Israel, du erschaffst Antisemitismus

Nahostpolitik

Eric Margolis, 14.05.2024

Was genau ist Israels Strategie in Gaza? Hinter all dem Geschrei über Antisemitismus, Filmen über den jüdischen Holocaust der 1940er Jahre und westlichen Politikern, die das Recht Israels auf Selbstverteidigung“ beschwören, verbergen sich einige hässliche Fakten, über die in der höflichen Gesellschaft nicht gesprochen wird.

Ich erkenne Antisemitismus, wenn ich ihn sehe. Als ich noch ein Junge war, wurde ich in ein rustikales Sommerlager in New Hampshire geschickt. Beim Abendessen riefen viele der Camper: „Ihr Jungs mit den langen, langen Nasen, kommt und kämpft für Moses!

Ein enger jüdischer Freund meines Vaters kaufte ein Ferienhotel in Rangeley in New Hampshire – nur um dann zu erfahren, dass es sich weigerte, an Juden zu vermieten. Das war der virulente Antisemitismus der 1950er Jahre.

Zur gleichen Zeit wurden meine Mutter, eine renommierte Journalistin, die über den Nahen Osten schrieb, und ich wiederholt von israelfreundlichen Schlägern bedroht, die uns drohten, uns Säure ins Gesicht zu schütten, wenn meine Mutter weiter über die fast eine Million palästinensischen Flüchtlinge schreiben würde, die in den 1940er Jahren aus der Region Galiläa vertrieben wurden und die – laut den US-Medien – nicht wirklich existierten. Es gab sie aber. Viele von ihnen sind heute Flüchtlinge in Gaza. Meine Mutter musste aufgrund der vielen Drohungen aufhören, für US-Zeitungen zu schreiben.

Während pro-palästinensische Studenten in den USA und im Rest der Welt demonstrieren und ein Ende des Massenmordes in Gaza fordern, sehen wir wachsende Bemühungen von pro-israelischen Gruppen, die Studenten zum Schweigen zu bringen, das Internet zu sperren und Politiker abzusetzen, die es wagen, Israel zu kritisieren.

Die massiven pro-palästinensischen Demos, die wir erleben, sind zum Teil eine Reaktion auf rechte pro-israelischer Gruppen, die unabhängigen Universitäten Israels Parteilinie aufzwingen und alle nicht konformen Professoren mundtot machen wollen. Solche plumpen Zensurversuche haben die Studenten wütend gemacht.

Das gilt auch für die endlose Flut von Desinformationen über Palästina, die wir im israelisch dominierten amerikanischen Fernsehen sehen. Auch Großbritannien und Kanada leiden unter einer ähnlichen Medienzensur. Die großen Geldgeber der akademischen Welt nutzen ihre steuerlich absetzbaren Spenden, um Kritik an den israelischen Taktiken und Strategien in Gaza zu unterdrücken. Im US-Kongress ist es noch schlimmer. Die Israel-Lobby setzt Senatoren und Kongressabgeordnete je nach ihrem Abstimmungsverhalten im Nahen Osten ein oder ab. Es ist kein Wunder, dass Israel der weltweit größte Empfänger von US-Hilfe ist. Die Israel-Lobby wird gefürchtet und gehorcht.

Viele Mitglieder des Kongresses erhalten Geld von Israel und seiner amerikanischen Lobby, dazu Medienunterstützung und kostenlose Reisen. Letzte Woche wurde die New York Times dabei ertappt, wie sie ihren Mitarbeitern die Anweisung gab, keine Begriffe oder Formulierungen zu verwenden, die Israel in ein schlechtes Licht rücken. In Großbritannien wurde die linke Führung der Labour-Partei von Kritikern Israels gesäubert und ein fader Führer anstelle des früheren feurigen Linksaußen Jeremy Corbyn eingesetzt.

Die Unterstützer Israels müssen aufpassen, dass sie nicht zu viele Arme verdrehen. Dies würde mit Sicherheit zu echtem Antisemitismus führen und die berühmte Frage von Voltaire aufwerfen, wer uns wirklich regiert.

Rechtsgerichtete Israelis müssen ihre Forderungen nach einem immer größeren Israel zurückschrauben. Sie wollen Galiläa und Teile des Südlibanon, einschließlich des Litani-Flusses. Außerdem wollen sie die meisten oder sogar alle Araber aus dem Westjordanland vertreiben, das durch das UN-Abkommen, mit dem der erste jüdische Staat gegründet wurde, zum palästinensischen Staat erklärt wurde.

Ich war (als Kriegsberichterstatter) bei der israelischen Armee, als sie 1982 in den Libanon einmarschierte und versehentlich zur Gründung der Hisbollah-Bewegung beitrug. Die Vorstellung von einem zweiten jüdischen Staat in der Ukraine ist illusorisch. Die Israelis müssen sich überlegen, wie sie in der arabischen Welt leben wollen, wenn sie jemals Frieden finden wollen. Der Rückzug aus dem Gazastreifen wäre ein guter Anfang.

Quelle: http://www.antikrieg.com