Terrorismus unterbinden und das syrische Volk gewinnt

Nahostpolitik

Betr.: Meldungen und Kommentare zur Syrien-Krise, Ban Ki Moon überraschend am 30.1. in Berlin und 2. Genfer Friedenskonferenz

Beitrag von

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 01.02.2014

Im Artikel „Assad muss gehen – getäuschte Öffentlichkeit: Wie der wirkliche Inhalt der Genfer Vereinbarung verschleiert wird“ von Karin Leukefeld (Junge Welt, 28.1.) ist der Stolperstein für den Erfolg der zweiten Genfer Friedenskonferenz zu Syrien klar beschrieben:

<Das Ende des Krieges in Syrien und der Beginn eines politischen Prozesses, der von den Syrern selber geleitet werden soll, ist das erklärte Ziel der syrisch-syrischen Gespräche am Sitz der Vereinten Nationen in Genf. (Genf II). … Die USA, Großbritannien und Frankreich weigerten sich, die Genfer Vereinbarung in eine UN-Resolution umzuwandeln, wie Russland und China es vorgeschlagen hatten. … Die Vereinbarung selber spricht an keiner Stelle von der Rolle des syrischen Präsidenten, geschweige denn von Al-Assad. An erster Stelle auf dem Dokument steht die Umsetzung des „Sechs-Punkte-Plans“, die der Vorgänger von UN-Vermittler Brahimi, Kofi Annan, im April 2012 für einen Waffenstillstand in Syrien vorgelegt hatte. …

Die Forderung „Assad muss gehen“ gehört indes fast zu jeder öffentlichen Syrien-Äußerung vom US-Außenminister John Kerry… und der von (ihm) anerkannten Nationalen Koalition. … Beschuldigungen und Drohungen gegen den syrischen Präsidenten und die Rücktrittsforderung stehen ganz oben bei der PR-Strategie der Delegation der Nationalen Koalition. Verschleiert wird damit nicht nur der wirkliche Inhalt der Genfer Vereinbarung, sondern auch die Tatsache, dass die Delegation der Nationalen Koalition weder ein politisches Programm noch die Interessen der syrischen Bevölkerung vertritt. Zudem hat die Gruppe mit dem kürzlichen Austritt des Syrischen Nationalrates gut ein Drittel ihrer Mitglieder verloren.

… Aus der Syrischen Gesellschaft der Vereinten Nationen (Damaskus) ist zu hören: Die Teilnahme „respektabler Oppositionsgruppen aus Syrien“ bei den Genf-II-Gesprächen sei (vom US-Außenminister Kerry) verhindert worden. … Diejenigen, die in Genf als „Opposition“ aufträten, seien tatsächlich eine Delegation der Staaten, die die Nationale Koalition unterstützten, insbesondere die USA, Frankreich und Saudi Arabien…. es sehe so aus, als spreche die syrische Regierungsdelegation in Genf „mit den USA und Frankreich, nicht mit der syrischen Opposition.“> In der Tat ist die PR-Strategie der Nationalen Koalition deckungsgleich mit der der USA.

Die Opposition, welche an Genf II teilnimmt, ist in viele verschiedene Fraktionen gespalten. Sie scheint keine wirkliche Basis zu haben. Wie kann es so überhaupt zu einer Übereinkunft kommen? In diesem Zusammenhang ist die Überlegung von Präsident Assad sehr zutreffend:

<… Wenn ich verhandle, mit wem verhandle ich denn? … viele der Gruppen, die (zu Genf II) eingeladen wurden, existieren erst seit kurzem. In der Tat wurden viele von ihnen von ausländischen Geheimdiensten gegründet, entweder aus Katar, Saudi Arabien, Frankreich, den USA oder anderen Ländern. Wenn wir uns also mit diesen Gruppen treffen, dann treffen wir uns in der Tat und in Wahrheit mit den Ländern, die sie gegründet haben. Ist es denn logisch, dass Frankreich ein Teil der syrischen Lösung sein soll? Oder Katar, Saudi Arabien, die USA oder die Türkei? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. …wenn wir mit diesen Gruppen verhandeln, dann verhandeln wir eigentlich mit den Ländern, die hinter ihnen stehen und die den Terror gegen das syrische Volk unterstützen. Es gibt eine andere Opposition in Syrien, die jedoch eine nationale Agenda hat. Mit diesen Parteien können wir über die Zukunft des Landes verhandeln, ihre Visionen sind Teil der syrischen Zukunft. … die Resultate von Genf II werden dem syrischen Volk zum Referendum vorgelegt. … Das schwierigste …ist der Terrorismus. Der Grad der Unmenschlichkeit, den die Terroristen erreicht haben, ist wahrscheinlich nur noch mit dem europäischen Mittelalter zu vergleichen. Der andere Faktor, der schwer zu verstehen ist, ist die Unfähigkeit der westlichen Öffentlichkeit, zu begreifen, was in Syrien geschieht. Es scheint, diese Öffentlichkeit kommt immer einen Schritt zu spät, manchmal weigern sie sich sogar zu verstehen, wenn die Situation von der Realität überholt wird. Drittens ist es schwierig zu verstehen, wie sehr die Petro-Dollars die politische Arena verändern. Katar, zum Beispiel, wurde von einem marginalen Staat ohne Macht zu einem sehr wichtigen Staat wegen der Petro-Dollars. Frankreich hingegen wurde zu einem Gehilfen Katars und dessen Politik. Dasselbe geschieht übrigens zwischen Frankreich und Saudi Arabien. Wie kann es soweit kommen, dass Frankreich all seine Prinzipien für Petro-Dollars verkauft?

Das wichtigste Element ist gewiss, dass auf der Genfer Konferenz Resultate bezüglich der Bekämpfung des Terrorismus in Syrien zustande kommen müssen. … es muss Druck auf diejenigen Länder ausgeübt werden, welche den Terrorismus exportieren, dadurch, dass sie Terroristen, Geld und Waffen an die Terrororganisationen senden. Speziell Saudi- Arabien, die Türkei und natürlich die westlichen Länder unterstützen den Terrorismus und sie versuchen, dies politisch zu verdecken. … Jede politische Entscheidung, die … das Problem der Terroristen außer Acht lässt, ist wertlos. Es kann keine politische Handlungsfähigkeit geben, solange man dem Terror freie Hand lässt. … Politisch ist es möglich, dass die Genfer Konferenz einen Dialog zwischen Syrern in Gang bringt. Dies muss aber gleichzeitig ein Prozess sein, der in Syrien stattfindet, Genf kann das unterstützen, aber keinesfalls ersetzen.

Wenn es jedoch um die Verteidigung des Landes geht, dann ist es offensichtlich, dass man keine Wahl hat, man muss gewinnen. Sollte Syrien diesen Kampf tatsächlich verlieren, würde sich das Chaos im gesamten Mittleren Osten ausbreiten. Dieser Kampf beschränkt sich also nicht auf Syrien, und dieser Kampf ist kein Aufstand gegen eine Regierung, so wie es die westlichen Medien kolportieren. Hier geht es nicht um ein Volk, welches für Demokratie und Freiheit kämpft. Die Menschen fangen langsam an, diese Lügen zu durchschauen. Ein Volksaufstand, der solange dauert, hätte schon längst Erfolg gehabt oder er wäre dann niedergeschlagen worden. …Ein nationaler Volksaufstand hat keine ausländische Agenda… Alle Szenarien …fokussieren sich auf die Verteidigung des Landes, es gibt kein Szenario der Flucht. Flucht unter diesen Umständen ist keine Option. Ich bin verpflichtet, an vorderster Front bei der Verteidigung des Landes zu stehen, so war es vom ersten Tag an.

Es ist ein Krieg, den das syrische Volk gewinnen muss. …Es gibt zwei Phasen in diesem Krieg. Die erste Phase sah vor, die syrische Regierung, den syrischen Staat, innerhalb von Wochen oder Monaten zu stürzen. Jetzt, nach drei Jahren, können wir mit Sicherheit sagen, dass dies gescheitert ist, und dass das syrische Volk gewonnen hat. Es gab Länder, die wollten nicht nur einen Staatsstreich, sondern sie wollten Syrien in mehrere Kleinstaaten aufteilen. Natürlich ist auch dieser Plan gescheitert und auch da hat das syrische Volk gewonnen. Die nächste Phase dieses Krieges ist der Kampf gegen den Terrorismus, den wir gegenwärtig erleben. … Diese Phase (ist) noch nicht überstanden, wir können also nicht von einem Sieg sprechen, solange die Terroristen nicht ausgeschaltet sind. Was wir aber sagen können ist, wir machen Fortschritte, wir kommen voran.

… Die Verteidigung Syriens obliegt natürlich dem syrischen Volk und den syrischen Streitkräften. … alle Bewaffneten – inklusive Syrer – müssen ihre Waffen den syrischen Streitkräften übergeben. Die syrischen Streitkräfte garantieren dann konsequenterweise Frieden und Stabilität. Ja, alle bewaffneten Kämpfer müssen Syrien verlassen.

Genf II …hilft …vor allem Druck auf die Länder zu machen, welche die Terroristen unterstützen. Dies hat nichts mit Syrien zu tun, es muss Druck auf diese Staaten gemacht werden und es muss verhindert werden, dass die Banden weiterhin nach Syrien gelangen. Von unserer Seite aus können wir sagen, wenn dies getan wird, ist das Blutvergießen innerhalb von einem Monat beendet.> (Aus dem veröffentlichten Interview mit dem Präsidenten Syriens Baschar Al-Assad vom 20.1.)

Es ist zu begrüßen, dass der Iran anfängt, Gespräche mit der Türkei zu führen. Beide Präsidenten, des Iran und der Türkei, sind in der Türkei zusammengetroffen (ARD-Mittagsmagazin am 29. und 30.1.14). Davon ist zu erhoffen, dass die Regierung Ankara ihre Politik gegenüber Syrien richtigstellt, nämlich dass sie den Terrorismus unterbindet, der sich von türkischem Boden aus in Syrien mittels infiltrierter Banden und Agenten verbreitet. Außerdem sollte Ankara mit dafür sorgen, dass es keine Waffenlieferungen an diese kriminellen Elemente mehr gibt.

Das miese perfide Spiel des US-Außenministers John Kerry auf der Genfer Syrien-Friedenskonferenz ist inzwischen offenkundig. Die USA haben Waffenlieferungen an irreguläre Kampfverbände in Syrien wieder aufgenommen. Karin Leukefeld berichtet darüber in ihrem Artikel „Waffenlieferungen stören Friedensgespräche“, Junge Welt vom 30.1.: <Die syrische Regierungsdelegation hat mit scharfen Worten in Genf (darauf) reagiert. Der Beschluss sei eine „Provokation und ein himmelschreiender Verstoß gegen die Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrates“. Die Entscheidung wirke sich auf den Ablauf der Genfer Gespräche negativ aus. Informationsminister Omran Al-Subi sagte vor Journalisten in Genf: Man frage sich, „wie so ein Verhalten der USA den Genf-II-Prozess fördern“ solle. Immerhin seien die USA mit Russland und den Vereinten Nationen Initiator der Friedensgespräche.>

Die inszenierte amerikanische Übung bei einer von Kerry selbst mit geplanten Genfer Friedenskonferenz ist kaum zu verstehen, eine Konferenz, die offensichtlich durch Kerrys miese Sabotage wirkungslos bleiben könnte. Um die widersprüchlichen Erklärungen und Aktivitäten von John Kerry zu begreifen, genügt ein Blick auf den politischen Washingtoner Dschungel, wo die wilden Bestien von Republikanern und Neokonservativen fortwährend gegen den US-Präsidenten revoltieren, vor allem gegen seine Außenpolitik, die auf Entspannung mit dem Iran und Syrien zielt. Die unbegründete Behauptung von Nicolas Richter „…die Syrien-Krise nährte den Verdacht, der Präsident sei weniger ehrlich und professionell als vermutet“ passt zu dieser hinterhältigen Washingtoner Kriegsfraktion, für die es ein Dorn im Auge war, dass der US-Präsident Obama deren militärischen Pläne zum Angriff Syriens durchkreuzte und sie entschlossen ablehnte (August 2013). John Kerrys widersprüchlicher Auftritt bei der Genfer-Konferenz sollte wahrscheinlich diese Kriegsfraktion nicht noch mehr gegen die Obama-Regierung aufbringen, sondern sie eindämmen, aber der US-Außenminister verlor damit an Glaubwürdigkeit und Konsistenz und riskierte den Erfolg der Friedenskonferenz, denn gerade diese Kriegsfraktion steht hinter den Aufständischen und sorgt für ihre Bewaffnung durch die sogenannte Nationale Koalition, die kein politisches Programm hat und lediglich auf weitere Gewalt setzt. Rainer Rupp klärt uns präzis über die widersprüchlichen außenpolitischen Botschaften aus dem Weißen Haus auf: <Für deren Blockade im Kongress machte er (Obama) die Republikaner verantwortlich …Die letzten 15 Minuten seiner Rede (28.1.) verwandte Obama darauf, widersprüchliche außenpolitische Botschaften auszusenden, präsentierte sich als Taube und Falke zugleich… Ähnlich steht es um seine Erklärungen zu den Verhandlungen mit Iran, zu Syrien oder zum Einsatz von Killerdrohnen. Der rhetorische Spagat zwischen Beruhigung der US-Bevölkerung, deren große Mehrheit Frieden will, auf der einen Seite und Befriedigung der Forderungen des martialischen, imperialistischen US-Establishment auf der anderen gelang nicht.> (Aus dem Leitartikel „Obama zur Lage der Nation – Taube und Falke“ von Rainer Rupp, Junge Welt, 30.1.)

In Syrien setzt die Regierung auf den politischen Weg der Krisen-Bewältigung, während sie kriminelle bewaffnete Banden polizeilich und militärisch bekämpft, wie es jede andere verantwortungsvolle Regierung auch tun würde. Der Informationsminister Syriens erklärte deshalb, die syrische Regierung sei sich bewusst, dass auch aus der Türkei, Saudi-Arabien, Katar und Jordanien weiter Waffen geliefert würden, dennoch bleibe Damaskus „offen für politische Gespräche“. In seinem jüngsten Interview (20.1.) stellte der syrische Präsident klar: „Es gibt keine Allianz zwischen „moderaten“ Kräften und Einheiten der Armee gegen die Terroristen. Diese Annahme ist falsch und eine Illusion, welche der Westen schürt und dazu missbraucht, um den Terror in Syrien weiterhin aufzurüsten. Der Terror wird mit der Begründung aufgerüstet, moderate Kräfte innerhalb der Opposition zu unterstützen. Das ist ebenso unlogisch wie falsch.“

Auch der stellvertretende syrische Außenminister Faisal Mekdad warf der US-Administration vor, die Genfer Gespräche behindern zu wollen. … Die von der EU und den USA gegen Syrien verhängten Sanktionen seien „bisher kein Thema“ bei den Gesprächen gewesen. „Die ökonomischen Sanktionen töten das Volk“ sagte Mekdad… Sie seien „unmenschlich, unrechtmäßig und nicht zu rechtfertigen.“. Wer das Gute für die Syrer wolle, müsse die verantwortlichen Regierungen drängen, die Sanktionen aufzuheben… (Aus dem Artikel von Karin Leukefeld: „Waffenlieferungen stören Friedensgespräche“, Junge Welt, 30.1.)

Im Schlepptau der USA kann Deutschland überhaupt keine verantwortungsvolle führende Außenpolitik gestalten, ja nicht einmal überdenken. Von wertvollen Lösungsideen und konkreten Beiträgen ganz zu schweigen. Eine Verteidigungsministerin glaubt, Deutschland zu verteidigen, indem sie die Bundeswehr ins Ausland schickt, und sieht es als Problem, wenn sich die Jugend diesem Unfug entgegenstellt und sich durch ihre Inszenierungen nicht täuschen und beirren lässt. Wie können solche CDU-Regierungsvertreter einen außenpolitischen Rahmen schaffen, für den das Recht Vorrang hat, wenn sie keinen Funken von gesundem Menschenverstand zeigen, geschweige denn Verständnis und Respekt für Recht und internationale Regeln, jedoch für Militär-Theater und Pose im Ausland?

Nicht nur die USA haben das Vertrauen der Weltstaatengemeinschaft als Hüterin von Recht und Ordnung verspielt, sondern auch Deutschland und Europa, die in die mörderischen Fußstapfen der USA treten. Diesbezüglich ist auch dem syrischen Präsidenten völlig zuzustimmen: „Damals (2008-2011) gab es den Versuch, Syriens politische Rolle einzudämmen. Frankreich wurde von den USA beauftragt, dies zu übernehmen, als Sarkozy Präsident wurde. Es gab eine Vereinbarung dazu zwischen Frankreich und der Bush-Administration. Die Bush Administration sah Frankreich als alten Freund der Araber und der Syrer, deswegen erschien es ihnen geeignet, Frankreich diese Rolle spielen zu lassen. Das Ziel damals war, Syrien gegen den Iran und gegen die Hisbollah zu benutzen und auch, Syrien von den Widerstandsorganisationen der Region abzuspalten. Diese französische Politik ist gescheitert, vor allem, weil sie so offensichtlich war. … Frankreich wandte sich gegen Syrien, dies, nachdem es mit dem Anliegen, das die USA an es herangetragen hatten, gescheitert war. Dies ist der Grund hinter der gegenwärtigen französischen Position. …Seit 2001, seit den Terror-Angriffen auf New York, kann von einer eigenständigen europäischen Politik keine Rede mehr sein. … Im Westen gibt es nur noch US-amerikanische Politik, welche von einigen europäischen Ländern übernommen wird. … Entweder wird europäische Politik mit dem Segen der USA formuliert oder die US-Politik wird von den Europäern als deren eigene Politik verkauft. Deswegen glaube ich nicht, dass Europa, speziell Frankreich, welches ja nicht in der Lage war, in der Vergangenheit eine eigenständige Rolle zu spielen, in Zukunft auf die syrische Politik wird Einfluss nehmen können. Es gibt dafür aber noch einen anderen Grund: Die westliche Welt hat ihre Glaubwürdigkeit verloren. … Sie messen jede politische Situation mit einer anderen Elle, deswegen ist es ausgeschlossen, mit ihnen eine konstante, zukunftsgerichtete Politik zu machen. Morgen tun sie womöglich das exakte Gegenteil vom dem, was sie heute vertreten. Ich glaube also nicht, dass Frankreich in absehbarer Zukunft eine Rolle spielen wird, es sei denn es ändert seine Politik fundamental.> (Syriens Präsident Baschar Al-Assad im Interview vom 20.1.)

Der Nationale Demokratische Wandel (NCC) aus Syrien schlägt eine Genf-III-Gesprächsrunde vor. Der Vorschlag ist zu begrüßen, aber eine dritte Syrien-Friedenskonferenz sollte auf jeden Fall unter Ausschluss der Kriegstreiber stattfinden. Allerdings müssten dann auch der Iran, ein breites Spektrum syrischer Oppositionsgruppen und die Blockfreien Staaten teilnehmen. Diesbezüglich ist die Erklärung vom syrischen Außenminister Walid al-Muallim in Montreux am 22.1. sinnvoll zu begreifen: „Friedensverhandlungen für Syrien können nur auf syrischem Boden stattfinden.“ Dabei ist die innersyrische Opposition mit ihrem Bündnis „Wandel zur Demokratie“ vollständig zu integrieren. Hierzu ist der Blick auf Lateinamerika zu werfen, ein Kontinent, der es geschafft hat, sich zu emanzipieren, und die USA und ihre Vasallen zu isolieren. Das zeigt auch das zweite CELAC-Gipfeltreffen der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten in Havanna am 28.1., das ohne die USA und Kanada stattfand, die dazu erst gar nicht eingeladen wurden. Alle Mitglieder des regionalen Blocks, dem alle Länder des Kontinentes außer den USA und Kanada angehören, haben auf der CELAC-Konferenz die Region zu einer „Zone des Friedens“ erklärt, was angesichts der laufenden US-Aggressivität in der Welt besondere Bedeutung hat. Die Krise in Syrien werde auch Thema des eröffneten Gipfeltreffens der Lateinamerikanischen und Karibischen Staatengemeinschaft (CELAC), kündigte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño in Havanna an und bekräftigte die Solidarität seines Landes mit Syrien.

Europa ist noch nicht so weit politisch emanzipiert. Zu lange von den USA gelenkt, bleibt es als eigenständige außenpolitische Kraft annulliert. Es erscheint deshalb illusorisch, ja völlig unrealistisch, aus Europa oder Deutschland konstruktive Hilfe beim politischen Meistern von internationalen Krisen zu erwarten. Berlin leistete keinen politischen Beitrag zur Genfer Syrien-Friedenskonferenz. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass der Besuch von UN-Generalsekretär, Ban Ki Moon, in Berlin (30.1.) nicht scheitert, wie der Besuch vom ehemaligen UN-Vermittler Kofi Annan beim Außenminister Westerwelle im Dezember 2012 scheiterte. Vollkommen im Klaren darüber, dass die Außenpolitik von der Bundeskanzlerin konzipiert und beschlossen wird, schickte der SPD-Außenminister Walter Steinmeier den UN-Generalsekretär nachmittags zur Kanzlerin Angela Merkel. Wie lange das Gespräch von Ban Ki Moon bei der Bundeskanzlerin dauerte, ist nicht bekannt. Was wollte eigentlich der UN-Generalsekretär von Deutschland? Die Vereinten Nationen sind eine echte, eminent politische Organisation. Ban Ki Moon wollte bestimmt Deutschland für die von den Vereinten Nationen angestrebte politische Lösung in Syrien gewinnen. Sicherlich ist Ban Ki Moon nicht nach Berlin gekommen, um über Allgemeinheiten zu sprechen, sondern über konkrete diplomatische Beiträge Berlins, um einen politischen Durchbruch bei den Genfer Gesprächen zu erreichen, da diese Gespräche durch das Störmanöver der USA in der Sackgasse stecken. Welche politischen Beiträge kann Berlin zum Durchbruch für eine Friedenslösung leisten? Aus dem Auswärtigen Amt gab es keine Verlautbarung. Deshalb hier einige konkrete Vorschläge sowohl für den deutschen Außenminister als auch für die Bundeskanzlerin, um Syrien dabei zu helfen, seinen eigenen Weg in Frieden zu gehen:

1.- Deutschland sollte umgehend wieder vollwertige diplomatische Beziehungen zu Syrien aufnehmen. Die Anwesenheit eines deutschen Botschafters kann den stagnierenden politischen Prozess in Damaskus beleben, zu dem sich Präsident Assad mehrfach bereit erklärt hat.

2.- Die Sanktionen gegen Syrien, die sich nur unmenschlich auswirken, sind aufzuheben, um den Menschen in Syrien das Leben zu erleichtern. Dafür könnte Deutschland EU-weit sorgen.

3.- Es ist von deutscher Regierungsseite umgehend klarzustellen, dass die Forderung nach einem Rücktritt des amtierenden syrischen Präsidenten kein Teil der zugestimmten Genfer Vereinbarung vom 30.6.2012 darstellt und auch kein Teil des Brahimis-Plan ist.

Infolgedessen steht diese Forderung bei der zweiten Genfer Syrien-Konferenz nicht zur Diskussion. Es ist vollkommen kontraproduktiv, diese impertinente Forderung zu wiederholen, die weitere Gespräche nur stört oder sogar verhindern kann.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait