Thema Syrien – Treffen Merkel-Putin: Hochmut und Arroganz ersetzen keine Konzeptlosigkeit

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 19.08.2018

Hochmut und Arroganz ersetzen keine Konzeptlosigkeit

Extrem chaotische, irrsinnige Außenpolitik Deutschlands zu Syrien

Eine extrem chaotische, irrsinnige Außenpolitik zu Syrien veranlasste den Besuch vom russischen Außenminister Sergej Lawrow in Begleitung des Generalstabschefs der russischen Streitkräfte, Walerij Gerassimow, zu Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel in Berlin am 24. Juli kurz vor Beginn der Konferenz zu Syrien in Sotschi. Auch bei dem Gespräch in Meseberg am 18. August zwischen der Bundeskanzlerin und dem Präsidenten Russlands steht Syrien auf der Tagesordnung.

Führende Medien unterschlagen jede Berichterstattung über Syrien.

<Ende Juli fand in Sotschi erneut eine Konferenz statt, um zu einer politischen Lösung des Krieges gegen Syrien zu finden. Die Konferenz fand im Rahmen des Astana-Prozesses statt, in dem die Garantiemächte Russland, Iran und Türkei einen Interesenausgleich suchen. An der Konferenz nahmen auch Vertreter syrischer Oppositionsgruppen teil.

… die Dschihadisten sind militärisch weitgehend geschlagen. So ging es bei den Verhandlungen in Sotschi um die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Syriens, die Rückkehr von Flüchtlingen und den Wiederaufbau.

Eine Kommission soll die syrische Verfassung erarbeiten. Vertreter von Regierung und Opposition wurden bestimmt, Vertreter der syrischen Zivilgesellschaft werden ebenfalls an der Arbeit der Kommission teilnehmen…. Das Abschlußkommuniqué sprach davon, die Einheit Syriens müsse erhalten werden….

Im Zentrum dieses Konflikts steht die Provinz Idlib. Die Türkei spielt hier eine doppelte (widersprüchliche d.A.) Rolle. Als Garantiemacht leistet sie einen Beitrag zur Stabilisierung Syriens – in Idlib dagegen hat sie wichtige Verbündete und versucht immer mehr, die Kontrolle über Teile der Provinz zu erhalten. Zugleich ist die Provinz Zufluchtsort für Tausende Dschihadisten …

Die syrische Regierung will auf jeden Fall auch die Kontrolle über diese Provinz wiederherstellen. Der Leiter der syrischen Delegation, UN-Botschafter Syriens Baschar Al-Dschafari, sprach davon, die Deeskalationszonen hätten eine befristete Dauer und Syrien habe das legitime Recht, die Kontrolle über alle Gebiete zu übernehmen, die die Türkei besetzt habe…. Angriffe auf Gebiete, die unter Kontrolle der Dschihadisten stehen, sind durchhaus denkbar….> („Einheit Syriens erhalten“ von Manfred Ziegler, UZ von 10.8.18)

Karin Leukefeld berichtet darüber weiter: <Washington operiert in Syrien völkerrechtswidrig und hat östlich des Euphrats mehr als ein Dutzend Militärbasen errichtet. Seit der Ansage von US-Präsident Donald Trump, die US-amerikanischen Truppen bis Ende 2018 aus Syrien abzuziehen und das Gebiet anderen zu überlassen, sind die SDK gezwungen, sich nach neuen Partnern umzusehen. Die Zusammenarbeit mit französischen Spezialkräften stellt die unberechenbare Nahost-Politik Frankreichs bloß. Eine von den USA geplante neue Besatzungstruppe für die Gebiete östlich des Euphrats unter Führung von Saudi-Arabiens und anderer Golfmonarchien dürfte weniger willkommen sein (als die von Frankreich). Diese unterstützen mit der Türkei den „Islamischen Staat“.> („Beratung unter Brüdern“ von Karin Leukefeld, Junge Welt 2.8.18)

Auch die Syrien-Gespräche in Sotschi sind in Deutschland medial verschwiegen worden: <Anfang der Woche (ab dem 30.7.) haben in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi die zehnten Syrien-Gespräche im Astana-Format stattgefunden. Es ging darum, wie ein Friedensprozeß auf den Weg gebracht werden kann. Die Zusammenkunft fand unter der Schirmherrschaft der Garantiemächte Russland, Iran und Türkei statt.

Die Tagesordnung war von dem Syrien-Beauftragten des russischen Präsidenten, Alexander Lawrentiew, und dem UN-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, festgelegt worden. … Die syrische Delegation wurde vom UN-Botschafter des Landes, Baschar Al-Dschafari, geleitet.

Auch einige oppositionelle Delegationen und UN-Experten waren erschienen. Weder die USA noch die vom Westen und den Golfstaaten unterstützte oppositionelle „Nationale Koalition“ nahmen an dem Treffen teil.

Militärische, praktische und vertrauensbildende Maßnahmen standen im Vordergrund. Dabei ging es um die Lage in der Provinz Idlib, um die Rückkehr und Unterstützung von Inlandsvertriebenen und Flüchtlingen, um den Wiederaufbau ziviler Infrastruktur. … Der politische Prozess müsse von den Syrern selbst gestalten werden. …

Die Astana-Gespräche … haben seit Anfang 2017 erheblich zur Beruhigung der Kriegshandlungen in Syrien beigetragen. Es entstanden Deeskalationsgebiete, Tausende syrischer Kämpfer haben ihre Waffen niedergelegt, die syrische Armee hat weite Teile des Landes wieder unter ihre Kontrolle gebracht… Der syrische Präsident Baschar Al-Assad hat klargemacht, dass das ganze Land wieder unter staatliche Kontrolle gebracht werden soll. Das beinhaltet ausdrücklich auch Gespräche zwischen Damaskus und oppositionellen Gruppen.

Weder „als Beobachter noch in anderer offizieller Eigenschaft“ würden die USA an dem Treffen in Sotschi teilnehmen. Washington konzentriere sich statt dessen „weiterhin auf die Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der UNO in Genf“, so ein Sprecher des US-Aussenministeriums.

Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, nannte die Abwesenheit der USA „bedauerlich“, zumal Washington ständig versichere, den politischen Prozess in Syrien unterstützen zu wollen. Genau darum sei es bei dem Treffen in Sotschi gegangen. Moskau habe wiederholt versichert, dass es nicht um eine „Alternative zu Genf“ gehe. Die US-Regierung versuche, die Bedeutung des Astana-Formats herunterzuspielen, die dort erzielten Vermittlungsergebnisse unglaubwürdig zu machen und ihre Umsetzung zu verhindern. Die ablehnende Haltung sei darauf zurückzuführen, dass es den USA nicht gelungen sei, die Entwicklung in Syrien „unter ihre Kontrolle zu bringen“, sagte Sacharowa. Gegenüber dem UN-Sondervermittler für Syrien de Mistura, der persönlich an den Gesprächen in Sotschi teilgenommen habe, sei das eine schlechte Haltung.> („Treffen für Frieden“ von Karin Leukefeld, Junge Welt 2.8.18)

Westliche Außenpolitik auf allen Ebenen gescheitert

Jeder Friedensprozess steht im eklatanten Missklang mit der destruktiven westlichen Außenpolitik. Der US-Präsident Donald Trump hat diese destruktive Außenpolitik seiner Vorgänger fortgesetzt und die Gefahr einer Weltkatastrophe weiter gesteigert. Er und seine dilettantische Zuarbeiterclique, seine Trump-Truppe im Weißen Haus, sperren sich gegen jeden konstruktiven Dialog, halten keine Verträge ein und stellen sich mit brutaler Gewalt und Drohung gegen die gesamte zivilisierte Welt. Glücklicherweise ist diese destruktive westliche Außenpolitik, die den Frieden torpediert und Krieg durch Terror fördert, auf allen Ebenen gescheitert. Deutsche Medien versuchen mit allen Tricks und Finten, das politische und militärische Scheitern des Westens in Syrien zu vertuschen.

Eine weitere, ständig wiederholte Falsch-Darstellung der deutschen Medien betrifft den von NATO-Staaten angezettelten und finanzierten terroristischen Krieg in Syrien, den sie fälschlicherweise als „Bürgerkrieg“ betiteln. Darüberhinaus verschweigen die Medien alle erfolgreichen Schritte der syrischen Regierung, um ihr gesamtes Land von Terroristen zu befreien und es der Kontrolle der syrischen Regierung wieder zu unterstellen.

Deutscher Journalismus zu Syrien und Iran auf der Strecke geblieben

Was Syrien und den Iran betrifft, bleibt der deutsche Journalismus auf der Strecke. Kein einziger Journalist führender Medien kommt zu der realistischen Folgerung wie der Präsident Syriens und jeder unabhängige Beobachter, nämlich dass dem Westen nicht vertraut werden kann. Das sei die wichtigste Lehre, die Syrien während fünf Jahren Terrorkrieg gelernt habe, sagte der Präsident Syriens Baschar Al-Assad in einem Exklusiv-Interview (3.4.16) mit der Nachrichtenagentur Sputnik.

Westliche Länder sind unehrlich, fern von den Grundsätzen des internationalen Rechts.

<Die wichtigste Lektion, die wir gelernt haben, aber ich nehme an, wir kannten sie die ganze Zeit schon, besteht darin, dass der Westen nicht ehrlich ist. Westliche Länder sind unehrlich. Die USA, EU und ihre Alliierten „folgen einer Politik, fern von den Grundsätzen des internationalen Rechts und der Vereinten Nationen“ und deshalb „ist es unmöglich, dem Westen zu trauen, irgendein Problem zu lösen“. … „Wir leben in einer Welt, wo es gegenwärtig kein internationales Gesetz oder Moral in der Politik gibt. … Das Land sehe sich einer terroristischen Aggression gegenüber, die von Greueltaten, die nach Wesen und Gestalt in den letzten Jahrzehnten beispiellos seien und vielleicht sogar in den vergangenen Jahrhunderten.

Der syrische Präsident drückte sein Vertrauen aus, dass Syrien ein „Schlüsselland in der Region“ sein werde, nachdem Frieden im Lande erreicht sei.

„Ich denke, wenn wir es schaffen, die Krise zu überwinden, wird die syrische Gesellschaft eine bessere sein, was das Soziale betrifft. Und Syrien wird besser dastehen, um seine historische Rolle in der Region wahrzunehmen. Diese Rolle wird in aller Öffentlichkeit andere Nationen beeinflussen, weil wir es mit einer einzigen Region zu tun haben, mit denselben Menschen mit ähnlichen Überlieferungen. Als Araber, als islamische Staaten beeinflussen wir uns gegenseitig. In dieser Hinsicht hat Syrien eine sehr wichtige Rolle zu spielen“, sagte Assad.> (Sputnik, 3.4.16)

Der terroristische Krieg tobt in Syrien seit 2011, währenddessen die Regierung die bewaffnete Opposition und verschiedene Gruppen von Terroristen bekämpft.

<Nun sind Damaskus und dessen Umland vollständig befreit, teilte am Montag (21.5.18) ein Militärsprecher mit>. („Schwarze Trümmer. Die Vororte von Damaskus sind befreit“, von Karin Leukefeld, Damaskus, Junge Welt, 25.5.18)

Friedensgespräche: Eine rein inner-syrische Angelegenheit

Die Friedensgespräche sind eine rein inner-syrische Angelegenheit. Aber westliche Führer und ihre Medien sind weiter unfähig oder unwillig, das korrekte, das richtige zu identifizieren und das inkorrekte, das unrichtige an den Pranger zu stellen. Wer hat heute den Charakter und die Integrität, sich wegen seiner Handlungen Rechenschaft abzulegen? Welcher Politiker oder Journalist ist heute dabei, seine eigene Verantwortung zu übernehmen, anstatt andere zu beschuldigen oder denjenigen, der anders denkt, in einen persönlichen Feind zu verwandeln?

Morden in Syrien unter Anordnung der größten Demokratien der Welt

Das Morden in Syrien erfolgt unter Anordnung der größten Demokratien der Welt: Die USA und ihre Satelliten. Diese Realität ist erschreckend. Noch erschreckender ist jedoch, dass sie medial reproduziert, aber nicht kritisiert wird. <Die von der USA angeführte Allianz gegen den Islamischen Staat (IS) hat mehreren Posten der Syrischen Armee angegriffen> („Syrien meldet US-Angriffe auf Armeeposten“, von Reuters/jW am 25.5.18)

Man fragt sich, warum dieser widerliche Hass besteht, woher dieser Wahnsinn kommt, der jenseits aller Vernunft und Normalität die Verwüstung, unheimliches Leid und Zerstörung in einem kleinen arabischen Land, ohne Ende, ohne Reue der westlichen kriminellen Regierungen verursacht.

Die Antwort lässt uns nüchtern aufwachen: Weil das System der USA kaputt ist. Dieses Monster und seine militärische Zerstörungsmaschinerie benötigt Krieg, um irgendwo in der Welt zu rauben. Nicht nur Syrien und Iran sind bedroht, sondern alle Länder, die über Reichtum verfügen, sind exponiert, von diesem Monster überfallen und gewaltsam beraubt zu werden. Daher die US- Obsession, die Welt zu dominieren, ihre Dominanz über Personen und Staaten zu festigen.

Mit Realismus das Auswärtige Amt wachrütteln

Hochmut und Arroganz ersetzen keine Konzeptlosigkeit, keinen Mangel an Außenpolitik Deutschlands. Realismus muss das Auswärtige Amt von oben bis unten wachrütteln, und vor allem das Bundeskanzleramt, damit der Geist der Verantwortungsträger endlich aufwacht und eine eigenständige rechtmäßige Außenpolitik konzipiert wird.

Die Stunde schlägt seit langem, die rechtsbrecherischen transatlantischen Beziehungen und das Vasallentum Deutschlands und Europas zu dem angeblichen Partner, den USA, zu beenden. Sie sind eigentlich ein Rechtsbrecher und eine gefährliche wiederholte kriegstreiberische Macht, wie das unermessliche US-Militär-Budget für 2019 und die maßlose Ansprache von US-Präsident Trump am 13.8. besorgniserregend belegen.

Es ist ein Grund zur Hoffnung auf die Befriedung ganz Syriens und begrüßenwert, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vorfeld ihres Treffen mit dem Präsidenten Russlands in Meseberg sich offen für ein Syrien-Gipfel ohne die USA erklärt. („Merkel offen für Syrien-Gipfel ohne USA!“ vonReuters/jW, Junge Welt 18.8.18)