Frieden wichtiger als militärische Bündnisse oder Strukturen – Mit neuem Menschenbild für eine Kultur des Friedens

Nahostpolitik

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 13./14.06.2022

Aufrüstung, Drohung, Erpressung, Druck und Gewalt bringen keinen Frieden

Die US-Regierung ist zur nuklearen Abrüstung verpflichtet. „Wir werden ein starker und vertrauensvoller Partner für Frieden, Fortschritt und Sicherheit sein“, versprach US-Präsident Joe Biden in seiner Antrittsrede am 20. Januar 2021. Dem Frieden dient man aber nicht mit Aufrüstung, Drohung, Erpressung, Druck und Gewalt, am wenigstens mit Massenvernichtungswaffen. Die USA und alle anderen NATO-Staaten sind zur nuklearen Abrüstung verpflichtet, seitdem eine Resolution dafür auf dem NATO-Gipfel in Lissabon am 20.11.2010 zustande kam, und zwar aufgrund erfolgreicher Initiative und hartnäckiger diplomatischer Arbeit des deutschen FDP-Außenministers Guido Westerwelle. Er konnte alle NATO-Staaten der EU für die Abrüstung hinter sich versammeln entgegen aller destruktiven Wühlarbeit seiner gestörten US-Kollegin, die verstorbene damalige US-Außenministerin Madeleine Albright.

Weg mit der NATO zugunsten einer Politik des Friedens, eines integrierten europäischen Systems zusammen mit Russland

Die NATO muss, wie schon ihr Partner, der Warschauer Pakt, so schnell wie möglich aufgelöst werden zugunsten einer Politik des Friedens, eines integrierten europäischen Systems, zu dem natürlich auch Russland gehört, wenn Europa nicht verstümmelt werden soll, wie Emil Ludwig schon im 20. Jahrhundert schrieb. Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte sich in dieser Hinsicht gleich bei seinem Amtsantritt ganz klar und formulierte deutlich seine außenpolitischen Leitlinien und Ziele vor dem Deutschen Bundestag: „Wir werden unsere Bemühungen um weltweite Abrüstung und Rüstungskontrolle weiter verstärken. Die Bundesregierung bekennt sich nachdrücklich zu dem Ziel der vollständigen Beseitigung der Massenvernichtungsmittel“ (Regierungserklärung, 10.11.98).

Nach Joschka Fischers Plädoyer als Außenminister für Neu-Definition des atlantischen Bündnisses erfolgt seine Degradierung in US-Marionette

Auch Außenminister Joschka Fischer äußerte sich im Einklang mit diesem klar definierten Regierungsziel von Kanzler Gerhard Schröder bei seinem ersten Besuch in Washington Anfang November 1998, als er auf der dortigen Pressekonferenz darauf hinwies, dass es notwendig sei, das atlantische Bündnis neu zu definieren, insbesondere im Hinblick auf seine Nuklearstrategie, eine Auffassung, die auch von anderen NATO-Mitgliedstaaten – Belgien, den Niederlanden, Dänemark und Kanada – geteilt wird. Ebenso hatte sich das Europäische Parlament für eine atomwaffenfreie Welt ausgesprochen und die damalige deutsche Regierungslinie explizit unterstützt (19.11.98). Die souveräne Stellungnahme der deutschen Regierung und des Europäischen Parlaments veranlasste Alarm in Washington. Das Weiße Haus nahm den Außenminister Joschka Fischer an die Leine und verwandelte ihn in eine US-Marionette, die von einer geheimen und unsichtbaren Hand gesteuert wurde, um schreckliche Ereignisse zu einem schrecklichen Ende zu bringen. So hat der damalige Außenminister Joschka Fischer die geächtete Einschüchterungstaktik eingesetzt, indem er seinem jugoslawischen Kollegen terrorisierte mit Androhen militärischer Gewalt unter Kommando der NATO und der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright Anfang März 1999. Niemals konnte Fischer verstehen, warum seine terroristische Rhetorik mit Androhen von Bombengewalt gegenüber seinem weisen alten Kollegen aus Belgrad nicht funktionieren konnte. Niemals wollte Joschka Fischer eine konträre Position wahrnehmen, die auf geltendem Völkerrecht beruhte, und deshalb für brutale Gewalt nichts übrig hatte. Das Interview mit dem damaligen jugoslawischen Außenminister Zivadin Jovanovic der Regierung Slobodan Milosevic in BBC-World (21.2.1999) bleibt eine schlagende Lehre für Europa, das sich von den alten destruktiven Lasten und Dogmen der Androhung von Gewalt und Einsatz militärischer Mittel endlich lösen muss. Der würdige Widerstand Serbiens demonstriert, dass die NATO-Strategie nicht funktioniert. Es bleibt bis heute ein Rätsel, wie die USA den intelligenten deutschen Außenminister unterwarfen: Mit Erpressung oder Bestechung? Auffällig und bemerkenswert ist nur die 180-Grad-Wende Joschka Fischers 1998/1999.

Atomwaffen abrüsten: Es geht um die Menschheit.

Darüber hinaus fordert in jenen Jahren eine Resolution der Vereinten Nationen, eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen, die unter dem Namen „Agenda for a New Coalition“ von acht Staaten – Republik Irland, Schweden, Slowenien, Südafrika, Brasilien, Mexiko, Ägypten und Neuseeland – initiiert wurde. Gemäß dieser UN-Resolution sollen die Atomwaffenstaaten abrüsten und entsprechende Schritte vorschlagen. Diese UN-Resolution wurde von 96 Staaten angenommen, die damit den enormen Widerstand und diplomatischen Druck der Vereinigten Staaten überwinden konnten. Eine Mehrheit der NATO-Staaten weigerte sich, den ablehnenden Widerstand der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu akzeptieren, darunter Deutschland, Kanada, Belgien, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Portugal, Luxemburg, Island, Italien und Dänemark, die sich in New York bei der Abstimmung mit den Atomstaaten der Stimme enthielten (4.12.98). Hier geht es nicht nur um Deutschland oder Amerika, Frankreich oder Russland. Es geht um die Menschheit. Alle Menschen der ganzen Erde sind durch Atomwaffen in Gefahr. In diesem Zusammenhang ist die Modernisierung der britischen Rüstung besorgniserregend, denn sie bedeutet mit den neuen Trident-U-Booten, die mit Atombomben-Schussanlagen die Meere durchkreuzen, eine ständige Gefahr für alle Kontinente der Erde und damit auch eine potenzielle Bedrohung für die tausende Kilometer lange chilenische Küste. Die Nuklearstrategie der NATO ist daher eine äußerst dringende und wichtige Frage für alle Länder, die in ihrer Außenpolitik ein Menschenrechtskonzept vertreten, das auf der anerkannten Humanität für alle Menschen und Regionen der Welt beruht, wie es die Außenpolitik der ersten sozialdemokratisch-grünen Bundesregierung war.

Kultur des Todes überwinden

Es ist höchste Zeit, den Frieden als eine ernste und schwerwiegende Angelegenheit von größter Wichtigkeit für die Menschheit zu begreifen, anstatt der Aufrechterhaltung militärischer Bündnisse oder Strukturen weiterhin politische Aufmerksamkeit zu schenken, Bündnisse und Strukturen, die durch die Kultur des Todes und des Krieges des 20. Jahrhunderts, des blutigsten und zerstörerischsten Jahrhunderts in der Geschichte der Menschheit, geschaffen und gefördert wurden.

Zukunft ist der idealisierende Gedanke schlechthin

Ein neues Menschenbild muss uns im 21. Jahrhundert leiten, damit im neuen Jahrtausend eine Kultur des Friedens herrschen kann, so wie es die Vereinten Nationen wollen. Alle Menschen, die sich der Verbreitung und Verteidigung einer Politik mit einem geistigen Ideal in der heutigen Welt widmen, müssen ihren Willen zu einem beharrlichen Frieden kundtun. Im Leben der menschlichen Gesellschaften ist die Zukunft der idealisierende Gedanke schlechthin. Je energischer der Wille und das Denken derer sind, die sich danach sehnen, umso näher wird die Zukunft sein und desto mehr wird sich die Stabilität, die Bühne und das Umfeld bieten, die der Mensch für die Entwicklung seines geistigen Vermögens benötigt.