerolf Annemans vom Vlaams Belang (VB) Belgien und der Lega Nord mit Roberto Maroni, Italien. Ist das nicht ein schöner rassistischer Club? Liegt eventuell schon im Geiste eine Reiseeinladung an die europäischen Freunde vor? Wundern würde mich das nicht, denn wächst nicht hier zusammen was zusammengehört? Als Lektüre für die Reisegruppe in spe würde ich das neue Buch des Welt-Journalisten H.M. Broder „Die letzten Tage von Europa vorschlagen“, es wäre in meinen Augen die passende Lektüre für diesen Verbund!
Südafrika vor einem Pogrom?
Ein erstes Beispiel seines neu erwachten Tatendrangs gab Lieberman schon: er forderte die jüdische Bevölkerung Südafrikas auf nach Israel zu „flüchten“, er warnte die Juden in Südafrika vor einem Pogrom!. Warum? Weil südafrikanische Minister Flagge gezeigt haben, Israel-Besuche abgesagt und Israels Besatzungs- und Apartheidpolitik kritisiert haben. Die Südafrikanischen Politiker wissen wovon sie sprechen.
Kommen wir zum Schluss zu dem noch amtierenden aber bald scheidenden weil abgewählten ehemaligen Lieberman-Freund Außenminister Westerwelle. Wird er nicht die Abende mit dem Kollegen Lieberman beim Rauchen von Montecristo-Zigarren und einem Glas Mouton Rothschild in der Hand vermissen? Westerwelle hatte grad nochmal einen großen Auftritt in Genf. Er konnte der Welt erklären wie Deutschland die Weltpolitik sieht. Er sagte doch tatsächlich etwas wie: “ Iran darf keine Atombombe bauen, schon im Interesse Israels, das würde die geopolitische Architektur der Welt verändern“.
In Deutschlands außenpolitischem Denken geht es an erster Stelle um die Architektur Israels. Durch die Abwahl im letzten Wahlkampf ist die FDP im Bundestag nicht mehr vertreten. Ist durch die Abwahl von Westerwelle die geopolitsche Architektur in Deutschland verändert? Wohl kaum, nach dem freundschaftlichen Umgang der kommenden Koalitionäre miteinander, fast familiär, wie es CSU-„Verkehrs“-Ramsauer beschrieb, ist das Schlimmste zu befürchten. Egal ob außen, oder innenpolitisch!
Im Hinblick auf die überfälligen und laufenden Verhandlungen zwischen dem Iran und den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Deutschland sitzt ein heimlicher Lenker mit am Tisch, der Strippenzieher Israel, in der Gestalt von Netanjahu.(1) Immer wenn ein Durchbruch möglich erscheint und ein Abkommen in der Luft liegt, dann kommt ein Hinweis auf Israel und dessen „Bedenken“, und die Welt muss mit ansehen, wie sich die Weltmächte von Israel am Gängelband herumführen lassen.
Recht hat, wer die Macht hat
Sind nicht ebenso wie die sogenannten Friedensverhandlungen mit den Palästinensern auch diese mit dem Iran, mehr „Drohverhandlungen“? Es darf nämlich ein wichtiger, aber eigentlich nicht bekannter Fakt nicht vergessen werden. Wenn der Iran kein Recht auf Anreicherung mit Uran hätte, dann würde das auch für alle anderen Staaten gelten, inklusive der USA. Das mussten die Vereinigten Staaten zugeben, es gäbe eben kein Recht, sondern nur die faktischen Anreicherungsprogramme. Und da müsse man eben schauen, welcher Natur sie seien, wozu sie da seien, wofür ein Land sie gebrauche. Es gäbe „einen großen Unterschied zwischen Recht und Programm“. (FAZ) Dieser wichtige Hinweis zeigt doch nur wie es läuft: Recht hat, wer die Macht hat, Atom hat, wer die Macht hat, aber wirklich recht hat der Iran!
Dazu passt es auch, dass in derselben FAZ ein früherer israelischer Chef des militärischen Geheimdienstes und heutiger Leiter eines Tel Aviver Forschungszentrums (INSS), Amos Jadlin, einen israelischen „Lösungsvorschlag“ vorschlagen kann. Um den Iran vom Bau von Atomwaffen abzuhalten (wer sagt, dass der Iran das plant?) muss die Anlage in Fordo geschlossen und der Schwerwasserreaktor in Arak darf nicht in Betrieb genommen werden. Zugleich solle es umfangreiche Inspektionen geben. Nur dann „erlaubt“ Jadlin den Iran, ein begrenztes Recht Uran anzureichern. Zur Not würden die USA auch den Iran angreifen, sollte dieser in den Besitz von Atomwaffen kommen. Jadlin meinte weiter, so ein Angriff wäre eine kurze „chirurgische“ Operation, aber kein neuer Krieg. Das sagt der ehemalige Kampfpilot der israelischen „Verteidigungsarmee“ (IDF), der einst den irakischen Reaktor in Osirak zerstörte. Soviel zu israelischen „Friedensgedanken und Vorschlägen“.
Wenn zwei dasselbe tun
Stellen wir uns doch einmal vor, ein Staat würde einen „chirurgischen“ Angriff auf Dimona, den israelischen Atomreaktor in der Negev Wüste (Negev Nuclear Research) planen? Was wäre dann wohl los? Soviel zu dem Spruch „Wenn zwei dasselbe tun, ist es immer noch nicht dasselbe!“
Ach ja, es gibt noch einen neuen „Friedenspartner“, nämlich Saudi Arabien. Dieser „demokratische“ Golfstaat und eifrige US-Waffenkäufer hat angedeutet, sich notfalls Atomwaffen aus Pakistan zu beschaffen, sollte sich der Iran mit Atom aufrüsten. Um dann auch seinen Status als Atommacht aufzubauen. Ist das die geopolitische Architektur wie sie sich Westerwelle vorstellt? Pakistan als Atommacht wird kritiklos hingenommen, Israel als (Atom)Hegemonie-Macht ist der zentrale Punkt, und Iran muss gehorchen in diesem sauberen Spiel, sonst wird er eben mal über Nacht chirurgisch von Israel bombardiert oder von dessen „Freunden“.
Abrüstung muss für alle Staaten gelten, aber nicht nach dem Willkür-Denken der „Abhörmächte“! Wer oder was ist also die größte Bedrohung für den Weltfrieden?
Evelyn Hecht- Galinski
(1) http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4451572,00.html
http://www.haaretz.com/jewish-world/jewish-world-news/1.557310