Existente Atommacht Israel kein Thema, aber Atomwaffengegner Iran

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 19.07.2020

Kontraproduktive und gefährliche Journalisten, die alles aus Israel, USA oder ihrer NATO glauben

Die Ignoranz der meisten Journalisten, was den Nahen Osten betrifft, und ihre Bereitschaft, alles zu glauben und zu reproduzieren, was ihnen aus Israel, der USA oder ihrer NATO zugesteckt wird, ist nicht nur kontraproduktiv und gefährlich, sondern völlig unentschuldbar, extrem naiv und dumm, denn sogar Kinder wissen: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

Von Israel/USA fabulierte Massenvernichtungswaffen einst im Irak, jetzt im Iran

Die Verkoppelung USA-Israel hat wiederholt gelogen und betrogen. Leider ist festzustellen, dass die Mainstream-Medien dieselbe Masche wie damals gegen den Irak mit fabulierten Massenvernichtungswaffen (2002/2003), heute gegen den Iran mit erfundenen Plänen von Atomwaffen gewollt oder ungewollt Desinformation betreiben. Die mediale Desinformation geht zum Extrem, den Vorschag Irans, Syriens und Ägyptens über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten zu ignorieren, obwohl dieser Vorschlag seit 2003 dem UN-Sicherheitsrat vorliegt, und gerade jetzt bei der jüngsten Sitzung des UN-Sicherheitsrats im vergangenen Juni über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen thematisiert werden musste.

Mediale außenpolitische Realitätsfremdheit überwinden

Sehr befremdlich für jeden Diplomaten und unabhängigen Beobachter ist die mediale außenpolitische Realitätsfremdheit. Sie gilt es zu überwinden. Redaktionen und Außenpolitiker beschäftigen sich mit dem Iran, einem Atomwaffengegner, der mehrfach für eine atomwaffenfreie Zone seiner Region offiziell geworben hat, aber Israel, eine Atommacht, die über 200 Atombomben verfügt und sogar als wiederholter Aggressor bekannt ist und Nachbarländer bedroht, ist für sie kein Thema. Nur der Iran veranlasst Aufgeregtheit in deutschen Medien. Die Unverhältnismäßigkeit dieser bloßgestellten Einseitigkeit ist übermäßig und hat mit der Realität rein gar nichts zu tun. Schon unter der Cheney-Bush-Regierung wurde eine verworrene Konstruktion gegen den Iran öffentlich lanciert. Keine der Ordnungswidrigkeiten, keine Unregelmäßigkeiten jener angeführten Art ließ die Annahme zu, dass der Iran im Besitz der Atombombe sein könnte oder Pläne für ihre Herstellung hätte. Stattdessen ist es der Iran, der schon vor langer Zeit offiziell vorschlug, den Nahen Osten zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen und ein entsprechendes Dokument bei den Vereinten Nationen einreichte. Dazu waren auch mehrfach Konferenzen angesetzt worden, die systematisch von interessierter Seite sabotiert wurden. Schließlich sah sich der Iran gezwungen aufgrund der US-Mafiamethoden auf das böse Spiel eines angeblichen Atomstreits einzugehen, was in den Abschluss der sogenannten Wiener Atomabkommen von 14. Juli 2015 mündete, die jedoch aufgrund ihrer einseitigen Kündigung durch die USA am 8. Mai 2018 auch keinen anderen Vertragspartner, also auch den Iran nicht mehr bindet, also als inexistent zu betrachten ist.

US-Wirtschaftsaggression

Der Iran lässt sich auf jeden Fall nicht von seinen legitimen Rechten abbringen, seine Interessen zu schützen. So reichte der Iran im Jahr 2018 eine Klage gegen die USA wegen der US-Sanktionsmaßnahmen beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein. (AFP 28.8.18). Die US-Sanktionspolitik gegen den Iran ist eine nackte Wirtschaftsaggression, die darauf abzielt, der Wirtschaft und der Bevölkerung Irans größtmöglichen Schaden zuzufügen. Der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) stellt fest, dass es seitens des Irans keinen Verstoß gegen das Wiener Atomabkommen von 2015 gibt, d.h. es gab keinen Grund für Sanktionen.

US-Schutzmission am Persischen Golf nicht zustande gekommen

Der Iran warnte die Golfstaaten vor einer US-Schutzmission am Persischen Golf. Besonders Israels Beteiligung würde zu „katastrophalen Folgen“ führen. (Handelsblatt 8.8.2019) Bisher waren die Bemühungen des Iran erfolgreich: Eine US-Schutzmission vor seinen Küsten ist nicht zustande gekommen, worüber bezeichnenderweise so gut wie nichts in den führenden deutschen Medien zu erfahren ist.

Iran mit Friedensplan für den Persischen Golf und die Straße von Hormus

Der iranische Staatspräsident Hassan Rouhani kündigte am 22.9.2019 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen seines Landes eine „Koalition der Hoffnung“, einen Friedensplan an, den er in New York den Vereinten Nationen vorlegen will. Dieser „Friedensplan für den Persischen Golf und die Straße von Hormus“ sieht seinen Worten nach ein Bündnis der Anrainerstaaten vor, das für den Schutz der Handelsschifffahrt in den betreffenden Gebieten sorgen soll.

Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die bis vor kurzem als Verbündeter Saudi-Arabiens bekannt waren, kam der Iran Ende Juli 2019 überein, die „maritime Sicherheitskooperation“ im Golf von Persien und im Golf von Oman auszubauen. Qassem Rezaei, ein Brigadegeneral der iranischen Grenzpolizei, betonte danach, dass der Golf von Persien und der Golf von Oman den Völkern in der Region gehörten und dass man „anderen Ländern“ mit eigenen Interessen nicht erlauben solle, die Sicherheit in der Region zu gefährden. (Meldung 23.9.19)

Russland, China und der Iran 2019 mit gemeinsamem Marinemanöver im Indischen Ozean und im Golf von Oman

Russland, China und der Iran führten im Dezember 2019 ein beispielloses gemeinsames Marinemanöver im Indischen Ozean und im Golf von Oman durch. Die Botschaft dieser Übung laute Frieden, Freundschaft und dauerhafte Sicherheit durch Zusammenarbeit und Einigkeit, sagte der iranische Admiral Gholamreza Tahani im staatlichen Fernsehen. Als Ergebnis wird gezeigt, dass der Iran nicht isoliert werden könne. Dem iranischen Fernsehen zufolge wurde vier Tage lang unter anderem geübt, wie Schiffe gerettet werden, die unter Beschuss stehen oder von Piraten angegriffen werden. Die Gewässer im Süden des Iran stehen seit längerem im Mittelpunkt internationaler Spannungen. Im Mai und Juni wurden in der Straße von Hormus mehrere Handelsschiffe attackiert. (Reuters 27.12.19)

Israel hat anders als der Iran nicht den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet

Laut Ephraim Asculai, israelischer Experte für Atompolitik, Forscher am Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv, habe sich Israels „Politik der Zweideutigkeit“ hinsichtlich der eigenen Atomwaffenproduktion und Vorratshaltung als sehr effektiv erwiesen. Auf der einen Seite verhindere sie starken Druck auf Israel und einen möglichen Rüstungswettlauf mit arabischen Staaten. „Wenn Israel sagen würde, dass es Atomwaffen hat, würde es einen Aufschrei geben“, erklärte der israelische Experte. Dies könne sich sehr destabilisierend auf die regionale Lage auswirken. „Und wenn Israel sagen würde, dass es keine Atomwaffen hat, würde dies seiner Abschreckung schwer schaden“ Israel hat anders als der Iran nicht den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet. Israel ist rein rechtlich betrachtet dadurch nicht verpflichtet, auf Atomwaffen zu verzichten. Kein Mensch kümmert sich darum, dass Israel bis heute weder das Abkommen mit der IAEA unterschrieben, geschweige denn Kontrollen seiner Atomanlage durch dessen Inspektoren zugelassen hat. Trotzdem prangern Israel und weltweit viele Medien ständig den Iran wegen seiner Atomanlage an, der bisher alle Bedingungen erfüllt hatte – im Gegensatz zu Israel, das sogar den Atomwaffensperrvertrag für sich selbst ablehnt.

Militärisches Atomprogramm Israels seit der 1960iger Jahre

<<Seit Anfang der 1960er Jahre gingen die USA von einem militärischen Atomprogramm Israels aus. Die US-Regierungen unter den Präsidenten Kennedy und Johnson knüpften weitere Waffenverkäufe an Israel an die Bedingung, eigene US-Inspektoren nach Dimona (unterirdische Atomanlage) zu entsenden. Bei diesen Besuchen ab 1961 wurden den US-Inspektoren mehrfach die Besichtigung der gut getarnten unterirdischen Stockwerke vorenthalten, in denen Plutonium gewonnen und Bombenteile produziert wurden.

Erst als der in Dimona beschäftige Techniker Mordechai Vanunu im Herbst 1986 seine Bilder und sein Wissen über das israelische Atomprogramm der Londoner Zeitung „Sunday Times“ anvertraute, wurde das unterschätzte Ausmaß der damals bereits vermutlich mehr als 100 israelischen Atomwaffen öffentlich. Vanunu wurde nach seiner Entführung durch den israelischen Geheimdienst Mossad zu 18 Jahren Haft verurteilt, die 2004 endeten – und zahlt bis heute unter Hausarrest und völliger Überwachung stehend einen hohen Preis für seine Gewissensentscheidung.

Die arabischen Staaten brachten nach der Vanunu-Enthüllung eine UN-Resolution in die Vollversammlung ein, die eine UN-Untersuchung von Israels Atomprogramm forderte. Diese UN-Resolution wurde mit 92 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen sowie zwei Nein-Stimmen von Israel und den USA angenommen, blieb jedoch folgenlos.>> (Clemens Ronnefeldt, Netzwerk Friedenskooperative 2/2010)

Alan Hart, ehemaliger Nahost-Chefkorrespondent für die „Independent Television News“ berichtet in seinem Buch „Wer ist der wahre Feind der Juden? Aus David wird Goliath“, Band II: <Kennedy hat Ben Gurion signalisiert, dass er seine Lüge ( bezüglich des unterirdischen Atomreaktors in Dimona) durchschaut hat … Eisenhower hatte bereits U2-Aufklärer damit beauftragt, Bilder davon zu erstellen, aus denen die Wahrheit hervorging. Kennedy tat dies erneut. John McCone, damaliger CIA-Direktor versuchte zusätzlich, einen Spion dort einzuschleusen, der jedoch nicht in die unterirdische Anlage kam. Kennedy machte einen Deal mit Ben Gurion durch Mike Feldman, ein amerikanischer Politiker, Assistant von Kennedy: Hawk-Flugabwehrraketen gegen Israels Zusage, Dimona für eine Inspektion zu öffnen. Ben-Gurion stimmte nur zu, wenn nicht die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sondern die amerikanische Behörde die Inspektion übernähme. Außerdem: Inspektion nur gegen Voranmeldung, Israel würde keine Stichproben erlauben. Der CIA Direktor Mc Cone warnte vor Betrug – aber, Kennedy war das bewusst, er hatte keine Wahl.>

Seymour Hersh, ein investigativer US-Journalist, schreibt: <<Die israelische Intrige, die auf Plänen basiert, die die Franzosen lieferten, war einfach: ein falscher Kontrollraum wurde in Dimona erbaut, komplett mit falschen Schalttafeln und komputergesteuerten Messgeräten, die den Wärmeausstoß eines 24-Megawatt-Reaktors (wie Israel es behauptet hatte) bei vollem Betrieb gemessen haben. Es gab extensive Trainingssitzungen in dem gefälschten Kontrollraum, da die israelischen Techniker jeden Patzer vermeiden sollten, wenn die Amerikaner kamen. Das Ziel war, die Amerikaner zu überzeugen, dass keine chemische Wiederaufbereitungsanlage existierte oder möglich war.“ Sie befürchteten, „dass die Amerikaner den Reaktorkern physikalisch inspizieren wollten und vermutlich dann entdeckten, dass Dimona große Mengen an schwerem Wasser einsetzte, die es illegal aus Frankreich und Norwegen erhielt, und dass der Reaktor sichtbar mit einem weitaus größeren Volumen als den angegebenen 24 Megawatt betrieben wurde. Es war vereinbart, dem Inspektionsteam nicht zu gestatten, den Kern zu betreten, aus Sicherheitsgründen.“ (…) Das Einzige, das außer Frage steht, ist, dass Präsident Kennedy nicht durch den Dimona-Betrug getäuscht wurde. Er übte weiterhin Druck auf Ben-Gurion aus, einer Inspektion der IAEA zuzustimmen.>> Dazu kommentiert die Friedensktivistin Inga Gelsdorfs: <Leider vergebens – er kam nicht mehr dazu, weil er ermordet wurde, bevor er die angekündigte Friedensinitiative durchsetzen konnte, für 1964 war sie geplant – und die Abrüstung Israels>

Hersh weiter: <<In Hyannis Port sagte er (Kennedy) ärgerlich seinem Freund Bartlett: „Die israelischen Hurensöhne belügen mich permanent in Bezug auf ihr Atompotential!“

Kennedy startete mehrere Versuche, eine faire Lösung für das palästinensische Flüchtlingsproblem zu finden. (Wie gesagt, übernahm er die Schirmherrschaft über eine diesbezügliche UN-Resolution 194 von 11 Dezember 1948)

Israel mit Atomwaffen-Trägersystemen von Reichweiten bis Europa oder Russland

Um die Nuklearwaffen zum Einsatz bringen zu können, verfügt Israel aktuell über ein breites Spektrum von Trägersystemen aus land-, luft- und möglicherweise seegestützten Waffenplattformen mit Reichweiten von mehreren tausend Kilometern.>> (bis Europa oder Russland, d.A.)

<<Deutschland lieferte in den Jahren 1999 und 2000 drei Dolphin U-Boote, zwei weitere leistungsfähigere Boote stehen noch vor der Auslieferung. Diese können in Israel mit Marschflugkörpern bestückt werden, die auch Atomsprengköpfe tragen könnten.>> (Clemens Ronnefeldt, Netzwerk Friedenskooperative 2/2010, Subtitel d.A.)

Am 23. Oktober 2009 berichtete die Süddeutsche Zeitung: <Erstmals seit 30 Jahren haben Israel und Iran an Gesprächen über eine atomwaffenfreie Zone in Nahost teilgenommen. Die Begegnung fand bereits am 29. und 30. September in Kairo statt. … Von israelischer Seite handelte es sich um Meirav Zafari-Odiz, zuständig für Rüstungskontrolle bei der Atombehörde. Iran hatte seinen Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Ashgar Soltanieh, und einen Botschafter im Ruhestand entsandt. … Anschließend habe Zafari-Odiz erklärt, dass Israel am Ende eines umfassenden regionalen Friedensschlusses grundsätzlich zu einem Dialog über eine nukleare Abrüstung im Nahen Osten bereit wäre.>

<Bis zu wirklich substantiellen Verhandlungen dürfte der Weg noch sehr weit sein: „Von allen Atomwaffen in der Welt wird man sich des israelischen Arsenals am schwierigsten entledigen können“, prophezeite 1995 der frühere Direktor des Internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstitutes SIPRI, Dr. Frank Barnaby.> (Clemens Ronnefeldt, Netzwerk Friedenskooperative 2/2010)

Mit allen Mitteln der internationalen und nationalen Justiz gegen aggressive US-amerikanische und israelische Außenpolitik

Die willkürliche aggressive US-Außenpolitik im Verbund mit Israel ist endlich gerichtlich zu bremsen, d.h. mit allen Mitteln der internationalen und auch nationalen Justiz. Kriegsverbrecher sind aufzuhalten und festzunehmen. Washington respektiert weder den Beschluss des Internationalen Gerichtshof in Den Haag (8.7.1996) noch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA).

Abwehr des US-Wahns und seine Überwindung

Hinzu kommt die US-Militärorganisation NATO, deren Strategie der nuklearen Drohung und Anwendung von Gewalt nicht nur extrem irrational, sondern auch als Unrecht, als illegitim, gesetzwidrig gebrandmarkt ist seit dem einstimmigen Beschluss des Internationalen Gerichtshofes der Vereinten Nationen in Den Haag am 8.7.1996. Die Abwehr dieses Wahns und schließlich seine Überwindung erfordern eine neue Form von politischem Denken und Handeln: Gewaltfreiheit und Entspannungspolitik.

Es sollte allen klar sein: Der Internationale Gerichtshof in Den Haag ist Teil der Vereinten Nationen.