Obama muss aufhören, Israels Apartheid zu unterstützen

Nahostpolitik

Unterschrieben von 7 Akademikern verschiedener Universitäten

US-Präsident Barack Obama bestätigte in einem Interview mit Jeffrey Goldberg in „The Atlantic“ seine Unterstützung und Liebe für Israel, weil – wie er behauptet – „ es eine echte Demokratie sei und man seine Meinung äußern kann.“

Er drückte außerdem sein Engagement aus, Israel zu beschützen, da es ein „jüdischer Staat“ sei, indem man eine „jüdische Mehrheit“ sicher stellt

Die Unterstützung des jüdischen Staates durch die US-Regierung nicht nur immer rhetorisch gewesen, sondern auch von Milliarden von Dolllars für militärische Mittelbeschaffung und ständige Pro-Israel Vetos beim UN-Sicherheitsrat unterstützt worden

Wir sind eine Gruppe von Akademikern aus den USA mit verschiedenem ethnischen und kulturellen Hintergrund und mit verschiedenem nationalen Hintergrund. Wir besuchten kürzlich Palästina. Wir sind in der Lage, eine Darstellung aus erster Hand über das zu geben, was Obama in dem Interview als Israels „Jüdische Demokratie“ beschreibt, und welche Art von Infrastruktur unsre Steuergelder unterstützen: Mauern, Kontrollpunkte und moderne Waffen.

Wir hatten das Privileg, durch einen Teil der besetzten Gebiete zu reisen – durch die West Bank, einschließlich Ost-Jerusalem, wo wir uns mit Palästinensern trafen.

DOPPEL MORAL

Wir fühlen uns gezwungen, ein paar Beispiele mit Ihnen zu teilen, die wir während unseres Besuches mit palästinensischen Wissenschaftlern, Politikern, Aktivisten, Künstlern und anderen auf der Westbank machten. Wir beobachteten vielfach Doppelmoral hinsichtlich der palästinensischen Rechte, die uns zum Fragen veranlassten: Ist Israel eine Demokratie?

Wir sind davon überzeugt, dass die Behauptungen unserer Regierung, Israel sei eine Demokratie, die Situation, in der die Palästinenser unter Besatzung leben, verdunkeln, ja dass dies einer Apartheid unter Siedler-Kolonialismus gleichkommt.

Wir machten uns Sorgen, bevor wir ankamen: auf der Suche nach einer Website des US-Außenamtes wegen Information über das Reisen nach Israel, fanden wir nur ernüchternde Ergebnisse:

Die US-Regierung warnt Reisende, ihre PCs abzusichern, weil die israelische Grenz-Kontrolle alles löschen könnte, Dies geschah dann tatsächlich einer von uns kurz vor dem Rückflug in die USA. Die Website warnte auch die Reisenden, dass ihre persönlichen E-mails oder die sozialen Medien-Berichte durchsucht werden. Die Reisenden sollten nicht erwarten, dass irgendwelche privaten Daten gespeichert in ihren Geräten oder in ihren Berichten gespeichert seien. Es könnte das Gerät auch konfisziert werden.

Das Auswärtige Amt machte auch darauf aufmerksam, dass US-Bürger, die Muslims oder palästinensischen oder arabischen Ursprungs sind, beträchtliche Schwierigkeiten bei der Ankunft oder beim Übertritt von israelisch kontrollierten Grenzen haben könnten. Auch dies passierte einem von uns, der Kontakte mit einem Mobil-Telefon kurz vor der Ankunft in Tel Aviv hatte.

SELBSTDARSTELLUNG

Was die Ankunft und die Ausreise betrifft, verblasst dies im Vergleich zu den Einschränkungen für US-Bürger mit palästinensischem Ursprung – zusammen mit allen anderen Palästinensern, die Ausweise der besetzten Westbank und Gaza haben.

Bevor wir reisten, verstanden/ wussten wir nicht, dass es für Palästinenser unter Besatzung verschiedene Arten der Identifizierung und Selbstdarstellung gibt und dass jeder seine eigenen Einschränkungen hat , was die Bewegung betrifft.

Palästinenser aus Jerusalem haben einen Ausweis, den sie in einem blauen Heft tragen müssen, während die, die in der besetzten Westbank leben, ihren Ausweis in einem grünen Heft bei sich haben müssen (von der Palästinensischen Behörde mit Genehmigung der israelischen Regierung ausgegeben).

Leute, die diesen Ausweis haben, können gewöhnlich Jerusalem oder das gegenwärtige Israel ohne vorherige Genehmigung nicht betreten. Auch nicht für ein Visum-Interview, um an einem akademischen Treffen in den US teilzunehmen. Viele Leute, die wir trafen, hatten Jerusalem nur einmal besucht, der Ort vieler heiliger Stätten, obwohl sie mit dem PKW nur Minuten davon entfernt leben.

In der übrigen Westbank muss ein US-Bürger palästinensischen Ursprungs, der dort längere Zeit leben will, ein Visum beantragen, auf dem steht „Allein Westbank“.   Es wird ihnen nicht erlaubt, in oder aus der Westbank zu reisen, und sie müssen durch dieselben Checkpoints wie andere Palästinenser. Sie können die besetzten Gebiete als US-Bürger nicht verlassen, wie das US-Außenamt uns auf seiner Website warnt.

Ein Palästinenser auf der Westbank, der US-Bürger ist, kann nicht einfach von Tel Aviv ein Flugzeug nehmen wie jeder andere US-Bürger – nur weil er oder sie einen palästinensischen Ausweis hat. Diese Tatsache wird in den US-Pass gestempelt.

Es wird ihnen auch nicht erlaubt, die Checkpoints nach Jerusalem oder jeden andern Kontrollpunkt zu betreten, wie andere Leute mit einem US-Pass. Diese Einschränkung wird überhaupt nicht bei jüdischen Siedlern angewandt, deren Zahl ständig wächst. Tausende von ihnen US-Bürgerwählen in der besetzten Westbank zu leben in den illegalen Siedlungen, die Teilweise von US-steuerfreien Organisationen finanziert werden.

AKADEMISCHE FREIHEIT

Als Wissenschaftler waren wir neben vielen verwirrenden Dingen Zeugen der begrenzten akademischen Freiheit und der Redefreiheit, die den Palästinensern (und vielen Israelis, deren Reise in die Westbank von der israel. Regierung nur sehr eingeschränkt ist).

Wir erfuhren, dass es ein Verbot für die meisten Bücher gibt, die in Syrien, dem Iran und im Libanon veröffentlicht wurden, obwohl Beirut eine Zentralstelle für arabische Literatur in der Region ist. Das Verbieten von Büchern ist aus unsrer Sicht ein schwerer anti-demokratischer Akt.

Israels Mauer, die die Westbank, einschließlich Jerusalem umgibt, und die sich tief durch die Westbank durch viele Orte schlängelt – begrenzt auch die akademische Freiheit.

Eines der besten Beispiele ist in Bethlehem, wo die Mauer durch die Stadt geht und den Zugang zu Bildung an der Bethlehemer Universität vor allem für die sehr schwierig macht, die zufällig auf der andern Seite der Mauer leben und deshalb große Umwege machen müssen.

Zusätzlich ist der Campus der Al-Quds-Universität vollständig von der Mauer umgeben. Wer dorthin will, muss unglaublich lange Wege gehen, obwohl es zu Jerusalem gehört.

Eine akademische Kollegin beschrieb uns die Schwierigkeiten, die sie hat, um an einem normalen Tag auf den Campus zu kommen. Sie muss durch Checkpoints, wo sie nicht nur von israelischen Soldaten durchsucht wird, sondern unzählige Formen von Schikanen durch diese durchmachen muss. In der Westbank waren wir dadurch geschockt, dass es getrennte Straßen für Palästinenser und Israelis gibt. Nicht nur die Pässe haben verschiedene Farben, auch die Nummernschilder der Autos.

Theoretisch existieren diese Straßen zum Schutz der israelischen Siedler, die in den in der Westbank– nach dem Völkerrecht – illegal gebauten Siedlungen leben. Praktisch schaffen diese Straßen ein Apartheid-Reise-System, bei dem Palästinenser durch mehrere Checkpoints an einem Tag gehen müssen. Manche dieser Checkpoints sind „Fliegende Checkpoints“ die an nicht vorhersehbaren Stellen irgendwann aufgebaut werden.

Unsere Kollegin erklärte uns, was sonst ein sehr kurzer Weg zwischen ihrem Dorf und der Universität ist, braucht sie jetzt länger als anderthalb Stunden und muss mindestens durch drei Checkpoints gehen. So kommt sie oft zu spät in ihre Klasse und an manchen Tagen ist sie nicht in der Lage, zur Arbeit oder wieder nach Hause zu gehen.

Ihre Schüler/Studenten werden oft verhaftet und kommen in Administrativhaft ohne Anklage und Gerichtsverhandlung, noch dazu auf unbestimmte Zeit. Nur weil sie an irgendeiner politischen Aktion teilgenommen haben oder einfach deshalb, weil sie zum verkehrten Zeitpunkt am verkehrten Ort waren. Wir hörten, dass dieser Prozess sich in Prüfungszeiten verstärkt.

Dies schafft eine außerordentlich gestresste akademische Umwelt, wenn an irgendeinem Tag israelische Soldaten Studenten und den Lehrkörper verhaften, die nur einfach zum Unterricht fahren.

STRAFLOSIGKEIT

Wir verstehen, dass jeder sicher zu leben wünscht – und Israels Unterstützer seine Politik und Aktionen im Namen seiner nationalen Sicherheit verteidigen. Während unseres Besuches wurden wir Zeugen, dass „Sicherheit“ als Begründung für fast jedes beunruhigende Verhalten dient, auch in der Politik.

Wie waren Zeugen einer langsamen aber absichtlichen Erweiterung von Israels Besatzung, wachsenden Siedlungen, dem Raub von landwirtschaftlich genütztem Land und der Ausbreitung von Industrie-Parks in der Westbank, einschließlich wesentlichen Teilen von Ost-Jerusalem – alles im Namen der „Sicherheit“.

Die Vereinigten Staaten, als ein kolonialer Siedlerstaat mit ihrer eigenen Besatzung, polizeilichen Gewalt, Gefängnisgewalt, einer de facto Apartheid und ihrer eigenen Art von Grenzgewalt – hat gewiss ihre eigenen Schwächen als Demokratie, Schwächen, die wir bei unserer intellektuellen und politischen Arbeit weiterführen

Wir beanspruchen deshalb kein hohes moralisches Terrain. Aber einer Ethnokratie ist keine Demokratie; der Staat Israel zwingt dem palästinensischen Volk durch den Kolonialismus, die Besatzung und Apartheid eine gewalttätige Herrschaft auf – drei Zargen brutaler Unterdrückung, die das genaue Gegenteil von Demokratie sind.

Als Akademiker, die Versuche beobachten, wie Kritik an Israel unterdrückt wird – wie im Fall unseres Kollegen Prof. Steven Salaita – und die Westbank besuchen, hat uns veranlasst Israels Ungerechtigkeit öffentlich auszusprechen. Dies zu tun ist zwingend/ unsere Pflicht.

Wir flehen Präsident Obama inständig an, seine Rhetorik und Politik – und seine finanziellen Fördermittel , die Israels Straflosigkeit unterstützen, sehr zu überdenken.

Unterschriften von 8 Profesoren der Rutger-Uni, Wisconson Uni, Madicon, der Wesleyan-Uni, des Massachusate-Institut, Williams-Colledge, der Uni Massachusate, Boston und des Spelman –College

Zugesandt von Ellen Rohlfs, 11.09.2015