In welcher Weise beeinflusst die israelische Interpretation des Holocaust die Politik dieses Staates gegenüber den Palästinensern?

Nahostpolitik

Diese Frage untersucht der Publizist Arn Strohmeyer in seinem neuen Buch: Erinnern – aber wie? Israel zwischen Holocaust-Gedenken und Besatzungsunrecht. Und er stellt die Frage: Findet die Erinnerung an dieses Mega-Verbrechen noch in angemessener Weise statt?

Der Holocaust war eines der furchtbarsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Ihm fielen nicht nur über fünf Millionen Juden zum Opfer, sondern auch Millionen anderer Menschen, die in der Ideologie der Nationalsozialisten „unwertes Leben“ darstellten. In Deutschland spielt diese monströse Untat in der Politik und im Alltagsleben kaum noch eine Rolle, sie findet bestenfalls in Reden an Gedenktagen noch routinemäßige Erwähnung. Anders in Israel. Hier ist der Holocaust auf staatliches Betreiben hin tief in das Bewusstsein der Menschen eingedrungen, er bestimmt alle Bereiche des Lebens, er ist dort allgegenwärtig. Ja, er ist zu einem Teil der israelischen Identität geworden. Die israelische Politik ist auch nie davor zurückgeschreckt, den Holocaust als moralisches Kapital für die eigenen Interessen einzusetzen und ihn für das Erreichen politischer Ziele zu instrumentalisieren. So setzt Israel die deutsche Schuld ganz bewusst als Druckmittel gegenüber deutschen Regierungen ein. Israel rechtfertigt aber auch seine völkerrechtswidrige Besatzungs-, Landraub- und Siedlungspolitik gegenüber den Palästinensern und damit die massive Verletzung der Menschenrechte mit dem Holocaust. Damit begibt sich dieser Staat nicht nur in ein großes moralisches Dilemma, sondern er nimmt offenbar auch einen großen Verlust seiner moralischen Glaubwürdigkeit in Kauf. Eine solche Rechtfertigung seiner Politik stellt zugleich auch eine extreme Trivialisierung dieses Mega-Verbrechens dar. Der Autor kritisiert einen solchen unwürdigen Umgang mit den Toten des Holocaust und versucht eine Antwort auf die Frage zu geben: Wie können wir uns heute angemessen erinnern?

Von Arn Strohmeyer, 18.03.2016

Arn Strohmeyer: Erinnern – aber wie? Israel zwischen Holocaust-Gedenken und Besatzungsunrecht. Gabriele Schäfer Verlag, Herne. ISBN 978-3-944487-38-0

Preis ca. 15 EUR

Anm.: Das Buch erscheint in Kürze.