Palestine Update Nr. 71 – 19. September 2017 – Hamas optiert für Frieden

Nahostpolitik

Meinung Ranjan Solomon, Redakteur: Hamas optiert für Frieden – Israel und die internationale Gemeinschaft müssen erwidern

Die Entscheidung der Hamas, sich vom administrativen Komitee von Gaza zurückzuziehen und mit Fatah zusammen zu arbeiten, ist die festeste und klarste Aussage, dass sie einen gemeinsamen Spielraum mit ihrem ehemaligen politischen Rivalen schaffen möchte. Nun liegt es an der PA, ohne Aufschub und Unterbrechung mit ihrer Seite an Verpflichtungen zu antworten.

Hamas löste das Komitee auf, das früher die politischen Agenden geführt hatte. Sie hat auch ihre Bereitschaft vermittelt, den Dialog mit Fatah über die Mechanismen aufzunehmen, die Abmachung von Kairo einzuführen, die 2011 zwischen den beiden rivalisierenden palästinensischen Fraktionen erreicht worden war. Die Verhandlung fordert die Bildung einer nationalen Einheitsregierung, die Abhaltung von Präsidenten- und Parlamentswahlen und Abstimmungen zur Wahl des Nationalrates der Palestinian Liberation Organisation (PLO).

Hamas hat Auflösung gezeigt, um schrittweise vorwärts zu kommen und die Teilung zu beenden, um das palästinensische Volk zu vereinigen trotz der Tatsache, dass es da noch einige Hindernisse gibt, die der Verwirklichung der Versöhnung zwischen den beiden Parteien im Wege stehen. Es ist noch unklar, wann die Einheitsregierung den Gazastreifen aufnehmen werde. Also: Daumen halten!

Der von Fatah angestrebte Durchbruch gibt Palästinensern als Ganzes eine stärkere Hand für die Wiederbelebung des Friedensprozesses; Hamas, die 2006 die Wahlen in den palästinensischen Gebieten gewonnen hatten, kämpften einen Krieg mit Fatah 2007 über die Kontrolle von Gaza, nachdem ihre Regierung in der Westbank vom Präsidenten der Palästinensischen Autorität (PA), Mahmoud Abbas aufgelöst worden war. Seitdem regiert Fatah Teile der Westbank, die nicht unter israelischer Kontrolle stehen, während Hamas in Gaza dominiert. Mit der eskalierenden humanitären Krise im Gazastreifen veränderte Hamas seine politische Taktik. Ihr neuer politischer Entwurf mäßigt seinen Stand gegenüber Israel und nimmt die Option eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 an. Hamas will auch einer Versöhnungsregierung zustimmen, die in Ramallah angesiedelt ist, um Gaza zu administrieren und Wahlen in den Ländern abzuhalten. Auch Fatah hat freundlich reagiert. Es gibt also neue Hoffnung, dass eine vereinigte Führung der palästinensischen Führerschaft helfen werde, einen wirksamen Widerstand auszutragen oder ein glaubwürdiges Friedensangebot vorzulegen.

Bleibt nun zu sehen, wie die internationale Gemeinschaft agieren wird. Wollen sie Spielverderber sein?

Hamas und Fatah können das Kriegsbeil begraben und eine nationale Einheitsregierung bilden. Aber etliche westliche Regierungen halten die Hamas für „Terroristen“. Diese Ansicht könnte Streitparolen von außen schaffen. Während des letzten Jahrzehnts hat man Hamas nicht erlaubt zu regieren, und die Kräfte von außen verstärkten die Teilungen bedenklich. Aber Hamas hat sich verändert, nicht nur durch die Mäßigung ihrer Vorrechte, um sich mehr politischen Raum zu erlauben, sie optierte auch für eine zwischenpalästinensische Versöhnung.

Es gibt zwei wichtige Faktoren der Zustimmung, die aus der Bewegung kommen: Erstens würden verschiedene derzeit auf Gaza angewandte Restriktionen und die humanitäre Krise, die nicht weniger als 1,8 Millionen Menschen im Griff hat, erleichtert. Der neu gegründete vereinigte Block würde auch die Optionen vergrößern und  die Handlungsfähigkeit des palästinensischen Volkes steigern.

Die Belastung, das Potential dieser Veränderungen vorauszusehen und positiv darauf zu reagieren durch die eigenen politischen Haltungen, liegt ganz wesentlich auf der internationalen Gemeinschaft. Europäische Regierungen, die einiges von diesen politischen Fehlern veranlasst haben, Deutschland hauptsächlich, haben die Verpflichtung, gerecht zu sein und zu verlangen, dass Israel den Sinn von all diesem sieht. Israel muss abgehen von seinem arroganten, kolonialistischen Standpunkt und zugestehen, was es tun muss, um Gerechtigkeit und Frieden zu machen.

Die Gelegenheiten für Frieden kommen selten. Sie zu ignorieren wäre das Risiko auf die Verlängerung von noch mehr Konflikt einzugehen und dem daraus resultierenden menschlichen Leiden. Hamas hat einen riesigen Schritt in Richtung auf eine politische Möglichkeit unternommen. Sie hat scharfsinnig gehandelt. Wie werden es Israel und die Schlüsselkräfte in der internationalen Gemeinschaft aufnehmen?