Von Arn Strohmeyer, 18.05.2016
Dass Israel die „einzige Demokratie“ im Nahen Osten ist, gilt in westlichen Staaten (USA und EU) als unumstößliches Dogma. Dieser Staat wird als „demokratische Insel“ im Meer der arabischen Diktaturen ringsum angesehen. Schon der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl, sah den Judenstaat visionär „als Vorposten der Kultur gegen die Barbarei“, und Israel versteht sich heute als „Villa im (arabischen) Dschungel“. Dabei steht schon die zionistische Ideologie des Siedlerkolonialismus, die Israel von Anfang an geprägt hat, im Widerspruch zum Wesen der Demokratie westlichen Typs. Denn der israelische Staat konnte nur mit der Unterwerfung eines anderen Volkes und dem Raub seines Landes geschaffen werden. Heute leben im israelischen Herrschaftsbereich (Westbank und Gazastreifen) fast vier Millionen Palästinenser ohne jede bürgerlichen und demokratischen Rechte. Auch die Palästinenser in Israel selbst sind keine vollwertigen Bürger und weitgehenden Diskriminierungen ausgesetzt. Israel erweist sich so nicht als Demokratie, sondern als Ethnokratie mit demokratischen Elementen, denn die Juden sind die privilegierte und dominante Schicht. Ein Faktum, das mit den westlichen Werten von der Gleichheit aller Menschen und ihren unveräußerlichen Rechten nicht vereinbar ist.
Die einzige Demokratie im Nahen Osten? Israel und die westlichen Werte, Gabriele Schäfer Verlag Herne, 226 Seiten, 19,50 Euro, ISBN 978-3-944487-43-4