Wer wird in der Frage Palästina vermitteln

Nahostpolitik

Meinung, Ranjan Solomon, Herausgeber, 28. Dezember 2017

Die USA verkündet nicht nur dem Friedensprozess den Todesstoß, wenn sie Jerusalem als Israels Hauptstadt bezeichnet. Sie verscherzt auch ihre eigene Glaubwürdigkeit als ehrlicher Makler, was sie jedenfalls niemals gewesen ist. So, was liegt also vor uns in Sachen Frieden zwischen Palästina und Israel? Es gibt wenig, was die Palästinenser anbieten können, um Israels Unersättlichkeit und hegemoniale Ausrichtung zu befrieden. Israel will alles haben und mehr. Es hält die Palästinenser für ein „Nichtvolk“. Israel diskriminiert, enteignet und unterdrückt nicht nur.

Israels politisches Benehmen ist erschreckend und hat keinen Platz in irgendeinem politischen Lexikon. Wie anders könnte man das verwerfliche Verhalten von Oren Hazan beschreiben, des Provokateurs in Premierminister Benjamin Netanyahus Likud-Partei, wenn er einen Bus besteigt, in dem Palästinenser sitzen, denen erlaubt worden war, den Gazastreifen zu verlassen, um in israelischen Gefängnissen festgehaltene Familienmitglieder zu besuchen? Zu einer Frau aus Gaza sagt Hazan: „Dein Sohn ist ein Hund“. Hazan wurde dafür belohnt und erhält nun einen besonderen Sicherheitsschutz- für sein obszönes Missverhalten.

Kurz gesagt: Mediation ist schwierig, weil die Palästinenser – nicht Israel – keinen Partner für den Frieden haben. Auf der Gegenseite der Palästinenser steht eine gefährlich bewaffnete und ungezähmte politische und militärische Autorität. Nicht eine normale Nation, die in der Regel Wege finden sollte, um als Nachbarn mit Palästinensern und anderen Arabern in der Region zu leben.

Der Papst hat zum Gebet aufgefordert, zum friedlichen Dialog und Verhandlungen, die zu einer gerechten und auf Dauer angelegten Lösung führen. Israel ist diesem Appell gegenüber taub. Israel verschließt seine Augen gegenüber seinem eigenen Blutbad, das tagein und tagaus angerichtet wird an Palästinensern und es findet in der Tat ohne triftigen Grund statt.

Jerusalems griechisch-orthodoxer Kirchenleiter Atallah Hanna nannte die Forderung der USA „eine Verletzung der Christen und Muslime global, für die Jerusalem der heilige Ort ihres spirituellen und nationalen Erbes ist … Die USA stimmen der Besetzung zu, was sie nicht verdient!“  Israel führt nicht nur Verbrechen im Minutentakt aus, es lässt sich diese auch durch seinen Verbündeten USA und eine verletzte und ziemlich unfähige EU verzeihen. Tragischerweise stellt sich die Welt vor, dass die Reichen und Mächtigen Israel biegen können. Das ist eine Möglichkeit, aber fordert außerordentlichen politischen Mut von USA und von Europa. Europa knabbert an seiner Jahrzehnte alten Holocaust-Schuld, von der manche fürchten, es sei nur ein Vorwand. Die USA hat die mächtige Zionistenlobby, die mehr oder weniger jeden Senator und Kongressmann gekauft hat und den vereinigten Sektor durch wirtschaftliche „Watschen“ kontrolliert.

In Jerusalem fragte der Islam-Christen-Rat, repräsentiert durch Father Manuel Musallam, nach der Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels: „Wo bleiben die internationale Legitimierung, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und die Beschlüsse von Oslo?“ Er erklärte: „USA trampelt auf allen diesen Resolutionen und internationalen Absprachen  herum.“ Musallam gibt dem Stimme, was viele Palästinenser auch sagen: „Das Projekt (Friedensprozess) ist schon lange hinüber“. Er erklärte gerade heraus: „Die Palästinenser trauen niemandem. Sie trauen nur ihren Waffen, ihrem Widerstand, ihrem Blut … Die einzige Lösung ist Widerstand und ziviler Ungehorsam“.

Bei alltäglichen Zusammenstößen erleben die Palästinenser die Gewalt der Angriffe durch israelisches.

Seit der Ankündigung von Washington, Jerusalem/Al Quds als israelische Hauptstadt anzuerkennen, wurden 600 Palästinenser festgenommen. Nach Angaben der Palestinian Prisoners‘ Society vom Dienstag vergangener Woche wurden 610 Palästinenser, darunter 170 Kinder 12 Frauen und 3 verletzte Personen in den vergangenen drei Wochen festgenommen. Die UNO ist fleißig daran, Resolutionen zu verfassen, die von Israel in die Ablage gebracht  werden – im Altpapier-Container.

Ein südafrikanischer Führer alarmierte bei einer internationalen Konferenz aus seiner eigenen Erfahrung im Freiheitskampf gegen die Apartheid in Südafrika die Palästinenser: „Solange ihr nicht militanten Kampf mit BDS (Boykott-Sanktionen-Divestment) verbindet, wird die Gerechtigkeit euer Volk nie erreichen“. Mahatma Gandhi spricht eine andere Variante an: Er sagte aus, dass Gewaltfreiheit kein negatives Konzept ist, sondern ein positiver Ausdruck der Liebe. Er sprach von der Liebe zu den Übeltätern, aber nicht zu dem Übel. Er glaube, dass den Übeltätern nur durch die Trennung aller Beziehungen widerstanden werden kann. Schüchternheit würde die Täter der Ungerechtigkeit nur bestärken.

Das Kairos Palästina Dokument, das jetzt den eigentlichen Status eines Manifests für Gerechtigkeit und Frieden im Kampf für die Freiheit einnimmt, stimmt überein mit diesen kraftvollen Ideen von einem einmalig unterschiedlichen Kontext her. Die Autoren des Kairos Dokuments rufen auch nach „liebendem Widerstand“ und Isolierung der Besetzer (BDS). Die Isolierung Israels kann das einzige Werkzeug sein, das den Unterschied macht in einer sonst asymmetrischen Situation.

Angesichts der täglichen barbarischen Angriffe Israels sollte der Widerstand vermehrten zivilen Ungehorsam enthalten und Ausschluss von Israel, wie das im Besonderen während der ersten Intifada geschehen ist. Es war Ungeduld mit friedlichen Mitteln, die der ersten und zweiten Intifada den Weg freigaben, und erst vor Kurzem der Messer-Intifada.

Gewalttätiger Konflikt ist nicht wünschenswert, kann aber die einzige zur Verfügung stehende Option für eine palästinensische Politik sein, wenn Gerechtigkeit durch Verhandlungen nicht zu erreichen ist. Niemand wünscht sich mehr Waffen, Widerstand und Blutvergießen. Aber Waffen und Blutvergießen sind die von Israel gewählten Methoden zur Unterdrückung von Freiheit und Gerechtigkeit. Partner aus dem Westen haben die Bewaffnung und Anstiftung durch die freie Belieferung mit hochentwickelten Waffen gefördert, die für ihren eigenen militärisch-industriellen Komplex riesige Gewinne bringen und Israels Würgegriff auf das palästinensische Volk vergrößern. Ein Waffen-Embargo wäre notwendig, um ein schwer bewaffnetes und atomwaffen-fähiges Israel in Zaum zu halten.

Aber Isolierung, soziale, kulturelle und wirtschaftliche, ist die einzige Garantie, ist der einzige Weg, um Israel zur Zustimmung zu bringen, Gespräche zu führen, die zu einem gerechten Frieden führen. Viele Kirchen in den USA, in Kanada und in Europa sind bereit für BDS-Maßnahmen. Einige Körperschaften der Weltkirche sind dieser Strategie ausgewichen aus Mangel an Mut und Überzeugung. Die Geschichte wird sie einstufen als unter jenen, die die Seite der Unterdrücker gewählt haben.

Wird 2018 das Jahr sein, in dem die Machtbalance in der Internationalen Gemeinschaft einen Ruck in Richtung auf die Gerechtigkeit für die Palästinenser schaffen wird? Aber nicht nur für diese – auch für die Rohingya, die Dalits, die Indigenen, die Arbeiterklasse, die Bauern, die städtischen Armen – für alle, die die Verweigerung der fundamentalen Menschenrechte zu spüren bekommen. Mediation für Gerechtigkeit braucht frische Ideen und neues Blut. Inzwischen sind die USA ganz klar nicht der  Vertrauen erweckende Mediator.

Sie haben sich als ultimative Kriegshetzer und als Schurkenstaat entpuppt.

dt. Gerhilde Merz, zugesandt von Ellen Rohlfs, 05.01.2018