Von Arn Strohmeyer, 15.03.2018
Der neue Außenminister Heiko Maas jettete nach seinem Amtsantritt sofort nach Paris, um sich dort vorzustellen und mit dem französischen Amtskollegen die Europa-Politik zu erörtern. Das ist politisch verständlich. Die nächste Reise soll nach Warschau gehen, dem zur Zeit sehr schwierigen Partner im Osten. Auch verständlich. Der Abstecher nach Washington wird wohl wegen Donald Trumps irrlichternden Vorstößen in die Weltpolitik noch aufgeschoben, außerdem ist der neue Außenminister Mike Pompeo noch gar nicht im Amt, er muss sich erst den parlamentarischen Anhörungen stellen, das kann bis Ende April dauern. Auch verständlich.
So gibt Maas als vorrangiges Reiseziel Israel an.
Das sei für ihn eine Herzenssache, denn er sei nicht wegen Willy Brandts Entspannungspolitik in die Politik gegangen, sondern wegen „Auschwitz“. Das ist an sich eine ehrenhafte Begründung, aber aufschlussreich ist sie auch.
Denn Maas scheint nicht die universalistische Schlussfolgerung aus diesem Mega-Verbrechen zu ziehen, dass so etwas nirgendwo und niemandem mehr auf der Welt passieren dürfe (wie es auch Theodor Adorno formuliert hatte), sondern dass so etwas nur Juden nicht noch einmal passieren dürfe.
Anders kann man seine Reise-Priorität für Israel mit der Begründung „Auschwitz“ nicht verstehen.
Mit einer solchen Schlussfolgerung bezieht er klar und eindeutig Partei für den Zionismus und setzt diesen wohl auch mit Judentum gleich. Was er auch schon bei anderer Gelegenheit bewiesen hat.
So hat er im vergangenen Jahr als Justizminister seine höchst umstrittene israelische Amtskollegin Ayelet Shaked in Berlin empfangen, die immer wieder öffentlich bekennt, dass der Zionismus mit Menschenrechten und Völkerrecht nichts zu tun habe, denn die israelische Staatsideologie habe ihre eigene Moral und Gesetzlichkeit.
Außerdem forderte sie, palästinensische Mütter zu töten, weil sie nur „kleine Schlangen“ zur Welt bringen, was für sie ein anderes Wort für „Terroristen“ ist. Solche Äußerungen müssten eigentlich auch einem deutschen Justizminister bekannt gewesen sein.
Heiko Maas nahm aber keinen Anstoß daran. Ja, sie hielten ihn nicht davon ab, sich mit der Kollegin aus Israel „zu gemeinsamen Werten“ zu bekennen.
Man darf wohl jetzt schon feststellen, dass von diesem Außenminister keine neuen Akzente oder Impulse in der deutschen Israel-Politik zu erwarten sind.
Er ist ein braver und frommer Parteigänger des Zionismus, die furchtbare Lage der Palästinenser in den besetzten Gebieten (aber auch die Diskriminierung der Palästinenser in Israel selbst) sieht er nicht, will er offenbar nicht sehen. Vermutlich ist das genaue Hinschauen für ihn schon „Antisemitismus“.
Sein Vorgänger Sigmar Gabriel hat zwar an den Grundfesten der deutschen Israel-Politik („Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“) auch nicht gerüttelt. Ob er sie gern geändert hätte, weiß man nicht. Aber er hat die Realität wenigstens zur Kenntnis genommen, hat angesichts der haarsträubenden Verhältnisse in Hebron von „Apartheid“ gesprochen.
Und in Jerusalem hat er sich über die wirkliche Lage von israelischen NGO’s (Breaking the Silence und Betselem) informieren lassen und wurde deshalb von Ministerpräsident Netanjahu nicht empfangen. Ähnliches ist von Heiko Maas nicht zu erwarten. Dabei wäre eine Kehrtwende in der deutschen und europäischen Israel-Politik unbedingt notwendig, nur sie könnte mit Druck von außen dazu beitragen, dass Besatzung und Apartheid dort ein Ende finden. Darauf hat der israelische Journalist Gideon Levy gerade in einer Rede in Washington so nachdrücklich hingewiesen.
Die Liaison zwischen dem Zionismus und der SPD ist uralt.
Obwohl die zionistische Arbeiterbewegung sich nie zum Internationalismus bekannt hat (es ging ihr immer nur um „jüdische Arbeit“), haben die Sozialdemokraten schon immer die Nähe zu Israel, seiner „Arbeitspartei“ und der Gewerkschaft Histadrut gesucht. Ein gestandener „linker“ SPD-Sozialpolitiker wie Rudolf Dressler wurde sogar Botschafter in Israel und redet auch heute noch wie ein überzeugter, strammer Zionist.
Und die heutige SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles rief vor einiger Zeit dazu auf, Geld für Bäume in Israel zu sammeln. Das wäre doch ökologisch sehr sinnvoll, meinte sie. Dass so etwas aber nur über den Jüdischen Nationalfonds (JNF) geht, (das ist die Organisation, die den Palästinensern das Land wegnimmt und es verstaatlicht), und dass solche Wälder zumeist auf enteignetem palästinensischem Land oder auf von den Zionisten zerstörten palästinensischen Dörfern angelegt werden, um dort die Geschichte dieses Volkes endgültig auszulöschen, hatte sich bis zu Andrea Nahles noch nicht herumgesprochen oder man ignoriert solche Argumente ganz einfach.
Die SPD und der Israel-Palästina-Konflikt – das ist ein sehr trauriges Kapitel, das wie die ganze Politik dieser Partei von Mutlosigkeit geprägt ist.
Dieser Tradition will ganz offensichtlich auch Heiko Maas treu bleiben.