Sonderrechte für israelische Bankiers?

Nahostpolitik

Empörung in Bremen über „geheime“ Baupläne

Von Arn Strohmeyer, 04.03.2019

In Bremen herrscht Empörung über die Pläne zweier israelischer Bankiers, ihr Imperium auf das kleine Bundesland auszudehnen. Und zwar aus folgendem Grund: In der Stadt gibt es Richtlinien für die Erhaltung des Stadtbildes. Kein Gebäude darf höher als 98 Meter sein, denn das ist die Höhe des Doms am Marktplatz. Jede Bebauung darüber hinaus wird – nicht aus religiösen, sondern aus rein säkularen Gründen – als Verschandelung des Stadtbildes angesehen. Eine Skyline wie in Frankfurt ist in Bremen also ganz unmöglich.

Nun geschah aber Folgendes: Die Bremer Stadtsparkasse gibt ihr (Denkmal geschütztes!) im historisierenden Stil des 19. Jahrhunderts gehaltenes Hauptgebäude am Brill in der Innenstadt auf und zieht in ein neues Domizil in der Peripherie. Sie hat diese bisherige Niederlassung samt Gelände drumherum an die israelischen Bankiers Pinchas und Samuel Shapira verkauft. Über die beiden Brüder weiß man in Bremen wenig. Sie besitzen zahlreiche Immobilien, Einkaufszentren und Altenpflegeheime. In einer Mitteilung des Bremer Fernsehmagazins Buten und Binnen heißt es: „Die ‚shapira family office‘ ist ein unüberschaubares Geflecht aus zahlreichen Gesellschaften und Holdings, die ihren Sitz unter anderem in Luxemburg und Zypern haben. Diese Holdings wiederum wurden zum Teil von Gesellschaften mit Sitz auf Virgins Islands gegründet.“

Die Brüder legten nun auch gleich gewichtige Pläne für die Bebauung des Sparkassengeländes vor. Der Neubau der Bank soll aus vier riesigen Türmen bestehen, die die vorgeschriebene Höhe des Domes beträchtlich übersteigen und dem Stadtbild einen ganz anderen Charakter aufprägen würden. Die Türme sollen außer der Bank auch Geschäfte und Wohnungen enthalten. Um eine Ablehnung durch die Stadtväter gleich von vornherein schwer zu machen, heuerten die Brüder Shapira den weltbekannten jüdischen Architekten Daniel Libeskind an, der auch die Bauten des Jüdischen Museums in Berlin und des Hauptgebäudes der Lüneburger Universität entworfen hat.

Stararchitekt und Bankiers trafen sich kürzlich im Bremer Rathaus mit den Verantwortlichen der Stadt, an der Spitze Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Die Damen und Herren waren sehr angetan von den Entwürfen und versprachen Unterstützung, obwohl – wohl aus gutem Grund – die ganze Angelegenheit eigentlich geheim sein sollte. Nur auf Schleich- und Umwegen kamen Journalisten in den Besitz einiger Informationen über das Projekt.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. In den Leserbriefen der örtlichen Monopolzeitung Weser-Kurier machte sich die Empörung Luft. Die ist einmal architektonisch begründet. So schrieb ein Professor für Architekturgeschichte, der vor allem die Geheimniskrämerei um das Projekt anprangerte: „Die Geheimniskrämerei ist hier sicher nötig: Dürfen ein Architekt und sein Investor sich einfach über alle Richtlinien zur Höhe und Größe von Bauprojekten hinwegsetzen, die sich an historischen Gegebenheiten orientieren? Passt diese Architektur zu Bremen und seiner Altstadt, wie der – zugegeben eloquente – Architekt behauptet? Oder wird hier ein bekannter Name benutzt, um ohne jede Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten den Gewinn zu maximieren?“

In diesem und anderen Leserbriefen wird inzwischen klar ausgesprochen, dass es den beiden Bankiers mit ihren Türmen sicher nicht um eine Bereicherung des Bremer Stadtbildes geht, sondern schlicht um „Kohle“. Bisher ist die ganze Angelegenheit noch sehr sachlich debattiert worden. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass die Stadt dabei ist, den Investoren Sonderrechte einzuräumen. Dann kann die Sache politisch hochbrisant werden, und die Verantwortlichen im Rathaus müssen aufpassen, dass ihnen die Sache nicht aus den Händen gleitet und antisemitische Zungenschläge in die Diskussion kommen. Der Bremer Senat wandert hier auf einem schmalen Grat.