Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen!

Nahostpolitik

Von Evelyn Hecht-Galinski, 19. Juli 2022

Am Dienstag, 19. Juli 2022, jährt sich der Todestag meines Vaters Heinz Galinski zum dreißigsten Mal. Er starb nach einem Leben, das dem Kampf für Gerechtigkeit und gegen den Faschismus gewidmet war. Die Titelzeile meines Kommentars „ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen“ war für ihn nach seiner Befreiung aus Auschwitz Antriebskraft für seinen weiteren Lebensweg. Dieser Satz prägte unser gesamtes Familienleben, bleibt sein Vermächtnis und ist Ansporn für meine Arbeit und Anlass, diesen Kommentar zu schreiben.

Mein Vater, Ehrenbürger von Berlin mit „Staatsbegräbnis“ und auf dessen Ehrengrab ein terroristischer Sprengstoffanschlag verübt wurde, der bis heute ungeklärt ist, war von ganzem Herzen Berliner und blieb stets seiner Stadt mit Haut und Haaren verbunden.

Heinz Galinski im Streit mit Israel

Heinz Galinski war es, der 1990 mit dem damaligen Bundeskanzler Kohl mit einem Vertrag die Kontingentzuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ermöglichte. Es war ein wichtiges Abkommen, das von Israel torpediert wurde. Tel Aviv hatte mit mehreren Protestnoten und diplomatischem Einspruch seine Haltung bekräftigt, dass Israel die „natürliche“ Heimstatt gerade auch der auswandernden sowjetischen Juden sei; mithin könne es jüdische Flüchtlinge in Deutschland, dem Land des Holocaust, eigentlich gar nicht geben. Für Heinz Galinski als Vorsitzenden des Zentralrats war es undenkbar, dass Juden verweigert werden sollte, nach Deutschland oder anderswo außerhalb Israels zu gehen. Vehement widersetzte er sich dieser israelischen Forderung und ging auch einem Streit mit der israelischen Regierung nicht aus dem Weg. NIEMAND sollte einem jüdischen Einwanderer vorschreiben, wohin er zu gehen hatte. Ein weiterer Aspekt der Zuwanderung für die Jüdische Gemeinde in Berlin, die an Überalterung litt, war eine „Überlebensfrage“ (Galinski).

Ich erinnere mich auch gut daran, wie entrüstet mein Vater über das Ansinnen der Bundesregierung war, möglichst nur junge, gut ausgebildete und dem „deutschen Kulturkreis“ zuzurechnende Sowjetjuden nach Deutschland einreisen zu lassen. Als Auschwitzüberlebender, der die „Rampen-Selektion“ hautnah erlebt hatte, war er erbost über die „Bonner-Regierungs-Selektion“. Ja, er war streitbar und geradlinig, ein echter Westpreuße – der Gerechtigkeit verbunden und nicht dem Schweigen. Auf Einladung der Regierung besuchte er Russland und war begeistert von Moskau und St. Petersburg, der reichhaltigen Kultur und von der Herzlichkeit des Empfangs. Allerdings war er im positiven Sinn „vorbelastet“, weil er die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee nie vergessen hatte, genauso wenig wie die schlimmsten Wächter im KZ, nämlich die Ukrainer, deren Grausamkeiten, noch vor denen der deutschen „Kollegen“, er mir eindrucksvoll schilderte…

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