Der Historiker Gerhard Hanloser hat ein wichtiges Buch über diese „linke“ Bewegung geschrieben, die sich als „ideologiekritisch“ versteht, in Wirklichkeit aber rechte Ideologie produziert und die totale Identifizierung mit Israel verlangt
Von Arn Strohmeyer, 04.12.2019
Bei der Lektüre von Gerhard Hanlosers Buch „Die andere Querfront. Skizzen des antideutschen Betrugs“ kommt einem der Vers aus Heinrich Heines „Deutschland ein Wintermärchen“ in Erinnerung, in denen es – in Prosa übersetzt – heißt: Während den anderen Völkern Europas (England und Frankreich) das Land gehört, „besitzen die Deutschen im Luftreich des Traums unbestritten die Herrschaft.“ Das ganze Ideologie-Gebäude der Antideutschen muss man in diesem Sinn verstehen: als eine Ansammlung von Irrationalismus, Nonsens und Inhumanität, die aber dennoch äußerst gefährlich ist.
Denn diese abgehobene und marginale intellektuelle Bewegung, von der die meisten Deutschen noch nie etwas gehört haben dürften, hat es geschafft, das Thema Antisemitismus so zu besetzen, dass sie mit Unterstellungen, Denunziationen und Rufmord, bestimmen kann, wer in diesem Land als Antisemit zu gelten hat und wer nicht. Wobei ihr natürlich ähnlich gesinnte Gruppen tatkräftig zur Seite stehen. Da bleibt dann in sehr vielen Köpfen etwas hängen, und niemand fragt dann nach der Absurdität der verbreitenden Quelle oder nach der Stichhaltigkeit des Antisemitismus-Begriffs, den diese Leute verwenden.
Gerhard Hanloser zieht denn auch gleich auf der ersten Seite seines Buches eine vernichtende thesenartige Bilanz seiner Recherchen über diese Bewegung, die er dann mit seinem Text im Detail belegt. Er schreibt über die Antideutschen, deren Vertreter so gut wie alle ursprünglich „Linke“ waren, inzwischen politisch-weltanschaulich aber auf die äußerst rechte Seite gerückt sind: „Wer betrügt, irrt nicht, ihm ist jegliche Legitimität seines Anliegens abzusprechen. Weder taugen die Antideutschen als Kritiker/innen deutscher Verhältnisse, noch ist von ihnen irgendein kluger Gedanke zu erhaschen oder eine Theorie über die hiesigen oder gar internationalen Entwicklungen zu entnehmen; schon gar nicht über den Antisemitismus, den sie laufend beschwören. Sie sind mittlerweile Bestandteil eines politische Lager übergreifenden, Bürger- wie Staatenkriege bejahenden Blocks, der jeglicher Emanzipation, jeglichem Aufbruch, ja selbst der Verhinderung des Schlimmsten, das heißt einer autoritär-rechten Formierung von Gesellschaft und Staat, entgegensteht.“
Hanloser deutet hier schon den Weg an, den die Antideutschen genommen haben: aus linken Nach-68er-Gruppen (die meisten aus dem KB) mit einem immerhin noch ansatzweise emanzipatorischen Anspruch zu einer den Kapitalismus und seine Kriege bejahenden Bewegung. Am Anfang stand dabei noch die verständliche Angst, dass aus der deutschen Wiedervereinigung nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Sowjetimperiums ein „Viertes Reich“ hervorgehen könnte, daher auch ihr Name „Antideutsche“. Auch Günter Grass hatte sich ähnlich geäußert: dass nach Auschwitz eine Neuformierung eines wiedervereinigten Deutschland ein Unding sei, weil die deutsche Teilung die gerechte Strafe für Auschwitz sei; er befürchtete einen neuen deutschen Großmachtchauvinismus.
Die Antideutschen zogen aus dem Zustandekommen der deutschen Einheit aber noch radikalere Schlüsse. Man müsse wegen des Holocaust gegen Deutschland sein, darin stimmten sie mit Grass noch überein, sie leiteten aus dem deutschen Mega-Verbrechen dann aber die Hauptmaxime ihrer ganzen Bewegung ab: eine bedingungslose Solidarität, ja die totale Identifizierung mit Juden bzw. Israel. Die Kette der Schlussfolgerungen fand hier aber nicht ihr Ende. Denn die nicht hinterfragbare Solidarität mit Juden und Israel musste – nach ihrem Verständnis des Nahost-Konflikts – zu einem abgrundtiefen Hass auf die Palästinenser bzw. alle Araber und Muslime führen, weil diese Israel ja angeblich bedrohen.
Der Golfkrieg 1991 gegen den Irak Saddam Husseins und der Anschlag auf das World Trade Center in New York (9/11) und die anschließenden „Anti-Terror-Kriege“ der USA fanden die volle Unterstützung der Antideutschen, was wiederum dazu führte, dass sie fanatische Anhänger der führenden Weltmacht USA und ihres kapitalistischen Wirtschaftssystems wurden. Was wiederum zur Folge hatte, dass jede Kritik am Kapitalismus und seines Finanzsystems als „Antisemitismus“ verleumdet wurde. Da die Kritik am Kapitalismus in erster Linie von der Linken kommt, wurden die Vertreter dieser politischen Richtung (einschließlich Menschenrechtler und Vertreter der Friedensbewegung) zum „antisemitischen“ Feind erklärt.
Linke, wenn sie denn wirklich welche sind, denken eigentlich universalistisch, also internationalistisch und damit humanistisch und können so gesehen gar keine Antisemiten sein. Aber die ideologischen Purzelbäume der Antideutschen machten es möglich: Aus den ursprünglichen Kritikern und Gegnern des Kapitalismus wurden fanatische Verteidiger des Kapitalismus und seines neoliberalen Geistes. Ihr Hauptaugenmerk galt und gilt also inzwischen der Erhaltung dieser Wirtschaftsordnung, was natürlich automatisch eine Delegitimierung jeder Kritik am Neoliberalismus bedeutet, und damit ein mit allen Mitteln – auch verleumderischen und denunziatorischen – geführter Kampf gegen die vermeintlichen „Antisemiten“ auf der linken Seite des politischen Spektrums.
Gerhard Hanloser beschreibt die politische Entwicklung und die ideologischen Verrenkungen der antideutschen Bewegung mit großer Ausführlichkeit, wobei am meisten die ideologischen Rechtfertigungen der Antideutschen verwundern, bezeichnen sie sich ja bis heute als „Ideologiekritiker“. Der Begriff Ideologiekritik stammt von Karl Marx und soll die mangelnde Übereinstimmung von Denken und Sein aufzeigen, also die Ursachen dieser Diskrepanz analysieren. Was heißt: die Ideologiekritik soll die gesellschaftlichen Verhältnisse aufdecken, die dem Denken Schranken setzen, soll also die herrschende Ideologie einer Gesellschaft entlarven. Da die Antideutschen sich von einer solchen kritischen Sicht weit entfernt hatten, suchten sie Zuflucht bei der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule.
Aber auch da konnten sie nicht andocken, denn auch Theodor W. Adorno und Max Horkheimer waren ja entschiedene Kritiker des Kapitalismus. Ihr Ideologiebegriff geht davon aus, dass der Kapitalismus einen Warenfetischismus erzeugt, die Verhältnisse und Beziehungen der Menschen untereinander also nur noch Warencharakter haben. Auch die Ausbeutung des Lohnarbeiters sehen sie als keineswegs aufgehoben an. Die Ideologie erfüllt also eine Rechtfertigungsfunktion, sie bestätigt und kaschiert bestehendes Unrecht mit Idealen und Theorien der Gerechtigkeit. Die Ideologiekritik hat demnach die Aufgabe, die von der Ideologie verdecke Ungerechtigkeit zu entlarven. Die Antideutschen decken und klären aber nicht auf, sondern produzieren selbst eifrig Ideologie. Der israelische Sozialwissenschaftler und Philosoph Moshe Zuckermann, der selbst bei Adorno und Horkheimer studiert hat, kann sich auf beide Frankfurter Denker in seiner Kritik an den Antideutschen berufen, wenn er sagt, dass die beiden Sozialphilosophen auch schon das Phänomen gründlich untersucht haben, dass Bewegungen mit einem ursprünglich emanzipativen Anspruch in ihr poltisch-weltanschauliches Gegenteil umschlagen können. Zuckermann merkt an, dass sich die beiden kritischen Denker im Grabe umdrehen würden, wenn sie noch realisieren könnten, was da mit ihrem Gedankengut getrieben würde.
Hanloser schreibt zu der ständigen „Aussonderung“ von Ideologie bei den Antideutschen: „Ab 1991, als die Welt nach dem Ende der Kalten-Kriegs-Ordnung in eine neue chaotische Phase eintrat und vornehmlich die USA als Hegemonialmacht mit meist gescheiterten ‚Weltordnungskriegen‘ auftraten, waren die ‚Antideutschen‘ mit diversen Kriegslegitimationsideologien zur Stelle. Von marxistischen und imperialismustheoretischen Ansätzen verabschiedete man sich, um im Nirgendwo einer haltlosen ‚Kritik‘ im Trüben zu fischen, hauptsächlich projektiv zu agieren und die Linke mit Polemik zu überziehen.“
Mit einem Zitat von Matthias Küntzel, einem der tonangebenden Ideologen der antideutschen Bewegung, belegt Hanloser das eindimensional auf Antisemitismus ausgerichtete Weltbild der Antideutschen: „Welche Verheerungen der Antisemitismus auch über nicht-jüdische Bevölkerungsteile zu bringen vermag, zeigen nicht nur die Fotos deutscher Großstädte von April 1945, sondern auch die innenpolitischen Zustände in Gaza oder Iran.“
Hanloser interpretiert diese Passage so: „Dieser Satz ist paradigmatisch in mehrerer Hinsicht: Er zeigt, wie stark für Küntzel der Antisemitismus alles erklärt und letztlich für alles und überall verantwortlich ist, womit andere Realitäten, Fragen der Ökonomie, Krieg, Imperialismus oder postkoloniale Besatzungspolitik beispielsweise ausgeblendet werden. Der Zweite Weltkrieg und der NS-Faschismus werden auf Antisemitismus reduziert, genauso wie die ökonomische und soziale Lage Gazas oder des Iran. Diese Überblendungs- und Überschattungsstrategie ist konstitutiv für einen im Kern unkritischen und apologetischen Anti-Antisemitismus, der sich mit der Betonung eines ‚neuen Antisemitismus‘ hervortut und dabei die Besatzungsrealität [in Israel/Palästina) weitgehend ausklammert.“
An anderer Stelle schreibt Hanloser: „In eine beispiellosen Diskursverkehrung wird die Linke zur Antisemitin gemacht und der antilinks disponierte Verteidiger der herrschenden Ordnung hat als Antisemitenjäger seine Performance und präsentiert sich zuweilen mit Kippa.“ An diesem Punkt haben auch andere Kritiker der antideutschen Bewegung stets angesetzt. So bezeichnet der Israeli Moshe Zuckermann das Vorgehen der Antideutschen gegen „linke Antisemiten“ als „verlogen“, „perfide“ und „denunziatorisch“. Dem Antisemitismus-Vorwurf werde heute so gut wie alles unterworfen. Jeder und jede, die sich im öffentlichen Raum bewegen, könnten das Opfer werden. Scharfrichterliche Gesinnungspolizisten wachten darüber, dass das reine Antisemitismus-Dogma – so wie es vor allem diese Israel-Lobby versteht – auch eingehalten wird. Der wirklich vorhandene und zu bekämpfende Antisemitismus verschwinde dabei völlig hinter der Verwässerung des Begriffes und seiner zunehmenden Entleerung. Der keulenartig vorgebrachte Antisemitismus-Vorwurf sei inzwischen so wirkmächtig, dass viele schon im Voraus – eingeschüchtert – in vorauseilendem Gehorsam einknicken würden, obwohl sie sich gar nichts vorzuwerfen hätten. Aber das Sich-Verteidigen und In-Abrede-Stellen nütze nichts, es werde dann eben als Beweis für unbewussten Antisemitismus gedeutet. Soweit Moshe Zuckermann.
Was bewegt junge deutsche Intellektuelle – noch dazu ehemalige Linke – sich einer so „verroteten“ Weltsicht (Hanloser) und dem dazu passenden denunziatorischen Vorgehen zu verschreiben, das stark an den McCarthysmus in den fünfziger Jahren in den USA erinnert? Die Antwort kann nur in einer ganz offensichtlich misslungenen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit liegen – darin sind sich der Deutsche Hanloser und der Israeli Zuckermann einig. Hanloser zitiert das aufschlussreiche „Läuterungserlebnis“ des schon erwähnten antideutschen Ideologen Matthias Küntzel: Er sei in den frühen 80er Jahren noch Antizionist gewesen. In einem Bus in New York sei er mit einer jungen Frau ins Gespräch gekommen. Er habe sich als Deutscher vorgestellt, sie habe geantwortet, dass sie Jüdin sei. Dieser Satz habe ihn wie ein Schlag getroffen. Er habe daraufhin mit der Frage geantwortet, warum die Israelis die Palästinenser so grauenhaft behandelten. Später habe er dann verstanden, dass die Jüdin ihn offenbar mit seinen virulenten Schuldgefühlen konfrontiert habe und er sei reflexhaft zum Gegenangriff übergegangen. Was, so kann man nur vermuten, bei ihm neue Schuldgefühle ausgelöst hat.
Küntzel will durch dieses Erlebnis seine Schuldverstrickung verstanden haben, und sie treibt ihn auf die Seite Israels und zur Identifikation mit diesem Staat und gegen den „neuen islamischen Faschismus“. Ganz ähnliche Prozesse müssen die anderen Anhänger der antideutschen Bewegung durchgemacht haben, um mit ihrem Schuldgefühl fertigzuwerden. Hanloser führt als Gegenbeispiel den 68er Dieter Kunzelmann an, den sein Schuldgefühl auf die palästinensische Seite und zur Al Fatah trieb. Den einen (Küntzel) zog es also aus demselben Schuldgefühl heraus „zu kriegerisch gestimmten globalen Werten“, die die totale Identifikation mit Israel bedeuteten; den anderen (Kunzelmann) trieb es „zum antiimperialistisch-kämpferischen Weltgefühl für die Schwachen.“ Mit ihrem Engagement im Nahost-Konflikt versuchten sie beide, ihre Schuldgefühle zu bewältigen. Aber beide Wege sind Sackgassen, sinnlos und ohne Perspektive.
Aber sind das die einzigen Schlussfolgerungen, die man aus dem deutschen Mega-Verbrechen ziehen kann? Muss man wie die Antideutschen auf einem so inhumanen (human nur für Juden!) und anti-emanzipatorischen Weg landen, der die realen Verhältnisse völlig auf den Kopf stellt, weil er die von den Zionisten vertriebenen und unterdrückten Palästinenser als „judenmordende Volksgemeinschaft Palästina“ denunziert, sie also ausschließlich als „Terroristen“ und „neue Nazis“ sieht, wie das in Israel üblich ist. Auch dem Islam bzw. dem Islamismus werden Gemeinsamkeiten mit der NS-Ideologie unterstellt, was letztlich zu einem projüdischen antiarabischen Rassismus führt. Wäre als dritte Möglichkeit, Schlussfolgerungen aus dem Holocaust zu ziehen, nicht auch das Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten denkbar, das alle Menschen dieser Erde gleichermaßen in die Pflicht nimmt, damit alles getan wird, Verhältnisse zu schaffen, dass Auschwitz sich nicht wiederhole (Adorno).
Der Israeli Moshe Zuckermann stellt denn auch in Bezug auf die Antideutschen und ihren richtigen Umgang mit der deutschen Vergangenheit die richtigen Fragen und kommt auch zu überzeugenden Antworten. In diesem Punkt hält sich Hanloser eher zurück. Zuckermann fragt, mit welchem Israel sich die Antideutschen identifizieren und antwortet: Es ist ein abstraktes, seiner Wirklichkeit quasi enthobenes Israel, das man sich als ideologische Zufluchtstätte zurechtkonstruiert hat, dabei werden die Verbrechen Israels an den Palästinensern aber völlig ausgeklammert. Die Antideutschen nehmen also Israel in seiner Realität gar nicht wahr, dieser Staat ist für sie nur eine Projektionsfläche ideologisch verformter deutscher Befindlichkeiten.
Zuckermann fragt: „Sollte sich etwa die abstrakte Solidarität mit einem völkerrechtlich verkommenen und verbrecherischen Israel als eine psycho-ideologisch motivierte Entlastung der historischen Schuld der Deutschen erweisen? Man misst diese Möglichkeit normalerweise der deutschen Solidarität mit den Palästinensern bei. Muss man nicht annehmen, dass sie sich viel gravierender, wenngleich auch glänzend kaschiert, in der überbordenden Solidarität mit dem Judenstaat niedergeschlagen hat?“ Totale Identifizierung mit Israel also, um das eigene Schuldgefühl abzutragen. Der Fall Matthias Küntzel belegt Zuckermanns These.
Aber Zuckermann belässt es nicht dabei, er geht noch einen Schritt weiter. Da die Antideutschen keine Skrupel haben, auch Juden als „Antisemiten“ zu denunzieren, wenn sie der Politik Israels kritisch gegenüberstehen, (Zuckermann ist selbst ständig ein solches attackiertes Ziel der Antideutschen), sieht der Israeli hier „ein bis zur Perversion verkommenes deutsches Befindlichkeitsproblem“, ja „Hitlers verlängerten Arm“ in Aktion. Er konstatiert deshalb bei vielen Deutschen und natürlich auch bei den Antideutschen „ein Residuum eines latent antisemitischen Ressentiments, das sich – im heutigen Deutschland tabuisiert – neue Wege und Bahnen der legitimen Manifestation sucht. Nur Antisemiten können Juden als Antisemiten besudeln, um sich selbst von der erbärmlichen Unwirtlichkeit ihres deutschen, allzu deutschen Antideutschseins zu erlösen.“ Die gnadenlosen Antisemitenjäger also selbst als verkappte Antisemiten, weil sie mit ihrem Schuldgefühl nicht fertig werden!
Gerhard Handloser geht in seinem Buch nicht so weit, eine solch exakte Analyse kann wohl auch nur ein selbst betroffener Jude oder Israeli wie Zuckermann vornehmen. Aber sie trifft den Kern und führt die antideutsche Ideologie zugleich völlig ad absurdum. Hanlosers Buch ist denn auch neben der exzellenten Darstellung der Geschichte der antideutschen Bewegung und der gelungenen Analyse ihrer verqueren Ideologie zugleich ein Abgesang auf diese Bewegung. Sie hat ihre „beste“ Zeit längst hinter sich.
Dennoch – und auch darauf geht der Autor ausführlich ein – hat diese marginale Bewegung ihre nachhaltigen giftigen Spuren in der deutschen Gesellschaft hinterlassen. Ihr völlig undifferenzierter und denunziatorischer Antisemitismus-Begriff, der keinen Unterschied zwischen Judentum, Zionismus und Israel und damit auch nicht zwischen Antisemitismus, Antizionismus und Israel-Kritik kennt, wird auch regierungsoffiziell, in den Parteien und vielen Institutionen und Organisationen sowie den deutschen Leitmedien geteilt. Die Grenzen verwischen sich da. Ohne diese Unterstützung im Rücken wären die Antideutschen wohl völlig bedeutungslos geblieben. Man hat eben dasselbe Problem mit der nicht aufgearbeiteten deutschen Vergangenheit und kompensiert das mit einem überzogenen Philosemitismus.
Hanlosers Buch leistet mit der Dekuvrierung der antideutschen Bewegung einen wichtigen Beitrag über den Zerfall kritischen Denkens und damit auch über die Krise der Demokratie in diesem Land.
Gerhard Hanloser: Querfront. Skizzen des antideutschen Betrugs, Münster 2019, ISBN 978-3-89771-273-7, 18 Euro