Schon wieder eine Runde Treueschwüre auf Israel

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 23./24.04.2024

Betr.: ARD-Fernsehsendung “Presseclub” am 21.4.24: Droht ein großer Krieg im Nahen Osten?

Presseclub: Die Position des Iran wird nicht klargestellt

Die Moderatorin der ARD-Fernsehsendung “Presseclub” am 21.4.24 , Susan Link, macht am Anfang der Sendung auf den Angriff des Iran auf Israel aufmerksam, ohne seine unmittelbare Ursache zu erwähnen, nämlich der vorhergehende Bombenangriff Israels auf die iranische Botschaft in Damaskus am 1.4.24.

Die Position des Iran wird nicht klargestellt. Auch nicht die Feststellung vom Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN) Antonio Guterres, der vor dem UN-Weltsicherheit sagte: Die Wurzel der Spannungen in der Region ist der Gaza-Krieg. Darin liegt also die eigentliche Ursache der wachsenden Spannungen zwischen Israel und Iran.

Presseclub: Öffentlichen Fokus auf den Gaza-Krieg richten

Völlig treffend sagte deshalb der Gast beim Presseclub, Daniel Gerlach, Mitherausgeber und Chefredakteur des Zeitschrift “Zenith”, dass sich der öffentliche Fokus auf den Gaza-Krieg richten muss. Die Massaker an Palästinensern in Gaza und die israelische Besatzungswillkür im Westjordanland müssen aufhören. Damit “wird der Konflikt mit dem Iran entschärft”. Daniel Gessler war der einzige Teilnehmer, der sich im Presseclub besonnen und sachgemäß äußerte. Er wies auch darauf hin, dass der Westen keinen Einfluss für eine Lösung des Konflikts im Nahen Osten hat, seitdem er sich mit der strapazierten Rhetorik von Demokratie und Menschenrechte nur für seine partikulären Interessen engagiert, die Weltordnung demontiert und immer wieder verdreht hat.

Presseclub: Haltlose israelische Propaganda einer angeblichen nuklearen Gefahr aus dem Iran reproduziert

Der Presseclub wiederholt die Frage nach dem israelischen Narrativ, nämlich die Frage nach einer israelischen Antwort auf den Angriff des Irans. Die israelische Propaganda von einer angeblichen nuklearen Gefahr aus dem Iran wurde im Presseclub auch haltlos reproduziert, obwohl der Iran keine Atomwaffen hat im Gegensatz zu Israel, das über 200 Atomwaffen verfügt!

Es gibt keine Angst vor dem Iran, sondern vor Israel, dessen Außenminister Katz nach eigenen Angaben mehr als 30 Staaten dazu aufgerufen hat, ihren Kurs gegenüber dem Iran zu verschärfen. Katz sprach von einer politischen Offensive gegen die Islamische Republik – als Ergänzung zu einer möglichen militärischen Reaktion auf den iranischen Angriff gegen Israel vom vergangenen Wochenende.

Presseclub: Drohung aus Tel Aviv nicht erwähnt, auch nicht die eindeutige Erklärung des iranischen Außenministers

Diese Drohung aus Tel Aviv wurde aber weder von der Moderatorin noch von irgendeinem Teilnehmer im Presseclub erwähnt, auch nicht die eindeutige Erklärung des iranischen Außenministers. Die iranische Regierung plant nach eigenen Angaben derzeit keinen erneuten Vergeltungsangriff auf Israel. „So lange das israelische Regime keine neuen Abenteuer gegen die Interessen des Iran plant, werden wir nicht antworten“, sagte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian dem US-Sender NBC News.

Presseclub: Kein Hinweis auf falsche zionistische Konstruktion einer vom Iran ausgehenden Atomwaffengefahr

Mit dem Iran ist endlich fair zu verhandeln, ohne die falsche zionistische Konstruktion einer vom Iran ausgehenden Atomwaffengefahr, die es überhaupt nicht gibt. Der Iran tritt seit Jahrzehnten zusammen mit Syrien für einen atomwaffenfreien Nahen Osten ein. Es wäre sehr konstruktiv und aufklärerisch, dass Iran eine Konferenz für nukleare Arbüstung organisierte. Damit würde die verlogene Haltung Israels bloßgestellt.

Um den abschreckenden Angriff Irans auf Israel sachgemäß aufzuklären und zu kommentieren, wäre es angebracht auf die Bundespressekonferenz des jordanischen Außenministers Ayman Safadi bei seinem Besuch am 16.4.24 in Berlin zu hinweisen, wo er mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zusammentraf. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Lage in Nahost. Safadi wurde als „vertrauter und verlässlicher Partner in der Region“ begrüßt. Angesichts des jüngsten iranischen Vergeltungsschlags sprach Baerbock Israel auf der Pressekonferenz mit Jordaniens Außenminister Safadi volle Solidarität aus. Jordanien hingegen distanzierte sich deutlich von der deutschen Position: „Der israelische Premierminister Bibi (Benjamin) Netanjahu, dessen Regierung extremistische und rassistische Minister angehören, muss daran gehindert werden, der Region eine Kriegsagenda aufzuzwingen“, so Safadi.

Presseclub: Auslassen der Erklärung vom jordanischen Außenminister in Berlin (16.4.)

Die dreiste ungebildete deutsche Außenministerin versuchte die Stellungnahme ihres jordanischen Kollegen zu verzerren und in ein pro-israelisches Narrativ umzumünzen. Das freche Verhalten Baerbocks rief eine deutliche Reaktion Safadis hervor: „Was Iran betrifft, so habe ich vorhin gesagt, dass die iranischen Angriffe eine Reaktion auf den israelischen Angriff auf das iranische Konsulat in Damaskus waren […]. Wir können nicht hinnehmen, dass Israel ohne Abschreckung gegen das Völkerrecht verstößt, und für alle anderen unterschiedliche Maßstäbe anlegen“, so der jordanische Außenminister am 16.4.24. Die Rede von Ayman Safadi wurde in den deutschen Medien, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt. ARD und ZDF beschränken die Aufzeichnung der Pressekonferenz in ihren Mediatheken auf die Rede Baerbocks. Der Presseclub, völlig unprofessionell und tendenziös, ignorierte die Rede des jordanischen Außenminister. Und wieder eine Runde Treueschwüre auf Israel, begleitet von Verabreichung von Fakten in extrem kleinen Dosen. Wer Zusammenhänge erkennen will, darf sich weder auf die deutsche Politik noch auf die deutschen Medien verlassen. Aber schon die Iren zeigen, dass es anders geht. (“Deutschland und Iran – Wie immer keine Ahnung vom Völkerrecht”, RT.DE 17.4.24)

Presseclub: Kein Sterbenswörtchen über Treffen von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit Hamas-Führer Ismail Hanija

Große Irritationen verursachte in Tel Aviv der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Treffen mit dem Hamas-Führer Ismail Hanija am 20.4. (Meldung 20.4.24). Da im vereinten Deutschland Widerstand gegen die Besatzungsmacht Israel wie der Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht im Dritten Reich eingestuft wird, nämlich als Terror, gab es natürlich zu diesem höchsten Treffen von Präsident Erdogan mit dem Hamas-Führer Hanija kein Sterbenswörtchen im Presseclub.

Presseclub: Tabu, über nächsten angemessenen iranischen Gegenangriff zu sprechen – Kommandozentrale für israelische Atomwaffen zerstören

Ein sehr angemessener militärischer Gegenangriff des Irans auf einen Vergeltungsangriff Israels wäre, die Kommandozentrale für israelische Atomwaffen zu zerstören, damit die einzige reale atomare Vernichtungsgefahr in der Region verschwindet, die aus Israel und nicht aus dem Iran kommt.

Nicht nur Teheran, wie Rudolph Chimelli erkennt, sondern alle gutgesinnten Menschen können die Lage im Nahen Osten selbst beurteilen, da sie wissen, wie auch Rudolph Chimelli, welche Länder sich für die Bewaffnung und weitere Gewalt in Nahost einsetzen.(„Schwindendes Selbstvertrauen“, Rudolph Chimelli, SZ 10.8.12)

Groteske Desinformation über den Iran geht im Presseclub weiter. Der Iran ist viel weiter als Saudi-Arabien an den Westen angenähert. Riad hat immer wieder gedroht, den Krieg in den Iran zu tragen. Seit Jahren führt es einen erbarmungslosen Krieg gegen den Jemen und unterstützt offiziell Terroristen in Syrien.

Presseclub: Ohne Worte über Saudi-Arabien, eine Monarchie ohne politische Kultur

Saudi-Arabien ist eine Monarchie mit einem Allein-Herrscher. Das Land ist nach der herrschenden Familie Saud benannt. Im Gegensatz zum Iran gibt es in Saudi Arabien keine politische Kultur, keine Pluralität im politischen System. Am brutalsten und extrem rückständig entlarvt sich Saudi Arabien, wo als Strafmaßnahme Hände und Füße abgeschnitten werden. Aber die tendenziösen Teilnehmerinnen im Presseclub stellen den Iran an den Pranger für Menschenrechtsverletzungen, nicht Saudi Arabien.

Presseclub: Wichtiges diplomatische Ereignis der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran nicht wahrgenommen

Die grundsätzlich völkerrechtsmäßige Außenpolitik Chinas ist diesbezüglich zu begrüßen, die jetzt die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran erreicht hat (10.3.2023), und zwar als Ergebnis von Gesprächen in Peking. Beide Staaten haben schon ihre Botschaften wieder eröffnen. Das ist eine Schlappe ins Gesicht der USA und Israels. Ein Triumph für den Frieden, sagte der Außenminister Chinas. Der Presseclub hat dieses wichtige diplomatische Ereignis nicht wahrgenommen.

Die Vereinigten Staaten wollen sich an keinen Offensivoperationen beteiligen. Die USA und die G7-Runde konzentrierten sich auf ihre Arbeit zur Deeskalation von Spannungen, um potenzielle Konflikte zu deeskalieren. Dies zeige sich auch in der Abschlusserklärung des Krisengipfel der G-7 in Capri am 13.4.24.

<<Der Iran hat dieses Mal nur auf militärische Objekte gefeuert, aber wenn er nicht 300, sondern 10.000 Raketen und Drohnen einsetzte, würde Israel ausgelöscht. Allein die Hisbollah verfügt über 1.500 moderne Raketen. Im Sortiment hat der Iran jetzt einige sehr ausgeklügelte Raketen mit mehreren Sprengköpfen, die nicht zu stoppen sind.

Russland verfüge mit seinen S400- und anderen Systemen wahrscheinlich über die beste Luftabwehr der Welt. Der Kreml hat den iranischen Angriff auf Israel nicht verurteilt.

Die Iraner haben die USA und ihre Verbündeten bespuckt und einfach getan, was sie für notwendig hielten. Infolgedessen zählt die Welt der regelbasierten Ordnung nichts.>> (Edgar Doctorow, 15.4.24)

Presseclub: Iran als Mitglied der BRICS-Staaten, neue Weltverhältnisse kein Thema

Die neue Weltverhältnisse werden im Presseclub nicht wahrgenommen. Der Iran ist Mitglied der BRICS-Staaten geworden und die Shanghai-Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit wird vom Iran und der Türkei angeführt. Der Westen, die USA und die EU-Staaten spielen keine Rolle mehr.