Der einseitige, ideologische Blick auf Israels Geschichte

Nahostpolitik

Wie sich das Magazin „Stern“ und deutsche politische Bildungsinstitutionen das zionistische Geschichtsnarrativ zu eigen machen

Von Arn Strohmeyer, 27.12.2019

Wenn es um Darstellungen der Geschichte Israels – auch der Früh- und Vorgeschichte – geht, ist immer Vorsicht geboten, denn da geht es zumeist auch um den Anspruch der Zionisten auf das Land Palästina. Das Magazin „Stern“ hat in seiner Sparte „Diskuthek“ den Antisemitismus-Streit in Deutschland und den israelkritischen Vortrag des protestantischen Bischofs Hans Jürgen Abromeit zum Anlass genommen, die Geschichte Israels darzustellen. An dem Text, den „Stern“-Autor David Baum erstellt hat, sind in ergänzenden Artikeln die Bundeszentrale sowie Landeszentralen für politische Bildung beteiligt – im Folgenden mit BpB und LpB abgekürzt.

Der israelische Historiker Tom Segev, der zu den „neuen Historikern“ gehört, also zu denen, die in ihren Arbeiten nicht den Vorgaben der zionistischen Staatsideologie Israels folgen, hat einmal gesagt, dass die Darstellung der israelischen Geschichte vor den „neuen Historikern“ nichts anderes als „zionistische Mythologie“ sei. In diese Rubrik muss man auch die Chronologie des „Stern“ einordnen, was in einer Zeit, in der jede Kritik an der israelischen Politik (und sei sie auch noch so berechtigt) als „antisemitisch“ diffamiert wird, auch gar nicht anders zu erwarten ist.

Die Darstellung des „Stern“ und der politischen Bildungsinstitutionen zeichnet sich vor allem durch Verdrehungen wichtiger historischer Tatsachen und Ereignisse aus, zudem werden wichtige Fakten weggelassen. Das Wort von der „Lückenpresse“ findet wieder einmal seine volle Bestätigung. Kennzeichnend für die Texte ist eine Scheinobjektivität, die den Eindruck erwecken soll, als ob man beiden Konfliktparteien – Israelis und Palästinensern – gerecht wird, was natürlich nicht der Fall ist. Es kann hier nicht der gesamte Text analysiert werden, aber an einigen wesentlichen Aussagen soll seine völlige Einseitigkeit demonstriert werden.

Der „Stern“-Autor David Baum beginnt seinen Text mit der Feststellung: „Palästinenser und Israelis: Zwei Völker, die immer wieder vertrieben wurden und auf der Suche nach einer Heimat in dasselbe Gebiet zurückkehrten. Dort bekriegen sie sich seit langer Zeit. Um die Gewalt im Nahen Osten zu erklären, muss man in der Zeit weit zurückblicken.“ Da stellen sich schon die ersten Fragen. Wann sind die Palästinenser „immer wieder“ vertrieben worden? Sie haben Jahrhunderte wenn nicht Jahrtausende lang in Palästina gelebt und sind nur zwei Mal vertrieben worden: von den Zionisten 1948 und 1967. Und die Rückkehr in ihre Heimat verwehrt Israel ihnen bis heute, was eine Ursache des gewaltsamen Konflikts im Nahen Osten ist.

Und: Sind die Juden wirklich ein Volk? Der israelische Historiker Shlomo Sand sagt: Nein! Denn zu einem Volk gehörten eine gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Alltagskultur. Genau darüber verfügen die Juden aber nicht. Die meisten Juden der Welt leben nicht in Israel und sehr viele von ihnen identifizieren sich auch gar nicht mit diesem Staat, ja sie wehren sich sogar gegen die Vereinnahmung durch den Zionismus, der sich jüdisches Leben ausschließlich als Ethno-Nationalismus vorstellen kann, dass jüdisches Leben also nur in einer ethnisch abgegrenzten Nation vorstellbar ist – siehe das neue Nationalstaatsgesetz.

„Stern“-Autor David Baum will also in der Zeit weit zurückblicken, um zu erklären, wie der Konflikt seinen Anfang nahm. Er und die Autoren der Zentralen für politische Bildung greifen denn auch – sich an das Alte Testament haltend –  auf die weit verbreitete These zurück, dass etwa um 1250 v.u.Z. jüdische Stämme aus Ägypten nach Palästina eingewandert seien, die dort lebenden Kanaaniter verdrängt und ein Reich errichtet hätten. Auf dieses Reich beziehen sich die Zionisten noch heute, um ihren Anspruch auf das Land zu untermauern.

Nur: Israelische Früh- und Vorgeschichtler sowie Archäologen sind da ganz anderer Meinung. Genannt seien hier die Archäologen Israel Finkelstein, Neil A. Silberman, Rati Greenberg   und Zeev Herzog. Sie sagen übereinstimmend, dass es eben kein großes jüdisches Reich gegeben habe, sondern nur zwei kleine jüdische Stammes-Königtümer: Juda und Israel. Für die Geschichte des Exodus unter Moses aus Ägypten, die jüdische Wanderung im Sinai oder Josuas Eroberung Kanaans sowie den Tempel Salomons und die Paläste der Könige haben sie keine Belege gefunden. Die Bibel hat also ganz offensichtlich nicht Recht und ist keine verlässliche historische Quelle.

Finkelstein und Silberman sehen hinreichende archäologische Beweise dafür, dass die Kanaaniter der beherrschende Stamm im alten Palästina waren und die frühen Israeliten durch Abtrennung von ihnen als eigener Stamm hervorgegangen sind. Die beiden Archäologen schreiben in ihrem Buch „Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel“: „Der [in dem Buch] beschriebene Prozess ist genau das Gegenteil von dem, was in der Bibel steht: Der Aufstieg des frühen Israel war ein Ergebnis des Zusammenbruchs der kanaanäischen Kultur, nicht ihre Ursache. Und die meisten Israeliten kamen nicht von außen nach Kanaan – sondern aus seiner Mitte heraus. Es gab keinen Massenauszug aus Ägypten, ebenso wenig wie eine gewaltsame Einnahme Kanaans. Die meisten Menschen, die das frühe Israel bildeten, waren Einheimische – die gleichen Menschen, die im Bergland in der Bronze- und Eisenzeit zu sehen sind. Die frühen Israeliten waren – ein Gipfel der Ironie – selbst ursprünglich Kanaaniter!“ (S.135)

Aufschlussreich ist, dass der Autor des „Stern“ und seine Mitstreiter aus den Zentralen für politische Bildung auf die Ideologie des Zionismus und ihre Geschichte als Antriebskraft für die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina gar nicht (David Baum) oder nur am Rande eingehen, was notwendigerweise auch den Hinweis bedeutet hätte, dass die jüdische Einwanderung schon ab etwa 1880 begonnen hat. Der Zionismus wird als Bewegung beschrieben, die erstens die Flucht vor dem Antisemitismus beenden sollte und zweitens als jüdische „Selbstverwirklichung“ gedacht war. Sein einziges Ziel, einen jüdischen Nationalstaat in Palästina (also in einem von Arabern bewohnten Land) zu gründen mit möglichst wenig Arabern darin, wird nicht erwähnt. Hier liegt aber die eigentliche Ursache des Nahost-Konflikts bis heute, denn das zionistische Ziel konnte nur mit Gewalt realisiert und aufrechterhalten werden.

Den Autoren zufolge flohen die jüdischen Neueinwanderer vor allem vor dem antisemitischen Terror der Nazis, was eben nur zum Teil stimmt. Wenn es in den Texten heißt, dass es für viele Überlebende [des Holocaust] festgestanden habe, dass sie nur in einem, eigenen Staat frei und sicher leben könnten – eben in Israel, dann ist das auch nur die halbe Wahrheit. Denn die Mehrheit der Überlebenden waren keine Zionisten und wäre viel lieber nach Großbritannien oder in die USA gegangen, die sie aber nicht hineinließen.

Zudem waren die Überlebenden in Israel überhaupt nicht willkommen, denn dort wurde das Ideal des „neuen Juden“ propagiert, eines jungen dynamischen, wehrhaften Tatmenschen, der Pionierarbeit beim Aufbau des Staates leisten konnte. Die Holocaust-Überlebenden waren aber zumeist gebrochene Menschen, galten als feige und dekadent, weil sie sich ohne Widerstand hätten „zur Schlachtbank   führen lassen“. (Siehe dazu das Buch des israelischen Historikers Tom Segev: „Die siebte Million“) Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat erst kürzlich in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geäußert, die Juden in der Diaspora hätten den Holocaust verdient, denn sie seien schwach gewesen und hätten sich nicht gewehrt.

Der Autor des „Stern“ und die Verfasser der Bildungsinstitutionen erwecken in ihrer Darstellung aber den Eindruck, ohne es direkt zu sagen, als sei der Staat Israel durch die Zuwanderung der Überlebenden entstanden, was historisch schlicht falsch ist. Denn die seit etwa 1880 eingewanderten Juden haben sehr schnell begonnen, in strenger Separierung von den Palästinensern, ihre eigenen vorstaatlichen Strukturen (Verwaltung, Armee, Gesundheitswesen usw.) aufzubauen – den sogenannten Jischuw. Davon schreiben die Autoren kein Wort.

Auch über die nicht immer auf koscheren Weg erfolgten Landkäufe der Zionisten von arabischen Großgrundbesitzern und der dadurch verursachten Entwurzelung und Vertreibung palästinensischer Fellachen von ihrem Land sowie von der Einführung exklusiv „jüdischer Arbeit“, die die Beschäftigung von Arabern in jüdischen Betrieben verbot, sowie dem Boykott arabischer Produkte durch Juden erfährt man nichts.

Die Palästinenser verstanden natürlich ab den 30er Jahren, dass die jüdischen Einwanderer nicht nach Palästina gekommen waren, um mit ihnen einen gemeinsamen Staat aufzubauen, sondern auf ihrem Land die zionistische Nation verwirklichen wollten. Es kam zunehmend zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, von 1936 – 1939 führten die Palästinenser einen großen Generalstreik durch, der von der britischen Mandatsmacht und zionistischen Milizen blutig niedergeschlagen wurde. Die Autoren lassen diesen Teil der Geschichte ganz weg oder behandeln ihn in diesem und späteren Zusammenhang als „arabischen Terrorismus“. Dass jüdische Terrorgruppen (Irgun, Lechi und Stern) in den 40er Jahren furchtbare Anschläge gegen britische und arabische Einrichtungen begingen, findet keine Erwähnung. Genannt seien hier nur der Anschlag auf das King David Hotel in Jerusalem 1946 mit 90 Toten sowie das Massaker von Deir Yassin 1948 mit 240 Toten. An beiden Aktionen waren die Irgun und ihr Führer Menachim Begin führend beteiligt.

Den Teilungsbeschluss der UNO 1947 tut David Baum mit zwei nichtssagenden Sätzen ab. Die Autoren der politischen Bildungsinstitutionen geben immerhin in Zahlen die haarsträubende Ungerechtigkeit dieses Beschlusses an: Die Palästinenser, die mit 1,3 Millionen Bewohnern die deutliche Mehrheit in Palästina stellten, sollten nur 43 Prozent ihres eigenen Landes bekommen, die 600 000 Juden (ein Drittel der Bevölkerung) aber gut 56 Prozent. Jerusalem sollte unter internationale Verwaltung gestellt werden. Die Autoren der Bundes- und Landeszentrale erwähnen immerhin auch, dass man die Palästinenser in Bezug auf die Teilung ihres Landes gar nicht gefragt hat und dass die arabische Seite den Beschluss abgelehnt hat, weil hier über die Köpfe der Palästinenser hinweg entschieden worden war.

Nicht nur lückenhaft, sondern völlig falsch wird dann die Zeit nach dem UNO-Teilungsbeschluss bis zum Ende des Krieges zwischen Israel und der Arabern 1949 geschildert. Hier wird einfach die zionistische Version übernommen, die von den „neuen“ israelischen Historikern längst widerlegt worden ist. Da ist von einem „zionistisch-arabischen Bürgerkrieg“ nach dem UNO-Beschluss die Rede, den die jüdische Hagana für sich entschieden habe. Darauf folgte dann – so die Autoren – die Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948, der Angriff der arabischen Staaten auf den neuen Staat, sein militärischer Sieg und der Waffenstillstand vom Frühjahr 1949. Dabei vergrößerten die Israelis ihr Staatsgebiet auf 78 Prozent Palästinas, weil sie 40 Prozent des im Teilungsplan für den palästinensischen Staat vorgesehenen Landes dazu erobert hatten.

Die Nakba, also das gewaltsame Vorgehen gegen die palästinensische Bevölkerung, der Raub ihres Landes und ihre Vertreibung werden irgendwie als Folge des Krieges mit den Arabern dargestellt. Baum schreibt: „Die Geschichte des Staates Israel beginnt also mit einem Krieg, der auf israelischer Seite als Unabhängigkeitskampf, auf arabischer Seite als ‚Nakba‘, die Katastrophe, in das jeweilige Geschichtsbewusstsein einging.“ Erwähnt wird auch noch, dass Jordanien das Westjordanland „annektiert“ und Ägypten den Gazastreifen in Besitz genommen habe.

Das ist eine eindeutige falsche Darstellung der Ereignisse. Die Nakba, die eine ethnische Säuberung war, war keine Folge des Krieges, sie war Monate vor Kriegsbeginn von den Zionisten im Detail geplant und dann begonnen worden, indem sie die von ihrer Führung beschlossenen Plan D(Dalet) umsetzten. Die Palästinenser besaßen nur einige kleine Milizgruppen, die militärisch im Gegensatz zu den jüdischen Verbänden (der Hagana und den mit ihr verbündeten Untergrundgruppen) militärisch bedeutungslos waren, weshalb von einem „Bürgerkrieg“, der zwei etwa gleich starke Seiten voraussetzt, gar keine Rede sein kann.

Bevor ein einziger arabischer Soldat in Palästina einrückte (also vor der Staatsgründung am 14. Mai 1948), hatten die zionistischen Truppen mehr als 200 palästinensische Ortschaften erobert und die Einwohner daraus vertrieben. Erobert wurden: Tiberias am 19.4, Haifa am 23.4, Jaffa am 11.5. sowie Safed und Beisam am 12.5. Der israelische Historiker Ilan Pappe schreibt über das Vorgehen der Zionisten vor der Staatsgründung: „Alles das geschah, bevor auch ein einziger regulärer arabischer Soldat Palästina betreten hatte. Von nun an entwickelten sich die Ereignisse so rasant, dass zeitgenössische wie auch spätere Historiker Mühe hatten, zu folgen. Zwischen dem 30. März und dem 15. Mai wurden 200 Ortschaften besetzt und ihre Einwohner vertrieben. Diese Tatsache ist noch einmal hervorzuheben, da sie den israelischen Mythos erschüttert, die ‚Araber‘ seien geflüchtet, nachdem die ‚arabische Invasion‘ begonnen habe. Die Angriffe auf beinahe die Hälfte der arabischen Dörfer waren bereits erfolgt, als die arabischen Regierungen schließlich widerstrebend, wie wir wissen, beschlossen ihre Truppen zu entsenden. Weitere 90 Dörfer sollten zwischen dem 15. Mai und dem 11. Juni ausradiert werden, als die erste der beiden Waffenrufen in Kraft traten.“ (Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas, S.148)

Israel beruft sich immer wieder – auch heute noch – auf den UN-Teilungsbeschluss, dabei hatte Ben Gurion, der erste Ministerpräsident Israels, den UN-Beschluss schon früh für Null und nichtig erklärt – abgesehen von der Klausel, die die Legalität des jüdischen Staates in Palästina anerkannte. Angesichts der palästinensischen und arabischen Ablehnung des Beschlusses würden Israels Grenzen „durch Gewalt entschieden, nicht durch die Teilungsresolution“, erklärte Ben Gurion. (Pappe S. 63)

Die Bilanz der Nakba, die nach der Staatsgründung separat vom Krieg fortgesetzt wurde, war furchtbar: Die Zionisten zerstörten elf arabische Stadtviertel und 531 Dörfer, etwa 800 000 Menschen wurden vertrieben oder flohen in Panik vor den anrückenden zionistischen Verbänden. Es kam zu Massakern und Plünderungen. Auch davon wissen der „Stern“-Autor und die Autoren der politischen Bildungseinrichtungen nichts zu berichten. Ihre Behauptung, dass Jordanien das Westjordanland „annektiert“ habe, stimmt so auch nicht, denn die Führung des vorstaatlichen Israel (Jischuw) hatte mit dem jordanischen König Abdallah ein Geheimabkommen geschlossen: Israel sicherte Jordanien zu, dass es das Westjordanland bekommen sollte, wenn seine Armee (die Arabische Legion, die stärkste arabische Truppe des Nahen Ostens) nicht in den kommenden Krieg mit den Arabern eingreifen würde. Woran sich Jordanien – abgesehen von den Kämpfen um Jerusalem – auch gehalten hat.

Auch die Darstellung des Krieges 1948/49 zwischen den Arabern und Israel ist in den Texten überaus einseitig und unkorrekt. Sie folgt dem zionistischen Mythos, die arabischen Staaten seien entschlossen gewesen, Israel zu vernichten – Israel habe den Arabern gegenübergestanden wie David dem Riesen Goliath. Es heißt da: „Am 15. Mai griffen die Streitkräfte Ägyptens, Jordaniens, Syriens, des Libanon, des Irak und Saudi-Arabiens Israel an. Im ersten entscheidenden arabisch-israelischen Krieg wollten die Israelis ‚ihr‘ Land sichern. Dazu zählten sie die dem jüdischen Staat [durch die UN-Resolution] zugedachten Gebiete sowie jüdische Siedlungen jenseits der von den UN gezogenen Grenzen. Sie eroberten rund 40 Prozent des Landes, das im Teilungsplan für einen arabischen Staat vorgesehen war.“

Am Ende des Krieges hatte Israel – wie oben schon erwähnt – 78 Prozent Palästinas in seinen Besitz gebracht. Es hatte mit militärischen Mitteln einen viel größeren Staat geschaffen, als ihm im Teilungsplan zugewiesen worden war. Ben Gurion hatte es ja gesagt, dass man sich zusätzliches Land mit Gewalt erobern würde. Der Name Palästina war von der Landkarte ausradiert. Die Darstellung des „Stern“-Autors und der politischen Bildungszentralen weist an dieser Stelle beträchtliche Lücken bzw. Falschdarstellungen auf. Denn die Wirklichkeit dieses Krieges sah doch etwas anders aus, als sie da beschrieben wird.

Die Araber waren keineswegs begierig darauf bedacht, das kleine Israel zu überfallen: Sie wussten um die militärische Überlegenheit der Zionisten, deshalb versuchten sie verzweifelt, eine Zauberformel zu finden, die ihnen den Krieg mit Israel ersparen und es ihnen gleichwohl gestatten würde, das Gesicht zu wahren. So schreibt der israelische Historiker Simcha Flapan: „Die Araber versuchten bis zum Schluss, die Invasion abzuwenden. Sie wussten, dass sie den jüdischen Staat nicht besiegen konnten. (…) Über viele Kanäle standen sie mit den Zionisten in Verbindung, um den Krieg noch zu vermeiden.“ (Simcha Flapan: „Die Geburt Israels“, S. 181f, 192f, 199f, 289ff)

Die Führer der arabischen Staaten waren untereinander zutiefst zerstritten, sie waren nicht in der Lage, ein gemeinsames Oberkommando aufzustellen. Deshalb beschlossen sie, getrennt zu kämpfen. Zudem waren die arabischen Truppen schlecht ausgerüstet, besaßen veraltete Waffen und hatten Nachschubprobleme, besonders an Munition. Die arabische Liga ernannte König Abdallah von Jordanien zum Oberkommandierenden, obwohl er wegen des Geheimabkommens mit Israel gar nicht an den Kämpfen teilnehmen konnte. Auch kämpften in Palästina nicht die arabischen Armeen, sondern nur Teile von ihnen, genau gesagt weniger als die Hälfte ihrer Streitkräfte. Die Araber verfügten nicht über eine gemeinsame Strategie, wie sie vorgehen wollten. Simcha Flapan schreibt zudem, dass sich die Invasion der arabischen Armeen gar nicht in erster Linie gegen Israel gerichtet habe, sondern gegen König Abdallah und seine Absicht, Teile Palästinas zu annektieren und ein großsyrisches Reich zu errichten. (S. 192)

Die Amerikaner legten einen Plan für eine Waffenruhe vor, den Israel aber ablehnte. Auch die Araber waren zu einem Ausgleich mit Israel bereit. Es liegen Pappe und Flapan zufolge etliche Belege dafür vor, dass arabische Führer und Regierungen bereit waren, während und nach dem Krieg den Konflikt auf dem Verhandlungsweg beizulegen. Da Israel massive Waffenhilfe aus der Sowjetunion und der Tschechoslowakei bekam, die jüdischen Truppen im Gegensatz zu den arabischen hoch motiviert waren, war die Niederlage der Araber früh besiegelt.

Für Israel hatte sich das Setzen auf die kriegerische Karte gelohnt. Israel hatte auf ganzer Linie gesiegt. Es hatte die Schaffung eines palästinensischen Staates erfolgreich verhindert und seinen eigenen Staat ins Leben gerufen. Durch die Vertreibung von über 800 000 Palästinensern und die Zerstörung von Hunderten von Städten, Stadtvierteln und Dörfern schufen die Zionisten Raum für jüdische Siedler. Anstatt der von der UNO zugesagten 56 Prozent für ihr Staatsgebiet besaßen sie nun nach dem Waffenstillstand von 1949 durch Eroberungen 78 Prozent Palästinas, das Westjordanland kam zu Jordanien und der Gazastreifen zu Ägypten – sie machten die restlichen 22 Prozent aus.

Israel zog aus dem Krieg von 1948/49 die Schlussfolgerung, bei seiner Sicherheit künftig allein auf militärische Stärke und damit auf die Überlegenheit über seine Nachbarn zu setzen. Dieser Staat hat auch später nie eine Friedenspolitik verfolgt, ist nicht bereit Kompromisse einzugehen oder Konzessionen zu machen. Das zeigte sich nur acht Jahre nach der Staatsgründung, als Israel zusammen mit Frankreich und Großbritannien im Suezkrieg Ägypten angriff. Der „Stern“-Autor David Baum erwähnt diesen Krieg überhaupt nicht, im Text der Zentralen für politische Bildung heißt es, Israel sei ständig Terrorattacken von ägyptischer Seite ausgesetzt gewesen. Außerdem habe der ägyptische Präsident Nasser den Golf von Akaba und den Suezkanal für israelische Schiffe gesperrt.

Die Verstaatlichung des Suezkanals durch Nasser rief Frankreich und Großbritannien auf den Plan, die finanziell am Suezkanal beteiligt waren. Diese beiden Staaten hätten – so die Darstellung der Zentralen für politische Bildung – versucht, die militärische Kontrolle über den Kanal zu gewinnen. Nasser sollte gestürzt werden. Am 31. Oktober 1956 hätten Großbritannien und Frankreich die ägyptischen Flughäfen bombardiert. Zusammen mit israelischen Soldaten sei es ihnen gelungen, den Suezkanal zu besetzen. Die ganze militärische Intervention sei dann aber von den USA, der Sowjetunion und der UNO gestoppt worden, die Kriegsparteien hätten sich zurückziehen müssen.

Hier mischt sich Wahres mit Falschem, und vieles fehlt in dieser Darstellung. Dieser Krieg war eigentlich ein Stück aus dem politischen Tollhaus. Denn den politischen Führern in Paris und London war durchaus bewusst, dass Nasser mit der Verstaatlichung des Kanals legal gehandelt hatte. Illegal und ein Prestigeverlust wäre es dagegen gewesen, wenn die beiden Mächte ohne jede Rechtfertigung in den Krieg gezogen wären. Sie konnten also nur gegen Ägypten losschlagen, wenn Israel bereit war, ihnen einen Vorwand zu liefern, indem es die Rolle des Angreifers übernahm. Großbritannien und Frankreich legten deshalb einen im Grunde perfiden Plan vor (den sogenannten Challe-Plan), der besagte, dass Israel Ägypten angreifen und die beiden Mächte dann intervenieren sollten, um die Kämpfe zu unterbinden. Ein Waffenstillstand sollte gefordert werden, den Israel akzeptieren, Nasser aber verweigern würde. Dann sollten britische und französische Truppen den Kanal erobern und Nasser stürzen. Israel sollte – so der Deal – als Belohnung ägyptisches Land auf dem Sinai dazu gewinnen. Außerdem bestand Israel im Gegenzug auf Waffenlieferungen und der Lieferung eines Atomreaktors, die sie auch bekamen.

Der Krieg nahm dann seinen Lauf. Briten und Franzosen bombardierten Nassers Luftwaffe und zerstörten sie. Die Israelis nahmen am 2. November den Gazastreifen ein und am 5. November den Sinai. Israels offizielle Erklärung war, es habe sich an dem Krieg beteiligt, weil Nasser die Existenz des jüdischen Staates bedroht habe. Aber die Kriegsziele (die Verstaatlichung des Suezkanals rückgängig zu machen und Nasser zu stürzen) erreichten die drei Kriegspartner auf Grund der Intervention der USA, der Sowjetunion und der UNO nicht.

Auch der Krieg 1967 (der sogenannte Sechs-Tage-Krieg) war nach Darstellung des „Stern“-Autors und der BpB und LbP ein reiner Akt der Selbstverteidigung: „Auslöser des Krieges war die war die am 22. Mai 1967 verkündete Blockade der Meerenge von Tiran für israelische Schiffe. Ägyptische Truppen wurden in den Sinai verlegt. Am 25. Mai wurden Syrien, Jordanien, der Irak und Saudi-Arabien aufgefordert, ihre Truppen an Israels Grenze zu verlegen. 250 000 Soldaten, 200 Panzer und 700 Kampfflugzeuge wurden von den arabischen Staaten aufgeboten. In Israel war man überzeugt, mit einem Krieg nicht länger warten zu können. Israel müsse entweder bald zuschlagen oder eine 100prozentige Sicherheitsgarantie von Washington bekommen.“

Weiter heißt es in den Texten: Israel begann am 5. Juni den Krieg mit einem Überraschungsangriff seiner Luftwaffe auf alle ägyptischen Flughäfen. Die meisten Militärflugzeuge und Startpisten wurden zerstört. Auch der größte Teil der syrischen Luftwaffe wurde vernichtet. Israelische Truppen rückten gegen arabische Territorien vor und besetzten das Westjordanland, Ost-Jerusalem, die Golan-Höhen und den Gazastreifen. Israel war jetzt im Besitz von 100 Prozent von Palästina. Weitere 100 000 Palästinenser mussten flüchten.

Wie korrekt ist diese Darstellung, die wieder den Eindruck erweckt, als sei die Existenz Israels bedroht gewesen? Dem Krieg vorausgegangen waren permanente Auseinandersetzungen an der syrisch-israelischen Grenze. Die israelische Armee schoss auf syrische Bauern, die ihr Land in der Nähe der Waffenstillstandsgrenze bebauten. Zogen sich die Bauern zurück, besetzten die Israelis die entmilitarisierten Gebiete, weshalb Israel zwischen 1963 und 1967 wiederholt vom Weltsicherheitsrat der UNO verurteilt worden ist. Ab dem Beginn des Jahres 1967 bombardierte Israel syrische Dörfer. Die syrische Luftwaffe war für Gegenschläge zu schwach. Die Regierung in Damaskus bat deshalb Ägypten, mit dem es ein Verteidigungsbündnis hatte, um Hilfe, woraufhin Nasser die Wasserstraße von Tiran sperrte, die nach der Suezkrise wieder geöffnet worden war. Israel hatte die Meerenge in den letzten Jahren aber gar nicht mehr genutzt.

Der israelische Verteidigungsminister Moshe Dayan äußerte sich zu dem provokativen Vorgehen gegen Syrien folgendermaßen: „Ich war über den Beginn der Auseinandersetzungen zu mindestens 80 Prozent auf dem Laufenden. Es lief so: Wir schickten einen Traktor zum Pflügen an einen Ort, an dem es unmöglich war, etwas zu verrichten, nämlich in die entmilitarisierte Zone, und wir wussten schon im Voraus, dass die Syrer zu schießen anfangen würden. Sollten die Syrer das Feuer nicht eröffnen, dann sollten die Traktoren immer weiter fahren, bis die Syrer sich ärgerten und schossen. In dem Augenblick hätten wir das Artilleriefeuer eröffnet, und anschließend auch die Luftwaffe eingesetzt.“ (aus: Abels Gesichter. Palästina. Ethnische Säuberung und Widerstand, Zambon, S. 148)

War Israel von den Arabern wirklich bedroht? Es gibt zahlreiche Äußerungen von führenden israelischen Politikern und Militärs, dass das nicht der Fall war. So sagte der führende General Chaim Bar-Lev: „Am Vorabend des Sechstagekrieges waren wir nicht vom Genozid bedroht und wir haben nie an eine solche Möglichkeit gedacht.“ (Maariv, 19. April 1972) Menachem Begin, zur Zeit des Krieges 1967 Mitglied der Regierung und später Ministerpräsident Israels, sagte: „Im Juni 1967 hatten wir die Wahl. Die Tatsache, dass das ägyptische Heer sich auf dem Sinai versammelt hatte, zeigt keineswegs, dass Nasser wirklich im Begriff war, uns anzugreifen. Wir müssen schon ehrlich zu uns selbst sein. Wir waren es, die entschieden haben, ihn anzugreifen.“ (New York Times, 21. August 1982) Der führende General Matiyahou Peled, oberster Logistikbefehlshaber der israelischen Armee, sagte: „Die These, der zufolge im Juni 1967 der Genozid über unseren Häuptern schwebte, war nichts als ein Bluff, der nach dem Krieg entstand und genährt wurde.“ (Le Monde, 3. Juni 1972)

Natürlich wird von den Autoren von „Stern“, BpB und LbP auch der Jom-Kippur-Krieg als „Angriffskrieg“ der arabischen Staaten auf Israel beschrieben. Der damalige ägyptische Präsident Anwar al Sadat hat aber immer wieder glaubhaft versichert, dass es das ausschließliche Ziel Ägyptens gewesen sei, den 1967 von Israel besetzten Sinai zurückzugewinnen und nicht Israel selbst anzugreifen. Im übrigen gilt für alle von Israel geführten Kriege, was der israelische Militärhistoriker Zeev Maoz in seinem voluminösen Werk „Defending the Holy Land. A Critical Analysis of Israels Security & Foreig Policy“   konstatiert: „Alle Kriege Israels waren bewusst herbeigeführte Agressionskriege (the result of deliberate Israeli Agession). Er bezeichnet nur den „Unabhägigkeitskrieg“ von 1948 als Ausnahme, da er „notwendig“ gewesen sei. Dem widersprach der israelische Historiker Motti Golani: auch der Unabhängigkeitskrieg sei ein „Krieg der Wahl“ gewesen (war of choice), der also auch vermeidbar war.

Maoz konstatiert weiter, das die israelische Generalität in der Vergangenheit der politischen Elite die Bedingungen diktiert und damit immer wieder eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts verhindert habe. Solange dieses militärische Entscheidungsmonopol nicht gebrochen werde, sei Israel nicht friedensfähig. Israel verfüge nicht über eine Friedensdiplomatie. Maoz ist kein politischer Außenseiter, er ist ein Mann des israelischen Establishments, hat in drei Kriegen gekämpft, hatte hohe akademische Positionen inne und war Berater des Regierungschefs Yitzhak Rabin.

Es sei hier noch der Libanon-Krieg von 1982 erwähnt. Der „Stern“-Autor geht auf diesen Krieg gar nicht ein, die Autoren von BpB und LpB rechtfertigen ihn, indem sie auf das Attentat auf den israelischen Botschafter in London und auf Feuerüberfälle der PLO auf Nordisrael (Galiläa) verweisen, verschweigen aber die israelische Gegengewalt und dass der Anschlag auf den Botschafter gar nicht von der PLO verübt wurde, sondern von der abtrünnigen Gruppe Abu Nidals.

Im Juni 1982 drangen die israelischen Truppen in den Libanon ein, vertrieben die PLO aus dem Land (sie musste nach Tunis gehen) und ließen zu, dass die christlichen Maroniten in den palästinensischen Lagern Sabra und Schatila ein furchtbares Massaker anrichteten: Zwischen 1000 und 5000 Tote gab es, die genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Leichen sofort verbrannt oder weggeschafft wurden. Das eigentliche israelische Ziel war aber, eine neue politische Ordnung im Nahen Osten zu schaffen. Der damalige Verteidigungsminister Ariel Sharon wollte im Libanon zusammen mit der libanesischen „Phalange“ einen neuen Staat schaffen, der eng mit Israel verbunden sein sollte. Die PLO wollte Sharon nach Jordanien vertreiben, dort sollte das Königshaus gestürzt werden und ein palästinensischer Staat entstehen, so die israelische Historikerin Amar Tamar Dahl in ihrem Buch: „Das zionistische Israel. Jüdischer Nationalismus und die Geschichte des Nahost-Konflikts“, (S.158ff). Von all dem wissen die Autoren von „Stern“ und politischen Bildungsinstitutionen nichts, erwähnen aber das Massaker von Sabra und Schatila.

Die Zeit nach 1982 sei hier in einem großen Rahmen zusammengefasst. Israel besaß nach dem Krieg von 1967 ganz Palästina und unterwarf die palästinensischen Gebiete einer brutalen Besatzungspolitik. Die Lage in diesen Gebieten wurde immer unerträglicher. Israel erstickte die Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft, was die soziale Lage und den Lebensstandard der Palästinenser ständig verschlechterte. Im Jahr 1985 erlegte Rabin den besetzten Gebieten seine Politik der „Eisernen Faust“ auf: Festnahmen, Deportationen und Freiheitsstrafen (auch in Administrativhaft, die permanent ohne Rechtsbeistand verlängert werden konnte) häuften sich. Ausgangssperren, die Zerstörung von Häusern oder die Schließung von Universitäten als Kollektivstrafen waren an der Tagesordnung. Zudem raubten die Israelis ständig Land in den besetzten Gebieten für ihren Siedlungsbau, ab dem Jahr 200 wurde die Mauer gebaut, um die Trennung von den Palästinensern zu vollziehen, auch wenn es offiziell hieß, sie solle vor Terrorismus schützen. Dieses monströse Bauwerk nahm den Palästinensern noch mehr Land weg und schränkte ihre Bewegungsfreiheit weiter ein.

Es kam zu zwei Aufständen der Palästinenser – der ersten und zweiten Intifada, wobei die erste Intifada zu den Verträgen von Oslo führte, die die palästinensische Selbstverwaltung (aber immer unter israelischer Kontrolle) einführten. Oslo verbesserte die Lage der Palästinenser aber in keiner Weise, der Landraub und der Siedlungsbau gingen ungebremst weiter, was 2000 zur zweiten Intifada führte, die Israel mit brutaler Gewalt niederschlug.

Die Autoren von „Stern“ und BpB und LpB erwähnen zwar die friedensbehindernde Wirkung des Siedlungsbaus, aber letzten Endes ist es doch der „Terrorismus“ der Palästinenser, der eine Friedenslösung verhindert. Die Hamas wird als Terrororganisation hingestellt und auf ihre Charta hingewiesen, die die Vernichtung Israels fordere. Dass die Hamas dieser Charta längst abgeschworen hat und sich mit der Bildung eines palästinensischen Staates im Westjordanland und im Gazastreifen begnügen würde, wenn die Mehrheit der Palästinenser dieser Lösung in einem Referendum zustimmen würde, wird verschwiegen.

Die Aussage, dass die Hamas sich Ende der 80er Jahre während der ersten Intifada gegründet habe, ist schlicht falsch. Es gab sie als soziale Wohltätigkeitsorganisation der Muslimbrüder schon viel länger, sie ist von Israel als Gegenorganisation zur PLO sogar unterstützt worden. Erst Ende der 80er Jahre hat sie sich dann politisiert und wegen der unerträglichen Besatzungspolitik gegen Israel gewandt. Dass Israel und die USA zusammen mit der Fatah versucht haben, die Hamas mit Gewalt zu stürzen, was aber misslang – von all dem findet sich in den Texten von „Stern“ und politischer Bildung kein Wort.

Ebenso wird die Entstehung der Hisbollah falsch dargestellt, die heute mit dem Iran Israels gefährlichster Feind ist. Als die israelischen Truppen 1982 in den Libanon eindrangen, wurden sie von den Südlibanesen dort als Befreier begrüßt, denn dort regierte die PLO mit sehr harter Hand. Aber die Freude währte nicht lange, die Südlibanesen litten unter den neuen Besatzern bald noch mehr als unter den alten. Das war die Geburtsstunde der Hisbollah, die als Widerstandsorganisation gegen Israel die Truppen dieses Staates im zweiten Libanon-Krieg 2006 zum Rückzug zwang.

Zusammenfassend lässt sich über die befassten Texte von „Stern“-Autor und BpB sowie LpB sagen, ihre Geschichtsdarstellung ist äußerst unvollständig, lückenhaft, ideologisch gefärbt, also einseitig und zum Teil sogar grob falsch. Letzten Endes verbreiten diese Texte das zionistische Narrativ, das zumeist aus Mythen besteht. Der „Terrorismus“ der Palästinenser wird groß herausgestellt, es fehlt aber jeder Hinweis, dass unterdrückte und kolonisierte Völker nach dem Völkerrecht ein Recht auf Widerstand haben, das auch die Anwendung von Gewalt einschließt, soweit sie sich nicht gegen die Zivilbevölkerung richtet. Es wird ganz offensichtlich die israelische Auffassung akzeptiert, dass jeder palästinensische Widerstand „Terrorismus“ ist. Dass die permanente israelische Gewalt gegen die palästinensische Zivilbevölkerung Kriegsverbrechen sind, findet keine Erwähnung. Wie überhaupt die Begriffe Völkerrecht und Menschenrechte und ihre massive Verletzung durch die israelische Besatzung in den Texten nicht vorkommen, lediglich einige UN-Resolutionen werden erwähnt.

Gewalt geht in diesen Texten in der Regel nur von den Palästinensern aus, die Israelis reagieren immer nur mit „Selbstverteidigung“, etwa wenn sie den Gazastreifen bombardieren und ganze Stadtviertel in Schutt und Asche legen. Dass die Raketen, die militante Palästinenser aus dem Gazastreifen auf Israel abschießen, nur selbst gebaute Sprengkörper sind, die in Israel so gut wie keinen Schaden anrichten, die Autoren verschweigen es, wie auch die Tatsache, wie asymmetrisch der Krieg zwischen Israelis und Palästinenser ist. Auch dass die Israelis den Gazastreifen seit 2007 durch die vollständige Abriegelung gegen jedes Völkerrecht (unerlaubte Kollektivstrafe) in ein Elendsquartier verwandelt haben, findet keine Erwähnung.

Die Autoren berücksichtigen in ihren Ausführungen weder die Forschungsergebnisse (was die frühe Geschichte der Juden angeht) der wichtigsten israelischen Archäologen und Früh- und Vorgeschichtler noch (was die jüngere Geschichte und die Gegenwart betrifft) die Arbeiten der „neuen“ israelischen Historiker, sondern halten an zionistischen Mythen fest, die die Realitäten nach Belieben auf den Kopf stellen. Eine solche Sicht entspricht aber der devoten Haltung der deutschen Politik gegenüber Israel, ein realer Blick auf die Geschichte dieses Staates und seine Politik ist nach zionistischer und offizieller deutscher Sicht reiner „Antisemitismus“. So weit ist es in Deutschland mit der Freiheit von Presse und Wissenschaft schon gekommen!