Palestine Update Nr. 113 – 15.2.18: Ein Exodus von Juden aus Palästina ist unvermeidlich

Nahostpolitik

Meinung, Ranjan Solomon, 15.02.2018

Wird das Apartheid-System mitten im unerwarteten Druck aufhören?

In einem überzeugenden Artikel schreibt Rima Najjar, Aktivistin, Forscherin und Professorin  für englische Literatur i R. an der Al-Quds Universität in der besetzten Westbank, wie „Israel nicht überleben kann als jüdischer Staat ohne den ständigen Zufluss von Juden als Immigranten, um die jüdische Majorität aufrecht zu erhalten, die es geschaffen hatte, indem es den Palästinensern das Rückkehrrecht verweigerte und die Sehnsucht der Palästinenser nach Selbstbestimmung in ihrer eigenen Heimat blockierte“.

Rima Najjar zitiert die kräftige Botschaft von Gideon Polya: „Eine friedliche, humane Lösung, die für die ganze Welt, für alle jüdischen Israelis und alle indigenen Palästinenser ein enormer Vorteil wäre, ist ein einheitlicher Staat in Palästina mit Rückkehr aller Flüchtlinge, null Toleranz für Rassismus, gleichen Rechten für alle, alle Menschenrechte für alle, eine Person – ein Votum, Gerechtigkeit, guter Wille, Versöhnung, Sicherheit auf Flughafen-Ausmaß, Wegschaffen der Atomwaffen, international garantierte Sicherheit zum Anfang basierend auf dem derzeitigen Waffenstand (?), und ungehinderter Zugang aller Bürger zum ganzen Heiligen Land. Das kann und sollte morgen passieren“.

Mehr und mehr kraftvolle jüdische Erklärungen für Gerechtigkeit in Palästina finden jetzt ihren Platz im öffentlichen politischen Diskurs.

Daraus können wir nicht ableiten, dass das Ende der Besetzung vor uns liegt. Aber eines ist sicher: Die Anzahl derer, die Israels Streitsucht zurückweisen, ist noch nicht groß genug, um den Unterschied zu machen. Aber es gibt eine signifikante Anzahl enttäuschter Juden, die das zionistische Konstrukt von Israel als  Judenstaat zurückweisen. Mit aller Kraft ihrer Wut ist Israel nicht in der Lage, die Enteignung und ethnische Säuberung der Palästinenser als Kinderspiel abzutun.

Die Gleichung ist zunehmend in Veränderung.

Die Abweichler wurden traditionell in Kirchen, Studentenbewegungen, Gewerkschaften und Gruppen der Zivilgesellschaft gefunden. Der Anschluss fortschrittlicher Juden, besonders in USA, ist erheblich. Mit diesen müssen interreligiöse Dialoge über Gerechtigkeit und Leben geführt werden. Die abstrakten theologischen Dialoge unter Intellektuellen und Theologen mögen ihren Platz haben. Aber die wirkliche religionsübergreifende Zusammenarbeit muss innerhalb des täglichen Zusammenlebens stattfinden und in Bezug auf die harten politischen Fragen, die alle in der Forderung nach einem gerechten Frieden gipfeln.

Wie dieser Artikel von Rima Najjar zeigt, sind Bewegungen wie die Jewish Voice of Peace an Zahl und Bedeutung gewachsen. Ihre Kampagnen delegitimieren „Israel als einen jüdischen Staat, als das Geburtsrecht aller Juden weltweit“. Sie unterstreichen, wie die jüdische demographische Entwicklung zu dem Faktor wird, der zum transformativen Umdenken führt. Najjar gibt zu bedenken, dass „Israel nicht als Judenstaat überleben kann ohne den ständigen Zuzug von Juden als Immigranten, um die jüdische Mehrheit zu erhalten, die es durch die Verweigerung des Rückkehrrechts für die Palästinenser und durch das Abblocken der Selbstbestimmung in ihrem eigenen Heimatland geschaffen hat“; und wie Juden entsprechend der Gegen-Narrative von BDS sich nicht festlegen dürfen an Sagern wie „Disputed Territory“ (strittiges Land) oder doppelten gegensätzlichen Herkunftsgeschichten.

Sturen Optimismus zeigt nach Rima Najjar den unvermeidlichen Zusammenbruch des jüdischen Staates im Wesentlichen aufgrund eines befürchteten Exodus von Juden aus Palästina.

Lesen sie den wichtigen Inhalt des nachfolgenden Artikels und geben Sie ihn weiter.

In Solidarität Ranjan Solomon

Übersetzt: Gerhilde Merz, zugesandt von Ellen Rohlfs, 23.02.2018  

Ein Exodus „jüdischer Siedler“ aus Palästina ist unvermeidbar.

Von Rima Najjar, Global Research, 12. Februar 2018

Die „Jüdische Stimme für Frieden“ (JVP) ist schon lange dabei, für die Rechte der Palästinenser zu kämpfen.

Jetzt unterstützt sie  die BDS-Bewegung mit allen Kräften, weil sie diese als die wirkungsvollste Methode erkennt, eine Veränderung herbeizuführen. JVP ist auf Israels BDS-Bann-Liste und wird von einer anderen jüdischen Gruppe in der USA (ADL – Anti Defamation League – Anti-Verleumdungs-Liga) als die „größte und einflussreichste jüdische anti-zionistische Gruppe in den Vereinigten Staaten“ bezeichnet.

In den vergangenen Jahren hat sich IVP beträchtlich ausgedehnt und hat jetzt viele Niederlassungen in den vereinigten Staaten. Ihre Anliegen gehen der jüdischen Identität ans Herz, dem Zionismus, der jüdischen institutionalisierten Kultur, Inhalten, die Israel lang von sich weggeschoben hat.

Die kühnste gegenwärtige Kampagne ist die Kampagne, um junge US-Juden zu überzeugen, nicht an den von Israel gesponserten Geburtsrecht-Reisen für Juden weltweit teilzunehmen.

Diese JVP-Kampagne ist sehr bezeichnend, weil sie Israel als Judenstaat und als Geburtsrecht für Juden weltweit delegitimiert. Sie richtet sich auch auf eine jüdische Demographie, die sich auf jeden Fall von der israelischen Hasbara wegbewegt und vergleichsweise offen ist für einen transformativen Wechsel.

Israel kann als jüdischer Staat nicht überleben ohne den ständigen Zuzug von Juden als Immigranten, um die jüdische Mehrheit aufrecht zu erhalten, die es dadurch geschaffen hat, dass man den Palästinensern das Rückkehrrecht verweigert und das Verlangen der Palästinenser nach Selbstbestimmung in ihrer eigenen Heimat blockiert hat.

Heute sind wir – dank BDS – nicht mehr gefangen in der Sprache des „strittigen Landes“ oder der dualen „Narrativen“.

Es ist am Ende klar, dass das Abtreten des Jüdischen Staates unvermeidbar ist und das wird zu einem Exodus der Juden aus Palästina führen. Das Ende Israels wird kommen, wie Henry Siegman, Präsident des US./Middle East Project“ schreibt:

Im nationalen Interesse von einem von zwei Scenarios werden beide durch die Natur oder den Charakter des Jüdischen Staates selbst angeheizt.

Erstes Scenario:

Wenn nach dem, was ohne Zweifel ein langer und bitterer Kampf gegen die Apartheid sein wird, die Palästinenser übrigbleiben, werden sie in der klaren Mehrheit sein. Da das Prinzip vorherrscht, dass die Mehrheit die religiöse und kulturelle Identität eines Staates vorgibt, wird Israel nicht in der starken Position sein, den Palästinensern das gleiche Recht zu verweigern. Das wird im Laufe der Zeit zu einem signifikanten Exodus von Israels Juden führen.“

Zweites Scenario:

Wenn die Palästinenser nicht die Oberhand gewinnen, werden der unweigerliche Apartheid-Charakter des Staates und die Kosten des immer währenden Kampfes zum gleichen Resultat führen – im Laufe der Zeit zum Exodus der israelischen Juden, wodurch sie eine noch größere demographische Ungleichheit zwischen den Juden im Land und den arabischen Völkern schaffen. Die Palästinenser werden nicht gehen, weil sie nirgends wohin gehen können.“

Die Kampagne von JVP zur Überzeugung von amerikanischen Juden im College-Alter, nicht an Israels Geburtsrecht-Trips teilzunehmen, gipfelt darin, ihnen zu sagen, dass Israels nationale Identität und Landanspruch in Palästina nicht definiert werden können durch ihre eigene amerikanische nationale Identität, die sich verkleidet als korrumpierter Judaismus.

Das ist eine Botschaft, die wohl wert ist, sie Juden weltweit zu sagen.

Jeder Jude, der die Notwendigkeit oder den Wunsch zur Auswanderung aus seinem oder ihrem Land verspürt, könnte den Palästinensern die Gunst erweisen, die Einwanderung nach Israel zu boykottieren.

Für religiöse Juden lautet die Botschaft, wie Siegman sagt: „Die meisten Juden haben ihr Leben während der letzten zwei Jahrtausende nicht in Jerusalem gelebt, selbst in Zeiten, wo sie dazu in der Lage gewesen wären. Stattdessen schrieben sie ihre Sehnsucht zur Rückkehr nach Jerusalem („nächstes Jahr in Jerusalem“) einer eschatologischen Zeit zu.“

Die Zeit ist zuletzt für die Palästinenser gekommen, um zionistische Ketten zu zerbrechen und Selbstbestimmung, Würde und transformierende Gerechtigkeit zu erlangen, um vorwärts zu springen über Synagogen, Kirchen und Moscheen hinweg weltweit.

Wie Dr. Gideon Polya in „Palestinian MeToo“ eloquent dargestellt hat:

140 alphabetisch aufgelistete zionistische Verbrechen legen entsetzliche westliche Mittäterschaft und Heuchelei offen

Eine friedliche, humane Lösung, die für die ganze Welt, für alle jüdischen Israelis und alle einheimischen Palästinenser einen enormen Vorteil brächte, wäre ein vereinigter Staat in Palästina mit Rückkehr(recht) für  alle Flüchtlinge, Null Toleranz für Rassismus, gleiche Rechte für alle, alle Menschenrechte für alle, allgemeines Wahlrecht (eine Person – eine Stimme), Gerechtigkeit, guter Wille, Versöhnung, Sicherheit (wie) am Flughafen, Abschaffung von Atomwaffen, international garantierte nationale Sicherheit, ursprünglich basierend auf vorhandenen Streitkräften und ungehinderter Zugang für alle Bürger zum ganzen Heiligen Land. Das kann und sollte morgen passieren“.

Rima Najjar ist Palästinenserin, deren väterliche Familie aus dem gewaltsam entvölkerten

Dorf Lifta in den westlichen Vororten von Jerusalem kommt. Sie ist Aktivistin, Forscherin und pensionierte Professorin für englische Literatur an der Al-Quds-Universität in der besetzten Westbank. 

Wenn wir sagen Freiheit für Palästinenser“, bedeutet das nicht, dass wir nicht haben wollen, dass die Israelis nicht frei sein sollten. Es ist, weil den Palästinensern die Freiheit jeden Tag verweigert wird, derer sich die jüdischen Israelis jeden Tag erfreuen. Es braucht nur eine kleine aber kritische Masse, den Lauf der Geschichte zu verändern. Daher: Gehen wir es an!

Riskieren wir die Veränderung und wählen wir die gute Seite. Und ich spreche nicht von Verbrüderung mit einer rassischen oder ethnischen Gruppe gegen die andere. Ich spreche davon, sich auf die Seite der Gerechtigkeit zu schlagen, die Seite der Geschichte.

Aus „Die Gefahr der Neutralität“ von Anna Baltzer (JVP ?)