Rechtsstaat: Recht steht über Macht

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 21.07.2019

Betr.: Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 19.7.19: „Wie Brüssel über den Rechtsstaat wacht“ von Daniel Brössler

EU-Staaten abseits der internationalen Ordnung

Die verfehlte Außenpolitik Deutschlands und der EU-Staaten ist Folge eines verirrten Verhalten der Verantwortungsträger. Sie bewegen sich abseits der internationalen Ordnung und handeln völkerrechts- und grundgesetzwidrig. Damit verfallen sie mit ihren Untaten in Regierungskriminalität. Die Justiz bleibt bisher untätig und unterlässt es, die Regierungschefs und Außenpolitiker vor Gericht zu stellen, um ihre Verantwortung zu klären und sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Ein Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass sich seine Staatsmacht in einem Rechtsrahmen entfaltet und das Recht dieser Macht damit klare Grenzen setzt. Eine Regierung, die die Staatsmacht gegen das Recht ausübt, degeneriert zu einem willkürlichen Unrechtsregime.

Herrschaft des Rechts

Um Krisen beizulegen, sollten die USA und EU die Überbleibsel des Kalten Krieges über Bord werfen und neue, nämlich politisch-diplomatische Wege gehen. Aber die USA und EU-Staaten verwandeln sich in Henker anderer Völker und verursachen die tragischsten humanitären Katastrophen, deren Folgen sie selbst zu verantworten haben. Das gilt trotz aller historischen Erfahrung auch für die Führung Deutschlands, die sich längst von der Herrschaft des Rechts und von der normalen Orientierung an der praktischen Vernunft abgewandt hat.

Demokratie und universell gültige Menschenrechte, Dinge, die die USA einmal geehrt haben, sind seit längerer Zeit von ihr bestialisch verachtet worden durch die unmenschlichen Exzesse der Achse USA/EU, die diese Werte mit Füßen getreten haben. Keine Erkenntnis darüber in Ursula von der Leyens Rede am 16.7 vor ihrer Wahl im EU-Parlament.

Attentate hinter Maskerade und Tarnung von „Menschenrechte” und “Demokratie

Westliche Länder haben sich daran gewöhnt, “Menschenrechte”, “Demokratie” und “Freiheit” als Tarnung zu benutzen, um unzählige Attentate durch Kriege und Massaker in deren Namen zu verüben. Fakten, nicht Parolen zählen. Die Fakten sprechen für sich selbst und klagen die Attentäter an. Sie diskreditieren den Westen vollständig. Die Farce des Westens, sich selbst als Vorbild für die Wahrung der Menschenrechte zu huldigen, ist entlarvt. Die Maske ist gefallen und alle Welt kann die wahren Menschenfeinde in ihrer unerträglichen Hässlichkeit anerkennen: EU-Staaten als Komplizen der USA. Aber die Mindeststandards für eine zivilisierte demokratische Ordnung sind nicht durch weitere Rechtsbrüche und Missachtung der geltenden internationalen Regeln zu verwirklichen. Gerade hier zeigt sich und erklärt sich die Achtung, die Russland, China und Kuba zusammen mit anderen Staaten weltweit gewinnen, während die USA, Frankreich und Großbritannien an solcher Achtung und Glaubwürdigkeit weiter verlieren und sich zunehmend isolieren. Die Völker glauben dem Westen nicht mehr, dass er für Menschenrechte steht! Die EU befindet sich mitten drin in dieser Glaubwürdigkeitskrise!

USA nicht vertrauenswürdig

Den US-Regierungen grundsätzlich nicht zu trauen, ist völlig realistisch. Umfragen hierzulande zeigen, dass 64% der Deutschen die USA als überheblich ansehen, 70% als machtgierig und nur 27% sehen die USA als vertrauenswürdig, d.h. für 73% der Deutschen sind die USA nicht vertrauenswürdig. Und die EU, ist sie als USA-Satellit funktionsfähig und vertrauenswürdig?

Die Obama-Regierung war der Hauptanstifter zum grausamen, seit 2011 andauernden terroristischen Krieg in Syrien. Ein fester Willen zum Frieden war bei ihr nicht zu erkennen. US-Vertreter arbeiten mit Lügen, Betrug und Finten, um die Öffentlichkeit zu manipulieren und eine falsche Darstellung zu verbreiten, die ihre mörderischen Absichten und Pläne vertuschen soll. Die Berliner „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) machte sich zum aktiven Teil dieser Verschwörung gegen Syrien, als Guido Westerwelle Außenminister war. Die Äußerungen aus der Berliner Stiftung (SWP) sind deshalb unglaubwürdig. Die Stiftung ist abhängig von dem deutschen Auswärtigen Amt und damit auch von US-Regierungsstellen, und es ist bisher nicht bekannt, ob sie ihr verheerendes Wirken gegen die amtliche Regierung Syriens eingestellt hat.

Dieselbe Stiftung SWP arbeitet heute daran, auf Initiative Frankreichs eine sogenannte „regelbasierte Ordnung“ zu konstruieren, um das Völkerrecht dadurch zu ersetzen und die festgeschriebene Weltordnung der Charta der Vereinten Nationen (UN) abzuschaffen. Europäische Eliten enthüllen damit endgültig ihre Unfähigkeit zum Agieren auf weltpolitischer Bühne, nämlich indem sie fortfahren, sich von den internationalen, in Kraft befindlichen Regeln, dem Völkerrecht, das in der UN-Charta festgeschrieben ist, abzuwenden und partikuläre Regeln für sich zu beanspruchen. Diese Eskapade Deutschlands und der EU, sich aus der internationalen Ordnung herauslösen zu wollen, ist an den Pranger zu stellen und zu stoppen. Ursula von der Leyen sollte diese gravierende Verfehlung einiger „Politikberater“ und kurioser Kreise im Politikbetrieb von bestimmten EU-Regierungen selbst aufklären, bevor sie ihr EU-Amt antritt und weitere Verwirrung darüber verbreitet.

Aufklärender russischer Außenminister Sergej Lawrow

Der Außenminister Russlands, Sergej Lawrow, hat diesen schlimmen, höchst besorgniserregenden bedrohlichen Trend auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 16. Februar 2019 aufgegriffen und aufklärerisch entlarvt: <«Unsere westlichen Kollegen verwenden die Begriffe ‹Völkerrecht› und ‹Normen des Völkerrechts› heutzutage nur noch selten. Statt dessen sprechen sie von einer ‹regelbasierten Ordnung›, und behaupten, dass es das gleiche ist. Sie verwenden dabei aber lieber ihren eigenen Begriff und nicht ‹internationales Recht›. … sie wollen das Völkerrecht nicht einhalten, … Sie wollen nur die ‹Regeln› anwenden, die sie selbst erfunden haben, um die Charta unter Verletzung ihrer geltenden Grundsätze auszulegen.» … Wie weit die Gleichschaltung schon gediehen ist, zeigt ein Blick in aktuelle deutsche Schulbücher für den Politikunterricht. Hier wird nicht mehr sachlich informiert, sondern die Sprachregelung der Nato-Staaten kritiklos übernommen.>

Druck des US-Militärindustriekomplexes bedingt außenpolitische Widersprüchlichkeit der US-Regierung und ihrer Stellen in Europa

Die Dichotomie, die tiefsitzende Widersprüchlichkeit in der US-Außenpolitik ergibt sich aus dem Druck des US-Militärindustriekomplexes. Das Pentagon konnte sich gegen Barack Obama durchsetzen und somit wurde die amerikanisch-russische Genfer Vereinbarung von 9. September 2016, gemeinsam die Kampfgruppen in Syrien zu bekämpfen, völlig desavouiert.

Diese außenpolitische Widersprüchlichkeit der US-Regierung und ihrer Stellen in Europa und Deutschland wird sich nicht ändern. Aber die Naivität deutscher Außenpolitiker und ihrer Medien oder ihre Korruption muss verschwinden, um die Sachlage realistisch zu beurteilen, ohne in die Fallen lügnerischer kriegführender Regierungen zu tappen. Das Weiße Haus musste schon unter Obama immer wieder entscheiden, ob es sich dem Druck des Militärindustriekomplex beugt oder das Primat der Politik durchsetzt, eine Entscheidung, vor der sich auch der amtierende US-Präsident Donald Trump wiederholt gestellt sieht. Allerdings kann er, um wiedergewählt zu werden, sich nicht leisten, den mächtigen Militärindustriekomplex gegen sich aufzubringen. Daher seine Dichotomie und widersprüchliche Handlungen.

Der Kampf der irakischen Armee gegen IS und andere Terroristen in ihrem Land ist derselbe Kampf der syrischen Armee gegen alle Art von bewaffneten Kampfgruppen in Syrien. Welche Regierung könnte illegale Kampfgruppen dulden? Außenpolitiker sollten klar denken und sich gut informieren, denn bewaffnete Gruppen sind keine „Opposition“, in keinem Land der Welt, und jede Unterstützung für solche Kampfgruppen ist einzustellen, da sie keine Opposition darstellen, weil sie bewaffnet sind, gezielt töten und verwüsten. Diese kriminellen Banden weigern sich, ihre Waffen niederzulegen und an Gesprächen teilzunehmen, wie es zu einer Opposition gehört. Es ist zu wünschen, dass Ursula von der Leyen zu diesem Sachverständnis gelangt.

Nachrichtenunterdrückung

Die US-Regierung von Barack Obama hatte vor, jede Unterstützung für bewaffnete Gruppierungen und Terroristen einzustellen, eine Nachricht, die verschwiegen wurde. Schon zwischen dem US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow erfolgte am 9. September 2016 in Genf die entsprechende Vereinbarung, um bewaffnete Kampfgruppen gemeinsam zu bekämpfen. Kein Wort darüber in deutschen Redaktionen, sondern das totale Medien-Blackout.

Ursula von der Leyen kann über Multilateralismus lange schwärmen, aber seit der guten Verständigung der USA mit der Sowjetunion zeigt die historische Erfahrung, dass bilaterale Beziehungen, die auf gutem Willen basieren, Spannungen abbauen, konstruktiv sein und zu erfolgreichen Ergebnissen führen können. Besonders zu würdigen ist in diesem Zusammenhang, dass sich Obamas Außenminister John Kerry in seiner Amtszeit unermüdlich für Deeskalation einsetzte und versuchte, immer zu retten, was nur zu retten war. Die erfolgreiche Diplomatie von John Kerry erreicht den Abschluss drei wichtiger Abkommen zu Syrien, die heute noch die Weichen stellen:

 

– am 26. Februar 2013 die russisch-amerikanische Vereinbarung im Berliner Hotel Adlon;

– am 7.Mai 2013 die russisch-amerikanische Vereinbarung im Kreml und

– am 9.September 2016 das Genfer russisch-amerikanische Abkommen, wobei sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow erneut sachlich verstanden und einig abstimmten.

Die US-Regierung von Donald Trump hatte ebenso vor, jede Unterstützung für bewaffnete Gruppen und Terroristen einzustellen. Diese begrüßenswerte US-Initiative verdiente kein Wort von Ursula von der Leyen. Die deutsche Öffentlichkeit wurde nicht einmal informiert, ob der damalige US-Außenminister Rex Tillerson bei den Syrien-Gespräche in Genf anwesend war oder nicht. Kein Kommentar darüber. Totales Medien-Blackout. Auch über das Sondertreffen der G-20-Außenminister zu Syrien in Bonn am 17.Februar 2017 gab es keine mediale Information über die Stellungnahme zu Syrien des damaligen US-Außenminister Rex Tillersons, obwohl die neue Außenpolitik der US-Administration von Präsident Donald Trump im Mittelpunkt der zweitägigen Bonner-G20-Konferenz stand. Wie die Verteidigungsministerin Deutschlands dazu stand, blieb im Dunkeln. Wer hatte Interesse an einer Nachrichtenunterdrückung? Wem nutzte es?

Obamas Krieg mit Mitteln des Terrors in enger Verbundenheit mit gewalttätigen Islamisten und Dschihadisten wurde unter Druck des Pentagon beschlossen. Der terroristische Pentagon-Krieg hat eine ganze Region ins Chaos gestürzt und einen verheerenden Anstieg von Fluchtbewegungen ausgelöst. Die Bösartigkeit der USA kennt keine Grenze, kein Maß. Es ist eine Schande, dass Obama kurz vor Ende seines Amtes nicht imstande war, die Wahrheit zu enthüllen oder mindestens Konsequenzen aus seiner fehlgeleiteten massenmörderischen Außenpolitik zu ziehen. Unwillig weil unfähig, sich von ungesetzlichen bewaffneten Kampfgruppen in Syrien zu trennen, machte er sich als US-Präsident selbst zum Komplizen der grausamen und abscheulichen Anschläge dieser fanatisierten Elemente. Verbunden mit unerwünschten Gewalttätern, die unter seiner Patronage standen, verlor Obama alle Glaubwürdigkeit und Autorität vor der Weltsstaatengemeinschaft. Kein Wort aus seinem Mund zu der feigen US-Aggression, die gezielt den Waffenstillstand von 9. September 2016 in Syrien begrub.

Am 26. September 2016 beklagte Außenminister Sergej Lawrow:

„Mein guter Freund John Kerry … steht unter heftiger Kritik durch die US-Militärmaschine, die anscheinend nicht wirklich auf den Oberbefehlshaber hört.“

Internationale Ordnung gemäß dem geltenden Völkerrecht bitter nötig

Gewiss ist die Verständigung der USA mit Russland wünschenswert, vor allem um den langen terroristischen US/NATO-Krieg in Syrien zu beenden. Die Wiederherstellung der internationalen Ordnung gemäß dem geltenden Völkerrecht ist heute bitter nötig. Washington muss Vernunft und Pragmatismus gelten lassen und dem Primat der Politik mit dem internationalen Gesetz an oberste Stelle Geltung verschaffen. Demgemäß ist Kriegstreiberei im Weißen Haus definitiv zu bremsen und jeder Kriegsminister oder -Beamte zu entlassen. Obama konnte sich im August 2013 dem Druck des Militärindustrie-Komplex widersetzen. Dasselbe zu tun hat heute höchste Priorität; dazu ist jetzt US-Präsident Trump an der Reihe. Die USA konstruieren sich immer wieder neue Feindbilder, um ihren Militärindustrie-Komplex zu alimentieren. Hier liegt die Gefahr beim politischen Washington und das Handicap jeder US-Regierung, die sich nicht für den Frieden einsetzen kann oder will, sondern immer wieder Aggression und Krieg betreibt. Es ist gerade der Militärindustrie-Komplex, der die Verständigung des Weißen Hauses und der EU mit dem Kreml verhindert. Eine sachliche ehrliche Diskussion über die internationalen Herausforderungen muss dieses gravierende Hindernis in der US-Administration und in EU-Regierungen richtig anpacken.

Wer hat Interesse an einem fortdauernden terroristischen Krieg in Syrien? Bekannt ist, dass die rückständigen arabischen Autokratien Saudi-Arabien und die Golfstaaten hinter Terroristen stehen und sie weiter bewaffnen wollen. Aber welche europäischen Staaten sind ihre Komplizen und alimentieren auch diesen Krieg? Der Verdacht fällt an erster Stelle auf Frankreich. Sollte das Europaparlament zum vollwertigen Parlament werden, darf es sich von der Gier und illegalen Handlungen neokolonialer EU-Mächte nicht manipulieren lassen, damit die EU-Außenpolitik auf der Grundlage des Völkerrechts richtiggestellt wird.

Welches Interesse hat die Pariser Regierung, die internationale Ordnung, die auf der Charta der Vereinten Nationen beruht, abzuschaffen und stattdessen eigene partikuläre Regeln zu diktieren? Hier müssen sich Ursula von der Leyen und Redaktionen dafür einschalten, diese verheerende Außenpolitik Deutschlands und anderer NATO-Staaten schnellstens zu beenden, damit die Charta der Vereinten Nationen die rechtliche Grundlage für alle EU-Staaten bleibt.